Interview mit Matt Heafy von TRIVIUM

 

 

Einfach mal rauskommen

 

„Bisher haben wir unsere Alben alle zu Hause aufgenommen. Entweder direkt daheim oder in unmittelbarer Nähe zu unseren Elternhäusern. Wir haben also in unseren eigenen Betten geschlafen und mehr oder minder nebenbei unser normales Leben weitergelebt“, holt Trivium-Frontmann Matt Heafy aus, bevor er sich konkreter zur Arbeit seiner Band in der eigentlich für Southern Rock und Country bekannten Stadt Nashville äußert. „Es war großartig, mal rauszukommen und von nichts als der Musik umgeben zu sein. In Nashville gibt es weit und breit keinen Metal zu hören und wir waren dort in diesem fantastischen, brandneuen Studio, hatten einen neuen Produzenten (Nick Raskulinecz, u.a. Foo Fighters, Anm. d. Aut.) bei uns und neues Material im Gepäck. Das war eine gänzlich neue Arbeitsweise für Trivium, aber es war eine tolle Erfahrung“. Das Material für ihr viertes Langeisen haben die US-Boys über ein Jahr verteilt nach und nach geschrieben, zu Hause, unterwegs und während der – zumeist nicht all zu großzügigen – Tourpausen. Das Quartett suchte einfach nach einer neuen, weniger hektischen Arbeitsweise, nachdem der Vorgänger „The Crusade“ gänzlich auf Tour geschrieben wurde. Am Ende hatte man stattliche 27 Songideen, die man über 6 Monate hinweg bis zum Demostadium weiterentwickelte, um dann mit den 20 besten Stücken im Studio zu verschwinden, wo letztlich 14 Songs die erneute Auslese der Musiker überlebt haben. Noch mehr Zahlen gefällig? Die Limited Edition von „Shogun“ wird neben 11 regulären Tracks noch 2 zusätzliche Tracks aus den jüngsten Studiosessions enthalten, dazu ein Iron Maiden Cover und eine DVD mit Making-of.

 

 

Chinese Democrazy – Oder: Die Einflüsse des fernen Ostens

 

Angesichts seiner japanischen Mutter uns seines asiatischen zweiten Vornamen Kiichi kann man sich sicherlich einen Teil der Geschichte rund um den Albumtitel „Shogun“ und das mittlerweile bekannte fernöstliche Coverartwork selbst zusammenreimen. „Das Wort habe ich erstmalig auf unserer zweiten Japan-Tour aufgeschnappt, als wir mit einem klassischen Touristenbus unterwegs waren, wo man erklärte, dass ein Shogun zu den am meisten respektierten Militärrängen in der Geschichte Japans zählt. Ein Shogun hat diese epische und kraftvolle Aura und als wir im Studio waren und nach einem kurzen, ausdrucksstarken Namen gesucht haben, kam uns ‚Shogun’ schnell wieder in den Sinn“. Wer wenig später auf Songtitel wie „Torn Between Scylla And Charybdis” oder „Like Callisto To A Star In Heaven“ stößt, der wird sich erst einmal fragend an der Rübe kratzen und die These aufstellen, dass Matt Heafy entweder zu viele verstrahlte Cartoons geschaut, historische Bücher in sich aufgesogen, oder irgendwelche halluzigenen Substanzen zu sich genommen hat. Vielleicht sogar alles auf einmal? So ganz kann (oder will?) nicht einmal Matt selbst den Nebel um die inhaltliche Ebene seiner Texte lüften wie es scheint. „Genau genommen gibt es keine falsche oder richtige Interpretation der Texte. Diesmal wollte ich alles dem Hörer überlassen und einfach sehen was für ihn oder sie am Ende daraus wird. Die meisten der Songs haben für mich persönlich einen ganz klaren Inhalt, aber diese ganzen griechischen, chinesischen, japanischen und sonstigen auf den ersten Blick befremdlich anmutenden Einflüsse, die ich auf die essenziellen Inhalte obendrauf gepackt habe, sind eigentlich nur Werkzeuge um die Aussagen zu verschleiern“. Dann wissen wir ja jetzt bescheid... oder?!

