Interview mit Carmen Elise Espenæs, Stig Johansen und Anders Thue von SAVN

 

 

„Die Idee für Savn begann, als ich nach all den Jahren der Stille endlich wieder Musik schreiben wollte“, berichtet Gitarrist und Growler Stig Johansen. „Zusammen mit Anders (Thue, Keyboards – AD) nahmen wir ein paar Demos auf. Das lief so gut, dass wir letztlich Savn gründeten“. Auf die Jahre der Stille angesprochen – schließlich verschwanden The Sins of Thy Beloved nach zwei grandiosen Alben Anfang des neuen Jahrtausends eher sang- und klanglos – halten sich Stig und Anders eher bedeckt. „Einige Bandmitglieder haben damals geheiratet oder Häuser gebaut. Andere wiederum sind weggezogen. Alles in allem führte das zu dem Punkt, dass die Musik nur noch eine untergeordnete Rolle spielte. Außer uns ist heute zumindest noch Arild Christensen aktiv. Er hat auch ein paar neue Songs geschrieben, die so weit wir gehört haben wirklich gut klingen. Zudem wird er uns voraussichtlich als Live-Gitarrist unterstützen“. Fester Bestandteil dagegen ist Sängerin Carmen Elise Espenæs. „Die Zusammenarbeit begann, als wir sie zu uns ins Studio einluden, um zunächst nur den Chorus eines Liedes einzusingen, da wir fanden, dass unserer Musik noch das gewisse Etwas fehlte“, berichten Stig und Anders. „Wir kannten und mochten ihre Arbeit für Midnattsol. Jedenfalls kam sie zu uns in Studio und die Zusammenarbeit entwickelte sich so großartig, dass Carmen festes Bandmitglied wurde. Sie ist eine sehr gute Sängerin!“.

Carmen selbst hatte zunächst auch nicht die Absicht, neben Midnattsol in einer weiteren Band zu spielen. „Als mich Stig ins Studio eingeladen und den ersten Savn-Song präsentiert hatte, hat es mich einfach umgehauen. Die Musik war so schön, ich musste einfach JA sagen. Ich hatte das nicht erwartet, da ich eher gedacht hatte, es würde eher wie eine Kopie von TSOTB klingen, aber es war mehr wie ein frischer neuer Wind kombiniert mit den Elementen von TSOTB, die ich stets bewundert habe. Sicherlich gibt es auch Ähnlichkeiten zu Midnattsol, doch auch sehr viele Unterschiede.“ Daher sieht die Norwegerin auch keine Loyalitätskonflikte auf sich zukommen. „Ich liebe meine Bands beide. Beide sind für mich gleich wichtig. Das wird zwar sehr arbeitsreich (zumal Midnattsol derzeit mitten im Songwriting-Prozess für das vierte Album stecken), aber ich möchte mich von keiner trennen. Musik und Singen sind mein Leben, und die Musik von Savn und Midnattsol gibt mir so viel. Ich hoffe natürlich, dass sie auch für unsere Fans – neue und alte – etwas ganz Besonderes ist.“
 


Um den Sound von „Savn“ zu etwas ganz Besonderem zu machen, holte man sich weitere Unterstützung ins Boot. „Da wir nur zu dritt sind, unsere Musik aber sehr facettenreich ist, war klar, dass wir einige Gastmusiker auf dem Album haben würden,“ erklärt Carmen. „Es war für uns wichtig, dass Fiedeln und anderen Streicher wie Geigen und Cello eine große Rolle in unserer Musik einnehmen. Aber keiner von uns wusste, wie man Streichinstrumente spielt. Mein fantastischer Kollege Dag Bjørkedal spielt Hardanger-Fiedel. Er empfahl uns eine der besten Fiedelspielerinnen, die er kennt – Lillian Hodne – und gemeinsam sind die beiden für die schönen Fiedeln auf dem Album verantwortlich.” Auch Carmens Schwager Axel Krull, der das Album zudem aufgenommen und produziert hat, trug seinen Teil bei. „Er war so nett und kontaktierte den Rage-Gitarristen und Komponisten Victor Smolski, den Cello-Spieler Christoph Kutzer und End of Green-Sänger Michelle Darkness. Somit hatten wir ein komplettes Violinorchester, ein Cello und klaren männlichen Gesang, um die richtige Atmosphäre zu erschaffen, die wir für das Album haben wollten,“ führt Carmen fort. Doch eine andere Kooperation war ihr besonders wichtig: „Es ist etwas ganz Besonderes für mich, dass meine Schwester Liv (Kristine, Leaves´ Eyes – AD) den Song „I am free“ singen wollte. Es ist das erste Mal, dass sie auf einem meiner Alben singt. Ich hatte diese Melodie in meinem Kopf und die Idee, wie sie es singen sollte. Und sie sang es hundertprozentig genau so wie ich wollte – nur viel besser!“ Ähnlich verlief die Zusammenarbeit mit Michelle Darkness. „Als ich „The Demons in me“ hörte, kam es mir gleich in den Sinn, dass es großartig wäre, davon zusätzlich eine Version mit klarem männlichen Gesang aufzunehmen,“ so die Sängerin. „Ich bin ein großer End of Green-Fan, daher kamen wir schnell auf Michelle. Seine Stimme ist so emotional und melancholisch. Das Ergebnis ist geradezu magisch und so schön. Ich habe eine Gänsehaut bekommen, als ich das Duett am Ende des Songs zum ersten Mal gehört habe.“ Insgesamt ist man daher mit den ausgewählten Gästen und Produzent Alex Krull mehr als zufrieden. „Wir sind allen auf ewig dankbar für die großartige Arbeit, die sie geleistet haben. Ohne jeden einzelnen von ihnen wäre das Album nicht dasselbe!“

