Interview mit Jakob Molbjerg und Rene Pedersen von MERCENARY

„Architect of Lies“ ist euer erstes Album, an dem Rene als festes Bandmitglied beteiligt ist. Jakob, würdest du sagen, dass dadurch neue Elemente in euren Sound eingeflossen sind oder es sonstige Neuerungen bezüglich Songwriting etc. gab?

Jakob: Ich denke zu einem Großteil ist es eher eine Kombination unserer beiden letzten Alben. Es hat den modernen Klang von „The Hours that Remain“ und es hat das Element mit zwei unterschiedlichen Sängern, wie man es von „11 Dreams“ her kennt. Wir haben die gewohnten Elemente Aggression und Melodien wieder kombiniert, wobei diesmal einige Songs recht soft ausgefallen sind und ziemlich rockig klingen, wir haben aber auch schnelle, aggressive Songs mit sehr schnellem Drumming. Die Balance ist weitestgehend die gleiche, nur haben wir die einzelnen Elemente diesmal auf andere Art und Weise miteinander kombiniert.

Rene: Einige Fans werden schnell feststellen, dass ich nicht so der Growl-Typ bin wie Kral es war. Ich bin Thrasher und bevorzuge Screams und Shouts, ich mache nicht wirklich viele Growls, was den Unterschied bezüglich meiner Parts im Vergleich zur Vergangenheit ausmacht. Ich denke dieses Album zeigt eine neue Seite, einen neuen Sound, womit die Jungs schon auf dem letzten Album begonnen haben.

Rene, dass du jetzt seit geraumer Zeit bei Mercenary bist und nun auch im Studio die Screams übernehmen konntest, war sicher eine enorme Entlastung für euren Sänger Mikkel. Immerhin musste er auf „The Hours that Remain“ noch alle Parts selbst einsingen, wenn man mal von 2 Gastbeiträgen von Speed (Soilwork, Red.) und Marcus von Heaven Shall Burn absieht.

Rene: Darüber war er in der Tat wirklich glücklich, hehe. Zumal diese Sachen nicht unbedingt seine Stärke sind, ebenso wenig wie es für mich der hohe Gesang ist, haha. Diesmal hatte er einfach mehr Zeit und konnte sich somit mehr auf seinen klaren Gesang konzentrieren. Die Aufnahmen zum letzten Album waren schon ziemlich hart für ihn und als ich nach dem Ende der Aufnahmen dann zur Band gestoßen bin, war er ziemlich ausgepowert.

Auch auf diesem Album taucht der Albumtitel, in dem Fall „Architect of Lies“, wieder in mehreren Songtexten auf. Was ist die Idee dahinter?

Jakob: Diese Vorliebe hatten Mikkel, Kral oder auch jetzt Rene eigentlich schon immer. Es ist kein Konzept im eigentlichen Sinne, sondern mehr ein roter Faden, ein Thema oder ein Satz, der die Songs miteinander verbindet.

Rene: Die Songs gehören nicht direkt zusammen, aber sie haben dadurch eine textliche Gemeinsamkeit.

 

Im Bezug auf eure beiden letzten Platten kann man glaube ich sagen, dass jeweils die Titeltracks die populärsten Hits wurden. Diesmal gibt es kein titelgebendes Stück, aber was wird eurer Meinung nach der größte Hit, die potentielle Zugabe von morgen werden?

Jakob: Wie bereits gesagt haben wir einige sehr rockige Stücke auf der Platte, die man durchaus als hitverdächtig bezeichnen kann, etwa „Embrace the Nothing“ oder „Isolation“. Das sind zwei Stücke, für die sich sicherlich ein breites Publikum begeistern kann, wenn es die Stücke zu hören bekommt. Die Frage ist, ob sie das auch wollen bzw. tun werden, haha. Aber das ist unsere Mission, wir müssen die Stücke zu den Leuten bringen.