 

 

 

Listen and Repeat

 

Wer sich das neue Album der Jungs aus Orlando, Florida erstmalig anhört, dem wird auffallen, dass Trivium hier deutlich komplexer komponiert haben und hin und wieder nicht mehr so schnell auf den Punkt kommen – selbst wenn man laut Aussage von Matt „immer noch ganz klar die Elemente der anderen Alben heraushören kann“. Und doch ist die eine oder andere Nummer ziemlich weit von einem typischen Strophe-Bridge-Refrain Song entfernt. „Es gab keine konkrete Entscheidung oder einen Vorsatz solche Songs zu schreiben“, klärt Matthew auf. „Uns war es auch egal ob wir nun härter oder softer werden, solange wir alle voll und ganz hinter dem stehen können, was wir tun. Dieser neue Sound hat sich für uns also einfach so ergeben“. Das Resultat ertönt dabei sehr überraschend und vielseitiger als die bisherigen Veröffentlichungen der Band; wohlgemerkt ohne dabei den Fehler manch anderer Band zu begehen und nach Flickwerk oder gar einem Sampler zu klingen. Der 22-jährige macht dafür ganz klar die bereits gesammelten Erfahrungswerte in kompositorischer und konzerttechnischer Hinsicht verantwortlich und weiß genau, dass er und seine Kollegen „mittlerweile wissen wie man gemeinsam zu einem vernünftigen Ergebnis kommt“. Hingegen hat Neu-Produzent Nick Raskulinecz keinen Einfluss auf den neuen Sound der Burschen aus dem Sunshine State, wenngleich unser sympathischer Gesprächspartner dem Mann am Pult dafür andere Verdienste attestieren darf: „Er hat es geschafft die Wucht und die Durchschlagskraft der Songs richtig zu kanalisieren. Ihm ist es zu verdanken, dass wir mehr den je aus unser herauskitzeln konnten und bei manchen Songs hat er uns ungemein geholfen, wenn wir uns bei irgendwelchen Strukturen mal total festgefahren hatten. Es war gut, dass er uns manche Parts immer und immer wieder hat machen lassen; teilweise haben wir Gitarernparts 15- oder 20-mal eingespielt, damit er auch wirklich den richtigen Take hatte“. Lachend fügt Matt an: „Manche Gesangsspuren hat er mich bis zu 30-mal singen lassen. Hallo?! 30-mal! Ich dachte der Typ ist völlig verrückt, haha! Aber das Ergebnis hat ihm dann am Ende recht gegeben“.

 

 

14 Notes for Intensity and Clarity

 

Zuletzt hatten Trivium den Eindruck erweckt, als wäre man rückblickend mit „The Crusade“ nicht mehr ganz so zufrieden, selbst wenn das Album einige bärenstarke Nummern zu bieten hat. Einige Hörer monierten damals, die Platte würde gezwungen nach anderen großen Bands wie Slayer oder Metallica klingen, was Trivium ganz gelassen sehen. „Es war nie unser Ziel wie irgendeine andere Band zu klingen. Diese Vergleiche kamen hin und wieder einfach auf uns zu, aber wir haben das in den meisten Fällen einfach mal als Kompliment verstanden, weil man uns ja mit wirklich großen Bands verglichen hat. Selbst bei denen, die es böse gemeint haben, war es für uns genau genommen eigentlich ein Kompliment. Denn besser man stellt uns mit einer guten Band gleich, als dass man sagt wir klingen wie eine Scheißband“, lacht Matt. Analytisch fährt der smarte Sänger damit fort, dass in der Musik genau genommen schon alles gesagt wurde und dass man als Band im Prinzip nur noch das Mischungsverhältnis ändern kann, was man grundsätzlich erst einmal bestätigen muss. „Es gibt eben nur 14 Noten, damit muss jeder auskommen; also klingst du zwangsläufig nach irgendjemand anderem“. Sein zuvor veröffentlichtes drittes Album nimmt der Frontmann dann aber doch noch entschieden in Schutz und unterstreicht, dass die Band nach wie vor stolz auf den Dreher ist und es absolut repräsentiert, was die Band zum damaligen Zeitpunkt zu leisten im Stande war. Matt: „’Ascandancy’ hatte als solches eine sehr brutale Grundstimmung und das Album hat dich fast schon angesprungen und war über die volle Distanz sehr intensiv. ‚The Cursade’ sollte dynamischer sein, wir wollten dass man jede einzelne Nuance heraushören kann, dass jedes Instrument klar zu erkennen ist. Und diesmal wollten wir all das auf einmal – wir wollten Intensität, Klarheit und Brutalität. Mir scheint das haben wir auch geschafft“.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.trivium.org