Interview mit SANDRO von PURE INC.

sounds2move: Euer neues Album habt ihr mit „A New Day´s Dawn“ betitelt. Wie seid ihr auf diesen Titel gekommen?

Sandro: Da gibt es für uns drei primäre Gründe, wieso die CD so heißt. In erster Linie war es für uns persönlich ein Neuanfang. Die CD handelt teils auch von Neuanfängen, von den Möglichkeiten und Fähigkeiten über vergangenes hinwegzugehen und nach vorne zu schauen. Das war quasi auch unsere musikalische Befreiung…

sounds2move: In wie fern musikalische Befreiung?

Sandro: Wir sind ja aus der Band Pure Yeast heraus entstanden. Sprich andere Musiker und auch andere Musik, aber trotzdem sind viele Songs unserer ersten Pure.Inc CD noch in dieser Ära entstanden. Von daher, ist „A New Day´s Dawn“ unsere musikalische Offenbarung als Pure.Inc.

sounds2move: Dann könnte man eigentlich dieses Album als eine Art Debütalbum umschreiben?

Sandro: Eigentlich ja. Bei der anderen CD waren auch noch andere Musiker daran beteiligt, was man auch sieht wenn man ein wenig durch die entsprechenden Songs stöbert. Zwar waren auch da schon hauptsächlich der Gianni (Sänger von Pure.Inc) und Ich für die Songs zuständig, aber es waren einfach noch andere Leute dabei und auch die Umstände waren anders. Von daher ist „A New Day´s Dawn“ für uns umso mehr eine musikalische Befreiung. Das ist auf der einen Seite zwar ein sehr positiver Aspekt, aber auf der anderen Seite ist der Albumtitel auch von einem sehr negativen Erlebnis geprägt. Nämlich das Ableben des Andy Allendörfer, dem Chef von AFM Records, der im Januar des letzten Jahres bei einem Autounfall verstorben ist. Er war ein großer Fan von uns und auch ein großer Mentor, der uns unterstützt hatte. Das Verhältnis das wir mit ihm hatten, war eigentlich sehr angenehm. Sei es nun als Fan, als Chef des Plattenlabels oder auch als persönlicher Freund, er hat uns sehr viel gegeben. Insofern war es für uns ein großer Verlust, etwas mit dem wir fertig werden mussten. Jenes Erlebnis nach seinem Tod, haben wir auch im Song „A New Day´s Dawn“ verarbeitet. Und die dritte Bedeutung des Albumtitels, ist eher Gesellschaftspolitisch. Denn in der heutigen Zeit in der wir in den Medien mit negativen Geschehnissen bombardiert werden, wie Terror und Kriege, und wo auch alles aufgebauscht wird. Sollte es einem trotzdem gelingen eine positive Einstellung zum Leben zu haben, die Zukunft vor einem zu sehen und nicht in Depressionen zu verfallen. Und wir wollen damit den Leuten sagen: „Vergiss den Shit der in der Vergangenheit passiert ist und schau nach vorne.“

sounds2move: Durch was lasst ihr euch zu euren Songs Inspirieren?

Sandro:  Das ist noch schwer zu sagen. Auf der textlichen Basis lässt sich der Gianni sehr vom Weltgeschehen oder auch seinen persönlichen Emotion inspirieren. Da gibt es Songs die eher Gesellschafts-, Sozial- oder Religionskritisch sind wie z.B. „Saviour“ oder auch „Where`s your God“. Auf der anderen Seite wären da auch leidenschaftliche Momente wie „I`ll Let You Know“, die seine persönliche Wärme und Liebe ausstrahlen. Und das ist nun nicht etwas von dem wir uns verschließen, nur weil wir unbedingt eine harte Band sein wollen. Denn es ist für ihn, da er ja hauptsächlich für die Texte verantwortlich ist, auch ein befreiendes Mittel um sich auszudrücken. Von der musikalischen Seite wollen wir uns keine Grenzen setzen, sondern wir werden von dem beeinflusst was uns umgibt. Also ich sitze z.B. nun nicht zuhause und sage mir, dass ich nun einen Song auf diese und jene Art schreiben muss. Ich spiele einfach ein wenig Gitarre und aus dem heraus entsteht dann etwas, entwickelt sich ein Song. Der kann je nach dem innerhalb von zwei Stunden ausgearbeitet sein, oder es kann auch drei Monate dauern. Und so arbeiten wir auch als Band, wir spielen im Bandraum zusammen und daraus kann durchaus was entstehen.  

sounds2move: Und an welchen Bands orientiert ihr euch denn?

