Interview mit Juha Raivio von SWALLOW THE SUN

 

 

Juha, in unserem letzten Interview hast du mir verraten, dass du das komplette “Plague of Butterflies”-Epos gern eines Tages auf die Bretter bringen möchtest. Genau das habt ihr bei einigen Shows eurer Finnlandtour kürzlich getan, obwohl sich die Spielzeit dieser Nummer auf satte 30 Minuten beläuft.

 

Ja, wir haben „Plague of Butterflies“ in voller Länge gespielt und es hat fantastisch funktioniert! Ich wünsche mir wirklich, dass wir dazu eines Tages vielleicht eine DVD machen können, um die Musik und die Geschichte auch in Bildern ausdrücken zu können. Ob mit oder ohne das Ballet, für welches das Stück ja einst komponiert wurde, ist dabei zweitrangig. Aber „Plague“ würde doch sicher in Zukunft auch eine nette Live-Zugabe abgeben, oder? Haha!

 

Spannen wir den Bogen in die Gegenwart und zum neuen Album. Der Opener „These Woods breathe evil“ scheint mir eine kaum zu ignorierende Black Metal-Note zu haben. Teilst du diese Einschätzung und ist Black Metal einer eurer Einflüsse von früher und / oder in der Gegenwart?

 

In der Tat gibt es in diesem Song, aber auch in ein paar anderen, ein recht angeschwärztes Feeling. Dass diese Elemente diesmal etwas deutlicher zu Tage getreten sind, ist jedoch eher beiläufig und aus dem natürlichen Entwicklungsprozess entstanden. Ich war nie der typische Black Metal-Hörer oder in der Szene aktiv, jedoch gefällt mir diese gewisse Form von Kälte, die diese Stilrichtung transportiert. Mir kommt es schon immer so vor, dass unsere Musik stellenweise eine ähnliche Atmosphäre erzeugt, auch wenn wir natürlich im Grunde eine vollkommen andere Richtung bedienen.
 

Wie schon auf „Hope“ gibt es auch auf „New Moon“ eine Gaststimme zu hören. Im vorliegenden Fall ist das die Sängerin Aleah, deren Schwanengesang auf „Lights on the Lake“ erklingt. Wie seid ihr als Finnen denn auf die Schwedin gekommen?

 

Ich habe ihre Stimme erstmals auf mySpace gehört und sie hat mich mit ihrem gespenstischen Gesang sofort verzaubert. Daraufhin bin ich mit ihr in Kontakt getreten und habe sie gefragt, ob sie Interesse daran hätte, auf einem unserer neuen Lieder zu singen und dort die Rolle eines ertrunkenen Mädchens zu repräsentieren, was unbestritten perfekt zu ihrer Stimme passt. Sie hat sich dann überraschend als Fan von Swallow the Sun herausgestellt und hatte darüber hinaus von sich aus bereits seit einiger Zeit mit dem Gedanken gespielt uns eine Mail zu schicken und sich als Gast- oder Background-Sängerin anzubieten. Besser hätte es also nicht laufen können – für beide Seiten.
 

Stimmt, und das Resultat kann sich ebenfalls mehr als hören lassen. Du hast quasi im selben Atemzug  dann sogar ein neues Projekt mit Namen Trees of Eternity aus der Taufe gehoben, in dem du ebenfalls mit ihr gemeinsame Sache machst. Damit hättest du jetzt sogar zwei Nebenbaustellen, da man dich bekanntlich auch bei Plutonium Orange findet. Bezüglich Aleah scheint sich die Frage, ob oder ob du nicht noch ein Projekt an den Start bringen sollst jedenfalls gar nicht erst gestellt zu haben, wenn man bedenkt, wie gut allein „Lights on the Lake“ funktioniert.

 

Das kann man so stehen lassen. Als wir uns um die Gesangsaufnahmen und -arrangements für „Lights on the Lake“ kümmerten, sind während dieser Sessions auch noch massenweise anderes Material und weitere Ideen angefallen. Somit war auf der Stelle klar, dass hierfür ein Ventil – sprich ein Projekt - her musste. Ich hoffe, dass Trees of Eternity 2010 ein Album veröffentlichen können, wobei wir gegenwärtig noch nach dem richtigen Label suchen und erst wenn das gefunden ist, kümmern wir uns ganz konkret um das Album.