Rene: Wir wollten generell ein ausgewogenes Album machen, das beide Seiten von Mercenary widerspiegelt. Dazu gehört auch sehr aggressives Material bei dem wir die Gelegenheit hatten zum Großteil nur mit Death und Thrash Vocals zu arbeiten. Ihr habt eben zum Beispiel „The Endless Fall“ und „Bloodsong“ gehört, was diejenigen Songs waren, bei denen ich mich austoben konnte und wo der eine oder andere Fan sicher meine Vorliebe für Slayer, Pantera und Machine Head heraushören wird.

 

Als ersten Vorgeschmack habt ihr „Embrace the Nothing“ auf mySpace präsentiert. Dabei war mein erster Gedanke, dass Mikkel offensichtlich stark an einem klaren Gesang gearbeitet hat. Würdet ihr sagen, dass diese Einschätzung richtig ist?

Rene: Er ist in den letzen beiden Jahren in der Tat als Sänger gewachsen und mittlerweile sehr sicher mit seiner Stimme. Wir haben zusammen viel an diversen Gesangsmelodien gearbeitet und ich glaube, dass speziell der klare Gesang auf diesem Album stärker ist als auf allen anderen Mercenary-Alben.

Jakob: Daran ist sicher auch die Tatsache, dass wir viel unterwegs waren und sehr viel live gespielt haben maßgeblich beteiligt. Mittlerweile ist er ein sehr erfahrener Frontmann, der im Studio auf seine Live-Erfahrungen zurückgreifen kann. Er ist derzeit einfach in Topform.

Rene: Außerdem hat er sich zuletzt immer wieder selbst gepusht und weiter voran gebracht. Ich bin sogar in gewisser Weise selbst bezüglich meines Gesangs gewachsen, nur dadurch, dass ich ihn so oft beobachten und ihm zuhören konnte. Ich glaube mittlerweile treffe ich sogar selbst die eine oder andere hohe Note, haha. Aber Mikkel ist wirklich sehr professionell, auch wenn er oft passen muss, wenn wir anderen nach der Show noch etwas trinken gehen. Wenn du sie Screams macht, ist eine Whiskey-Stimme sogar manchmal von Vorteil, hehe.

Ihr habt euch mal wieder für Jacob Hasen entschieden, als es um die Auswahl der Produzenten ging. Warum ist er eurer Meinung nach noch immer die beste Wahl für Mercenary?

Jakob: Er passt in der Tat perfekt, aber ich sehe ihn ehrlich gesagt sogar schon als siebtes Bandmitglied an. Es hat in der Vergangenheit einfach jedes Mal so wunderbar funktioniert und es fühlt sich total natürlich für uns an, mit ihm zu arbeiten. Wir bringen das Beste, was wir an Songs haben mit und jeder liefert das ab, wozu er individuell im Stande ist. Jacob kennt uns genau, er weiß wie er uns einschätzen muss und er ist dennoch in der Lage uns zu pushen. Es passt einfach alles zusammen. Eines seiner Talente ist es außerdem einen perfekten Sound zu kreieren, aus dem man dennoch die einzelnen Elemente heraushören kann.

Rene: Er hat auch keine Angst davor, seine Meinung zu sagen und jemanden auch mal zu ermahnen. Diesmal haben wir nicht alles bei ihm aufgenommen, da Mikkel und ich etwa die Vocals in der Nähe unserer Heimatstadt Aalborg aufgenommen haben, was daran lag, dass wir beide nebenbei noch arbeiten mussten. Jacob Hansen hat dann aber später noch viel am Vocal-Sound gearbeitet.

Auch für das Artwork des Albums habt ihr euch einen alten Bekannten ins Boot geholt, nämlich Niklas Sundin (Gitarrist von Dark Tranquillity und Freiberuflicher Grafiker – Red.). Sind Mercenary eine Band, die Konstanten braucht, um reibungslos arbeiten zu können?