*Sandro kann sich ein Lachen nicht verkneifen*

sounds2move: Schon so oft gehört die Frage?

Sandro: Es ist natürlich eine Frage die viele Leute Interessiert. Aber jene ist bei uns noch schwierig zu beantworten, da wir alle sehr viel verschiedene Musik hören. Ich habe über tausend CDs zuhause. Von Klassik, Elektromusik, über Hip Hop, bis hin zum derbsten Metal höre ich alles, solange es mich Emotional berührt. Dabei gibt es natürlich Künstler die man eher hört wie Led Zeppelin oder auch Audioslave, die uns alle sehr gefallen und sehr nahe an unserem Sound liegen. Oder auch andere Künstler wie Nevermore, Machine Head oder auch Tori Amos, die weiter weg von unserem Sound liegen und uns dennoch ein stückweit beeinflussen. Aber auch Tool gefällt uns allen, um das ganze auf eine Band zu limitieren die alle Geil finden.

sounds2move: Handelt es sich also bei euch um eine demokratische Band, in der jeder seinen Beitrag zu einem Song leistet?

Sandro: Die meisten Ideen kommen vom Gianni und Mir, aber wir beanspruchen dies nicht für uns. Es kann jeder von uns seine Ideen einbringen, aber es kommen einfach weniger Ideen von den anderen. Jedoch kann z.B. der Schlagzeuger seine Ideen für einen Song vorspielen, wobei wir ihm dann vielleicht sagen, dass wir uns das so und so vorgestellt haben. Aber ansonsten ist alles schon eher demokratisch.  

sounds2move: Im direkten Vergleich mit eurem ersten Album, wie sind die Aufnahmen zu „A New Day´s Dawn“ so abgelaufen?

Sandro: Wir waren schneller und wir hatten viel weniger Budget zur Verfügung, als bei unserer ersten CD die wir noch selber Finanziert haben. Denn wir waren da wohl ein wenig Wahnsinnig, wollten ein Album machen das am Internationalen Standart entspricht und somit wollten wir auch einen Plattendeal Ergattern. Was uns ja letztendlich auch gelungen ist. Und jetzt bei „A New Day´s Dawn“, hat uns die Plattenfirma verständlicherweise nicht dasselbe Budget gegeben. Weil, wir hatten damals für eine Eigenproduktion schon sehr viel Geld ausgegeben. Auf der anderen Seite sind wir natürlich auch musikalisch viel besser als damals, wir waren unterdessen drei Mal auf Tour und sind auch viel entspannter und besser vorbereitet an die Sachen rangegangen. Von den Aufnahmen her haben wir es uns aber auch erschwert, da wir das Album am Wochenende aufgenommen haben und nebenher zu 100 % in unseren Jobs arbeiteten. Wir hatten keine Freizeit oder so, was sehr anstrengend für uns war. Gleichzeitig haben wir auch noch Open Airs gespielt, was vor allem für den Gianni sehr schwierig war, da er sich eine Verkältung zugezogen hatte. Zusätzlich haben wir jedoch auch wieder mit demselben Produzenten zusammengearbeitet, was wiederum für eine sehr Relaxte Atmosphäre im Studio gesorgt hat.  

sounds2move: Hattet ihr keinen Zeitdruck wegen des Budgets?

Sandro: In der Tat, wir hatten Zeitdruck. Zwar weniger bei den Aufnahmen, als vielmehr beim Abmischen, da unser Produzent uns zwischen verschiedenen anderen Produktionen dazwischenquetschen mussten. Das war insofern ein wenig Schade, da wir unter Zugzwang gerieten und z.B. nicht die Freiheit hatten um das Material Mal zwei Tage beiseite zu legen, um einen gewissen Abstand zu gewinnen, was wiederum beim Mischen doch von Vorteil ist. Darum denke ich auch dass wir vom Sound her, wobei wir sehr zufrieden damit sind, ein wenig mehr hätten rausholen können.

sounds2move: Die CD besitzt doch einen wirklich starken und coolen Sound?