 

Auf der Rückseite eurer neuen CD kann man “Unusquisque Amoris Damnatus Ipse Ut Famulus Miseriae Genuflectet” lesen. Was bedeutet das übersetzt genau?

 

Das ist eine Zeile aus dem Song „Servant of Sorrow“, und zwar „who ever is sentenced to love, will bow down as a servant of sorrow”.

 

Um euch und eure Musik zu promoten, habt ihr in Finnland immer mal wieder kleine Akustiksets in Plattenläden gespielt, so zum Beispiel Anfang November in Helsinki. Wird es vielleicht irgendwann einmal eine Chance geben, dass ihr einen derartigen ruhigen Block in euer normales Live-Set integrieren werdet?

 

Genau wie die vollständige „Plague“-Saga wäre auch das eine großartige Option für die Zukunft; man muss einfach abwarten ob und was da mit der Zeit passiert. Wenn alles passt und sich in den entsprechenden Bahnen bewegt, könnte ich mir auch rein akustische Songs auf einem Album vorstellen. Aber nur wenn alle Vorzeichen und der Rahmen stimmen und es nicht darin gipfelt, dass wir wie die Scorpions oder Extreme klingen, haha.

 

In den letzten 2-3 Jahren läuft es allgemein wirklich gut für Swallow the Sun, habt ihr euch doch nicht nur in Finnland und auf dem Rest des europäischen Festlandes einen Namen gemacht, sondern auch in England und den USA punkten können. Eure Musik ist nun nicht gerade das, was man irgendwie als Mainstream oder Easy Listening bezeichnen kann, aber trotzdem scheint ihr irgendetwas verdammt richtig zu machen oder?

 

Wenn ich ehrlich bin finde ich es sogar schon fast ein bisschen befremdlich, dass wir es mit dieser Art von Musik geschafft haben, eine solche Aufmerksamkeit zu generieren. Vielleicht sind die Leute einfach nur gelangweilt überall nur Bands zu hören, die durchgehend aufs Tempo treten und „Put those fucking hands up“ brüllen oder über Wikinger singen. Ich bin mir sicher, dass viele Hörer dieser Tage nach etwas mehr Tiefgang suchen, musikalisch wie textlich. Aber trotzdem ist es uns klar, dass unsere Musik immer Underground bleiben wird – schon allein, weil zu viele Leute einfach auf Wikinger und Schwerter stehen, hehe.

 

Und in welchem Land läuft es gegenwärtig am besten für euch aus deiner Sicht?

 

Möglicherweise sogar die USA, wo wir unsere Musik grundsätzlich gut vermarkten können. Jedoch ist das so ein verdammt großes Land, dass man Jahre braucht und viel touren muss, um so richtig ein Bein auf den Boden zu bekommen. Ich habe mir sagen lassen, dass wir in Sachen Verkaufszahlen in Großbritannien derzeit am besten dastehen, was wohl daran liegt, dass es das Geburtsland des Doom-Death ist. Mit den Zuschauerresonanzen schaut es hingegen anders aus, hier haben wir derzeit in Holland, Belgien, Spanien und natürlich Finnland das beste Publikum.

 

Eine richtig dämliche Frage habe ich mir bis zum Schluss aufgehoben. Wie viele Nicht-Metaller habt ihr mit dem Album und dessen Titel bisher verwirrt, weil sie dachten, es hat mit diesem schrecklichen, schnulzigen Möchtegern-Vampirfilm für kleine Mädchen und Hausfrauen zu tun, der im Moment die Kinokassen klingeln lässt?

 

Wie es scheint gibt es viele Leute in der Metalszene, die richtig angepisst von dem Titel sind und ich kann dir sagen, dass das genau meine Absicht war, als ich mich entschied den Titel zu behalten als ich von dem Film hörte, haha. Lange Zeit kannte ich diesen Teenager-Film überhaupt nicht und den Titel hatte ich auch schon ewig im Kopf für das Album. Ich bin aber sicher nicht so dumm und ändere den Titel noch einmal, nur wegen diesem bescheuerten Film! Mal im Ernst: Es kann doch niemand denken wir würden über diesen Streifen singen, oder? Falls doch wäre es eine gute Idee, erst einmal erwachsen zu werden und dann noch einmal über diese Sache nachzudenken, hehe. Solche Filme kommen und verschwinden auch ganz schnell wieder, aber Alben sind für die Ewigkeit.

 

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.swallowthesun.net