Interview mit Zach Myers von SHINEDOWN

 

 

 

Es ist jetzt vier Jahre her, dass ihr „The Sound of Madness“ veröffentlicht habt. Dabei wurde schnell deutlich, dass ihr mit neuem Material nichts überstürzen werdet, und ihr habt immer gesagt, dass es einige Zeit dauern würde, bis ein Nachfolger erscheint. Warum war es euch persönlich so wichtig euch nicht hetzen zu lassen - vielleicht um auch ein wenig Druck weg zu nehmen?

 

Das könnte schon sein. Wichtig war aber vor allem die Erkenntnis, dass wir damals das zweite Album („Us and Them“ - MR) ziemlich überstürzt haben, was rückblickend keine besonders glückliche Entscheidung war. Für „The Sound of Madness“ haben wir uns dann Zeit gelassen und das Ergebnis spricht denke ich für sich. So sollte es diesmal auch sein und ich bin auch absolut überzeugt von der Qualität der neuen Scheibe. Genau genommen ist es ja so, dass zwar vier Jahre zwischen den Alben liegen, davon sind wir aber drei Jahre fast konstant auf Tour gewesen. Für „Amaryllis“ haben wir uns im Endeffekt ein Jahr Zeit genommen.

 

„The Sound of Madness“ war wirklich ein herausragendes Album und hat seinen großen Erfolg meiner Meinung nach absolut verdient. Wart ihr trotzdem überrascht wie lange das Teil am Ende doch konstant gut gelaufen ist und wie lange ihr es weltweit betourt habt?

 

Eine kleine Überraschung war das schon, vor allem habe ich nicht erwartet, dass wir so viele Singles auskoppeln würden. Dass wir lange damit touren, habe ich hingegen ehrlich gesagt schon erwartet. Definitiv war es eine interessante und auch intensive Erfahrung für uns.

 

 

In der Zwischenzeit habt ihr auch noch zwei neue Songs veröffentlicht, die nicht zu einem Album gehören, sondern jeweils zum Soundtrack eines Films – nämlich „Diamond Eyes“ (The Expendables - MR) und „Her Name is Alice“ (Alice im Wunderland - MR). Da beide zwischen „The Sound of Madness“ und „Amaryllis“ entstanden: Wo würdest du diese Songs einordnen – eher als Vorgeschmack auf die neue Scheibe oder als „Nachzügler“ und Brüder im Geiste von TSOM?

 

Für mich sind alle vier jeweils Kapitel für sich. Wir haben „Diamond Eyes“ zum Beispiel auf Tour geschrieben, womit der Song schon mal automatisch für sich allein steht. Es war im Grunde eine Lieferung auf Anfrage, da man uns die Möglichkeit eröffnet hat, einen Song für einen Film zu schreiben. Das haben wir dann auch getan, gemeinsam als Band. Somit würde ich eher von einem Zwischenschritt sprechen.

Seid ihr denn eine Band, die auf Tour häufig an neuen Songs feilt und die unterwegs gut arbeiten kann?

 

Insgesamt wird nicht sehr viel von unterwegs aus gearbeitet, zumindest nicht von uns allen zusammen. Das ist eher Brents Ding, er setzt sich auf Tour häufig hin und arbeitet an seinen Ideen.
 

Bei dem was ich bisher von „Amaryllis“ hören konnte ist mir aufgefallen, dass der eine oder andere Song ziemlich episch, man könnte fast sagen bombastisch geraten ist. Wo kommt dieser Hang zum Breitbandsound her, denn das hat es in dieser Form bisher nicht von Shinedown gegeben.