Sandro: Ja er ist Geil, absolut Geil sogar. Aber als Band ist man halt perfektionistisch veranlagt.

sounds2move: Aber es handelt sich ja schließlich um ein Rock-Album, das darf doch ruhig seine Ecken und Kanten haben. Alles andere wäre doch überproduziert?

Sandro: Ich hätte es jetzt nicht geschliffener gemacht, beim Abmischen. Sondern ich hätte ein paar Sachen verändert, die wir nun halt nicht verändern konnten. Ich hätte z.B. den Bass weniger tief unten angesiedelt, sondern ich hätte ihn weiter nach oben genommen. Dem Kick Drum ein wenig mehr Raum gegeben und den Bass Transparenter gemacht, dass es mit den Gitarren mehr harmoniert. Aber als Musiker ist man immer sehr kritisch und wie du schon sagtest, die CD ist Cool und wir sind auch absolut zufrieden damit.

sounds2move: Apropos „was hätte man anders machen können“. Bist du Rückblickend mit eurem ersten Album rundum glücklich, oder was würdest du heute anders machen?

Sandro: Ich persönlich bin nicht rundum zufrieden damit. Es ist aber auch eine schwierige CD, da sie viele Phasen unseres musikalischen Werdegangs miteinander vereint. Und die Schwierigkeit lag darin einen Sound zu finden, der nicht bei jedem Song anders klingt, aber trotzdem für alle Songs stimmt. Ich hätte z.B. einen Song wie „Fear my Eyes“, „Next to you“ oder auch „Genius“, also die eher moderneren und härteren Stücke, gerne so aufgenommen wie wir es nun auf der neuen CD gemacht haben. Und andere Songs hätte ich lieber weggelassen, und hätte dafür ein paar weitere Songs dazu genommen.

sounds2move: Welche Songs wären das denn?

Sandro: Zum Beispiel „Believen´“ wäre so ein Song, der mir nicht so zusagt.

sounds2move: Und wieso?

Sandro: Er ist zu alt, ich habe mit ihm spätestens nach den Aufnahmen abgeschlossen.

sounds2move: Also könnte man diesen Song in die Kategorie „Jugendsünde“ einordnen?

Sandro: Ich denke, es war ein anderer Moment. Auf seine Art finde ich den Song nicht schlecht, aber er passt einfach nicht zu uns. Weil der Song stammt noch aus jener Pure Yeast Phase, Repräsentiert somit nicht das Feeling das wir vier Musiker nun haben. Er kann bei mir einfach nicht die gleichen Gefühle wecken, wie z.B. ein Song wie „Fear my Eyes“ oder eben auch unsere neuen Songs. Und bei unseren neuen Stücken ist es so, dass wir alle zu 100 % voll und ganz dahinter stehen.

sounds2move: Außer dass du mit dem Bass nicht ganz zufrieden bist.

Sandro: Das ist meine Persönlich Meinung. Aber im Grunde sind solche Sachen Peanuts, oder vielleicht auch der Wahnsinn den man hat, weil man einfach selber zu tief drinsteckt. Ich habe auch mit vielen Leuten darüber diskutiert, auf einer ganz neutralen Ebene, und noch keiner hat gefunden dass ihn der Bass oder auch Kick Drums stören.

sounds2move: Also handelt es sich schlicht und einfach um den persönlichen Perfektionismus?

Sandro: Genau! Das einzige was ich gehört habe ist, dass man den Snare-Sound entweder mag oder nicht. Und wir haben halt einen wenig spezielleren Snare-Sound verwendet, den wir alle auch sehr geil finden. Wir haben also ganz gewollt diesen verwendet und wenn jemand das nicht mag, dann können wir sagen dass uns jedoch der Snare-Sound gefällt.

sounds2move: Vor drei Tagen habe ich per Zufall auf VIVA Schweiz, euren Videoclip zum Song „Saviour“  gesehen….

