Interview mit Manuel Munoz von THE OLD DEAD TREE

 

 

Hey, für den Anfang Gratulation zu „The Water Fields“. Euch ist es abermals gelungen, ein absolut starkes und vor allem emotionales Album abzuliefern. Wobei mich das auch zu meiner ersten Frage bringt: Wie wichtig ist es für euch, dass die Leute von euren Songs emotional berührt werden?

 

Manuel: Vielen Dank für das Lob! Das erschaffen und vermitteln von Emotionen jeglicher Art ist einer unserer Hauptziele während des Songwriting-Prozesses. Dabei handelt es sich grundsätzlich um emotional alltägliche Dinge, die sowohl mir und meinen Bandkollegen als auch unseren Familien und Freunden widerfahren. Es handelt sich somit um sehr persönliche Emotionen, die wir in unsere Songs einbauen, und wenn unsere Fans jene während des Anhörens der Songs fühlen können, dann stellt das für uns ein Erfolg auf ganzer Linie dar.

 

Vielleicht liege ich falsch, wenn ich an dieser Stelle anmerken möchte, dass es keine allzu gravierenden Unterschiede zwischen eurem vorhergehenden Album „The Perpetual Motion“ und „The Water Fields“ gibt. Kannst du bitte kurz erläutern, wo du die Unterschiede zwischen diesen beiden Alben siehst?

 

Manuel: Wir sind erfahrener im Songwriting als noch zu „The Perpetual Motion“ Zeiten. Die aktuellen Songs klingen für mich um einiges reifer, da wir uns sehr darum bemüht haben, kleine Details in die Songs einzubauen. Gewisse Songs bestehen aus bis zu 60 Spuren, da wir unzählige Gitarrenparts übereinander gelegt und mit verschiedensten Sounds experimentiert haben. Ebenfalls haben wir unterschiedliche Melodielinien miteinander gekreuzt und auch auf für uns neue Elemente wie z.B. klassische Instrumente zurückgegriffen. All diese Dinge machen für mich den Unterschied zwischen „The Perpetual Motion“ und „The Water Fields“, wobei man gewisse Details sofort raushören kann, während einem andere erst nach mehrmaligem Hören auffallen werden. Zusätzlich soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass „The Water Fields“ um einiges härter und düsterer als „The Perpetual Motion“ ist, im gleichen Atemzug aber auch variabler und emotionale ausfällt. Sogar die Produktion, für die sich abermals Andy Classen verantwortlich zeichnet, ist in meinen Augen um einiges gelungener.

 

Was für eine Bedeutung verbirgt sich eigentlich hinter dem Albumtitel?

 

Manuel: Bevor ich mit dem Schreiben von neuen Songs für „The Water Fields“ angefangen habe, war meine Art und Weise wie Lyrics zu verfassen noch sehr „egoistisch“, da ich mich darin nur mit meinen persönlichen Fragen und Problemen auseinandergesetzt habe. Aber die Dinge haben sich geändert, aktuell habe ich versucht, mich mehr auf die Menschen um mich herum zu konzentrieren. Es mag zwar ein wenig lächerlich klingen, aber nach der Veröffentlichung von „The Perpetual Motion“ habe ich festgestellt, dass viele Leute, die ich überhaupt gar nicht kenne, sehr viel über mich und mein Seelenleben zu wissen scheinen. Das ist auch der Grund, wieso ich diesmal die Songtexte auf andere Menschen ausgerichtet habe. Ich habe versucht zu analysieren, wie andere Menschen reagieren, wenn sie mit Problemen und tiefem Schmerz konfrontiert werden. Dabei habe ich festgestellt, dass dabei grundsätzlich fast alle Menschen gleich reagieren; dass sie versuchen sich zu verstecken oder davonzulaufen. Aus diesem Grund habe ich dann auch jenen imaginären Ort erfunden, an dem die Leute vor ihren Problemen und Schmerzen in Sicherheit sind, die titelgebenden „Water Fields“.