 

Savn ist das norwegische Wort für Entbehrung, auf dem auch das textliche Konzept des Albums aufbaut. Von daher überrascht es ein wenig, dass die Stimmung der Musik schon ein wenig fröhlicher daher kommt als früher bei TSOTB. „Fröhlicher würde ich nicht unbedingt sagen“, insistiert Carmen, die für sämtliche Texte verantwortlich ist. „Eher optimistisch und frisch. Als ich den Bandnamen das erste Mal hörte und erfuhr, dass sich dieser auf die langjährige Entbehrung der Beiden in Sachen Musik bezog, war ich sofort inspiriert. Ich dachte über die großen Entbehrungen in meinem eigenen Leben zu dieser Zeit nach und was Entbehrungen für Anders, Stig oder die Leben anderer Menschen bedeutet. Das war ein spannender Prozess, und es wurde bald klar, dass unser Debüt selbst betitelt sein würde und sich auch inhaltlich mit dem Thema auseinander setzen soll. Die Songs handeln davon, einsam zu sein, die Hoffnung zu verlieren, jemanden zu vermissen, verlorener Liebe oder in negativen Gedanken gefangen zu sein um nur ein paar Beispiele zu nennen. Ich denke, viele Hörer werden sich in dem ein oder anderen wiederfinden, und ich hoffe, dass es ihnen dabei helfen kann, sich nicht alleine zu fühlen und neue Hoffnung zu schöpfen. Ich bin eine echte Optimistin, und es sind einige Botschaften in den Texten enthalten wie „Hold on (…) there is always a way…“ oder „I am free (…) no one can never ever stop me“, die diesen Optimismus ausdrücken, der sich auch etwas auf die Songs abfärbt“.

Die Frage stellt sich, ob man sich dann überhaupt als Gothic Metal Band versteht. „Unsere Musik beinhaltet Gothic Elemente“, befindet Carmen. „Aber auch andere Einflüsse wie Folk, Rock und natürlich Metal. In unseren Songs hört man häufiger schöne Melodien mit Streichern und Klavier, und das Album ist sehr melancholisch. Am besten entscheiden die Hörer selbst, wie sie unsere Musik beschreiben wollen, hehe. Es ist aber eine coole Sache, dass wir ein positives Feedback von Menschen mit den unterschiedlichsten musikalische Hintergründen bekommen. Wir hoffen natürlich, dass sie auch den Lesern von sounds2move gefällt!“.

 

Zum allgemeinen Zustand der norwegischen Gothic Metal Szene melden sich auch mal wieder Stig und Anders zu Wort: „Die große Welle an Gothic Metal, die wir in Norwegen in den späten 90ern und den folgenden Jahren hatten, ist heute nicht mehr das, was sie mal war. Zum Beispiel gab es vor zehn Jahren diesen coolen Gothic Club namens „Grotesk“ hier in Stavanger. Den gibt es nicht mehr, was wir natürlich sehr schade finden. Cool ist aber, dass einige Rezensenten geschrieben haben, dass die Musik von Savn ein Stück von dem Gothic Metal zurück gebracht habe, den sie so sehr vermisst hätten. Wir fühlen uns sehr geehrt, dies zu hören“. Und geht es nach der Band, wird man den Sound von Savn auch bald live zu Gehör bekommen. „Wir wollen ganz sicher eine echte Live-Band sein und würden gerne um die Welt touren“, versichert Carmen. „Aber zuerst müssen wir abwarten, wie die Fans unser Album aufnehmen. Wir haben aber schon einige Live-Musiker gefunden und planen die Live-Band Savn! Wir wollen so authentisch wie möglich sein und so viel wie möglich selber live spielen. Wir sind keine großen Playback-Fans. Doch natürlich wird es wohl kaum möglich sein, für jedes Konzert ein ganzes Streichorchester anzuheuern“. Auch verzichten müssen die Fans wohl auf alte TSOTB-Klassiker im Live-Set. „Nein, so etwas ist nicht geplant“, erklären Anders und Stig. „Aber wir werden als die neue Band Savn unser Bestes geben, um eine großartige Live-Show abzuliefern!“. „Aber der erste Schritt ist jetzt erst einmal, den Namen Savn bekannt zu machen und das neue Album zu promoten“, wirft Carmen ein. „Bislang haben wir eine überwältigende Resonanz bekommen. Es sieht also viel versprechend aus. Ich hoffe, wir sehen uns eines Tages on the road!“.

Alexander Dontscheff - www.sounds2move.de 


Link: www.savn-official.com