Mew
"And The Glass Handed Kites" / VÖ 03.02.2006
In
ihrer Heimat Dänemark sind die Prog-Popper Mew längst Superstars.
Warum sie Hierzulande bisher eher unter Fernerliefen abgehandelt werden, bleibt
ein Rätsel. Vielleicht schaffen sie mit „And The Glass Handed Kites“, ihrem
vierten Studioalbum, endlich den internationalen Durchbruch. Dieses Unterfangen
könnte durch die triphafte Traumwelt, die „And The Glass Handed Kites“
skizziert, aber durchaus schwer werden. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger
"Frengers" ist das Album zwar weniger bombastisch und noch weniger
zuckersüß-kitschig, dafür liegt eine gewisse Schwere, fast wie
bei einem zu starken Parfum, auf dem Album.
Leicht zugänglich ist anders.
Dieses Album braucht sehr viel Zeit und Ruhe, um sich voll zu entfalten. Schon
“Circuitry Of The Wolf”, der erste, fast instrumentale Track, macht mit seinem
fließenden Übergang zu “Chinaberry Tree” deutlich, wohin Mew hier
gehen: Ein Album aus einem Guss. – Man hat vielmehr das Gefühl einem einzigen
langen Stück zu folgen als eigenständigen kurzen Songs. Leider geht
dieses Konzept nur teilweise auf. Insgesamt wirkt das Album zu monoton und die
Halbwertszeit der einzelnen Songs ist eher kurz. Für einen ‘Klassiker’
ist in den Stücken nach mehrmaligem Hören zu wenig Neues zu entdecken,
sie folgen immer gleichen Strukturen aus breiten Gitarren- und Synthieflächen,
experimentellen Melodien und Jonas Bjerres hoher Kopfstimme. Letztendlich ist
genau dieser Gesangsstil auch starke Geschmackssache, nicht jeder steht auf
Männerstimmen, die aus einem Kastratenchor entsprungen sein könnten.
Ein Highlight ist allerdings „Why Are Aou Looking Grave“ mit Dinosaur Jr.-Mastermind
J Mascis. Seine brüchig-rauhe Stimme bildet einen wunderschönen Kontrast
zum Mew’schen Engelsgesang. "And The Glass Handed Kites" ist ein Album
für die letzten dunklen Winterabende vor dem Kamin. Im stahlenden Sonnenschein
des Sommers würde es nicht funktionieren. Mew-Frontmann Jonas Bjerre kann
machen, was er will, seine hohe Facettstimme klingt immer nach Melancholie,
nah an der Grenze zur Depression. Und so ist auch die Grundstimmung des Albums.
Düster, traurig und surrealistisch sind die Attribute, die hier zählen.
Mew-Neulinge sollten sich erst ein mal an „Frengers“ halten, um den Schritt,
den Mew hier gegangen sind, nachvollziehen zu können. Von einem Blindkauf
des Albums ist ganz abzuraten. Probehören ist angesagt.
Katrin
Reichwein - www.sounds2move.de / 02.02.2006