New York Dolls "One Day It Will Please Us To Remember Even This" / VÖ 28.07.2006

Mit ihrem Mix aus Glamrock, Pop, Rock'n'Roll und androgynen Bühnenoutfits konnten die New York Dolls in den 1970ern keinen Blumenstrauß gewinnen, doch einige Jahre später avancierte ihr Debütalbum mitsamt den Hits "Personality Crisis", "Trash" und "Jet Boy" zum Klassiker, der alle anderen folgenden Punkbands beeinflusst hat. Nach über drei Jahrzehnten kommt nun endlich das sehnsüchtig erwartete dritte Album der New York Dolls in die Läden. Den Anstoß zu den Aufnahmen zu "One Day It Will Please Us To Remember Even This" gab niemand Geringeres als der ehemalige Präsident des New York Dolls-Fanclubs Morrissey, der die sechs Herren 2004 bat, sich für das von ihm initiierten Meltdown Festival in London wiederzuvereinigen. Ganz ohne Umbesetzungen hat die legendäre Band die Zeit natürlich nicht überstanden: Übrig geblieben sind nur die Originalmitglieder David Johansen und Sylvain Sylvain. Für Bassist Arthur "Killer" Kane, der wenige Wochen nach der umjubelten Reunion an Leukämie starb, springt nun Sami Yaffa (Hanoi Rocks) ein, an den Drums sitzt Brian Delaney. Als Produzent heuert Sänger David Johansen wieder Jack Douglas an, der schon 1973 seine Finger am Dolls-Debüt hatte.

Früher wirkte das, was hier geboten wird, vielleicht überdreht, gar provokant, heutzutage mutet es fast kitschig an, wenn fast-sechzigjährige Punk-Veteranen die Gitarre wieder in die Hand nehmen, um bestenfalls poppig zu klingen. Die ersten Takte der ersten Singleauskopplung "Dance Like A Monkey" erinnern unweigerlich an Iggy Pops "Lust For Life". Es poltert fröhlich vor sich hin, um von verqueren Riffs und "Huhuhu"-Gesängen im Background immer wieder auf den Boden der Rock'n'Roll-Tatsachen zurück geholt zu werden. Wie ein Affe wird sicherlich niemand dazu tanzen, ganz still sitzen zu bleiben, ist aber auch ein Ding der Unmöglichkeit. Dafür sind Balladen wie "Maimed Happiness" oder "I Ain't Got Nothin'" da. Zur Unterstützung haben sich die Dolls zahlreiche Gesangspartner ins Studio geholt: Michael Stipe (R.E.M.) hilft bei "Dancing On The Lip Of A Colcano" aus, Iggy Pop bei "Gimme Luv And Turn On The Light", "Punishing The World" ist gefeatured von Tom Gabel von Against Me! und mit Bo Diddleys Stimme auf dem Bonustrack "Seventeen" der limitierten Erstauflage haben sich die Dolls einen kleinen Traum erfüllt.

War der hingerotzte Sound der Dolls damals schon die halbe Miete, ist heute durch moderne Produktion viel vom einstigen Charme verloren gegangen. Einen neuen Klassiker haben die Dolls mit "One Day..." nicht gelandet, das Rad haben sie auch nicht neu erfunden, aber irgendwie macht die ganze Chose doch gewaltigen Spaß. Johansen ist stimmlich zwar nicht mehr ganz auf der Höhe, aber man hört deutlich die Freude an den Aufnahmen nach so langer Pause. Dass die Dolls die Welt nicht mehr verändern können, wissen sie ganz genau, aber das Privileg auf der Bühne zu stehen und Musik zu machen, lassen sie sich nicht nehmen. Es sei ihnen gegönnt.

Katrin Reichwein - www.sounds2move.de / 25.07.2006