Interview mit Troy Sanders von MASTODON

 

 

Troy Sanders steht ganz offensichtlich auf zynischen und bisweilen sehr direkten Humor:„Ich muss dich warnen: Wir werden in Interviews immer mehr oder minder das Gleiche gefragt und neigen außerdem dazu, uns in den Antworten zu wiederholen. Also sei nicht überrascht wenn du in den ganzen anderen Interviews zur neuen Platte genau das gleiche liest“. Bums, das hat gleich zum Auftakt gesessen. Der Bassist und Sänger der Querdenker Mastodon war noch nie ein Mann der leisen Töne. Im Gegenteil wird ihm und seiner Band immer mal wieder Arroganz vorgeworfen, wobei man auch erwägen kann, dass es sich auch hierbei um – wenn auch schwer zu erkennende – Ironie handelt. Kinder von Traurigkeit sind Mastodon aber dennoch nicht und ohne ein bisweilen sehr ausgeprägtes Ego präsentieren sich nur die wenigsten Mucker aus Übersee. Man erinnere sich nur an das Jahr 2007 als man sprichwörtlich Schlagzeilen machte, nachdem sich Mastodon-Gitarrist Brent Hinds im Rahmen einer Awardverleihung Backstage deftig mit Shavo Odadjian von System of a Down geprügelt haben soll. Derlei Schlagzeilen sind mittlerweile zum Glück verschwunden und man macht nur noch musikalisch von sich reden.

 

Und so ist es auch mit dem neuen Album „Crack the Skye“, das quasi ausschließlich Höchstnoten einfahren konnte und zudem von vielen Fans auf Anhieb gut aufgenommen wurde. Dabei entdecken auch immer mehr junge Fans diese Band für sich, obwohl die Band weder Trends nachrennt, noch sich am Zeitgeister orientiert. „Neben diesen ganzen verrückten Sounds und sperrigen Parts - die vor allem „Blood Mountain“ auszeichneten - und unseren offensichtlichen Metal-Elemente, zählen primär alte Bands wie King Crimson und Yes zu unseren Einflüssen. Man kann sogar ein klein wenig Frank Zappa heraushören“, analysiert der Bassist. „Unser letztes Album hatte ganz klar eine vertrackte Artrock-Ausrichtung, wohingegen ‚Crack the Skye’ deutliche mehr klassische Rock-Elemente und –Strukturen aufweist und dabei musikalisch trotzdem noch einen offensichtlichen Metalsound besitzt. So wie ‚Ride the Lightning’“. Womit wir wieder beim gesunden Selbstvertrauen angelangt wären. Jedenfalls sind nicht nur die Einflüsse Mastodons weit weg vom aktuellen Zeitgeist, sondern auch die Instrumente und das Equipment, mit dem musiziert wird. „Es gab da eine goldene Regel, an die wir uns für die Aufnahmen gehalten haben, nämlich dass das Equipment auf keinen Fall jünger sein darf als von 1980. ‚Auf der Stelle raus mit dem Krempel, schafft mir diesen neumodischen Kram aus den Augen’“, lacht Troy. „Das Schlagzeug, das unser Drummer Brann für die Aufnahmen verwendet hat, war das reinste Puzzlespiel und einige Teile stammen sogar aus den 20er Jahren. Zum Beispiel die Becken, die vermutlich in irgendeiner Fabrik in der Ecke versteckt lagen, denn die waren trotz ihres Alters noch brandneu. Wenn du da drauf haust, dann kommt es dir so vor als würde der Ton bis in alle Ewigkeit in der Luft hängen bleiben“. Nach einem mehrminütigen Exkurs über alte Liebhaberstücke, die jedem passionierten Mucker wohl vor Freude die Tränen in die Augen treiben würden, kriegt der Mann am anderen Ende der Leitung zum Glück doch noch mal die Kurve zurück zur Gegenwart. „Das Besondere an diesem Album, was man als Hörer hinterher wohlmöglich gar nicht wahr nimmt, ist dass wir unseren Soundwall eigentlich ziemlich reduziert und vereinfacht haben. Am Ende klingt es aber komischerweise trotzdem nach einem Vielfachen der eigentlich verwendeten Anzahl an Tonspuren. Das lag unbestritten an dem außergewöhnlichen Handwerkszeug, das wir benutzen konnten“, findet diese Vorlesung über Klampfen und Verstärker dann doch noch ein Ende.

 

Trotz allen Anspruchs und bisweilen wirrer Konzepte rund um die bisherigen Alben der Band, die sich grob gesagt um die vier bzw. fünf Elemente drehen, wobei „Crack the Skye“ zudem auch vom Leben des weltbekannten russischen Wanderpredigers Rasputin mehr oder minder direkt beeinflusst ist, versucht der Musikfan naturgemäß irgendwelche Schlagworte zu finden, um einen Künstler und seine Musik möglichst kurz und bündig zu beschreiben. „Ein paar Leute bezeichnen uns einfach als Heavy Metal Band. Wem ist das denn eingefallen?! So würde das vielleicht meine Mutter sagen, aber wirklich aufmerksame Zuhörer können das doch nicht ernst meinen, oder?“, wird eine kurze rhetorische Pause einlegt, nur um ohne eine Antwort abzuwarten oder überhaupt mit einer zu rechnen fortzufahren. „Ich habe schon lange aufgehört mir neue Metalscheiben anzuhören, auch wenn das was wir mit Mastodon machen natürlich selbst heavy ist. Wenn einer auf mich zukommt und mich fragt wie ich die neue Lamb of God finde, dann kann ich nur sagen ‚Keine Ahnung, ich habe sie nicht gehört’. Ich mag die Jungs sehr, aber ich habe keinen Schimmer von ihrer Musik. Wenn ich mal Musik höre, dann alte Sachen, die ich kenne – zum Beispiel Punk Rock“. Zumindest ist Mister Sanders eine ehrliche Haut. „Weißt du was mich sehr freut? Dass es vielen nicht leicht fällt, uns musikalisch einzuordnen. Niemand möchte in irgendwelche Schubladen gesteckt werden, aber dass wir es den Leuten wenigstens schwer machen ist eine gute Sache. Uns zum Beispiel Death Metal oder Heavy Metal zu nennen ist quatsch, weil wir mit den für die Genres typischen Bands wenig bis überhaupt nichts gemeinsam haben. Das heißt nicht, dass wir diese Musik nicht mögen, nur sehen wir uns selbst einfach ganz wo anders“. Wie wäre dann Progressive Metal als Vorschlag zur Güte? „Damit kann ich noch am besten leben“, gibt der man mit der tiefen Stimme auf Nachfrage zumindest ein bisschen nach. Womit am Ende doch noch eine kleine Besonderheit gefeiert werden darf, denn mit diesem Zugeständnis gehen Mastodon doch glatt einen (wenn auch sehr kleinen) Kompromiss ein. All zu oft kommt das bei dem Quartett aus Atlanta, Georgia nicht vor.  

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.mastodonrocks.com