Arctic Monkeys "Whatever People Say I Am, Thats What I Am Not" - Plattenkritik / VÖ 20.01.2006

Seit einigen Monaten kursieren die Demoaufnahmen zu dem Debütalbum mit dem schönen Titel "Whatever People Say I Am, That’s What I’m Not" der Arctic Monkeys, in den einschlägigen Tauschbörsen. Wie die Demos dahin kommen? Zu aller erst verteilen die Arctic Monkeys diese selbst nach Konzerten, Freunde der Band schicken sie via Mail quer durch die Welt und die immer größer werdende Fanschar bricht in Jubel aus, wenn sie einen neuen Songs entdeckt hat. Die Lieder werden zum Selbstläufer, die Band selbst ist überrascht, dass im Publikum auf einmal fremde Menschen ihre Texte singen können. Das Sheffielder Quartett ist bald in aller Munde, erst nur als Geheimtipp, kurze Zeit später schon als Must-Have, Must-See, Must-Listen-To. Die Weekleis á la NME titeln mit Hype. Hype. Hype. und The Next Big Thing. Die Presse ist sich einig, dass das blutjunge Quartett eine der wichtigsten Bands für 2006 ist. So macht man aus einer kleinen bis dato unbedeutenden Band den UK-Exportschlager nach Franz Ferdinand. Das ruft natürlich auch die Plattenfirmen auf den Plan, gesignt wird bei Franzen's Label Domino und die Geschichte eines Debüts, das noch in Jahren in Polls erwähnt werden wird, beginnt.

Das Debütalbum enthält 13 Songs, die allesamt schon jetzt kleine Hits sind. Hit will hier aber nicht unbedingt als eingängige Popnummer verstanden werden und das Album ist auch kein Hit-auf-Hit-Album, denn es hat durchaus auch seine leichten Schwachstellen. Als bekennende Fans von The Clash, The Smiths und The Jam setzen sich die Arctic Monkeys aber von den Labelmates Franz Ferdinand und den anderen UK-Hype-Bands Bloc Party, Kaiser Chiefs oder Maximo Park ab. Ihre Mischung aus eingängigen, melodiösen Popsongs und schnellen, punkigen Gargen-Rock lässt auch immer wieder Zeit für Balladen ("Riot Van"). Die Single "I Bet You Look Good On The Dancefloor" ist zurecht nicht nur in England ein riesiger Hit in den Clubs, der knochentrockene Song ist absolut tanzbar und wer bei "Dancing Shoes" still sitzen bleibt, hat absolut kein Rythmusgefühl. In der Mitte der Platte kommt man aber dann doch an den Punkt, an dem die Lieder im Gegensatz zu den vorhergehenden Singles mehr Zeit zum Wachsen brauchen. Hier zeigt sich, dass den Arctic Monkeys nicht vordergründig um Tanzbarkeit geht. - Vielmehr steht der Song als solches im Vordergrund; ein Song, der dein Leben beschreibt und die Jugend feiert. Alex Turners Texte sind brillant, bissig und unfreiwillig komisch und damit das vielleicht Beste an der ganzen Platte. Sie beschreiben die Irrungen und Wirrungen des Lebens auf treffende Weise. Man nehme nur "A Certain Romance", die ironische Beschreibung einer Kleinstadt als Hölle, "in der Musik den einzigen Zweck hat, neue Klingeltöne zu liefern": "Well oh they might wear classic Reeboks or knackered Converse/ Or tracky bottoms tucked in socks/ But all of that's what the point is not/ The point's that there's no romance around there". - Kennen wir das nicht alle?

Die Arctic Monkeys sind ein Phänomen ihrer Zeit, wie es einem nur ganz selten begegnet, ob der ganze Medien- und Fanrummel um sie aber wirklich berechtigt ist, wird wohl erst mit dem Zweit- oder Drittwerk zu klären sein. Den Rock'n'Roll haben sie nicht neu erfunden, viel falsch machen, kann man mit dem Kauf von "Whatever People Say I Am, That’s What I’m Not" aber auch nicht. Man will ja auch mitreden können.

 

Katrin Reichwein - www.sounds2move.de / 02.02.2006