Interview mit Jakob Molbjerg von MERCENARY

 

 

 

Zwischen dem aktuellen Album „Metamorphosis“ und dem Vorgänger „Architect of Lies“ habt ihr die einschneidendsten Veränderungen eurer bisherigen Karriere hinter euch gebracht. Wann habt ihr gemerkt, dass es in der alten Konstellation nicht mehr weiter geht?

 

Es hat einfach nicht mehr funktioniert und das wussten wir da schon seit einiger Zeit. Wir haben natürlich versucht unsere Schwierigkeiten auszuräumen und die Sache zum Guten zu wenden, aber es ist immer nur noch schlimmer geworden. Letztlich haben wir keinen anderen Ausweg mehr gesehen: Entweder wir teilen die Band auf, wie wir es letztlich auch getan haben, oder wir lösen Mercenary gleich ganz auf. Die Differenzen waren persönlicher Natur, betrafen aber gleichzeitig auch die musikalischen Ambitionen der einzelnen Mitglieder, sowie die Ansichten zur grundsätzlichen Ausrichtung der Musik.

 

Nur damit alles seine Richtigkeit hat und keine Halbwahrheiten in Umlauf geraten: Mike (Park, Schlagzeuger – MR) verkündete damals seinen Ausstieg, um sich Hatesphere anzuschließen. Daraufhin haben sich Mikkel und Morten (Sandagar, Gesang bzw. Keyboards – MR) sozusagen angeschlossen und es ihm gleichgetan. Quasi als eine Art Kettenreaktion, eine, die unter Umständen sowieso schon kaum mehr aufzuhalten gewesen war?

 

Nein, das stimmt so nicht ganz. Es ist richtig, dass Mike seinen Ausstieg verkündet hat. Daraufhin habe ich mich mit Martin (Buus, Gitarrist) und Rene (Pedersen, Gesang und Bass) zusammengesetzt und wir haben gemeinsam entschieden Mikkel und Morten zu bitten die Band ebenfalls zu verlassen, weil wir keine andere Möglichkeit mehr gesehen haben, Mercenary zu retten und weiter zu machen. Wir drei sind eng zusammen gerutscht und haben eine starke Bindung entwickelt, während wir an neuem Material arbeiteten und hatten des Weiteren die gleiche Vision vor Augen. Es war einfach eine sehr starke Gemeinschaft. Gleichzeitig wollten Morten und Mikkel aber etwas völlig anderes und in eine komplett andere Richtung gehen, und auch von uns Anderen hatten sie sich mehr und mehr entfernt und den Bezug zu den inneren Mechanismen ebenfalls bereits quasi komplett verloren. Da lag es auf der Hand, diese Hängepartie ein für alle mal zu beenden und einen Neuanfang zu starten, frisch und ungezwungen den nächsten Schritt zu tun. Das war ohne Zweifel unheimlich hart für uns alle, aber auch notwendig, um als Band auch zukünftig zu funktionieren und den Spaß an der Sache nicht zu verlieren.

 

Das klingt so, als ob vor allem die künstlerischen Ansichten weiter und weiter auseinanderdrifteten. Kannst du in groben Zügen beschreiben, wie sich die musikalischen Visionen der beiden Lager innerhalb der Gruppe verändert haben in den letzten Jahren und sich immer weiter voneinander entfernten? Abgesehen davon habt ihr trotz interner „Glaubenskriege“ drei sensationelle Alben in Reihe hingelegt.

 

Um es kurz und bündig zu machen: Alle außer Morten und Mikkel wollten in eine härtere Richtung gehen, weil das live auch viel mehr Spaß macht. Leider kamen wir da irgendwann zu keiner Übereinkunft mehr. Natürlich gab es auch andere Faktoren, die eine Rolle gespielt haben; von der Arbeitsweise bis zu den Ambitionen und der generellen Einstellung zu unserem Schaffen. Ich will ehrlich sein: Es ist mir durchaus klar, dass viele Leute „Architect of Lies“ mögen. Jedoch hätte ich das Gefühl gehabt mit meinem bisherigen musikalischen Schaffen gescheitert zu sein, wenn dies unser letztes Album gewesen wäre. Ich habe einfach das Gefühl, dass das Album gezwungen und unnatürlich wirkt, selbst wenn es unbestritten auch seine Qualitäten hat.