 

Oh ja, da kann ich dir nur zustimmen. Ich weiß nicht wie das genau entstanden ist, aber Eric (Bass – MR) hat ein gutes Händchen für diese Art von Songs; große, weite Stücke liegen ihm. Beim Songwriting war es häufig so, dass Eric schon mit einem großen Riff ankam und dann Brent (Smith, Sänger – MR) auf seine ganz eigene Art die dazugehörige Epik rein gebracht hat. Er ist einfach ein Genie, man könnte ihn als den Kapitän auf unserem Schiff bezeichnen. Es ist schon ein bisschen verrückt mit was für tollen Ideen und Wendungen er immer wieder daher kommt, obwohl er eigentlich gar kein Musiker im eigentlichen Sinne ist. Er spielt ein bisschen Gitarre, aber das war es dann auch schon. Dafür ist sein Melodieverständnis unschlagbar, genau wie seine Art aus einem Song etwas Großes zu machen. Man muss sich nur den Titelsong „Amaryllis“ anhören, der sagt eigentlich alles aus.

 

Ihr habt gerade eure Europatour gestartet, dabei sind es noch rund sechs Wochen bis „Amaryllis“ überhaupt erscheint. Ihr seid also richtig früh dran. War es ursprünglich geplant, das Album jetzt schon draußen zu haben oder habt ihr die Tour bewusst vorher angesetzt, um die Fans richtig auf die Scheibe einzustimmen?

 

Das ist für uns ja nichts neues, denn bei „The Sound of Madness“ haben wir es genauso gemacht. Das Album kam damals im Juni raus und wir sind ab Mai auf Tour gegangen. Mit der Europatour wollen wir den Leuten auch etwas zurückgeben, immerhin waren wir jetzt seit einiger Zeit nicht mehr bei euch. Wir wollten die europäischen Fans nicht noch länger außen vor lassen, zudem sind wir auch als Band besser geworden seit wir das letzte mal hier waren. Das gilt es ebenfalls zu zeigen. Die Fans haben unsere Aufmerksamkeit verdient, und wir werden auch bereits zu den Sommerfestivals wieder hier sein. Bisher sind zum Beispiel schon Rock am Ring, Rock im Park und Download bestätigt.

 

Auf der laufenden Tour präsentiert ihr den Leuten gleich drei brandneue Songs („Bully“, „Adrenaline“ und „Enemies“ – MR). Wie fallen die Reaktionen bisher aus?
 

Meiner Meinung nach großartig! Den Leuten scheint es zu gefallen, das macht uns natürlich auch happy. Die Setlist funktioniert sehr gut, ich mag es wie es jetzt ist. Vielleicht ändern wir zwischendurch aber noch ein paar Kleinigkeiten. Vom neuen Material kommt „Bully“ am besten an, weil das auch der Song ist, den alle schon aus dem Internet oder Radio kennen.

 

Als Support habt ihr euch diesmal für eure Landsleute Halestorm entschieden. In diesem Zusammenhang kann man guten Gewissens von alten Bekannten sprechen, denn euch verbindet einiges.

 

Das kann man wohl sagen, sie sind so etwas wie unsere kleinen Brüder und unsere kleine Schwester. Du spielst sicher unter anderem auf die neuere Version von „Breaking inside“ an, bei der Lzzy (Hale, Sängerin von Halestorm – MR) einen Teil des Gesangs übernommen hat. Wir kennen uns wirklich schon ewig und bei der Entscheidung gehen auch sonst einige Dinge Hand in Hand. Sie sind gerade kurz vor dem Durchbruch in Europa und dass wir hier jetzt beide zu Roadrunner gewechselt sind, rundet die Sache ab.


Wo du gerade von Labels sprichst: Im letzten Jahr habt ihr in den USA mit „Somewhere in the Stratosphere“ zwei Live-Alben veröffentlicht, je eines mit einer Rock- und eines mit einer Akustikshow. Allerdings sind die beiden nie offiziell in Europa erschienen, sondern nur als Importe zu haben. Warum ist das so? Hatte das vorherige Label angesichts des auslaufenden Vertrages kein Interesse mehr daran, Zeit und Geld in die beiden Scheiben zu stecken?

