Interview mit Glam von WIG WAM

 

 

Nando: Euer letztes Album „Hard to be a Rock N Roller“ konnte einige Erfolge verbuchen. Ist euer Rocker-Leben mit einem erfolgreichen Album im Rücken immer noch so hart?

 

Glam: Du musst wissen, dass es eigentlich nie hart war ein Rock N Roller zu sein, wenn wir ehrlich sind. Das ist das Leben, das wir uns ausgesucht haben und ich bin froh, dass ich diesen Traum leben darf. Die Rocker, die rumjammern weil ihr Leben und der Wettbewerb im Biz angeblich so hart sind, sollten mal versuchen eine Zeit lang jeden Tag in einem großen Supermarkt zu arbeiten um sich hart seine Brötchen zu verdienen *grinst* . Ich meine, wie hart kann es sein sich eine Limousine auszusuchen, den Zimmerservice zu bestellen und sich zu freuen, wenn Fans in der ersten Reihe deinen Namen rufen?

 

Habt ihr dennoch erwartet, dass euer Album diesen Erfolg einfahren kann bzw. wird?

 

Irgendwo in meinem Inneren habe ich die Gewissheit verspürt, dass wir es irgendwann schaffen können. Allerdings kann man Erfolg auf verschiedene Arten definieren. Ich persönlich fühle mich schon seit Jahren auf eine Art erfolgreich. Damit meine ich nicht die finanzielle Seite, sondern die kreative Ebene und die Tatsache, dass ich diese Kreativität auch live präsentieren darf. Das übertrifft locker jeden „normalen“ Job, den ich bisher hatte, auch wenn es sich finanziell nicht immer auszahlt. Einige von uns, wie etwa Sporty hatten bereits das Glück anderweitig erfolgreich zu sein, auch finanziell. Er hat schon bei Sha-Boom gespielt, einer sehr erfolgreichen schwedischen Band der späten 80er. Der Grund für uns vor einigen Jahren Wig Wam zu gründen war allerdings in erster Linie der Wunsch, gemeinsam Spaß zu haben mit der Musik, die wir lieben. Mit der Zeit deutete sich dann auch von Seiten der Zuschauer an, dass die Sache größer werden könnte als wir es eigentlich geplant hatten. Dieser Prozess hält glücklicherweise immer noch an.

 

Würdest du sagen, dass ihr trotzdem eine gewisse Form von Druck verspürt habt als es mit „Wig Wamania“ an die Nachfolge des erfolgreichen Vorgängeralbums ging?

 

Nicht im Geringsten. Wir sind keine Fußballmannschaft, die an der Position des Vorjahres gemessen wird. Wir machen Musik wegen der Freude, die es uns bereit sie zu schreiben, aufzunehmen und live umzusetzen. Als wir uns dann im Januar zusammensetzten und merkten, dass wir viel neues Material hatten, waren wir sofort Feuer und Flamme und freuten uns, dass wir bald wieder ins Studio gehen konnten. Mit der Zeit haben wir ein Gefühl dafür bekommen, was unsere Fans erwarten und was sie an uns schätzen. Wir haben im letzten Jahr 170 Konzerte gespielt und sind immer mit unseren Fans über den Fanclub und unsere Website (www.wigmam.no, Anm. d. Aut.) in Kontakt geblieben. Für unser nächstes Album werden wir 20 Songs aufnehmen und überlassen dann unseren Fans die Wahl welche Songs auf das Album kommen werden. Wir trauen unseren Fans mehr als jedem A&R.

 

Meiner Meinung nach ist euer neues Album zwar nicht sonderlich innovativ, aber die Songs sind dennoch sehr stark ausgefallen. Bist du der Meinung, dass ihr euch mit „Wig Wamania“ dennoch deutlich gesteigert habt?