Sandro: *sichtlich überrascht* Was? Der Clip lief auf VIVA? Na das ist ja Geil!

sounds2move: Wer hat eigentlich die Entscheidung getroffen, dass es gerade zu diesem Song einen Videoclip geben soll?

Sandro: Das war unsere Entscheidung. Aber für uns war es auch klar, dass es dieser Song werden sollte, da er für uns der Aussagekräftigste für einen Clip ist. Es gibt natürlich auch verschiedene Faktoren, die man betrachten muss. Man kann natürlich keine sieben Minuten-Song für so was auswählen, da man dann weniger Sendezeit bekommt. Was wir aber absolut auch nicht wollten, war mit einer Ballade einen Clip zu machen. Wobei uns das auch gefällt, es ist ja auch ein Teil von uns dass wir Live z.B. einen Song akustisch spielen und so was finden wir auch Geil. Aber wir wollten einfach nicht ins Fahrwasser von Bands wie Gotthard geraten, da so was stückweise für uns schon ein rotes Tuch ist. Wir sind keine Band die eine Ballade aus einem kommerziellen Gedanken heraus aufnehmen, sondern weil sie uns gefällt. Und wenn du mit einer Ballade ein Video machst, speziell wenn es dein erstes ist, dann wird dir sehr schnell auch ausverkauft vorgeworfen.

 

sounds2move: Aber ihr habt diesen Song auch gewählt, weil er euch am Besten Repräsentiert?

Sandro: Als erstes finden wir „Saviour“ einen geilen Song. Zweites finden wir ihn kurz und auf den Punkt gebracht, und er Repräsentiert absolut unseren Sound. Ich meine, wenn man sich den Song anhört und er gefällt einem nicht, dann wird man auch die anderen Stücke nicht mögen.

sounds2move: Macht es in unserer Popverseuchten Musikgesellschaft überhaupt noch Sinn, als Rock / Metal Band einen Videoclip zu drehen. Da jener vermutlich so oder so fast gar nicht gesendet wird, oder nur als Bonuszugabe im Multimediateil einer CD enden wird?

Sandro: Diese Frage ist absolut berechtigt! Wir mussten uns auch unserem Manager und unserer Plattenfirma gegenüber selber verantworten. Solche Diskussionen haben wir selber auch geführt, und einen Teil der Kosten haben wir auch selber übernommen. Das Video war sehr günstig, da wir von der Plattenfirma fast gar kein Budget zu Verfügung gestellt bekommen haben, da sie wohl zu Recht nur wenig Sinn in dieser Aktion sahen. Denn sie sind ein deutsches Label und die Wahrscheinlichkeit, dass unser Clip in Deutschland auf MTV oder VIVA gesendet wird, geht so ziemlich gegen Null. In der Schweiz ist es sogar noch schwieriger, wobei wir hier doch noch Möglichkeiten haben und insofern Rentiert sich das dann halt für die Schweiz. Auch wollten wir schon lange Mal so was für uns machen, einfach auch aus Spaß. Und es ist am Radio viel schwieriger, mit einem Song wie „Saviour“ gespielt zu werden. Wir haben drei Songs an die Radiostationen verschickt, den akustischen Song, „I`ll Let You Know“ und Saviour“. Also drei Songs die Relativ Kurz sind und drei verschiedene Härtegrade haben. Und selbst mit einem akustischen Song, bekommt man als eher unbekannte Band kaum die Chance auf Sendemöglichkeit. Da hört man solche Ausreden wie, es wäre zu schlecht aufgenommen, worüber ich einfach Lachen muss. Denn wenn Gotthard solch einen Song gemacht hätte, dann wäre es gar kein Problem gewesen. Aber wenn man nicht Gotthard oder auch Krokus ist, dann hat man fast keine Chance. Selbst eine Band wie Shakra, die in der Schweiz nicht wenige CDs verkaufen, hat genau dasselbe Problem. Von daher, haben wir mit einem Clip größere Chancen mal auf einem Sender oder in einer Sendung gespielt zu werden. Auch gab es von uns bisher kein professionelles Videomaterial mit dem wir uns präsentieren können. auch wenn es ein paar Konzertaufnahmen usw. von uns gibt.