 

In unserem letzten Interview hast du mir gesagt, dass der Wechsel zwischen deiner klaren- und harschen Sangesstimme dir Schmerzen bereitet. Hat sich das in der Zwischenzeit geändert oder ist es immer noch so?

 

Manuel: Im Zuge der Promotion für „The Perpetual Motion“ waren wir 2005-2006 sehr viel unterwegs, wobei ich realisierte, dass meine Stimme der Belastung von zu vielen Auftritten am Stück nicht gewachsen ist. Aus diesem Grund habe ich auch Medikamente, wie z.B. Cortison, genommen. Dass dies natürlich nicht gerade der beste Weg ist, um solche Probleme zu lösen, sollte an dieser Stelle klar sein. Aus diesem Grund habe ich auch einen Gesangslehrer, Doktoren und Ortophonisten aufgesucht, der mir in 30 Lektionen die bestmögliche Atemtechnik beigebracht hat, um dieses Problem endgültig in den Griff zu bekommen. Acht Monate lang habe ich daher auch darauf verzichtet in den Bandproben zu singen, da ich mir die schlechten Angewohnheiten von früher, die zu diesen Schmerzen geführt haben, abgewöhnen wollte. Heute fühle ich mich somit auch um einiges wohler und selbstbewusster. Ich bin durchaus der Meinung, dass sowohl meine klare als auch meine harsche Sangesstimme um einiges kräftiger, natürlicher, somit auch weniger kontrolliert klingt.

 

Im Song „What's Done Is Done” kommt man in den Genuss von gewissen 70er Jahre-Klängen, wie man sie aus Filmen wie „Shaft“ oder auch der Serie „Die Straßen von San Francisco“ kennt. Ich glaube, das verlangt nach einer Erklärung.

 

Manuel: Die Idee für diese „ungewöhnlichen“ Klänge stammt von mir. Ich muss an dieser Stelle gestehen, dass ich ein sehr großer Fan von solchen 70er Jahre-Filmen bin!

 

Für die Keyboard-Passagen auf dem Album habt ihr auf die Dienste von Emmanuel Rousseau zurückgegriffen, der ansonsten in der Band Lyr Drowning die Keyboardtasten drückt. Wieso habt ihr euch gerade für ihn entschieden?

 

Manuel: Aus dem einfachen Grund, da wir seine Arbeit bei Lyr Drowning sehr schätzen und er ein sehr talentierter Keyboarder ist. Dementsprechend hat er auch zu den jeweiligen Songs ein paar interessante Ideen und Arrangement beigesteuert.

 

Bekanntermaßen hat euer Schlagzeuger Foued Moukid die Band verlassen. Hat euch sein Weggang überrascht und kannst du erläutern, wieso er die Band überhaupt verlassen hat?

 

Manuel: Foued war drei Jahre lang ein Mitglied von The Old Dead Tree. Die Gründe wieso er die Band verlassen hat sind unter anderem, dass er sich voll und ganz auf seine eigene Band Arkan und auf gewisse private Projekte konzentrieren will. Wir sind immer noch Freunde, da diese „Trennung“ in beidseitigem Einverständnis vollzogen wurde. Daher hat uns seine Entscheidung auch nicht überrascht, da es für ihn einfach unmöglich wurde, überall zu sein. Er musste sich entscheiden und ich kann soviel sagen, die Entscheidung ist ihm nicht leicht gefallen.

 

Lass uns ein wenig über eure Heimatstadt Paris sprechen. Existiert dort eigentlich eine Metal-Szene bzw. würdest du sagen, dass Paris eine lebendige Metal-Szene hat?

 

Manuel: Frankreich kann durchaus als ein zentralisiertes Land betrachtet werden. Daher stammen auch die meisten französischen Metal-Bands aus Paris. Trotzdem würde ich nicht sagen, dass Paris eine wirklich lebendige Metal-Szene hat. Meiner Meinung nach ist es eher so, dass sich die Metal-Szene in ganz Frankreich zusehend vergrößert, professioneller und strukturierter wird. Die größte französische Metal Band ist wohl ohne Zweifel Gojira, die auch schon zweimal in den USA unterwegs waren und dort mit Bands wie Lamb of God und Machine Head gespielt haben. Ebenfalls nicht zu vergessen sind Dagoba, die schon als Support-Act für Sepultura und In Flames gespielt haben.