 

Wer ist dieser Tage schon noch innovativ? *lacht* Ich glaube, wenn wir versuchen würden innovativ zu sein, dann wären wir nicht Wig Wam. Ich kann dazu nur sagen: „This is our music, it makes us proud, these are our people, we love it loud“.  Ich würde nicht unbedingt sagen, dass die neuen Songs besser oder schlechter sind als die Alten. Aber die Produktion und der Mix sind noch mal deutlich stärker ausgefallen und die Songs an sich sind direkter geworden. Trotzdem bin ich der Meinung, dass wir unser bestes Album noch vor uns haben!

 

Mit eurem Intro „Wig Wamania“ ruft ihr zu einer Revolution im Rock auf. Denkt ihr ernsthaft, dass es Zeit für eine Revolution ist? Und was macht euch zu den Anführern dieser Revolution?

 

Mit „Wig Wamania“ wollen wir die Hörer einfach in unsere eigene kleine Welt entführen, die wir als Wig Wamania bezeichnen. Ein Land voller Freiheit und Magie *grinst* . Ein Land, in dem sich die Leute ihr Hirn aus dem Schädel rocken können, sich nicht über Äußerlichkeiten und „richtige“ oder „falsche“ Musik scheren müssen oder sich mit Glaubwürdigkeit und solchem Mist herumärgern muss. Aber JA, es gibt eine Revolution, in der wir versuchen die Unterhaltung und den Spaß des Rock N Roll in den Fokus zu stellen. Natürlich begleitet von guten, alten, melodiösen Rock-Hymnen. Es ist einfach Zeit, die Gläser zu erheben und nicht alles immer nur ernst zu nehmen.

 

Bleiben wir noch ein wenig bei der „Rock Revolution“ als Metapher. Wenn ihr die Anführer dieser Revolution seid: Aus welchen Bands rekrutiert ihr eure Armee?

 

Wir würden uns freuen Bands wie Lordi, The Poodles, The Darkness, Kiss und Alice Cooper begrüßen zu dürfen. Das gäbe ein Spektakel...!

 

Spinnen wir diese Geschichte noch kurz weiter. Was würdet ihr nach der erfolgreichen Revolution im Musikgeschäft ändern wollen?

 

Wir würden einfach wieder hochwertige Musik in den Mittelpunkt rücken, die mit Humor und guter Unterhaltung Hand in Hand geht. Unterhaltungsmusik muss schließlich nicht immer gleichbedeutend mit Langeweile sein.

 

Einer eurer neuen Songs heißt „Kill my Rock N Roll“. Bezieht ihr euch damit auf eine leibhaftige Person? Würdest du sagen, dass es jemanden gibt oder gab, der dem Rock N Roll in gewisser Weise ans Leder wollte?

 

Oh ja, es gab da einige Leute. Kurt Cobain hat es zum Beispiel versucht als er nur noch negative Gedanken und Selbstmordvisionen in die Musikszene gebracht hat. Allerdings waren er und Nirvana nicht allein dafür verantwortlich. Hätten die Rockbands Ende der 80er nicht aufgehört gute Musik zu machen, dann hätte Grunge nie den Hauch einer Chance gehabt. Die Musiker haben sich damals einfach nicht mehr auf die Musik konzentriert, sondern nur noch um das Rampenlicht und die roten Teppiche gekümmert. Ich beschuldige also die Musikindustrie an sich, dass sie den Rock damals getötet haben. Und natürlich den Typen, der Techno erfunden hat. Was macht es für einen Sinn, die Leute zu dumpfen Rhythmen und zum Pillenschlucken zu animieren, nur damit man sich selbst auf einen Trip bringt, der wohlmöglich in Sucht oder einem Selbstmordversuch gipfelt?

 

Sprechen wir kurz über Lordi, die du gerade ins Gespräch gebracht hast. Sie haben in diesem Jahr bekanntlich den Eurovision Songcontest gewonnen. Glaubst du, dass ihnen eure Teilnahme im Vorjahr in gewisser Weise die Tür geöffnet hat?

