Interview mit Reto von TEMPESTA

 

 

sounds2move: Mit „Fulltime Joker“ liefert ihr euer neues und auch überaus gelungenes Album ab. Ich persönlich bin sehr angetan von den zehn enthaltenen Songs, doch wie steht es mit dem Rest der Welt? Wie fielen bisher die Resonanzen auf euren neuen Silberling aus?

 

Reto: Danke! Die Resonanzen bis jetzt sind allesamt sehr gut. Wir wussten eigentlich schon lange, dass das ein ganz spezielles Album ist, da es kein so genannter Schnellschuss war. Unser letztes Album „Platinum“ wurde 2002 veröffentlicht. 4 Jahre später dann „Fulltime Joker“! Das heißt, dass das neue Album über diese Zeit hinaus entstand. Wir entwickelten uns natürlich ständig weiter und die Songs bekamen immer wieder einen neuen Charakter. Den Joker-Charakter.

 

Der Albumtitel offenbart aber nicht etwa eine versteckte Leidenschaft für das Pokern bzw. ähnlich gelagerte Kartenspiele?

 

Eigentlich nicht. Das Wortspiel „Fulltime Joker– fill the voids“ kann man einfach mit enorm vielen verschiedenen Situationen in Verbindung bringen und es passt.

 

Mit dem neuen Album bestätigt ihr im Grunde auch ein weit verbreitetes Vorurteil, nämlich, dass aus der Schweiz nur Hard Rock zu kommen scheint.

Wie kommt es, dass größtenteils nur Schweizer Hard Rock Bands wie Krokus, Gotthard, Shakra oder auch Crystal Ball international erfolgreich sind und andere metallische Strömungen aus der Schweiz mehrheitlich ignoriert werden? Ist die Schweiz eine typisches Hard Rock Land?

 

Ich denke, wenn man überhaupt von Kommerz reden darf, Hardrock ist einfach für einen größeren Teil der Leute zugänglich als z.B. Heavymetal oder gar Deathmetal. Gerade die oben erwähnten Bands sind mit extrem geilen Vocals und Gesangsparts ausgestattet. „Hardrock“ ist meistens auch für die Hitparaden Junkies nicht zu hart *Lacht*….

Doch deswegen denk ich ist die Schweiz kein typisches Hard Rock Land. Wir haben enorm viele wirklich harte Bands!!!

 

Mit Twilight habt ihr einen Labelpartner im Rücken, der für eine weltweite Vermarktung eures Albums sorgen wird. War es schwer an diesen Deal heranzukommen oder eilte euch der gute Ruf voraus?

 

Es dauerte immerhin fast 2 Jahre, um unseren Joker der Öffentlichkeit präsentieren zu können. In dem Sinne hatte es unser Ruf leider nicht sehr eilig! Aber was uns natürlich enorm stolz macht, dass er nun weltweit erhältlich ist. Also hat sich das lange Warten gelohnt.

 

Stichwort „weltweit“: Habt ihr eigentlich nur Fans in der Schweiz oder habt ihr schon mitbekommen, dass es auch Tempesta „Liebhaber“ in andern Ländern gibt? Wenn ja, welche Länder wären das?

 

Also, was wir wissen ist, dass es in Deutschland doch auch schon ne Menge Leute gibt, die sich für uns interessieren. Das bezieht sich nicht zuletzt auf die Tour mit Crystal Ball und Thunderstone im Dezember 2005. Auch durch die sporadisch gespielten Gigs in Deutschland, organisiert durch unsere Booking Agentur, bekamen wir immer wieder gute Resonanzen.

 

sounds2move: In der Schweiz selber übernimmt QLR den Vertrieb eures Albums. Ist es für euch wichtig auch ein Schweizer Label im Rücken zu haben oder wieso habt ihr neben Twilight auch noch QLR ins Boot geholt?

 

Also, eigentlich sieht das Ganze so aus: QLR ist unser Label in der Schweiz. Nonstopmusic ist der Vertrieb von QLR. Und Nonstopmusic hat in Zusammenarbeit mit Twilight den Joker weltweit veröffentlicht. Twilight ist unser Vertrieb für den Rest der Welt, aber nicht unser Label, alles klar...ich weiß, klingt kompliziert *Lacht*.

 

Mit der Heavy Metal Nation Reihe haben QLR eine hörenswerte Sampler-Reihe ins Leben gerufen. Ihr selber wart mit „F***“ auf Heavy Metal Nation I vertreten. Wie beurteilst du den Schweizer Underground? Braucht es solche Projekte wie die Heavy Metal Nation Reihe bzw. hat die Teilnahme daran, euch in irgendeiner Form genützt?

