Interview mit VIC ANSELMO

 

 

Wann hast du angefangen zu singen und wann hast du dich dabei für eine bestimmte stlistische Richtung entschieden?

 

Ich singe schon so lange ich mich zurück erinnern kann, seit meiner frühesten Kindheit. Als ich etwa zehn Jahre alt war begann ich, eigene Songs zu schreiben. Dem folgte eine lange Phase der Selbstsuche. Der Zeitpunkt an dem mir klar wurde, welchen Weg ich stilistisch einschlagen wollte, an dem ich anfing, mich selbst zu öffnen, meine Angst vor Experimenten und dem Durchbrechen von Stilgrenzen verlor, an dem ich begann mich wirklich zuversichtlich zu fühlen und glücklich mit dem zu sein was ich tue, liegt etwa drei Jahre zurück.

 

Du bist offenbar ein großer Pantera-Fan. Die Musik, die du selbst machst, geht hingegen in eine ganz andere Richtung. Gab es andere Bands, die dich beim Songwriting für "Trapped In A Dream" vielleicht mehr beeinflusst haben?

 

Ich wurde eigentlich von sehr unterschiedlicher Musik beeinflusst, die meist nicht wie meine eigene klingt. Aber auf irgendeine magische Weise verwandeln sich all die Inspirationen und Emotionen, die ich aus dieser Musik beziehe, in etwas Eigenes. Auch was die Texte betrifft, die ich für dieses Album geschrieben habe, kann ich keinen Musiker nennen, der mich direkt beeinflusst hätte. Mit den Lyrics wollte ich einige der besonderen Emotionen, Träume und Atmosphären, die ich selbst erlebt habe, zum Ausdruck bringen.

 

Auf deiner Myspace-Seite finden sich einige Videos, auf denen du Songs von "Trapped In A Dream" nur von deinem eigenen Akustikgitarrenspiel untermalt singst. Ist das die "Rohfassung" in der alle deine Songs zunächst entstehen, ehe das Band-Arrangement ins Spiel kommt?

 

Ja. Einige der Lieder habe ich allerdings auch auf dem Piano komponiert.

 

Wie ist der Kontakt zu deinen Bandmitgliedern zustande gekommen?

 

Zwei der Bandmitglieder - Gitarrist Herman und Keyboarder George, die "Trapped In A Dream" auch produziert haben - kenne ich schon seit dem frühesten Beginn meines Projekts vor fünf bis sechs Jahren. Ich war immer ein großer Fan von Neglected Fields, einer großartigen progressiven Death-Metal-Band aus Lettland, in der die beiden gespielt haben. Daher war ich  sehr geehrt, dass sie sich bereit erklärt haben, mich in meiner Band zu unterstützen. Unsere Rhythmusgruppe, bestehend aus Martin und Peter, ist vor etwa drei Jahren zur Band gestoßen. Peter haben wir zum Proben eingeladen, als wir gerade auf der Suche nach einem Bassisten und einem Schlagzeuger waren und ein Freund ihn uns empfohlen hatte. Martin haben wir auf einem lokalen Festival getroffen und in dem Zuge auch gleich eingeladen, bei uns vorzuspielen. Die beiden passten dann auch perfekt zum Rest der Band und sind eingestiegen.

 

In textlicher Hinsicht beschäftigst du dich - wie bereits angeklungen ist und wie der Albumtitel es auch nahe legt - mit Träumen. Was bedeuten Träume für dich persönlich? Siehst du darin vor allem einen Weg zum Eskapismus oder eher eine wertvolle Reflexion über persönliche Wünsche und Gefühle? Glaubst du, dass Träume auch gefährlich sein können? Schließlich ist "Trapped" nicht unbedingt ein positives Wort.

 

