Miseration "The Mirroring Shadow" / 13.11.2009

Eine musikalisch zweifellos versierte Truppe hat sich da der Jani Stefanowic (Ex-DIVINEFIRE, NARNIA) gekrallt. Mit dabei SCAR SYMMERTRY-Sänger Christian Älvestam, an den Klampfen Streiter von CRIMSON MOONLIGHT und den Relapse-Krachern INEVITABLE END, die Blechkübel bearbeitet der ESSENCE OF SORROW-Drummer Rolf Pilve.

Revidieren wir doch kurz, was die erste MISERATION-Ausgeburt "Your Demons - Their Angels" aus dem Jahre 2006 ausgemacht hat: Druckvolles Death-Geknüppel gepaart mit schnellen Gitarren und garniert mit stimmigen Growls, seltenem cleanen Gesang und vom Synthie getragenen Melodien. Schon nach wenigen Umdrehungen des neuen Rundlings wird klar, dass bei den Schweden mittlerweile ein anderer Wind bläst. Alles, was dem akustischen Armageddon bisher entgegenwirkte (genannt: Klargesang und Keyboardmelodien) wurde komplett gestrichen. Somit liegt nun angerichtet ein brutales, ungebrochenes Stück Todesblei auf dem Teller. Interessanterweise gingen MISERATION mit dem Rausschmiss zweier ihrer bisher auffälligsten Merkmale einen unüblichen Weg, denn damit haben sie doch recht an Zugänglich- und Selbstständigkeit verloren. Verkehrte Welt, Individualismus weg, "Einheitsbrei" hin. Eigentlich mutig. Und es zeigt, dass diese Band bestimmt nicht auf Druck des Labels reagiert oder dem Zeitgeist nachgegeben hat, sondern sich scheinbar zum Brutalen hingezogen fühlt. Glücklicherweise hört man dies "The Mirroring Shadows" auch deutlich an: Selten klingt derart ungestümes Gebolze so fließend und organisch aus den Boxen. Dass alles in technischer Perfektion, was Instrumentalisierung und Produktion angeht, präsentiert wird, hebt die Qualität der Platte noch weiter an. Einen einzigen Kritikpunkt stellt das teilweise etwas variantenarme Drumming dar, was aber nur selten negativ auffällt. Betreffend Innovation; selbige ist in meinen Augen je nach Genre und Band sowieso überbewertet, warum gut gemachtes Hämmern mit treibendem Songwriting verwerfen, wenn es so packend präsentiert wird, wie es hier der Fall ist? Ich zumindest begrüße die Weiterentwicklung (oder doch eher einen Rückschritt im positiven Sinne?) und leihe meine Lauscher lieber diesem neuen Machwerk. Am liebsten live, denn die Rhythmusarbeit ist derart treibend, da müsste die Halle kochen. Alter Schwede, Hut ab!

Eine Misere also höchstens für die ganz eingefleischten Fans, welche sich MISERATION im neuen Klanggewand so gar nicht vorstellen können. Wer es aber schnell, hart, technisch und trotzdem dezent melodiös und atmosphärisch mag, ist hier (überdurchschnittlich) gut bedient. Nebenbei stellt das überaus gelungene Coverartwork einen weiteren Kaufanreiz dar.

 Micha Käser – www.sounds2move.de / 14.11.2009