 

sounds2move: Wie lief denn so der Dreh ab?

Sandro: Stressig! Wir haben wohl so ein Flair für Kamikaze-Aktionen.

sounds2move: Wo habt ihr den Clip denn gedreht?

Sandro: In Turin, bei Verwandten von mir. Die sind selber im Filmgeschäft tätig, aber auch unter bescheidenen Mitteln, und wir konnten ihnen auch nicht viel bezahlen. Wir sind an einem Samstag runter gefahren, haben dort in einer Hütte von ihnen übernachtet und sind am Sonntag um 6 Uhr aufgestanden. Danach haben wir von 7 Uhr bis 16 Uhr gedreht, in einer Halle und ein paar Außenaufnahmen, bevor wir dann wieder ins Auto gestiegen und zurück gefahren sind.

sounds2move: Das ist wirklich eine Kamikaze-Aktion!

Sandro: Ja das war eine Kamikaze-Aktion! Eine von vielen! Aber es war ein Abenteuer und auch sehr Interessant für uns.

sounds2move: Obwohl ihr noch nicht so lange in der internationalen Musikszene unterwegs seid, habt ihr doch schon einiges erreicht. Aufgrund eurer bisherigen Erfahrungen, sind da irgendwelche Illusionen zerstört oder Klischees und Vorstellungen bestätigt worden, die man hatte als man noch am Anfang stand?

Sandro: Es kommt natürlich darauf an, wie weit man zurückgeht. Ich meine als ich noch klein war und das erste Mal eine Gitarre in die Hand nahm, da war mein Traum Musik zu machen, eine CD aufzunehmen und auf Tour zu gehen. Man sieht halt die fantastischen Geschichten auf MTV und jene treffen nicht genau jenen Punkt, den wir auf unserem Größengrad erleben und dennoch ist es ein Hammer-Feeling. Das erste Mal auf Tour zu gehen, dass ist wie eine Entjungferung oder vielmehr es auf eine Art eine Entjungferung. Und man wird entweder danach süchtig oder nicht, denn das Tourleben ist sehr speziell. Ich würde auch sagen, jede Vorstellung wird übertroffen wenn man Mal ein Konzert spielt bei dem die Leute einfach ausrasten. Es gibt einfach Konzerte, die hinterlassen einen extremen Eindruck wie z.B. in Madrid wo die ganze Halle einfach kollektiv durchdrehte. So was kann man auch nicht in Worte fassen, es ist ein Erlebnis das wie in einem Film abläuft, man Realisiert das Ganze erst im Nachhinein und denkt dann „Wow, Shit!“

sounds2move: Und wie schaut es mit negativen Sachen aus?

Sandro: Einfach das Business.

sounds2move: Meinst du damit Papierkram usw.?

Sandro: Ja. Es ist ein Scheiß Business. Denn ab einem gewissen Größengrad geht es nicht mehr um die Musik, sondern nur noch um das Business. Selbst bei uns gibt es Wochen, in denen wir gar nicht mehr dazu kommen Musik zu machen, in denen ich nicht die Gitarre in die Hände nehmen kann um kreativ zu sein. Weil man muss sich mit Verträgen rumschlagen, irgendwelche finanziellen Probleme lösen, und das Scheißt einen meistens an wenn man lieber konstruktiv sein möchte.  

 

sounds2move: Woran mag es liegen, dass neben euch, mit Gotthard, Shakra und Crystal Ball nur Schweizer Rock / Hard Rock Bands im Ausland für aufsehen sorgen und fast keine Bands aus anderen Genres?