 

Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Eigentlich verkaufen wir uns hier ziemlich gut, auch was das Merch angeht. Die DVDs laufen in den USA bisher jedenfalls prima, wieso es keine europäische Version gibt, kann ich dir leider nicht sagen.

 

Das ist wirklich schade, denn beide Teile können sich wirklich sehen und hören lassen. 

 

Da kann ich dir nur Recht geben, wir haben ja auch einiges an Zeit und Aufwand speziell in die beiliegenden DVDs gesteckt. Aber ich kenne auch den logistischen Aufwand hinter den Veröffentlichungen nicht, das sind alles geschäftliche Dinge, um die sich unser Management und das Label kümmern müssen.

 

Besonders interessant finde ich den Mitschnitt eurer Akustik-Shows. Wäre eine ähnliche Tour auch in anderen Teilen der Welt denkbar?

 

Es wäre auf jeden Fall ein großer Spaß! Wir würden es liebend gern machen, zumal die Fans in Amerika die Sache auch sehr positiv aufgenommen haben. Fast alle Konzerte der besagten Tour waren bestuhlt, ich weiß nicht, ob das den Leuten hier auch gefallen würde, hehe. Aber warten wir es doch mal ab, vielleicht ergibt sich die Gelegenheit ja noch.

 

Dann könntet ihr auch wieder die Foo Fighters Coverversion von „Times like these“ bringen, bei der du einen Teil des Gesangs übernommen hast. Ich finde du schlägst dich dabei nicht schlecht, wäre das nicht auch mal eine Option für einen regulären Studiotrack?

 

Nein, nein. Das lassen wir mal besser, haha. Das ist Brents Sache und die macht er ganz ausgezeichnet. Da halte ich mich lieber raus. Dass wir den Gesang bei „Times like these“ aufgeteilt haben, hat sich eher zufällig und aus einer Laune heraus ergeben. Brent meinte, es wäre cool, wenn ich diesen Part übernehme und Eric einen anderen, also haben wir das einfach ausprobiert. Und weil es funktioniert hat, ist es dann auch für die komplette Tour so geblieben. Dabei sollten wir es belassen, weitere Ambitionen habe ich nicht was den Gesang angeht, hehe.

 

„Amaryllis“ teilt sich den Namen mit einer Blume. Siehst du irgendwelche Parallelen zwischen dem Album und der Pflanze?

 

Beide sind relativ selten. „Amaryllis“ ist schon anders als die vorherigen Alben, und vor ein paar Tagen fragte mich jemand, ob die Welt schon bereit wäre für dieses Teil. Bereit oder nicht: Die Leute brauchen dieses Album und müssen es einfach hören. Es ist sehr ehrlich und zeigt eine Band, die in ihren eigenen Sound gewachsen ist. Wer Shinedown mag, wird sich Hals über Kopf in dieses Album verlieben.


Wusstest du eigentlich, dass man die Amaryllis im englischen auch „Naked Ladies“ nennt?

 

Bisher nicht.

 

Also gibt uns der Albumtitel keinen unterschwelligen Wink mit dem Zaunpfahl wie eine Aftershow-Party von Shinedown aussehen kann, hehe?

 

Haha, von wegen! Wir sind da eher ruhige Typen, aus dem Party-Alter sind wir raus, das ist rum für uns. Wir hängen lieber zusammen ab und haben so eine gute Zeit. Partylöwen wirst du bei uns keine mehr finden. Mittlerweile sind wir alle Erwachsen und zu alt für solche Sachen.

 

Und was machen die Herrschaften sonst, um Zeit tot zu schlagen?

 

Wir veranstalten zum Beispiel regelmäßig Filmnächte im Bus. Gestern Nacht war auch „Shark Night“ dabei. Was ein Schrott, das ist vermutlich der schlechteste Film aller Zeiten, haha!

 

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.shinedown.com