Interview mit Luca Turilli von RHAPSODY OF FIRE

“Weißt du, es gibt so viele fantastische Live DVDs“, beginnt ein gut gelaunter Luca Turilli mit einem italienischem Englischakzent zu erzählen: „Dabei haben wir uns von der Art und Weise der Umsetzung deutlich an den 80ern orientiert. Eine weitere Inspirationsquelle waren für uns Manowar, die mit ihren fantastischen Live-Shows einiges erreicht und bewegt haben. Wir wollen mit ‚Visions From The Enchantend Lands’ unseren Fans ein Zeichen setzen. Unseren aktuellen Status, unseren musikalischen Entwicklungsstand kundtun.“ Während Luca Turilli diese Worte spricht, wirkt er überaus euphorisiert und hochzufrieden – sounds2move spricht mit einem Vollblutmusiker, der zusammen mit den anderen Bandmitgliedern alles dafür tut, um Ziele und Wünsche zu erreichen.


Auf die Frage hin, wie sich denn nun der kreative Schaffungsprozess dieser neuen DVD gestaltet hat, fängt Luca an zu lachen und beginnt mit einem derart schnellen Englisch zu erzählen, dass sich mancher an die Doublebass von Rhapsody Of Fire erinnert fühlen dürfte: „Es war schon eine verdammt harte Arbeit, all das Material zu sichten und auszuwählen, was denn nun auf der DVD zu sehen sein soll. Wir hatten neben den Konzertaufnahmen noch Tonnen an Backstagematerial zur Verfügung, welches wir unseren Fans auf keinen Fall vorenthalten wollten. Zusammen mit Fabio habe ich dann die besten Schnipsel zusammengesucht. Für die Konzertaufnahmen haben wir mit einem professionellen Produzenten zusammengearbeitet, damit wir unseren Fans ein beeindruckendes Livedokument erschaffen konnten. Basis dafür waren natürlich erst einmal die Lieder. Wir haben bei unserer Auswahl sorgfältig darauf geachtet, dass wir live-kompatible Songs auswählen.“

 

Rhapsody Of Fire haben für „Visions From The Enchanted Lands” auf Live-Aufnahmen des tschechischen Masters Of Rock, dem Earthshaker Fest und einem Auftritt im kanadischen Montreal zurückgegriffen. „Für uns waren eben diese Auftritte am besten“, fängt Luca an zu erklären, „sie repräsentieren die ganzen Touren, all die Konzerte, die wir in den letzten Jahren gespielt haben, eindeutig am besten. Es ist Wahnsinn, in welchen Winkeln der Welt du überall Fans hast. Einfach nur fantastisch. Wir haben es sehr genossen, dort zu spielen und verbinden sehr viele ereignisreiche und wundervolle Momente mit diesen Konzerten. Zum Beispiel in Kanada. Wahnsinn, das haben wir einfach nicht erwartet. 3000 fantastische Fans, eine magische Atmosphäre. Wir waren sehr positiv überrascht, um nicht zu sagen, überwältigt. Dies war für uns ein entscheidender Punkt, diese Momente auf DVD festzuhalten.“ Auf die Frage hin, ob es verbesserungswürdige Dinge zu sehen oder hören gäbe meint Luca, dass ein kreativer Musik niemals 100%ig mit seiner Arbeit zufrieden sein solle. Man solle seine Kreativität weiter entwickeln, sich dazu motivieren, weiter an sich zu arbeiten, den Horizont zu erweitern, neue Möglichkeiten der künstlerischen Umsetzung entdecken und ausleben. Luca Turilli lebt seine Kreativität neben Rhapsody Of Fire auch noch bei anderen Projekten wie etwa Luca Turilli´s Dreamquest aus.

Auf mein Nachfragen hin, ob Rhapsody Of Fire vor ihren Konzerten spezielle Rituale pflegen, antwortet Luca, dass sie es vor Konzerten recht ruhig angehen lassen. „Es gibt kein spezielles Ritual, keinen festgefahrenen Verhaltensritus, alles läuft spontan und entspannt ab. Sex, Drogen und sonstige Rock´n´Roll-Attitüden spielen backstage keine Rolle“. Luca erzählt, dass ihm ein solches Verhalten nicht besonders anspricht, er mag es nicht und möchte es auch backstage nicht erleben. Er sieht sich und seine Kollegen als natürliche und unkomplizierte Menschen, die solche Aktionen einfach nicht nötig haben. Luca merkt an, dass es auf der Bühne nicht anders ist. Es gibt Bands, die viele ihrer Bühnenshows zumindest annähernd einplanen und proben, bei Rhapsody Of Fire geschehe hingegen alles spontan und ungeplant. „Nur so ist es möglich, eine gute Show zu liefern. Wir lassen uns von unserer Musik leiten. Dafür benötigen wir keine Choreographie oder sonstige Dinge“.