Sandro: Ich weiß nicht so recht. In der Schweiz gibt es schon traditionelle Metal Bands, die auch teilweise gar nicht Mal so schlecht sind. Es kommt aber auch immer auf den Drang der Band an, für uns war es z.B. schon immer Interessant im Ausland zu spielen. Wir haben auch super gute Resonanzen im Ausland, wie z.B. in Frankreich wo unser Vertrieb im Moment wunderbare Arbeit leistet. Aber ich glaube auch, dass sie im Ausland einfach offener für Rockmusik aus der Schweiz sind. Obwohl ich sagen muss, wenn du so die anderen Bands aufzählst, dass wir hierbei ein wenig aus dem Rahmen fallen. Wir sind stückweise einfach moderner, als die anderen Bands. Im Ausland wird man als Schweizer Rockband aber erstmals in den Topf von Gotthard, Krokus und Shakra geworfen. Und dann liest man in jedem zweiten Live-Review „ich bin einfach Mal an das Konzert gegangen und zu meinem erstaunen, wurde kein traditioneller Hard Rock gespielt“. Es braucht einfach recht viel Aufbauarbeit um die Leute zu überzeugen, dass aus der Schweiz auch anderer Sound als Hard Rock kommen kann. Samael ist eine Band die das z.B. geschafft hat, die sind in Frankreich massiv populär und auch in Deutschland sehr bekannt. Die sind im Ausland sogar bekannter als in der Schweiz, während Gotthard in der Schweiz bekannter sind als im Ausland. Und man merkt halt immer wieder, dass man von der Schweiz halt Hard Rock erwartet und darum haben solche Bands es auch leichter sich International zu etablieren.  

sounds2move: Was hast du im Allgemeinen für eine Meinung über Gotthard, Shakra und Crystal Ball?

Sandro: Keine jener Bands trifft musikalisch meinen Geschmack. Wir kennen Crystal Ball und Shakra persönlich gut, mit Gotthard haben wir zusammen gespielt und kennen die Jungs nicht so gut. Bei Gotthard ist es auch so, wenn ich den Sound höre, dann eher die Sachen die sie in der Anfangszeit gemacht haben, wobei auf der anderen Seite ist „Defrosted“ ein exzellentes Akustikalbum. Aber ansonsten ist es einfach nicht meine Musik, es ist einfach nicht ganz meine Mentalität, was bis zu einem gewissen Masse auch auf die anderen Bands zutrifft. Aber menschlich oder auch musikalisch kann ich es eher schlecht bewerten.  

 

sounds2move: Letztes Jahr ward ihr ja ein Teil der „Flying Aces Tour“ zusammen mit Bob Rock, Circle II Circle und Masterplan. Wie war es so, mit solchen hochkarätigen Bands unterwegs zu sein?

Sandro: Es war sehr angenehm. Wir hatten bisher das Glück, dass wir auf Tour immer sehr gut behandelt worden sind. Im Allgemeinen haben wir uns mit den Jungs von Circle II Circle und jenen von Bob Rock, wir haben uns zu dritt den Tourbus geteilt, sehr gut verstanden. Die Bob Rock Jungs waren aber eher Still und zurückgezogen, wobei sie natürlich auch eine andere Glaubensrichtung verfolgen und so was Respektieren wir natürlich auch. Mit den Jungs von Circle II Circle, haben wir aber jeden Tag Party gemacht. Während der letzten Show haben sie auch viel Scheiße gemacht, während wir auf der Bühne waren. Dafür sind wir dann bei ihrem Auftritt mit einem Turtle II Turtle Emblem, ganz langsam über die Bühne gegangen. Auch jetzt haben wir noch Kontakt mit ihnen, wie auch mit den Leuten von MSG oder Doro, mit denen wir ja auch schon auf Tour waren.

sounds2move: Und wie waren Masterplan so?

Sandro: Auch sehr angenehme Jungs, super Cool. Ich kann echt nichts Negatives sagen, wir hatten eine gute Zeit auf dieser Tour.

sounds2move: Welche der drei anderen Bands hat dich Live am meisten überzeugt?

Sandro: Circle II Circle

sounds2move: Das habe ich fast vermutet. Gut, wie schaut es mit Bob Rock aus? Er ist ja bekennender Christ ist, möchte dass in seinem Umfeld weder geraucht oder auch geflucht wird. Hast du davon was mitbekommen?

