Interview mit MATT „Gonzo“ ROEHR

 

 

Nach Jahrzehnten des „Finger in die Wunde legens“ mit den Onkels konnte man das Gefühl bekommen, dass du als Solokünstler etwas ruhiger geworden bist – „altersmilde“ um es etwas überspitzt auszudrücken. Jetzt drehst du mit „Blitz & Donner“ wieder richtig auf und prangerst erneut Missstände an. Scheinbar lässt dich die Revolution, das Aufbegehren doch nicht so recht los, oder?

 

Es brennt noch immer stark in mir. Besonders wenn ich mir ansehe wie unsere so genannten Volksvertreter zu Volksverrätern werden und uns an internationale Konzerne, Banken und was weiß ich wen verkaufen. Das treibt mich auf die Barrikaden. Die Medien verarschen die Leute immer mehr, es ist noch viel schlimmer geworden. Wenn ich mal nach Deutschland komme und z.B. den Fernseher anmache, dann glaube ich zu träumen. Die „Aktuelle Kamera“ (DDR) war ja ein Informationsprogramm gegen das, was heute gesendet wird. Es gibt noch viel mehr was mich ärgert, das kann ich hier gar nicht alles aufzählen, aber meinen Mund werde ich dazu nicht halten. Es ist doch erschütternd wie wir alle eingelullt und über den Tisch gezogen werden.

 

Rein inhaltlich finden sich auf „Blitz & Donner“ auch ein paar Themen, die früher bereits bei den Onkelztexten hoch im Kurs standen – Konsumgesellschaft und die Medien beispielsweise. Als Solokünstler setzt du jedoch deutlich weniger auf Pathos. Ein bewusster Schritt, um eine klare Abgrenzung zu gewährleisten?

 

Ich mochte den Pathos nie so richtig, ich bin Realist. Wenn ich etwas sage, dann soll es auch so unmissverständlich wie möglich rüber kommen. Knallhart. Es macht keinen Sinn, Samthandschuhe auszupacken. Die andere Seite benutzt sie auch nicht.

 

Würdest du sagen, dass es auch ein Thema gibt, welches du nicht anschneiden würdest – warum auch immer? Zu pikant, zu kontrovers, zu sensibel…?

 

Nein, ich lasse mir den Mund nicht verbieten. Das wird ja mit dem Verlangen nach Politischer Korrektheit betrieben. Es sollen bestimmte, unangenehme Themen nicht angesprochen werden. Aber da bin ich lieber „politisch unkorrekt.“

 

Wie kam es überhaupt dazu, dass du von englischen auf deutsche Texte umgestiegen bist? Bist du diesen Schritt vor allem für die Fans im deutschsprachigen Raum gegangen?

 

Ja. Ich hatte das Gefühl, dass die Lage das verlangt. Ich bin Deutscher und wenn die Demokratie hier ins Wanken kommt, siehe Eurobonds, EU Diktatur, etc. dann ist es meine Pflicht als Künstler, die Stimme zu erheben. Der Bürger wird nicht mehr gehört, aber er braucht Unterstützung, um nicht aufzugeben.

 

Deine erste Single erscheint als „Rock your Liberty“ auch in einer englischen Version für deine anderen Märkte. Heißt das, dass „Blitz & Donner“ auch komplett in einer englischen Fassung erscheinen wird oder hast du ausschließlich diesen einen Song zweigleisig eingesungen und ausgekoppelt?

 

In den USA werden meine Songs sehr viel im Radio gespielt. Ich brauche dort nur eine Single, kein Album. Deswegen habe ich auch nur von der Single zwei Versionen gemacht.

 

Eine letzte Frage zum Thema Texte: Wer sind deiner Meinung nach die drei Begabtesten deutschen Songtexter gegenwärtig?

 

Da habe ich keine Ahnung. Ich sehe nicht nach Links oder Rechts, ich kümmere mich nur um meine Texte und Musik. Ich bin da mit einer sehr eigenständigen Herangehensweise ausgestattet. Ich habe mich noch nie um Trends oder andere Meinungen gekümmert. Bei den Texten liegen meine Vorbilder eher in Richtung Neil Young oder Bob Dylan. Ich mag es unangepasst zu sein. Frei.

 

Auch auf „Blitz & Donner“ lässt du dir, obwohl die grundsätzliche Ausrichtung unüberhörbar eine andere ist als auf deinen beiden anderen Soloalben, das eine oder andere bluesige Solo nicht nehmen. Wie wichtig war es dir, beides zusammen zu bringen, also den punkigen Straßenrock und deine Leidenschaft für den guten alten Blues?

 

Das ist doch beides das gleiche. Ich bezeichne mich selbst als Blues-Gitarristen, das ist mein Stil und die Musik mit der ich aufgewachsen bin. Das hat schon immer mein Gitarrenspiel und mein Songwriting geprägt, neben anderen Einflüssen wie West Coast, Punk, Jazz, Fusion. Ein Künstler muss offen sein, aber im Endeffekt entspringt ja alles aus einer Wurzel. Das sind nur verschiedene Äste am Baum der Musik.

 

Stichwort B-Seiten: Hast du bei den Aufnahmen zum neuen Album auch überschüssiges Material fertig gestellt, das es nicht auf die Scheibe geschafft hat? Falls ja: Gibt es Planungen für eine eventuelle Weiterverwendung dieser Songs?

 

Ich habe noch Material von der Session. Allerdings weiß ich noch nicht ob ich es noch einmal verwenden werde. Ich habe mir dazu noch keine Gedanken gemacht. Im Moment bin ich mit den Vorbereitungen zur Tour beschäftigt.

 

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Mit „Sekt oder Selters“ hast du „Blitz & Donner“ einen schmissigen, versöhnlichen Ausklang verpasst. Die Platte endet in einer positiven Stimmung. Wolltest du dich bewusst mit einem Hit verabschieden oder ist es eher zufällig dazu gekommen?

 

Der Song war für mich immer „der letzte Song auf dem Album.“ Ein toller Titel um das Album zu beenden. Er stand sogar mal als Single in der Diskussion, war mir aber zu „onkelig.“ Ich mochte die Aussage von „Freiheit“ lieber und fand auch, dass sie aktueller ist. Wir brauchen die Freiheit, müssen für sie kämpfen. Sie wird uns gerade Stück für Stück weggenommen. Das geht so langsam und wird so perfide durchgeführt, dass die Masse der Bevölkerung es gar nicht merkt.

 

Nicht nur durch die Rückkehr zu deiner Muttersprache kann man das Gefühl bekommen, dass du dich wieder verstärkt auf deine Vergangenheit und deine regionalen Wurzeln besinnst: ein deutsches Album, Videodreh in deiner Heimatstadt Frankfurt, dazu das „Frankfurter Jungz“-Shirt, das du auf den Promofotos trägst. Hat dich nach Jahren als Weltenbummler etwa das Heimweh gepackt?

 

Ja, wenn du so willst. Mich zieht es immer öfter zurück nach Hause, ich habe viele Freunde hier, liebe das Land und die Kultur. Wenn man so lange wie ich unterwegs war, lernt man das alles wieder zu schätzen.

 

 


 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.gonzomusic.com