Interview mit Matthew Greywolf von POWERWOLF

 

In wie fern hattet ihr gewisse Skrupel, euer aktuelles Album unter den religiösen Scheffel zu stellen? Immerhin gibt es auch einige Beispiele aus dem Metalbereich, in denen eine Band durch ein zu strenges Thema / Konzept auch ein Stück weit gebrandmarkt wurde.

 

Der Wolf hat keine Skrupel. Grundsätzlich nicht. Und erst recht nicht vor Religion. Wir berichten ja nur über Religion und Spiritualität, wir erfinden sie ja nicht. Und wir tun das ja auch nicht erst seit „Bible of the Beast“, schon auf dem Vorgänger „Lupus Dei“ waren religiöse Themen allgegenwärtig. Nun aber zu deiner Frage: Natürlich sind wir dadurch in gewisser Weise gebranntmarkt, aber das schert uns nicht. Bands, die nett sind, und es jedem recht machen gibt es genug. Der Wolf ist keine Konsenzband, entweder man liebt uns, oder man hasst uns, und das ist auch beabsichtigt. Wir tun das, was wir tun viel zu konsequent, als dass wir jedem gefallen könnten, und genau darin liegt für mich das besondere an Powerwolf: Wir kümmern uns nicht um Reaktionen oder alberne Szeneregeln. Wir tun das was wir tun, und das machen wir 100%ig und ohne Rücksicht auf Verluste. Das macht den Wolf zu einer besonderen Band, und das wissen unsere Fans zu schätzen.

 

War euch eigentlich von vornherein klar, dass ihr als nächstes konkret ein Album über Das Biest bzw. den Teufel in der Heiligen Schrift machen werdet? Stand zuerst das Konzept oder die Musik?

 

Das Konzept, das Album „Bible of the Beast“ zu nennen stand schon recht früh, ich glaube die Idee kam auf, als wir die ersten zwei Songs für das Album geschrieben hatten. Das war übrigens „Raise your Fist, Evangelist“ und ein Song, der es am Ende dann doch nicht auf´s Album geschafft hatte. Schon bei den ersten Texten wurde klar, dass sich die Beschreibungen des Teufels in der Bibel wie ein roter Faden durch die Songs ziehen würden, also lag der Titel „Bible oft he Beast“ nahe.

 

Wie stark ist eure private Sympathie / Antipartie zum Thema Glauben und Religion? Und wie reagieren mögliche religiöse Menschen aus eurem näheren Umfeld auf eure aktuelle Scheibe? Musstet ihr da schon Aufklärungsarbeit leisten oder erkennen die Leute, was bei euch Ernst und was Ironie und Entertainment ist?

 

Nun, Religion ist eine ambivalente Angelegenheit. Wir sind alle sehr spirituell interessierte Menschen, jeder von uns auf seine Weise, weshalb wir auch niemals eine Aussage darüber treffen könnten, für welchen Glauben Powerwolf steht. Man könnte sagen, wir haben die maximale Ökumene innerhalb der Band, haha…. Was uns verbindet ist das Interesse an religiöser Geschichte und der Befassung mit Spiritualität. Religion kann etwas sehr hilfreiches, heilbringendes sein, sie kann aber auch die Menschen fehlleiten und in Ihrer Entwicklung behindern. Unsere Texte sind aus einer beobachtenden Perspektive geschrieben, wir erzählen, aber wir werten nicht. Unser Umfeld weiß, wie wir mit diesen Themen umgehen, und weiß das einzuschätzen. Nachfragen kommen eher von Menschen, die Powerwolf nicht kennen, und sich auch wenig bis gar nicht mit unseren Texten befassen, denn – natürlich ist da auch immer ein wenig Entertainment mit drin. Es ist weithin bekannt, dass wir zum einen gerne mit Sprache und Klischees spielen, und zum anderen uns auch hier und da mal ein Augenzwinkern erlauben. Manch Religiöse Eigenheit schreit einfach danach, vom Wolf mal auf den Zahn gefühlt zu bekommen…