Sandro: Er ist ein sehr toleranter Mensch, wie wir auch. Der Gianni und ich rauchen nicht, aber unser Bassist und der Schlagzeuger tun dies. Wobei wenn es heißt, dass man im Tourbus nicht rauchen soll, dann Respektieren die beiden das auch. Wir teilen zwar vielleicht nicht den Glauben von Rob Rock, aber wir Respektieren das woran er bzw. andere Leute glauben. Und wenn es nun Mal doch im Tourbus rundgegangen ist, dann hatte er auch kein Problem damit. Er musste sich zwar ab und zu ein paar Sprüche unserer Amerikanischen Kollegen anhören,  aber er nahm das mit Humor und auch sehr professionell.

sounds2move: Wenn du für dieses Jahr selber so eine „Flying Aces Tour“ zusammenstellen könntest. Welche drei Bands würdest du mit „On the Road“ nehmen?

Sandro: Meist du jetzt von AFM oder Allgemein? Könnte ich jetzt so richtig auf den Putz hauen?

sounds2move: Ja das kannst du. Einzige Bedienung, die Band muss noch unter den Lebenden weilen.

Sandro: Aha, weil ansonsten hätte ich nun Led Zeppelin genannt. Ach Bonham (Schlagzeuger von Led Zeppelin der 1980 verstorben ist, Anm. d. Aut.) komm doch zurück auf die Erde! Aber so würde ich wohl Tool nehmen, Audioslave wären auch eine gute Werbung für uns, da wir ja immer wieder mit ihnen verglichen werden. Wobei, wir lange vor ihnen solch einen Sound gemacht haben. Und die dritte Band? Das wird schwieriger, da man ja die richtige Würze finde muss, um damit den Madison Square Garden zu füllen *Lacht*.

sounds2move: Wie wäre es mit Metallica?

Sandro: Ja Metallica wären Geil. Der Robert Trujillo (Bassist von Metallica, Anm. d. Aut.) ist sicher noch ein Geiler Typ.

sounds2move: Und welche drei Bands würdest du von AFM auf Tour nehmen?

Sandro: Wenn ich auch das Dazurechnen darf was bei ihnen Vertrieben wird, dann würde ich Ministry dazupacken. Ansonsten Circle II Circle, Masterplan oder auch Annihilator, wobei es bei AFM noch schwierig ist, da die meisten Bands vom Sound her nicht so zu uns passen.

sounds2move: Lass uns nochmals über die „Flying Aces Tour“ sprechen bzw. über das Konzert am 5. April 2005 im z7. Dort hat euer Bassgitarrist Andreas Genter bekannt gegeben, dass seine Freundin an jenem Tag seinem Heiratsantrag zugestimmt hat. Ihr habt also sozusagen die Fans an diesem glücklichen Augenblick teilhaben lassen. Ist es für euch wichtig solch eine Nähe zu den Fans aufzubauen?

Sandro: Extrem wichtig, wobei ich vorher nichts davon gewusste habe. Ich meine ich wusste dass er sie gefragt hat, aber ich wusste nicht dass er es Live auch bekannt geben würde. Fannähe ist uns im Allgemeinen sehr wichtig, was man auch daran merkt dass wir nach jedem Konzert im Publikum oder sonst wo zu finden sind. Es für aber sehr wichtig, dass wir uns Zeit für die Fans nehmen, auch wenn es immer wie schwieriger wird. Ich bekomme regelmäßig E-Mail von Fans aus aller Welt, kann diese aber leider nicht immer gleich beantworten und ab und zu geht auch eines unter, weil halt 50 Mails in meiner Box sind. Aber es ist uns ein sehr großes Anliegen, dass wir Kontakt zu jenen Leuten halten, die einen zu dem machen was man ist.

sounds2move: Wenn du unseren Lesern eine Band aus dem Schweizer Underground empfehlen könntet. Welche wäre das?

Sandro: Ich finde Zatokrev sehr geil. Hm, ich muss nun ein wenig nachdenken, weil alle anderen Bands fühlen sich ansonsten ausgeschlossen.

sounds2move: Man kann ja auch nicht alle nennen.

Sandro: Genau. Ich würde einfach sagen, von jenen Bands die verdammt professionell und im Ausland aber noch wenig bekannt sind, wäre es definitiv Zatokrev.

sounds2move: Was bedeutet dir die Musik?

Sandro: Emotionen

sounds2move: Einfach nur Emotionen?

Sandro: Ja Emotionen, Leidenschaft, Befreiung und auf der Bühne die Sau raus lassen.

 

Interview: Nando Rohner - www.sounds2move.de

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