 

Ich würde eher sagen, dass wir offensichtlich eine Tür für Hard Rock an sich beim Eurovision Songcontest öffnen konnten. Wir sind da im letzten Jahr mit einer Mission hin gereist, und zwar den Hard Rock wieder zur Prime-Time in die Welt zu bringen. Außerdem wollten wir das Niveau der Darbietungen endlich mal ein wenig anheben und natürlich die Gitarren zurückholen! *grinst* Ich glaube wenn wir nicht gewesen wären, dann hätte Finnland auch auf keinen Fall Lordi in diesem Jahr zum Finale geschickt. Sogar Mr. Lordi Himself hat uns dafür gedankt, dass wir ihnen diese Möglichkeit in gewisser Weise eröffnet haben. Alles andere ist einzig und allein ihr Verdienst und sie haben mächtig das Haus gerockt. Ich liebe diese Jungs einfach!

 

Was hältst du persönlich von dem Song mit dem sie letztlich gewonnen haben, von „Hard Rock Halleluja“?

 

Ich war schon von ihrem vorherigen Video (gemeint ist der Clip zu „Blood Red Sandman“, Anm. d. Aut.) und der Professionalität sehr begeistert. Und ihren Eurovision-Song habe ich vom ersten Moment an ins Herz geschlossen. Ich fand auch den Titel toll, als ich ihn zum ersten mal gelesen habe. Außerdem musst du wissen dass die gesamte Band verdammt nett ist und Lordi Himself ist insgesamt einer der freundlichsten Rocker, die ich bisher kennen gelernt habe. Wir haben zudem festgestellt dass unsere beiden Bands auch persönlich vieles gemeinsam haben.

 

Also habt ihr auch für Lordi gestimmt?

 

Ja, das habe ich in der Tat getan. Zum Zeitpunkt des Contests waren wir zufällig gerade in Griechenland auf Tour, da sind wir spontan zur Eurovision-Party gefahren um den Jungs zu gratulieren. Aber weißt du was das einzig Negative an der Band ist? Ihre Kostüme stinken wirklich fürchterlich, haha! Wenn ich mir nur vorstelle im heißen Griechenland den ganzen Tag in einer solchen Verkleidung zu stecken... verdammt. Da fällt mir noch eine schöne Geschichte ein: Am Tag nach dem Songcontest waren wir am Athener Flughafen und da muss man uns wohl für Lordi gehalten haben. Zu dieser Zeit wusste keiner wie die Band ohne Masken aussieht und als wir da mit Instrumenten und den ganzen Equipment ankamen, dachten die Leute natürlich wir wären Lordi. Diese Verwechslung hatte den großen Vorteil, dass wir auch mit unserem Übergewicht an Ladung ohne Aufpreis zurück nach Norwegen fliegen durften. Das Personal am Check-In hat uns sogar zu „unserem“ Sieg gratuliert und wir haben uns nur etwas verwirrt bedankt. Im Flugzeug ist der Groschen dann gefallen und wir haben verstanden, warum alle zu freundlich und zuvorkommend zu uns waren. Danke Lordi, haha.

 

Nach dem verdienten Sieg von Lordi gab es allerdings auch negative Reaktionen aus der Rock- und Metalszene. Die Band wurde als falsch betitelt und dass sie nur auf das Geld aus wären und ohnehin nur eine Kommerzband wären. Musstet ihr euch damals mit ähnlichen Reaktionen herumschlagen?

 