 

Ein sehr prägendes Element von „Bible of the Beast“ sind die massiven, epischen Chöre, für die ihr bekanntlich mit echten Profis arbeiten konntet. Nun werden die zwangsläufig bei einer Live-Umsetzung der neuen Songs aus der Konserve kommen müssen, was meiner Meinung nach absolut legitim und an der Tagesordnung ist. Habt ihr als Künstler, die ja auch gern live spielen, beim Komponieren ein gewisses Unbehagen gefühlt, verstärkt auf Chöre zu setzen oder kamen im Hinblick auf die Live-Situation Zweifel am eingeschlagenen Weg auf? (Wobei das neue Album natürlich musikalisch kein gänzlich neues Terrain für euch darstellt).

 

Nein, wir hatten niemals Zweifel, und zwar deshalb, weil wir immer darauf achten, dass unsere Songs auch ohne Chöre und Effekte noch funktionieren. Wenn wir als Band im Proberaum ein Album komponieren, dann ist da zunächst mal kein Chor und keine echte Kirchenorgel dabei, und daher schreiben wir die Songs auch immer so, dass sie ohne all dies geile Songs sind. Was dann noch dazu kommt ist ein Extra, aber das ändert den Song als solchen nicht mehr. Wenn ein Lied scheiße ist, kannst du so viele Chöre und Orchester draufpacken wie du willst – wenn der Refrain nicht greift oder die Strophen langweilig sind, dann wir der Song immer scheiße bleiben…. Und was die Livesituation angeht: Da werden, wie auch schon in der Vergangenheit, Chöre von Band kommen, wir haben da kein Problem mit. Live ist es ohnehin viel wichtiger, dass die fünf Wölfe auf der Bühne mit dem Publikum eine geile Metalparty feiern. Ob dann Chöre dabei sind oder nicht, ist ziemlich unwichtig…

 

 

Was war das Besondere an eurer letztjährigen Wacken-Show, die der limitierten Edition von „Bible of the Beast“ jetzt als DVD beiliegt? Habt ihr konkret geplant, die Show für eine Nachlese mitzuschneiden oder kam es dazu, weil die WOA-Veranstalter sowieso bei fast jeder Band mitfilmen, wenn sie dürfen? War die Aktion geplant oder hat sich das nachträglich ergeben?

 

Naja, zunächst mal muss ich klarstellen, dass alleine der Fakt, dass bei großen Festivals die Auftritte mitgeschnitten werden, noch lange nicht bedeuten muss, dass man die Aufzeichnung dann mal eben so zur freien Verfügung hat. Man muss solche Aufnahmen als Band kaufen, wenn man sie veröffentlichen will, und ich kann dir sagen, dass uns die Bonus-DVD eine schöne Stange Geld gekostet hat – aber wir wollten das unbedingt machen, auch als Dankeschön an unsere Fans, und an die, die noch CDs kaufen, statt sie aus dem Netz zu ziehen. Der Grund, warum ausgerechnet die Wacken Show auf der DVD gelandet ist, ist einfach: Es war für uns ein ganz besonderer Auftritt. Es war einer der Momente, in denen uns bewusst wurde, wie viele loyale und fanatische Fans der Wolf mittlerweile hat. In Wacken gibt es ja 4 Bühnen und je nachdem, wann du spielst, spielst du gegen starke Konkurrenz. Nun, zeitgleich zu unserer Show spielten Carcass ihre Reunion Show auf der Hauptbühne. Bei der band, die für uns auf unserer Bühne spielte, war das Zelt noch sehr dünn besiedelt. Als wir dann aber zu unserem Intro die Bühne betraten, war das Zelt bis zum Brechen voll. Das machte uns sehr stolz und hat uns gezeigt, dass sich das viele Touren der letzten Jahre gelohnt hat. Und diese besondere Show wollten wir deshalb auch in Form einer Bonus DVD veröffentlichen.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de

 

 

Link: www.powerwolf.net