 

The Old Dead Tree existieren nun schon seit über 10 Jahren. Keine schlechte Leistung wie ich finde.

 

Manuel: The Old Dead Tree war ursprünglich nichts anderes als die Vereinigung von 4 Jungs, die von Metal und Dark Rock fasziniert waren. 1997 haben wir mit der Band angefangen, aber wirklich ernst wurde es uns erst 5 Jahre später nach der Veröffentlichung unseres ersten Albums „The Nameless Disease“. Mit zunehmendem Alter haben wir uns mehr und mehr auf die Musik konzentriert; versucht bessere Musiker, oder in meinem Fall, ein besserer Komponist zu werden. Grundsätzlich ist es heutzutage unser Ziel, beim Blick auf unsere Discography nichts zu bereuen und sich für nichts schämen zu müssen.

 

Kommen wir zur letzten Frage: Der letzte Track auf „The Water Fields“ hört auf den Namen „This is Now Farewell“. Ich hoffe doch schwer, dass dieser Songtitel nicht wörtlich zu nehmen ist, dass man euch bald wieder sehen wird?

 

Manuel: Da „The Water Fields“ sehr gute Resonanzen erhält, blicken wir durchweg positiv und voller Selbstvertrauen in die Zukunft. In diesem Zusammenhang möchten wir auch allen Fans in Deutschland, Österreich und der Schweiz danken, euer Support ehrt uns wirklich! Wir werden in diesem Jahr auf dem Summer Breeze und dem Wave Gotik Treffen spielen, du siehst also, man wird uns bald wieder live on Stage erleben können.

 

 

 (Ganz der Tradition entsprechend, werden die letzten Worte von Manuel im gebrochenem Deutsch ausgesprochen.) Danke und bis Bald!

 

Nando Rohner - www.sounds2move.de

 

Kommentar: "The Water Fields"  von THE OLD DEAD TREE

Ich bleibe dabei - The Old Dead Tree haben sich einen wirklich bescheidenen Bandnamen zugelegt, als sie vor mehr als 10 Jahren begonnen haben gemeinsam Musik zu machen. Dies wäre auch überhaupt kein Problem gewesen, wäre man eine klein, unbedeutende Demoband irgendwo in Frankreich geblieben. Doch dem ist schon lange nicht mehr so und spätestens sein "The Perpetual Motion" hat die Band in ganz Europa einen Ruf als absoluter Geheimtipp inne. Mit "The Water Fields" könnte es nun verdientermaßen auch für mehr reichen, denn nach ihrer Deutschlandpremiere auf dem WGT 2006 hat die Band merklich an ihrer Live-Präsenz jenseits der Heimat gearbeitet. Dieser Umstand ist zu einem großen Teil auch dem aktuellen Album der Herren zu schulden, die eine emotionale Achterbahn der hochklassigen Art abgeliefert haben. Hier greift ein Song in den nächsten und trotz wechselnder Stimmungen und Einflüsse hat man das Gefühl, sich zu jeder Zeit in einem in sich geschlossenen Kosmos zu bewegen. Sicherlich wird "The Water Fields" beim einen oder anderen mehr als 2 Durchläufe brauchen, doch das ist nur im Sinne des Erfinders, der Musik mit Nachhaltigkeit und Tiefgang erschaffen will und keinen glatten Wegwerf-Metal. Auch auf die Gefahr hin bei der nächsten Gelegenheit auf dem Scheiterhaufen zu landen: Die Zeiten in denen Opeth die Alleinherrschaft im Königreich zwischen Death, Prog und Dark Metal spielend in den Fingern hatten, sind langsam aber sicher vorbei. Natürlich bleibt Mr. Akerfeldt nach wie vor das Maß aller Dinge, aber der Monarch dürfte langsam aber sicher den Atem seiner Thronräuber im Nacken spüren.

 

Link: www.theolddeadtree.com