Träume sind für mich seit meiner Kindheit die kraftvollste Inspirationsquelle. Sie halfen mir der Realität zu entfliehen, wenn ich mich schlecht gefühlt habe und manchmal konnte ich dort sogar meine Probleme ordnen. Die Traumwelt ist der Ort, an dem meine verrücktesten und mysteriösesten Fantasien wahr werden konnten, der Ort an dem Grenzen, Regeln und sozialer Druck keine Bedeutung haben. Sie ist der Ort an dem ich ich selbst sein kann - eine große Träumerin. Und mit dem Hinweis auf die Reflexion über persönliche Wünsche und Gefühle hast du den Albumtitel schon fast erklärt: Da Träume Emotionen, Komplexe, Ängste und geheime Fantasien reflektieren, repräsentiert "Trapped In A Dream" auch die Konfrontation mit dem wahren (nicht perfekten) Selbst der Person, die eigene Enthüllung im Traum. Manche dieser Enthüllungen versuchen die Leute in ihrem normalen Leben zu vermeiden, aus Angst ein Problem zugeben zu müssen, das tief in ihnen wurzelt. Es ist manchmal einfacher, eine Illusion zu leben und die Augen vor der Realität zu verschließen, die uns umgibt, als sich der Wahrheit zu stellen. Daher habe ich das negativ besetzte Wort "Trapped" im Titel gewählt: Mit dem wahren Selbst gefangen zu sein, kann der furchterregendste Albtraum sein, den man sich vorstellen kann.

 

Wo wir schon bei Träumen sind: Wie sieht dein Traum hinsichtlich der Entwicklung deiner musikalischen Karriere aus?

 

Ich will die unvergesslichen und magischen Emotionen, die ich während des Songwritings und bei Auftritten empfinde, mit so vielen Leuten wie möglich teilen. Und wünsche mir, mich als Künstlerin beständig weiter zu entwickeln. Es gibt noch tausend Ideen, die ich mit meiner Musik umsetzen möchte, und diesen will ich auf möglichst farbenprächtige und ausdrucksstarke Art Leben einhauchen.

 

Es fällt auf, dass du deine Songs nicht einfach nur singst, sondern sehr darauf bedacht bist, die emotionalen Facetten deiner Stimme an die Atmosphäre von Musik und Texten anzupassen. Gibt es daher eine gewisse Stimmung, in die du dich bringen musst, wenn du deine Gesangslinien aufnimmst?

 

Wenn ich singe fühlt es sich an, als würde ich in eine Art Trance fallen. Ich betrete eine andere Welt, in der jeder Klang und jedes Wort eine besondere Kraft haben. Ich lebe meine Songs, fühle jede Zeile und lasse das Ganze durch mich hindurch fließen. Es ist mir wichtig, den Songs die richtige Atmosphäre zu verleihen und bei den Leuten die richtigen Emotionen zu erwecken. In dem, was ich tue und worüber ich singe, versuche ich immer ehrlich zu sein.

 

Dabei frage ich mich, ob du in irgendeiner Weise von Kari Rueslåtten beeinflusst bist, die ihre Lieder auch immer mit großer emotionaler Kraft kommuniziert.

 

Ich kenne Kari seit Kurzem und halte sie auch für eine sehr talentierte und emotionale Künstlerin. Allerdings kenne ich sie noch nicht lange genug, um von ihr beeinflusst worden zu sein.

 

Wenn man bedenkt, dass deine Lieder sehr eingängig sind und die Art von Musik, die du machst, zurzeit zumindest nicht unpopulär ist, stellt sich mir die Frage, ob du es dir vorstellen könntest, Lettland auf einer Veranstaltung wie dem "Eurovision Songcontest" zu vertreten.

 

Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Für mich ist das kein "Songcontest", sondern nur Politik und Kommerz. Die Qualität der Veranstaltung nimmt Jahr für Jahr ab und die Songs werden immer seelenloser. Mir geht es in der Musik gerade um die Seele, also werde ich bei solch einem Contest nie mitmachen. Es wurde mir schon ein paar Mal angeboten, teilzunehmen und ich habe es abgelehnt.

 

Wird es zu "Trapped In A Dream" eine Tour geben?

 

Meine Band und ich schauen uns nach den besten Möglichkeiten für eine Tour im nächsten Jahr um. Bisher stehen aber nur zwei Auftritte fest: Einer am 9. April in Berlin im K17 und der andere auf dem Castle Party-Festival in Polen am 25. Juli. Sobald es neue Dates gibt, werde ich darauf auf meiner Website und meinem myspace-Profil hinweisen.

 

Ganz hypothetisch: Würdest du in eine etablierte Band wie z.B. "Nightwish" einsteigen, wenn du dafür deine Solo-Karriere auf Eis legen müsstest?

 

Wenn ich die Musik der entsprechenden Band wirklich lieben würde und mir immer noch Zeit für eine Solo-Karriere bliebe, würde ich es zumindest in Betracht ziehen, ein solches Angebot anzunehmen. Hätte ich aber gar keine Zeit mehr für meine eigene Musik, wäre die Antwort: Nein.

 

Florian Gothe – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.vicanselmo.com