 

Natürlich braucht es solche Projekte. Man hat ja sonst nicht viel zu lachen im Schweizer Rock-Business *Lacht*, was die Unterstützung durch die Medien betrifft!

Ich kann nur soviel sagen, der Untergrund brodelt. Es ist unglaublich, wie viele geniale Bands alleine in unserer Umgebung in den Kellern ihr Unwesen treiben. Wehe sie werden losgelassen…

 

In Crystal Ball Frontmann Mark Sweeney habt ihr bekanntermaßen einen tatkräftigen Befürworter eures Schaffens gefunden.  Kannst du unseren Lesern berichten, wie eigentlich der Kontakt mit ihm entstanden ist?

 

Ich schickte ihm damals unser Album „Platinum“, auf das er prompt antwortete. Er war beeindruckt von den Songs, jedoch nicht unbedingt von der Produktion.

 

Gab es eigentlich einen bestimmten Moment, in dem er auf euch zugetreten ist und euch mitgeteilt hat, dass er eure Musik schätzt und euch auch ein wenig unterstützen möchte? Oder hat sich das einfach so von alleine ergeben?

 

Er besuchte uns im Probelokal, um uns live zu hören. Nachdem wir ihm noch Ideen zu neuen Songs für das Fulltime Joker Album vorspielten, begann die Zusammenarbeit mit Mark Sweeney als Produzenten. Er war sichtlich begeistert von den neuen Songideen und wollte mit uns unbedingt das Album machen. Wir natürlich auch! Er war einfach der richtige Mann zum richtigen Zeitpunkt.

 

Zusammen mit Michael Bormann hat er euer aktuelles Album auch produziert. Was kannst du uns über die Zusammenarbeit mit ihm bzw. über die Produktion im Allgemeinen erzählen?

 

Michael Bormann ist einfach ein Riesen Talent! Es ist unglaublich, was er alles auf dem Kasten hat. Man glaubt es wirklich nicht, man muss es gesehen haben!
Es kristallisierte sich schnell heraus, dass Michel eine für die Produktion nicht wegzudenkende Person ist. Bormann wurde am ersten Studiotag als Produzent ins Temp-Schiff beordert. Nun hatten wir ein Produzenten-Duo hinter uns, von dem wir eigentlich nie zu träumen gewagt hätten! Sweeney und Bormann!

 

Der Song „Stagedive“ klingt im Refrain doch sehr nach Crystal Ball. Von daher meine Frage ob Mark Sweeney in irgendeiner Form Einfluss auf eure neuen Songs genommen hat?

 

Du bist der erste, der sagt, dass irgendeine Passage wie Crystal Ball klingt. Mark hat mit uns Monate vor dem Studiotermin an den Songs geschliffen. Diesbezüglich hat er natürlich auch Einfluss auf die Songs gehabt. Aber dass der Stagedive - Refrain nach Crystal Ball klingen sollte?!?...Die Ohren hören halt verschieden *Lacht*.

 

Als Thunderstone und Crystal Ball letztes Jahr zusammen auf Tour gingen, hat Mark Sweeney dafür gesorgt, dass ihr euch der Tour als Support-Act anschließen durftet.

Wie reagierten die anwesenden Zuschauer, die vermutlich das erste Mal mit eurer Musik konfrontiert wurden, auf euch?

 

Sie waren sichtlich überrascht. Das kannst du diversen Live–Berichten entnehmen.
Wir genossen die Fürsorge des Headliners *Lacht*! Was ich damit meine ist, dass Mark und die gesamte Band (inkl. Thunderstone) uns nicht einfach als Support Act behandelten. Wir hatten immer genügend Zeit für die Soundchecks, volles Rohr aus den Boxen während den Gigs und eine Spielzeit von 45 Minuten. Es war einfach von A – Z eine gelungene Tour!

 

Die Finnen Thunderstone sind ja bekannt für ihre derben und schrägen Späßchen bekannt. Wie habt ihr die Band so erlebt?

 

Die waren wirklich schräg aber unglaublich cool und amüsant! Wir haben selten so gelacht. Ich meine, Tempesta ist auch nicht unbedingt prüde. Die meisten, die sich mit uns das erste Mal unterhalten, sagen im Nachhinein, dass sie noch nie im Leben soviel gelacht hätten…
aber die Thunderstoner, die sind einfach noch mal ein Level schräger *Lacht*.

 

Mark Sweeney hat im sounds2move Interview nicht ganz ernst gemeint angekündigt, dass sich Thunderstone durchaus warm anziehen müssten, da auch die

Crystal Ball Mitglieder so einige Macken haben. Nun meine Frage, wer hat auf der Tour wem das Fürchten gelehrt? Die Schweizer der Finnen, oder die Finnen den Schweizern?

