Eluveitie "Evocation I - The Arcane Dominion" / 17.04.2009

"Kommerz!", schreit die leise, sich überschlagende Stimme. "Melkt sie doch zu Tode!", meint eine andere. Worum es sich hierbei handeln mag? Um das neue Fulltimealbum der Schweizer Folk Metaller von Eluveitie. Was denn, schon wieder? Wir erinnern uns: Letztes Jahr wurde über Nuclear Blast das zweite Langeisen "Slania" veröffentlicht. Nun, bei "Evocation I - The Arcane Dominion" handelt es sich nicht um den bewährten Mix aus melodischem Death Metal und Folk, sondern "nur" noch um reinen Folk. Akustischen Folk. Vermag bloß ein müdes Gähnen zu entlocken? Zugegeben, objektiv betrachtet ist die Idee weder besonders innovativ (siehe z.B. Finntrolls "Visor om Slutet") noch überraschend. Aber schlussendlich zählt ja wohl doch noch das Resultat. Und hier können Eluveitie gegenüber ähnlichen Auskoppelungen auftrumpfen.

Wie Chrigel Glanzmann, seines Zeichens Sänger und Kopf der eidgenössischen Kapelle, berichtete, reifte die Idee eines rein akustischen Albums über die Jahre heran. Dies kommt während der etwas über 50 Minuten und 15 Titel auch sehr gut zum Ausdruck. Die gallischen Vocals, gesungen von Anna Murphy und Chrigel, wirken dabei magisch, gleichzeitig fremd und vertraut und auf eine schöne Weise beruhigend. Im Verbund mit Instrumenten wie Dudelsack, Drehleier, Violine, Perkussion und natürlich akustischen Gitarren ergibt sich eine atmosphärische, emotionale Klangwelt, die Gedanken über weite, grüne, keltische Landschaften schweifen lässt. Das Cover von "Evocation I" ziert eine moderne Abbildung der keltischen Gottheit Cernunnos, welcher für Fruchtbarkeit und Natur steht. So beziehen sich die Texte quer durchs Album auf alte Gallische Mythologie und Magie. Der Song "Brictom" handelt zum Beispiel von einem "weiblichen Fluch" - nein, nicht von den weiblichen Reizen, sondern von einem Art Zauberwort der Frauen. Entnommen wurde der Text einem 2000 (!) Jahre alten archäologischen Fund.  Nach einem kurzen, mit (von Primordial-Sänger Alan Nemtheanga) gesprochenem Text unterlegten Intro geht mit "Brictom" schon die Post ab. Naja, natürlich nicht in üblichem Eluveitiegewand, aber mit gelungenen Melodien, schönem Gesang und eindeutiger Ohwurmcharakteristik. Die hier angetroffenen Instrumente begleiten den Hörer durch die ganze Scheibe hinweg, teilweise mit Fokus auf die Gitarren ("Voveso In Mori") oder aber auch auf die Folkfraktion ("Memento"). In Form von "Omnos" gibt's sogar einen Song, den die hiesigen Radios wohl nicht verschmähen würden, so poppig und eingängig kommt dieser daher. Allerdings ist das in diesem Falle keineswegs negativ gemeint, denn das Lied reisst mit, berührt und zieht den Hörer in seinen Bann. Obwohl die Melodien freundlich und glücklich gehalten sind, erzählt das Lied die tragische Geschichte eines Mädchens, dem die Unschuld geraubt wurde - durch den emotionsgeladenen Gesang sehr passend präsentiert.

Zeit für ein Fazit: Mittlerweile sind die mürrischen Stimmen positiv überraschtem Gemurmel gewichen. Mit "Evocation I - The Arcane Dominion" ist Eluveitie ein schönes Stück Musik gelungen. Allerdings wird es bestimmt nicht jedem Fan der Schweizer gefallen. Damit darf dem Folkfreund eine Kauf- und dem Metalhead eine Rein-Hör-Empfehlung ausgesprochen werden.
Thumbs up for "The Arcane Dominion"!

Micha Käser – www.sounds2move.de / 26.05.2009