 

Trotz der Trennung von gleich drei Mitgliedern habt ihr euch nichtsdestotrotz viele Trademarks in eurem Sound erhalten. Wie wichtig war dieser Erhalt des eigenen Sounds deiner Meinung nach? Ihr hättet genauso gut einen radikalen Schnitt machen können, habt aber beispielsweise die Keyboards trotzdem erhalten, selbst wenn ihr gegenwärtig keinen festen Keyboarder in der Band habt.

 

Auf jeden Fall haben wir die Elemente des „alten Sounds“ nicht beibehalten, um die Erwartungen der Leute zu erfüllen. Zum Beispiel die Keyboards haben wir beibehalten, weil sie einfach zu dem Sound beitragen, den wir mögen und weil wir mit deren Hilfe schon immer unsere Songs komponierten. Es stimmt definitiv, dass Musiker in erster Linie für sich selbst komponieren und das tritt bei uns ebenfalls zu. Ich glaube, dass du mit deiner Musik nur dann wirklich auch andere Menschen berühren kannst, wenn das was du tust dich selbst erfüllt. Wenn du umgekehrt versuchst herauszufinden was die Masse hören will und du nur noch darauf achtest diese Dinge zu liefern, dann hast du bereits die Einstellung und das Gefühl dafür verloren, was es bedeutet, wirklich gutes, authentisches Material zu schreiben.

 

Um noch kurz bei den Keys zu bleiben: Deren Umfang wurde dennoch hörbar reduziert. Somit musstet ihr vermutlich den Gitarren noch mehr Aufmerksamkeit widmen, da diese in Folge dessen noch mehr „Melodiearbeit“ zu leisten hatten oder? Siehst du darin den größten Unterschied verglichen mit dem Songwriting der vorherigen Alben?
 

Ja und Nein. Ich denke die Gitarrenarbeit war noch nie besser auf einem unserer Alben als dieses Mal. Trotzdem hatten auch schon unsere alten Alben immer eine Menge an Gitarrenmelodien zu bieten. Bloß mussten wir diese oft weiter nach hinten mischen und herunterregeln, um noch Raum für die Keyboards und den Gesang zu lassen, die erst im Anschluss hinzugefügt wurden. Das war kein sehr befriedigender Prozess um ehrlich zu sein. Somit ist der größte Unterschied zu den Vorgängeralben wohl der, dass wir unsere Vision viel deutlicher zum Ausdruck bringen konnten als in der Vergangenheit, ohne dass letztlich andere ein Veto einlegen und damit die Ausrichtung noch abändern konnten. Es ist sehr befriedigend die Songs diesmal dynamischer und fokussierter klingen lassen zu können aufgrund der neuen Freiheiten.

 

Von den Leuten, die „Metamorphosis“ bisher gehört haben, sagt ein Großteil das Album würde heavier klingen als ihr es zuvor getan habt. Ich persönlich kann da nur bedingt zustimmen, denn wer sich eure Alben in der Vergangenheit genauer angehört hat – man denke nur an „Execution Style“ und „The Endless Fall“ von „Architect of Lies“ – wird von der vermeintlich neuen Härte weniger überrascht sein. Es kommt mir vielmehr so vor, als ob die brutaleren Klänge deshalb mehr im Fokus stehen, weil die Keyboards weniger dominant sind.