Es wird immer Bands geben, die Probleme mit jeder Form von Kommerzialisierung haben werden. Diese Leute wollen die Musik meistens für sich ganz allein haben. Sie wollen etwas besonderes, etwas rebellisches sein. Das ist allerdings nur ihre Entscheidung und ihr Problem. Was ich allerdings verabscheuungswürdig finde ist, wenn ein Fan seine Band angeblich liebt und sie dann urplötzlich hasst, weil sie populär wird. Bevor wir das norwegische Soncontest-Finale bestritten haben, sind wir 3 Jahre kreuz und quer durch Norwegen getourt. Nachdem wir am nationalen Finale teilgenommen hatten, gab es sogar plötzlich einige Rockfans bei uns, die behauptet haben wir würden unsere Instrumente nicht selbst spielen. Ist das nicht irgendwie krank? Diese Leute haben wir dann glücklicherweise schnell vom Gegenteil überzeugen können. Bei unseren Konzerten sind sie Zeugen davon geworden, dass ihre angebliche „Eurovision-Fake-Band“ in Wirklichkeit echte Musiker sind, die sie mit ihren heavy Gitarren anständig rocken können. Wir wissen was wir vor allem live können und haben uns davon nicht aus der Ruhe bringen lassen.

 

Glaubst du, dass wir ab jetzt regelmäßig mit Rock oder Metal Songs beim Eurovision Songcontest rechnen können?

 

Oh ja. Garantiert sogar! Die Leute rennen gern Trends hinterher wie du weißt und das ist schon wieder einer. Ich hoffe allerdings, dass Lordi und Wig Wam ECHTE Rocker folgen und kein zusammen gecasteter und auf Rocker getrimmter Haufen. Ich schlage vor, dass wir die Veranstaltung bald in „Eurovision Rock Contest“ umbenennen, haha.

 

Ihr nehmt persönlich euer Image auch nicht allzu ernst, genau wie viele eurer Texte. Ist es wichtig, dass man sich selbst nicht immer nur ernst nimmt und auch mal über sich selbst lachen kann?

 

Ein schöner Lacher kann einem das Leben versüßen, findest du nicht auch? Das Leben ist großartig, man sollte viel mehr lachen. Ich möchte Musik nicht mit Politik oder solchen Themen in Verbindung bringen. Auch bei uns gibt es Texte, die etwas ernster daher kommen, aber in erster Linie sollen unsere Songs die Leute zum Feiern animieren und die dazugehörige Party ins Rollen bringen.

 

Was hältst du persönlich vom Klischee „Sex, Drugs and Rock N Roll“? Wie viel Wahrheit steckt für dich dahinter?

 

Also die Drogensache kannst du weg lassen. Ich habe noch nie in meinem Leben Drogen genommen und das einzige „harte“ was ich bisher ausprobiert habe sind Lucky Strike Zigaretten. Ich glaube kaum, dass ich jede Nacht 190% für die Fans geben könnte, wenn ich Drogen nehmen würde. Eigentlich ist es eine Schande, dass viele Bands sich eher um ihre Drogengewohnheiten kümmern als um ihre Fans. Ich bin der Meinung, dass deine Fans immer 190% verdient haben – IMMER. Ich lebe mehr für die 90 Minuten auf der Bühne als für die Party danach. Ich nehme das, was ich tue todernst und dabei habe ich solchen Spaß, dass ich keine Hilfsmittel brauche um den Motor am Laufen zu halten. Meine Droge ist kostenlos und gesund. Sie heißt Adrenalin. Und die Mädels in der ersten Reihe sind meistens auch nicht übel, haha.

 

Gibt es für dich einen Rocksong einer anderen Band, auf den du neidisch bist und den du am liebsten selbst geschrieben hättest?

 

Ich bin nicht so der Neid-Typ. Aber ich wäre stolz meinen Namen unter „Stairway to Heaven“ setzen zu können.

 

Und wie sieht es abschließend mit einem Song aus, bei dem du froh bist, dass du ihn nicht geschrieben hast oder daran beteiligt warst?

 

Da könnte ich jeden Song von Metallicas „St. Anger“ nehmen. Ich glaube nicht mal, dass die Songs zwangsläufig schlecht sind, aber die Produktion hat alles ruiniert. Wenn nur einer der Songs auf dem Album von mir wäre, dann hätte ich bittere Tränen geweint wenn ich das Ergebnis gehört hätte.

 

 

Interview: Nando Rohner. Übersetzung: Markus Rutten – www.sounds2move.de

Homepage: www.wigwam.no