Jakob: Da wäre ich mir nicht so sicher, auch wenn wir schon mal mit ihm gearbeitet haben. Das neue Cover ist komplett anders als unsere bisherigen und ich finde, dass es auch sonst heraus sticht. Wir finden das Motiv sehr ehrlich und es verschafft Aufmerksamkeit. Aber wir sind uns auch im Klaren darüber, dass es ein Motiv ist, das nicht jedem gefallen wird. Es ist das gleiche wie mit Jacob Hansen: Sollen wir etwas Neues probieren, einfach damit es etwas Neues ist? Unsere bisherigen Partner konnten uns immer geben was wir wollten, warum sollten wir uns anderweitig umschauen?

Rene: Wenn du ein Album ablieferst, das all die anderen in den Schatten stellt, dann liegt das meiner Meinung nach nicht am Produzenten, sondern in erster Linie an der jeweiligen Band. Aber wenn man weiß wo man die beste Produktion bekommen kann – und im Fall von Mercenary ist das nun mal Jacob Hansen, denn er kennt die Band besser als jeder andere – dann sehe ich keinen Grund, woanders hinzugehen.

Jakob: Das Essenzielle an diesem Album war, dass wir uns zusammenreißen und hart an uns arbeiten mussten. Wir hatten diesmal nur 2-3 Monate um das komplette Album zu schreiben und zu arrangieren und mussten dabei stets zielgerichtet arbeiten. Der Erfolg dieses Unterfangens hängt von der Band ab, aber auch den Menschen drum herum. Und Niclas und Jacob konnten uns einfach eine gute Basis für unsere Arbeit geben. Wenn du in kürzester Zeit ein Album fertig stellen musst, dann würde es keinen Sinn machen zu einem komplett neuen Produzenten zu gehen. Vielleicht suchen wir irgendwann mal jemand anderen, wenn wir etwa das Gefühl haben auf der Stelle zu treten. Aber im Moment gibt es dafür keinen Grund.

 

Auf „Execution Style“ habt ihr mit einem gesprochenen Sample gearbeitet. Darf man fragen woher dieses stammt?

Jakob: Das hat ein Amerikaner eingesprochen, aber es ist inspiriert durch einen Serienmördern namens „The Iceman“. Wir haben es für unseren Zweck adaptiert, da es den Grundgedanken des Albums wunderbar aufgreift. Dieser war es einen Menschen zu beschreiben, der eine doppelte Identität angenommen hat und nach außen hin seriös wirkt, heimlich aber als Auftragskiller unterwegs ist. Er muss sein Leben extrem genau planen und auf alle möglichen Details achten, um sein Geheimnis und sein Familienleben parallel existieren lassen zu können. Dabei muss er ähnlich akribisch sein wie ein Architekt, der etwa ein Gebäude plant. Wir dachten, dass das gut zu unserer Idee passt – zumal das Stück auch noch „Execution Style“ heißt, haha. Ist das nicht brillant? Wenn auch auf eine morbide Art und Weise...

Vor etwa einem Jahr habt eure erste Headlinertour durch Europa bestritten. War es rückblickend immer noch die richtige Entscheidung es als Mainact zu versuchen?

 

Jakob: Absolut. Keiner von uns hat zu irgendeinem Zeitpunkt einen Zweifel gehabt. Natürlich gab es auch Abende, an denen nicht so viele Leute in den Clubs waren, aber alles in allem war es toll zu sehen, dass doch viele Leute kamen um uns zu sehen und es waren wirklich tolle Shows dabei. Wir hatten an ausnahmslos jedem Abend Leute vor Ort, die sich wahnsinnig gefreut haben uns spielen zu sehen und die offensichtlich ihren Spaß hatten. Es ist schon was anderes als wenn du als Support unterwegs bist und 500 Leute in der Halle sind, die aber alle nur an der Bar herumstehen und auf den Headliner warten. Wenn dann aber mal 100 oder 200 Leute da sind um DICH spielen zu sehen, dann ist das wunderbar. So eine Tour machen zu können ist ein Privileg und ich halte es auch für einen notwendigen Schritt, um sich als Band weiterzuentwickeln.

Rene: Wir konnten als Band dabei viel lernen und es ist eine tolle Erfahrung für uns als Hauptattraktion auf Tour gehen zu können.