Im 2. Teil des Interviews hat sounds2move Luca befragt, wie er vom heutigen Standpunkt ausgehend die Rhapsody Of Fire-Alben und alle damit verbundenen Erlebnisse sowie Ereignisse bewertet und interpretiert:
 

Das 1997 erschienene Debut „Legandary Tales“ markiert für Luca bis heute die musikalische Basis für Rhapsody Of Fire. Diese Aussage macht auch Sinn. Schließlich ist es auch auf den aktuellen Werken unüberhörbar, dass Rhapsody Of Fire seit Beginn ihrer großartigen Karriere keinen großartigen stilistischen Bruch unternommen haben – mit Album zu Album haben sie ihren Stil dafür verfeinert und um geringfügige Nuancen erweitert. „150.000 Einheiten haben wir davon verkauft“, erzählt ein stolz klingender Luca. „Symchpony Of Enchanted Lands“ (1998) war für Rhapsody Of Fire in songwriterischer und produktionstechnischer Hinsicht ein absoluter Fortschritt für die Musik – ausgereifter, detaillierter und erweiterte Kenntnisse hinsichtlich Arrangieren und Komponieren sind die wesentlichen Kennzeichen und Eigenschaften, die Luca mit diesem Album verbindet. Luca vollzieht daraufhin einen Sprung in der Diskographie und erzählt, dass „Symphony Of Enchanted Lands II – The Dark Secret“ (2004) Rhapsody Of Fire endgültig in der Metalszene etabliert hat. „Bis zu diesem Album nannten wir unseren Stil Hollywood Metal. Von diesem Album haben wir bisher nahezu 220.000 Kopien verkaufen können. Dies macht uns unglaublich stolz und verdeutlicht, wie viele Fans wir haben – ein grandioses Gefühl“. Luca kehrt daraufhin zum ursprünglichen Diskographieverlauf zurück und erzählt, dass „Dawn Of Victory“ (2000) Rhapsody Of Fire von einer raueren und schnelleren Seite zeigt: „Unsere Musik ist hier schneller, aggressiver, teilweise auch etwas vertrackter.“ „Rain Of A Thousand Flames“ (2001), die 42-minütige EP, kristallisiert wiederum die symphonische und melodische Seite von Rhapsody Of Fires Schaffenskunst heraus. „Auf Power Of The Dragonflame verwenden wir eigentlich alle musikalischen Merkmale, die uns und unsere Musik bis dahin ausgemacht haben. Hier sollte für jeden etwas dabei sein“. Mit dem aktuellen „Triumph Or Agony“ (2006) haben sich Rhapsody Of Fire ihren aktuellen Namen geben müssen, da der alte Name Rhapsody bereits urheberrechtlich geschützt gewesen ist. Ergänzend dazu haben Rhapsody Of Fire ihre Musik von „Hollywood Metal“ in „Film Score Metal“ unbenannt. „Joey DeMaio hat uns diesen Vorschlag unterbreitet. Nach reichlichem Überlegen haben wir ihm zugestimmt. Die Sache ist nämlich, dass man mit Hollywood Metal auch sehr schnell Bands der Marke Mötley Crue verbinden kann. Versteh mich nicht falsch, ich mag deren Musik – aber wir klingen schließlich total anders und bewegen uns in einem vollkommen anderem Genre.“ Das neue Album wird vermutlich 2008 herauskommen, verrät Luca. „Wir befinden uns im kreativen Prozess und schreiben die Songs. Wir hoffen, dass wir es 2008 fertig haben. Es wird sicherlich sehr wichtig für uns und unsere Fans werden“.


Mit diesen Worten verabschiedet sich ein gut gelaunter und überaus gesprächsbereiter Luca Turilli. Zurück bleibt ein beeindruckter Interviewer, der sich dazu entschließt, direkt doch mal wieder alle Rhapsody Of Fire-Werke durchzuhören und dabei angemessen vor dem Spiegel rumzuposen.

Christian Stiewe – www.sounds2move.de

Link: www.mightyrhapsody.com