Interview mit Hanz Eberhard und Peti van der Velde von TAPE

 

 

Nachdem ihr euer Debüt veröffentlicht hattet, wurden euch ein paar lukrative Supportslots angeboten, die ihr natürlich genutzt habt. Trotzdem wurdet ihr bei der Zusammenlegung eures ehemaligen Labels zu Warner Music Germany, zusammen mit nicht wenigen anderen Bands gedroppt. Hat man euch dafür denn damals genauere Gründe genannt? Etwa Verkaufszahlen, musikalische Neuausrichtung oder etwas in der Art? 

 

Hanz: Die Entscheidung für den Split kam direkt aus Amerika. Warner Music International wurde damals an einen neuen Investor verkauft und im Zuge dieses Verkaufs musste sich Warner Deutschland dann nicht nur von dem Großteil ihres nationalen Repertoires trennen, sondern sie haben auch noch 2/3 ihrer Angestellten entlassen. Verkaufszahlen spielten dabei natürlich eine Rolle. Alles, was nicht genug Geld einbrachte, wurde "abgestoßen" und so traf es dann auch uns.

 

Wie seid ihr als Band  in der ersten Zeit nach der Entscheidung mit der Sache umgegangen? Eigentlich schien alles recht gut anzulaufen, euer Album war draußen, ihr bekamt gute Tourangebote und euer Video hatte es ins Musikfernsehen geschafft. Und plötzlich wird einem der Stuhl vor die Tür gestellt. Das war sicherlich keine einfache Sache, zumal euer ehemaliger A&R Ole Kirchhoff damals große Stücke auf euch hielt, wie ich mir habe sagen lassen.

 

H: Die Mitarbeiter von Warner Deutschland haben sich eine lange Zeit sehr stark für uns gemacht und für unseren Verbleib bei Warner gekämpft. Auch wenn es im Endeffekt nichts genützt hat, sind wir ihnen bis heute für ihre große Loyalität dankbar. So eine Trennung ist logischerweise nicht etwas, was man sich erträumt, aber es ist auch kein Weltuntergang. Wir haben schon lange vor dem Majordeal Musik gemacht und werden unseren Weg einfach konsequent weitergehen. Rückschläge gehören nun einmal dazu.

 

Kam der Split mit eurer ehemaligen Sängerin Darcia eigentlich im Zuge dieses Droppings zu Stande oder gab es dafür andere Gründe? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es für sie eine Frage der Perspektive war, schließlich seid ihr nun bei Tiefdruck wieder unter der Haube, während sie mit ihrer neuen Band meines Wissens nach noch mehr oder minder durch die Jugendzentren tingelt, um es mal bewusst zynisch auszudrücken.

 

H: Wer? Aber im Ernst: Sie beweist ja gerade, wessen Geistes Kind sie ist.

 

Außerdem habt ihr euch mit „#2“ sogar noch Zeit gelassen, denn euer neues Album ist alles andere als zwischen Tür und Angel entstanden, sondern wurde über Monate hinweg ausgefeilt. Habt ihr keinen Gedanken daran verschwendet so schnell wie möglich ein 2. Album nachzuschieben, einfach auch um den noch vorhandenen Effekt des Moments vor dem Dropping nicht verfliegen zu lassen?

 

H: Zunächst mussten wir ja erst einmal eine neue Sängerin finden. Das hat natürlich etwas gedauert, denn gute und dazu auch noch zurechnungsfähige Sängerinnen wachsen ja nicht auf Bäumen. Außerdem wollten wir das neue Album mit Peti gemeinsam erarbeiten und so haben wir es dann auch gemacht. Darüber hinaus werden wir sicherlich nie Qualität zugunsten der Geschwindigkeit opfern. Dazu ist uns unsere Musik zu wichtig.

 

Und: Bekommt man nach gewisser Zeit nicht auch ein bisschen Angst, wenn man zu lang an einem Song arbeitet, dass man ihn unfreiwillig „kaputt ändert“?

 

H: Diese Gefahr besteht durchaus. Man muss halt den richtigen Zeitpunkt erwischen. Es kann allerdings genauso gut passieren, dass man zu früh zufrieden ist und eine Nummer ihr Potential dann nicht voll ausschöpft.

 

Fällt es euch als Musiker an sich nicht ein bisschen schwer quasi von einem Tag auf den anderen wieder umzudenken? Ihr macht nicht erst seit 2 Jahren Musik und seid natürlich auch kleine Rockschuppen gewohnt. Dennoch habt ihr binnen kürzester Zeit in den großen Hallen für Limp Bizkit oder etwa Disturbed eröffnet und es sogar auf die Hauptbühne bei Rock am Ring geschafft. Ich kann mir vorstellen, dass man sich an solche Verhältnisse gern schnell gewöhnt und dann aber auch aus allen Wolken fällt, wenn die Clubs genauso schnell wieder kleiner werden. 