Bald werdet ihr euch für eine Hand voll Shows mit Megadeth auf Tour begeben. Das ist sicherlich ein großes Ding für euch, nicht wahr?

Jakob: Ja, das ist unglaublich! Das ist mit das Größte, was wir bisher spielen durften. Anfangs war es nur eine einzelne Show in Kopenhagen, mittlerweile sind aber noch Shows in Deutschland dazu gekommen.

Rene: Ich muss gestehen, dass ich durch die Wohnung gesprungen bin und vor Freude umher geschrieen habe, als Jakob mir per SMS mitgeteilt hat, dass wir Megadeth in Kopenhagen supporten werden, haha. Ich war schon immer ein großer Fan der Band, denn ich bin in den Achtzigern aufgewachsen, mit Bands wie Megadeth, Pantera und – äh – Metallica. Sorry Dave, aber das war nun mal so, hehe.

Jakob: Ich habe früher viele Tabs von ihnen nachgespielt und sie waren unheimlich wichtig für mich und zwar für eine lange Zeit. Bezüglich der Riffs etc. haben sie mich stark beeinflusst, auch wenn man das an unseren Songs und Alben nicht wirklich hören kann, denn die klingen nun wirklich völlig anders.

Rene: Und generell betrachtet ist es immer eine Ehre mit solchen Legenden spielen zu dürfen. Sie waren einfach immer an der Spitze. Unsere Band hat ein Durchschnittsalter von vielleicht 28 Jahren und wir sind somit alle mit Megadeth aufgewachsen. Es ist eine tolle Sache, dass sie immer noch auf diesem Niveau unterwegs sind.

Außerdem stehen die Dreharbeiten zu eurem neuen Videoclip an (der mittlerweile fertig gestellt und veröffentlicht wurde, Anm. d. Aut.). Was darf man sich davon erwarten?

Jakob: Wir haben bisher ein paar grundsätzliche Ideen, aber noch nichts Festes. Es wird auf jeden Fall kein Clip mit großer Storyline werden. Es gibt schon Eckpfeiler, aber wir machen nichts mit einem großen 50 Cent Budget oder so, haha.

Rene: Es wird einen Haufen Babes geben, dazu dicke Limos und Swimmingpools, haha.

Und einen Haufen Klunker!

Rene: Genau – man könnte sagen es wird total Gangster! Haha...

Jakob: Nur wir und ein riesiger Pool!

Rene: Und ein großes Haus in L.A., mit dicken Karren und Silikon-Bitches, haha. Aber mal im Ernst: Es gibt ein paar Ideen, aber wir werden keine große Geschichte erzählen.

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

Kommentar: "Architect of Lies" von MERCENARY

Hellyeah! Diese Scheibe rockt, soviel ist klar. Die Jungs von Mercenary legen mit "Architect of Lies" ihr fünftes Album vor und können damit den starken 2006er Longplayer "The Hours That Remain" locker in den Schatten stellen. Die Dänen präsentieren sich härter und zeitgleich experimentierfreudiger. Die Verpflichtung von Basser und Grunter René Pedersen ist nicht nur eine Erleichterung für Sänger Mikkel Sandager, der nicht mehr alle Screams und Grunts selbst einsingen musste und sich somit voll und Ganz auf die Clean-Vocals konzentrieren konnte, der 25-Jährige verleiht den Songs mit seinen starken Grunts auch gleich mehr Tiefe und Intensivität. Auf Abwechslung verzichtet die Band auch dieses Mal nicht: Neben harten Stücken wie „Execution Style“ oder „The Endless Fall“ findet sich mit „Isolation (Loneliness in December)“ auch ein Song auf dem Album, bei dem sanftere Töne in den Vordergrund rücken. Für unvergessliche Melodien bekannt, bleiben Mercenary dieser Linie treu und kreieren einmal mehr eingängige und geniale Songstrukturen. Vorsicht, akute Suchtgefahr! Für mich ganz klar schon jetzt die beste Veröffentlichung des Jahres.

 

Link: www.mercenary.dk

Fotos: Cindy Frey