Interview mit DesDemonia von SCHELMISH

 

 

Das aktuelle Album „Die hässlichen Kinder“ steht seit einem Vierteljahr in den Läden und getourt seit ihr damit auch schon. Wie sieht das Feedback aus, das ihr bislang von Fans und Presse bekommen habt?

 

Von den Fans gab es durchweg positive Reaktionen auf das Album, was uns selbst natürlich sehr freut. Die Presse war uns bei diesem Album auch zum größten Teil wohlgesonnen. Sicher es gab auch den einen oder anderen Kritikpunkt, aber das können wir problemlos annehmen, da es sich bei diesem Mal um vernünftig formulierte Kritik handelte.

 

Man konnte diversen Interviews entnehmen, dass die Produktion der Scheibe aufgrund verschiedener Probleme nicht gerade unter einem günstigen Stern stand. Möchtet ihr etwas darüber erzählen, wie es euch gelungen ist, trotz diverser widriger Umstände so ein gelungenes Endprodukt zu erzielen?

 

Der Wille, trotz aller Probleme die CD zu produzieren, war sehr hoch. Wir wollten der Öffentlichkeit zeigen, dass wir uns von Widrigkeiten nicht abhalten lassen. Es war eine Prüfung für uns, trotz aller Umstände die Produktion mit Ehrgeiz durchzusetzen und die Fans nicht im Regen stehen zu lassen.

 

Zum Thema Bandumbesetzung: Mit Okusa (Patrick, ehemals Corvus Corax) habt ihr ja einen prominenten Neuzugang dabei. Wie haben sich die neuen Bandmitglieder eingefügt und wie sind sie zu euch gestoßen? Hat sich das zufällig ergeben oder habt ihr ein Casting gemacht a la „Schelmish sucht den Superschelm“, hehe?

 

Die neuen Mitglieder, insbesondere Okusa, haben sich super eingefügt. Seine Mitarbeit ist in jeder Hinsicht eine Bereicherung. Man kann neue Bandkollegen nicht besser kennen lernen als auf einer Tour, weil man da 24 Stunden zusammen ist. Das ist das intensivste „Casting“, was man sich vorstellen kann. Dass er zu uns kam, war ein Zufall im richtigen Moment, ohne den die Tour ernsthaft gefährdet gewesen wäre. Das gilt auch für Sascha, der uns mit der E-Gitarre, jedoch nur für die Tour als Gastmusiker unterstützt hat. Inzwischen haben wir allerdings einen guten neuen Bassisten gefunden und Okusa wird auf die Gitarre gehen.

 

Wie ist der Stand der Dinge mit Rimsbold? Es hieß ja, er würde erstmal nur bis Jahresende dabei bleiben, da er sich auch beruflich umorientieren wollte, aber zuletzt hörte man ja, dass er wieder Feuer gefangen hat…

 

Rimsbold wird auch in diesem Jahr Sänger bleiben. Dadurch, dass er jetzt im Mittelalter nicht mehr aktiv ist, hat er mehr Zeit und mehr Freiraum, sich um seine Privatleben zu kümmern und hat auch tatsächlich wieder Spaß an der Sache gefunden, was wir alle sehr begrüßen. Ohne ihn würde doch was fehlen. 

 

Dass Okusa zu euch gestoßen ist und nicht nur beim Rock-Programm, sondern auch im Mittelalterbereich dabei ist, gehört wohl auch zu den glücklichen Fügungen des Schicksals, oder? Da waren wohl alle Beteiligten zur richtigen Zeit in der richtigen Situation….erzählt mal ein wenig, wie es zu der Zusammenarbeit kam und wie er sich in die Band eingefügt hat. Bleibt er jetzt fest dabei und arbeitet auch am nächsten Album mit?

 

Nach kurzer Zeit hat sich herauskristallisiert, dass er auch vom menschlichen her sehr zu uns passt. Somit kam er schon während der Tour auf uns zu, um uns das Angebot zu unterbreiten, fest bei Schelmish einzusteigen. Sicher war es nicht einfach wegzustecken, dass sein Vorgänger uns kurz vor der Tour recht unerwartet verlassen hat. Was aber schließlich daraus entstand, ist eine durchweg positive Entwicklung der Besetzung. Das ist zurückblickend alles, was zählt. Patrick (Okusa) ist mit vollem Eifer dabei, das neue Album (Persona non grata) zu produzieren. Er hat nicht nur im Entstehungsprozess zur neuen Mittelalterscheibe eine tragende Rolle, sondern auch als Bandmitglied. Wir sind froh, dass wir ihn haben und wir glauben, er auch.