 

H: Wie du ganz richtig gesagt hast, machen wir nicht erst seit gestern Musik. Deshalb ist  die Schnelllebigkeit und das Auf und Ab im Musikbusiness nichts Neues für uns. Außerdem haben wir neben diesen "großen" Shows auch immer kleinere Clubshows gespielt. Wenn Du z.B. DISTURBED supportest, dann ist es für die eigene mentale Gesundheit sehr ratsam, sich klar zu machen, dass die vielen Leute, die zur Show kommen, nicht deinetwegen dort auftauchen, sondern zu einem verdammt hohen Prozentsatz eben wegen des Headliners dort erscheinen. Man muss ganz einfach lernen, damit umzugehen, denn es gibt wirklich wichtigere Dinge im Leben als die Größe einer Bühne.

 

Vermutlich haben sich neben Tiefdruck Musik auch andere Labels mehr oder minder intensiv um euch bemüht. Was gab trotzdem unterm Strich für euch den Ausschlag, einen Vertrag in Hamburg zu unterzeichnen?

 

H: Die Jungs von Tiefdruck sind zum einen echte Fans des Albums und zum anderen sind sie sehr engagiert. Natürlich stehen dort keine großen Budgets für alles Mögliche zur Verfügung, aber das ist unserer Meinung nach heutzutage auch nicht das Wesentliche. Viel wichtiger ist, dass sich das Label "reinhängt" und man sich als Band gut aufgehoben und unterstützt fühlt.

 

Peti, wie groß war dein Einfluss als Sängerin auf die Texte des neuen Albums? Der Unterschied zum Vorgänger ist schon allein bezüglich der Thematiken deutlich sichtbar. Wollte sich die Band grundsätzlich neu orientieren oder ist in dieser Hinsicht auch ein bisschen die Handschrift der neuen Frontfrau zu erkennen? 

 

Peti: Es ist etwas von beidem. Sowohl die Jungs als auch ich wollten, dass die Texte emotionaler und "echter" werden. Sie sollten unsere Gefühle und unsere Erfahrungen widerspiegeln. Lyrics bieten eine gute Möglichkeit, sich Dinge von der Seele zu schreiben und sich mit der Welt um einen herum auseinander zu setzen. Wir finden, dass ernsthafte Musik auch ernsthafte Lyrics verdient.

 

Als Sängerin hast du bereits im Musical „We will rock you“ gesungen. Glaubst du, dass der Sprung vom Musical zur Rockband durch dieses unbestritten mehr als rockorientierte Projekt einfacher für dich war, als wenn du etwa ein klassisches Musical gesungen hättest? 

 

P: "We will rock you" ist nicht meine erste musikalische Erfahrung. Als ich 15 Jahre alt war, stand ich schon das erste Mal auf einer Bühne und fing kurz darauf an, in Bands zu singen. Und da ich Rockmusik liebe, waren auch schon früh Rockbands dabei. Insofern ist das Ganze keine komplett neue Situation für mich, sondern eine logische Weiterentwicklung.

 

Kannst du selbst einschätzen, inwiefern deine Erfahrung in Sachen Bühnenarbeit und Ausdruck sich positiv auf die Liveshow deiner Band auswirkt, bei der du als Frontsängerin natürlich die meiste Aufmerksamkeit bekommst?

 

P: Natürlich ist Erfahrung hilfreich, viel wichtiger ist aber, dass man sich bei dem was man macht wohl fühlt und mit Leidenschaft dabei ist. Keine noch so große Erfahrung kann diese Leidenschaft ersetzen und das Publikum hat ein sehr feines Gespür dafür, ob du authentisch bist oder nicht. Außerdem macht es einfach eine Menge Spaß, mit den Jungs gemeinsam auf der Bühne zu stehen.

 

Neben deiner musikalischen Arbeit hat sich natürlich auch dein Publikum mehr oder minder deutlich geändert. Musicalpublikum präsentiert sich mitunter im gediegenen Abendoutfit und spendet im Optimalfall stehende Ovationen, während dir jetzt verschwitzte, langhaarige Jungs und Mädels gegenüber stehen, die sich allein körperlich völlig anders gebären als das Publikum einer bestuhlten Musicalhalle ;-) . Hast du lang gebraucht, um diesbezüglich umzudenken und dich an dein neues Publikum zu gewöhnen? 

 

P: So anders ist das Publikum gar nicht. Gerade bei "We will rock you" ist das Publikum sehr breit gefächert. Das dort jemand im "gediegenen Abendoutfit" auftaucht ist eher die Ausnahme. Wesentlich häufiger trifft man da auf Leute mit Queen, Metallica oder Iron Maiden T-Shirts. Und man sollte es kaum glauben, aber an manchen Abenden bildet sich sogar eine Art kleiner Mosh-Pit...

 

Nachdem euer Debüt „#1“ betitelt wurde, heißt das neue Album nun konsequenterweise „#2“. Kann man davon ausgehen, dass ihr dieses Spiel in Zukunft weiterspielen werdet? 

 

H: Da zitieren wir mal Deutschlands größten noch lebenden Philosophen, Franz Beckenbauer: "Schaun' 'mer mal". Das werden wir entscheiden, wenn "#3" fertig ist.

Interview: Markus Rutten - www.sounds2move.de

Link: www.txxx-music.de