Interview mit Frank Watkins von OBITUARY

 

Die neue Plattenfirma der Florida-Death Legende Obituary zeigt sich schon vor der Veröffentlichung von „Xecutioner’s Return“ mehr als ambitioniert. Euphorisch spricht man offen davon, dass man mit diesem Dreher nicht weniger als eines der am besten verkauften Alben in der Geschichte des Unternehmens erwartet. Große Worte von den Briten, die unter anderem auch so klangvolle Namen wie Entombed, Ihsahn (Ex-Emperor), Zyklon und 1349 unter Vertrag haben. Überraschenderweise versucht auch Frank Watkins nicht, wie für einige Musiker üblich, tiefzustapeln, sondern präsentiert sich stattdessen über die gesamte Länge des Interviews überzeugt und begeistert vom eigenen Schaffen: „Hell Yeah! Wir haben unsere Seele und unser Blut in dieses Album gesteckt und wenn du ein wirklicher Obituary-Fan bist, dann wirst du diese Scheibe schlichtweg lieben. Wir haben waschechten Old School Death Metal abgeliefert, der mächtig Ärsche tritt!“. Wenn das mal keine Begrüßung ist.

 

Apropos Old School: Der Titel „Xecutioner’s Return“ kokettiert ganz offensichtlich mit der Vergangenheit der Band, denn anno 1984 hatte man sich noch als Xecutioner formiert, bevor man sich später in Obituary umbenannt hatte. Ein Wink mit dem Zaunpfahl also? „Zuerst stand das Cover für die Platte und irgendwer rief ‚„Killer... Xecutioner!’. Und sofort war uns klar, dass die Platte so heißen würde, denn der Name killt”, erklärt der Bassist. Außerdem passte das Drumherum bestens, denn man hatte gerade ein weiteres Kapitel mit einer neuen Plattenfirma aufgeschlagen und stand somit am Anfang eines neuen Abschnittes. Eben so wie es seinerzeit mit Xecutioner der Fall war. Dabei muss man mit all zu offensichtlichen Rückbesinnungen immer auch ein bisschen aufpassen, denn einige Anhänger könnten angesichts des Titels auch einen Re-Release der ersten Demos bzw. eine Neueinspielung selbiger erwarten. Man hat sich doch nicht etwa zum Reste aufwärmen hinreißen lassen? “Nein, das sind alles frische, brandneue Songs. Als wir das Album geschrieben haben, hatten wir auch noch gar keinen Titel dafür. Es gibt also nichts in dieser Richtung zu befürchten”, stellt Watkins klar. Im gleichen Atemzug will der Mann aus Tampa auch, dass niemand „Xecutioner’s Return“ als Back-to-the-Roots Platte wahrnimmt. Warum auch? “Wir haben immer sehr nah an unseren Wurzeln gespielt und nie versucht unseren Sound großartig zu verändern oder etwas für uns völlig Neues zu versuchen. Wir haben uns nie wirklich von unseren Wurzeln entfernt, also müssen wir auch nicht zu ihnen zurückkehren”, merkt Frank richtigerweise an. Bevor allerdings am 24.08. der neue Dreher aus der Feder von Obituary hierzulande in den Handel kommt, wird am 31.07. schon „Evil Ways“ als exklusive iTunes Single zum Download zur Verfügung stehen. Einige Fans werden die bequeme Versorgung mit diesem Vorgeschmack natürlich willkommen heißen, anderen wäre eine greifbare, „richtige“ Singleauskopplung vermutlich lieber. Allerdings stellt sich hier auch immer die Frage, in wie fern ein solches Produkt sich finanziell für alle Seiten rechnet. Frank sieht die Sache jedoch weitaus unkomplizierter: „Mit Produktionskosten und solchen Sachen hat das nichts zu tun. Es ist einfach so, dass wir iTunes sehr mögen und es ein hervorragender Weg für uns ist, um unseren Musik flächendeckend den Leuten zur Verfügung zu stellen“.

 

Kürzlich haben Obituary übrigens mit Ralph Santolla einen hervorragenden neuen Gitarristen für sich gewinnen können, der schon bei so klangvollen Namen wie Iced Earth oder Deicide seine Sporen verdient hat. Zuerst sollte der Mann nur die neue Platte mit seinem Spiel ergänzen, doch aus der Brückenlösung ist eine Festanstellung geworden. Frank führt aus: „Ralph ist jetzt ein fester Bestandteil von Obituary. Er hat sich für unsere neue Platte wirklich den Arsch aufgerissen und jetzt wird er erst einmal so lang er kann bei uns bleiben. Ich will noch nicht zu weit in die Zukunft schauen, das versuchen wir möglichst zu vermeiden. Aber wir sind sehr glücklich ihn ab sofort bei uns zu haben“. Ein weiterer Beleg dafür, dass man die Dinge in Florida eher auf sich zukommen lässt und zu gegebenem Zeitpunkt Entscheidungen trifft, zeigt auch der aktuelle Kontrakt mit Candlelight, welcher vorerst nur für dieses eine Album gültig ist. Was nicht heißen soll, dass die Deather an der Arbeit ihres aktuellen Brötchengebers Zweifel hegen würden, im Gegenteil: „Wir haben bei ihnen unterschrieben, weil sie uns einfach das Gefühl geben konnten, dass sie wirklich an uns und unserer Musik interessiert sind. Uns lagen Angebote von allen namhaften Extrem-Labels auf der ganzen Welt vor, aber Candlelight hat niemals in Frage gestellt was wir sagten oder planten. Daher haben wir einfach ‚Ja’ zu ihrer Offährte gesagt“. Anders als das, was man der vorherigen Plattenfirma Roadrunner Records mitteilte. Dort war nach „Frozen in Time“ nämlich Schicht im Schacht für die Band, wenngleich man sich ausdrücklich im Guten trennte. Frank erzählt: „Roadrunner ist ein großartiges Label und wir hatten dort ein paar tolle Jahre. Aber unser Vertrag war erfüllt und wir hatten das Bedürfnis uns nach etwas neuem umzusehen und weiter zu ziehen“.

 

Bleibt noch die Frage welchen Status „Xecutioner’s Return“ auf lange Sicht im Backkatalog einer Band wie Obituary einnehmen kann. Schließlich hat man bereits einige Alben veröffentlicht, die als absolute Klassiker bezeichnet werden, man denke nur an einen Evergreen wie „Slowly We Rot“. Kann die neue Platte diesem Meilenstein wirklich das Wasser reichen? Nicht mal der sonst so selbstbewusste Tieftöner Watkins möchte darauf zunächst eine eindeutige Antwort geben: „Das ist schwierig zu sagen, schließlich hat uns Slowly We Rot’ viele Türen geöffnet und seinerzeit gab es rein gar nichts, das auch nur annähernd so ähnlich geklungen hätte“, analysiert Frank. Doch dann kehrt die Euphorie über den neuen Dreher zu ihm zurück: „Auf jeden Fall wird diese Scheibe der Welt zeigen, worum es bei dem Begriff Old-School-Death-Metal geht. Und das ist eine Gemeinsamkeit der beiden Platten – es gibt im Moment der Veröffentlichung nichts da draußen, dass man mit ihnen vergleichen kann!“. Selbstbewusstsein oder Übermut? Das entscheiden die Fans ab dem 24. August.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

 

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