 

Wir haben die Keyboards insgesamt nicht wirklich reduziert, sondern sie einfach weiter nach hinten gemischt und damit im Gesamtsound etwas weiter hinten angestellt. Das hätte man wenn du mich fragst schon auf früheren Scheiben so machen sollen. Dennoch beinhaltet jeder der neuen Songs auch Keyboards, wobei wir uns gleichzeitig nicht selbst damit limitieren größere Streicher- oder Pianoflächen verwenden zu müssen wie wir es zu 90% auf den alten Alben noch getan haben. Es passiert einfach viel mehr auf dem neuen Album und wir arbeiten mit verschiedensten Effekten, wodurch „Metamorphosis“ interessanter und zeitgemäßer klingt. Ich würde auch behaupten, dass das Album insgesamt mehr Tempo aufzuweisen hat, denn die meisten Songs sind schneller, es gibt mehr Double Bass und mehr aggressiven Gesang. Es klingt sicher nicht alles total anders, die Mischung der einzelnen Elemente wurde lediglich verändert.

 

Gleichzeitig habt ihr euch auch ein neues Bandlogo zugelegt, was schon seit einiger Zeit im Raum stand und jetzt zum richtigen Zeitpunkt kommt, um auch auf dieser Ebene den Beginn einer neuen Ära zu dokumentieren. Es ist ein viel bemühtes Klischee, aber für das neue Album war der Druck doch sicher noch einmal größer als bei einem gewöhnlichen neuen Longplayer?

 

Hier kann ich wieder nicht eindeutig Ja oder Nein sagen. Zum ersten Mal konnten wir uns selbst mit dieser Scheibe ein Stück weit neu erfinden, zumindest so weit es aus unserer Sicht notwenig erschien. Weil sowieso keiner wusste was von uns in der neuen Besetzung zu erwarten sei. Wir mussten diesmal nur uns selbst glücklich machen. Aber natürlich gab es auch Druck, denn es galt der Qualität der Vorgängeralben mindestens ebenbürtig zu sein. Es soll nicht überheblich klingen, aber wir hatten nie einen Zweifel daran dieses Ziel auch zu erreichen, schließlich waren Martin und ich auch schon in den Jahren zuvor die hauptverantwortlichen Songwriter. Erstmals konnten wir jetzt aber exakt das tun und umsetzen, was uns musikalisch vorschwebte.

 

Die US-Version von „Metamorphosis“ beinhaltet im Gegensatz zur europäischen Version einen zusätzlichen Bonustrack. Wird diese Nummer auch in Europa verfügbar gemacht und warum hat es das Lied nicht auf das reguläre Album geschafft?

 

Der Song, den du meinst heißt „Incorporate your Demons“ und er wird möglicherweise auch noch einmal in irgendeiner Form auch hierzulande erscheinen. Dafür gibt es jedoch noch keinerlei konkrete Pläne, somit wird daraus in naher Zukunft erst einmal nichts. Die Fans in Übersee erhalten den zusätzlichen Song, weil sie einen Monat länger auf „Metamorphosis“ warten müssen und wir auf diese Weise einen Anreiz schaffen wollen, dass sie die Scheibe auch kaufen anstatt sie sich einfach illegal herunter zu laden. Wir machen uns keine Illusionen und wissen, dass die Leute das trotzdem tun werden, aber wir müssen auch versuchen das Beste aus der Situation zu machen. Darüber hinaus existieren noch weitere B-Seiten, wovon jeweils eine exklusiv bei iTunes in den USA und Europa zu haben ist. Wir bieten zum Beispiel „Vanity for sale“ an, einen ziemlich schnellen Song, der wirklich nach vorne geht. Ich mag ihn wirklich sehr und hätte ihn auch gern auf dem regulären Album gehabt, aber wir sind zu dem Entschluss gekommen, dass wir die Scheibe nicht überladen wollen. Wer möchte kann sich das Stück aber jederzeit besorgen, was ich natürlich empfehle, hehe. Er kostet wie alle Songs nur etwa einen Euro und ist sein Geld absolut wert – versprochen.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.mercenary.dk