 

Könnt ihr schon etwas über mehr das nächste Album berichten? Wie weit seid ihr da mit den Planungen? Soll es tatsächlich rein mittelalterlich werden oder wird es doch härtere Einflüsse geben?

 

Es wird ein rein mittelalterliches Album, welches sich sehr an den Ursprüngen der Band orientiert; „Back to the roots“ könnte man sagen. Es gibt auch weiterhin noch die zwei unterschiedlichen Programme (Rock und Mittelalter) von Schelmish. Es war aber mal wieder an der Zeit, den reinen Mittelalterfans was fürs Ohr zu bieten. Davon abgesehen hatten wir auch Lust, eine mittelalterliche Scheibe zu produzieren. Zur Planung kann man sagen, dass die Vorproduktion soweit abgeschlossen ist und wir gerade im Studio am Mixen sind. Wir arbeiten sehr intensiv am Feinschliff, denn das neue Album fängt da an, wo es mit „Igni Gena“ endete.

 

Zurück zu den „hässlichen Kindern“! Wie seid ihr auf den Titel gekommen? Meint ihr euch damit? Ihr bezeichnet euch selbst ja immer augenzwinkernd als „fett, hässlich und asozial“… Oder steht der Titel für alle nicht Angepassten?

 

Wir identifizieren uns mit dem Titel, beschränken es aber nicht nur auf uns, sondern bezeichnen damit einen ganz bestimmten Menschenschlag. Es gibt überall Menschen die aufgrund ihres Aussehens, ihres Stylings oder ihres Musikgeschmacks von der Gesellschaft ausgegrenzt werden. Wir wollen diese Menschen ansprechen und ihnen zeigen, dass uns wir uns ebenfalls zu ihnen zählen. Wir selbst geben nichts auf Unkenrufe. Wer uns nicht mag, kann uns das gerne sagen, soll aber nicht erwarten, dass wir uns so verbiegen, bis es allen gefällt. Unsere Glaubwürdigkeit ist uns heilig, ebenso wie unsere Ideale. Wir möchten mit dem Lied ausdrücken, dass diese Menschen, trotz aller Kritik, ihr Ding einfach durchziehen sollen.  

 

Mit „Boulevard“ habt ihr ja auf den „Herrn Niemand“ von der „Wir werden sehen“ in Sachen Pressekritik noch einen draufgesetzt! Eigentlich müsste ich mich als Vertreter der schreibenden Zunft ja angesprochen fühlen, aber ihr habt es, was den journalistischen Ethos von einigen Kollegen angeht, auf den Punkt getroffen! Nichtsdestotrotz die Frage: Warum noch eine zweite Abrechnung mit der Presse? War euch „Herr Niemand“ im Nachhinein zu harmlos? Oder hat sich zwischenzeitlich etwas Neues im Umgang von bestimmten Magazinen mit Schelmish getan, dass ihr einen zweiten Rundumschlag für nötig empfandet?

 

Wir werden in dem Hinblick immer genügend Inspiration bekommen, da sind wir uns sicher. Somit wird sich auch bis zur nächsten Rockscheibe genügend zutragen, um ein weiteres Lied mit dem Grundtenor zu schreiben, wenn es denn zum Konzept der nächsten CD passt, wird das sicherlich auch passieren. Dafür sorgen die Negativbeispiele der Presse aber eigentlich schon selbst. Wenn ein Schreiberling zum Rundumschlag gegen uns ausholt, muss er davon ausgehen, dass er auch einstecken muss. Das soll natürlich keine generelle Kriegserklärung gegen die schreibende Zunft sein, jedoch eine Ermahnung und Erinnerung, sich an die Spielregeln zu halten und sorgsam zu recherchieren, bevor man etwas behauptet, was eigentlich nicht der Wahrheit entspricht.

 

Das schottische Traditional „The Clansmen“ ist für mich das schönste Stück auf der Scheibe, zeigt es doch auch die Vielseitigkeit von Schelmish, passt aber dennoch ebenso wie „Goresh“ perfekt ins Album, sozusagen als Erholungspause von den härteren Stücken. War das so beabsichtigt?