 

Ich denke mal, wir Schweizer waren im Tourbus in der Überzahl *Lacht*. Nein, Spaß beiseite. Es war wirklich vom ersten Zusammentreffen an die gleiche Ebene bei allen Beteiligten vorhanden. Ein Abend waren die Thunderstoner untödlich, am nächsten Tag konnte uns niemand das Wasser reichen, und am übernächsten wussten die Crystal Ball Jungs nicht, wann sie denn genau ins Bettchen gehören…

 

Beim Ausklingen des Songs „Do you Understand“ kommt man in den Genuss von ausgiebigem Gegröle und man hört auch „Champions“ Rufe. Ich gehe mal davon aus, dass dieser Song so eine Art Fußball-WM Song sein soll oder wie muss an ansonsten diese Rufe interpretieren?

 

Sorry, das sind nicht „Champions“ Rufe, sondern „Schalke“ Rufe (Verdammt, mein Gehör ist echt Metal geschädigt; Anm. d. Redakteurs). …und das war unser lieber Sweeney. Also kein WM–Song. Höchstens ein Bundesliga-Song *Lacht*

 

Bleiben wir trotzdem kurz beim Thema WM Song. Im Vorfeld der Fußball-WM wurde auch in der Schweiz eifrig nach dem passenden WM-Song gesucht. Ist euch je der Gedanke gekommen, ebenfalls einen Song dafür einzureichen?

 

Ehrlich gesagt haben wir aufgehört mit solchen Wettbewerbs-Späßchen! Denn um in diese Kreise zu kommen und um überhaupt ne Gewinnchance zu haben, benötigt man Vitamin B2000! …Diese Zeit nutzen wir besser für uns…

 

“Bluesman“, der letzte Song auf dem Album, fällt gar entspannt - und wie es der Titel schon ankündigt - auch sehr Blues-mäßig aus.  Habt ihr diesen Song gezielt als Schlusspunkt ausgewählt, um das Album relaxt abklingen zu lassen?

 

Joups. Genau. Er ist einfach der richtige Song für den Abschluss! Er hätte an keine andere Position gepasst…

 

Verbeugt ihr euch mit diesem Song eigentlich vor den ursprünglichen Wurzeln des Rocks, nämlich dem Blues, oder was hat euch zu “Bluesman“ inspiriert?

 

Ich schrieb „Bluesman“, als ich krank Zuhause lag, nicht arbeiten konnte und mit der akustischen Klampfe einfach vor mich hin schrummte…Als dann Pasci (2. Gitarrist; Anm. d. Redakteurs) am Abend vorbei kam, spielte ich es ihm vor und er meinte, den müssen wir unbedingt machen. Tempesta ist nun mal Heavy, Rock, Country und Blues in einem. Und natürlich werden wir nie vergessen, woher das kommt, was wir machen. Auch auf dem Vorgänger-Album „Platinum“ war schon ein Blues drauf… Wir lieben es, diverse Stilrichtungen zu mischen. Das war leider auch der Grund, warum wir solange auf einen Deal warten mussten.

 

Welche Bands haben dich eigentlich dazu veranlasst, den Weg eines Musikers einzuschlagen und hast du es je bereut, diesen Weg gewählt zu haben?
 

Den Weg eines Musikers zu gehen kann - muss aber nicht - durch eine Band ausgelöst werden. Ich hatte schon Jahre vorher Gitarre gespielt und mich für diverse Musikstilrichtungen interessiert. Damals die ganzen Bluessachen bei einem Privatlehrer. Dann waren sicherlich Metallica wegweisend für mich. Hörte ich doch Master und Justice damals täglich! Heute bevorzuge ich privat eher das Country -Rock n’Roll Zeug und natürlich Classic-Rock…

 

Zum Abschluss meine Standardfrage nach einer noch unbekannten Schweizer Underground Band, die es der Wert ist gehört zu werden.

Wenn du nun also eine solche Band nennen könntest, welche wäre das und wieso sollten unsere Leser sie unbedingt Mal antesten?

 

Dann würde ich doch mal die Band „LORDREN“ (www.lordren.ch) erwähnen. Die spielen wirklich geilen Metal und haben einen verdammt groovigen Sound! Wir spielten bereits 2 Mal mit ihnen zusammen. Es sind allesamt super Typen und leben was sie spielen. Unser Schlagzeuger Armin kennt die Lordren’s schon lange. Also, unbedingt mal abchecken!

 

Inteview: Nando Rohner - www.sounds2move.de