 

In gewisser Weise schon. Wie bei allen CD's wollten wir auch bei der „hässlichen Kinder“ ein farbenfrohes Spektrum aufzeigen. Clansmen ist für uns ebenfalls ein Herzstück geworden. Die Resonanzen auf das Stück waren überwältigend, damit hätten wir wirklich nicht gerechnet und für Goresh galt: Da wir im Zeitalter der Computer sind, kann man durchaus diese auch zum Werkzeug machen, um ein Lied zu produzieren. Der kreative Prozess ist der gleiche, egal ob man einen Akkord aus der Gitarre sucht oder eine Melodie mit dem Synthesizer spielt.

 

„1212“ handelt ja von den Kinderkreuzzügen. Das Thema ist ja auch heute noch relevant, denn es werden ja immer noch Menschen jeden Alters im Namen einer Religion in den Krieg geschickt. Habt ihr das Thema wegen seiner immer noch aktuellen Relevanz gewählt? Und wie steht ihr zum Thema Religion und dieser jahrtausendealten Taktik, Religion als Kriegsgrund vorzuschieben, wenn es zumeist um anderes (Macht, Territorium) geht?

 

Dafür gibt es erst einmal ein Lob: sehr gut erkannt. Es soll genau auf das Thema Krieg und Kindersoldaten anspielen. Man sollte Religionen mit Respekt gegenübertreten. Wenn aber eine Religion genutzt wird, um Kriege zu führen, ist das ein Missbrauch den eigentlichen Zweck von Religionen auf das Schlimmste in den Dreck zieht. Man kann jede Religion instrumentalisieren, um an mehr Macht zu kommen. Das ist absolut verwerflich und zeugt von totaler Intoleranz. Dieses Verhalten wird in keinem religiösen Buch glorifiziert.   

 

Ihr habt ja jetzt auch englischsprachige Stücke dabei. Wie kam es zu der Entscheidung, jetzt auch in englisch zu singen? Ist das für den internationalen Markt besser oder passte die englische Sprache einfach besser zu den Stücken?

 

Zu einigen Songs passte Englisch besser. Da wir in England auch eine treue Fangemeinde haben, war es für uns klar auch ihnen Lieder in ihrer Landessprache zu schreiben.

 

In einem Interview habe ich gelesen, dass ihr noch einige Stücke übrig habt, die es nicht mehr aufs aktuelle Album geschafft haben und dass ihr die entweder fürs nächste Album verwendet oder nie veröffentlicht. Gibt es viele von diesen unveröffentlichten Stücken? In über zehn Jahren müsste sich dann da ja ein regelrechter Fundus angesammelt haben. Wie entscheidet ihr, welche Stücke auf ein Album kommen und welche nicht? Werdet ihr die unveröffentlichten Stücke vielleicht eines Tages als „Raritäten-Sammlung aus dem Archiv“ veröffentlichen?

 

Vielleicht machen wir das, vielleicht aber auch nicht. Wenn wir ein Album produzieren, schauen wir immer nochmals in den Fundus. Wenn da ein Stück dabei ist, welches gut passt und Potenzial in sich trägt, wird daran gearbeitet. Wie die Skizzen eines Malers. Manche liegen jahrelang im Schrank und beim Aufräumen fällt dem Künstler eine Skizze in die Hand und er kommt auf die Idee, die er vor Jahren noch nicht haben konnte. Er fängt an, ein Bild zu malen. Manche Skizzen fliegen einfach zum Anfeuern in den Kamin. So ähnlich ist das bei uns auch, hehe!

 

Wie sehen eure Live-Pläne für 2010 aus? Gibt es schon einen Termin (Festival oder Einzelgig) auf den ihr euch besonders freut? Wenn ja, welchen und warum?

 

Von der Größe her ist Wacken 2010 ganz vorn. Aber so wie es jetzt in den letzten Jahren war, entstehen Highlights auch da, wo man sie nie vermutet hätte.

 

Werdet ihr auch mal wieder zur Ring*Con kommen oder eher nicht? Ist ja quasi ein Heimspiel für euch…. Warum wart ihr letztes Jahr nicht dabei?

 

Es gab Terminprobleme. Genauso wie in diesem Jahr. Da die RingCon immer im Oktober stattfindet, werden wir wohl auch diese Jahr nicht dort sein können, denn im Oktober planen wir unsere nächste Rocktour.

 

Steve Palaser – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.schelmish.de