Interview mit Holly D. von der LETZTEN INSTANZ

 

 

So, „Ewig“ ist draußen – damit wäre eure Trilogie abgeschlossen. Wie sieht es angesichts dieser Tatsache mit eurer Gemütslage aus: Seid ihr froh, dass ihr dieses Mammutprojekt endlich vom Tisch habt oder ist man eher ein bisschen wehmütig, weil es vorbei ist?

 

Das Projekt ist ja noch lange nicht vom Tisch, die Fans setzen sich jetzt erst damit auseinander und die Tour steht noch an. Wir freuen uns einfach unglaublich, wieder unterwegs zu sein. Die neuen Songs sind nicht einfach, aber einfach geil. Die rocken und haben Tiefgang. Das werden sehr emotionale Konzerte. Dann kommt das nächste Jahr mit vielen Auftritten, wir sind gut gebucht, das Finale der Trilogie hat da lange Schatten geworfen. Insofern, keine Wehmut sondern Spielfreude. Jetzt werden die Früchte geerntet.

 

Es liegt ja nun ein nicht zu verachtender Aufwand hinter euch, bzw. die Tour zum letzten der drei Alben liegt genau genommen sogar noch vor euch. Ihr musstet euch nicht nur um den inhaltlichen und musikalischen roten Faden bemühen, sondern auch um „Nebenkriegsschauplätze“ wie das Artwork. Wie wichtig ist es, bei allen künstlerischen und kreativen Ambitionen dafür zu sorgen, dass aus dem Konzept kein Korsett wird?

 

Gute Frage, die haben wir uns auch immer wieder gestellt. Wir hatten dafür klare Regeln und vor allem klare Verantwortungen. Oli, unser Gitarrist (ich bin quasi der andere Gitarrist, die muss es auch geben ;-)) und musikalischer Kopf der Band, hatte diesmal zu 100 Prozent die Hand auf Arrangements und Musik. Er hat das Album auch produziert. Er hatte die genaue Vision. Wir haben da schon auch einiges untereinander angestimmt und Meinungen gesammelt, aber letztlich muss einer dafür einstehen und an den richtigen Stellen Entscheidungen fällen. Beim Layout ist das ähnlich. Da hat unser langjähriger Grafiker Andraj mit mir zusammen den Blick auf alles was Symbolik, Artwork, Fotos, Design etc. betrifft. Wir haben uns für die Trilogie Ingo Römling ins Boot geholt, weil er einfach die Front-Cover so umsetzen konnte, wie wir uns das vorgestellt haben. Visionen – ob musikalisch, inhaltlich oder optisch – kann man nur umsetzen, wenn der Visionär das Ruder in der Hand behält.

 

Was war euer Hauptantrieb, eine komplette Albentrilogie zu erschaffen? Ihr hättet genauso gut wie zuvor, und wie es die meisten Bands machen, eine Platte nach der nächsten aufnehmen können, die jeweils nur für sich selbst steht. Wobei man ja auch festhalten muss, dass eure Platten alle auch wunderbar für sich allein stehen können, Konzept hin oder her.

 

Der Hauptgrund war: Raus aus dem Schema F, raus aus der Sackgasse Beliebigkeit. Wir wollten uns mal wirklich musikalisch festlegen, haben dann aber eben doch drei Alben gebraucht. Uns hat am Anfang dieses Wortbild – schuldig, heilig, ewig – fasziniert. Ein Kreislauf, auf den man so viel runter brechen kann. Unser ganzes Sein beruht darauf. Mit Leben und greifbarem Inhalt hat es sich dann erst beim Schaffen gefüllt. Nach so vielen Jahren, die wir damit verbracht haben Musik zu machen - ich vermeide jetzt hier ganz bewusst das Wort „im Musikgeschäft“ - ist es sehr hilfreich Ideen zu haben, die man mit Inhalt füllt. Mit einer Band wie Letzte Instanz könnten wir so ziemlich alles machen, wollten wir aber nicht. Wir wollten nur und ausschließlich Letzte Instanz machen. Weil wir es können, wollen und müssen. Und weil nur Dinge Bestand haben, die unverwechselbar und eigensinnig sind.

 

Macht man sich eigentlich so seine Gedanken, ob es die Sache überhaupt wert ist, also dass man ein großes Konzept mit allem drum und dran austüftelt im stillen Kämmerlein und dann am Ende nur die wenigsten Hörer vielleicht wirklich die Muße und die Lust dazu haben, die Geschichte auch mit all ihren Facetten zu erkunden? Schließlich wird mancher Hörer sich auch einfach nur auf die Musik freuen und dem Konzept vielleicht weniger Aufmerksamkeit schenken, als dieses es womöglich verdient hätte.

 

Wir machen das ja auch für uns. Für uns muss das passen und sich gut anfühlen. Es muss die Arbeit, Zeit, die vielen guten und schlechten Momente wert sein. Und das ist es! Gerade weil wir versuchen, die Dinge gründlich zu machen. Wenn der eine oder andere Hörer sich dann überfordert fühlt, dann kann man das an der Stelle leider nicht ändern. Für den geneigten Instanz-Einsteiger haben wir dann Songs wie „Von Anfang an“. Der holt Leute in ihrer Lebenswirklichkeit ab und geht gut ins Ohr. Der eine oder andere macht sich dann doch mal die Mühe, sich den Text genauer anzusehen und schon merkt er, dass da noch so viel mehr drin steckt als drei Minuten Musik zum Bügeln. Willkommen in unserem Universum. Hier ist Denken erlaubt, hier sind Gefühle erlaubt und man darf dabei sogar Spaß haben. So, und jetzt sind wir wieder bei der Frage, ist es die Arbeit wert. Definitiv ja.

 

Sängerin Ria alias Eisblume bereichert dieses mal das Stück „Blind“, allerdings sucht man einen Hinweis auf ihr Zutun auf der Rückseite der CD oder gar via Aufkleber auf der Verpackung vergebens. Wer es nicht beim Hören erkennt, muss schon einen Blick ins Booklet werfen. Ist es die pure Bescheidenheit eurerseits, dass ihr mit diesem Gastbeitrag sehr zurückhaltend umgeht oder war es euch vielleicht wichtig, die Aufmerksamkeit des Hörers bewusst nicht auf solche Randnotizen zu richten?

 

Wir fanden es spannender, die Neugier der Hörer zu wecken. Auch gab es im Vorfeld ein paar negative Äußerungen, was die geplante Zusammenarbeit mit Eisblume betraf. Wir wollten, dass jeder die Chance hat, die Nummer völlig unvoreingenommen zu hören. Ria macht das in dem Song echt super, sie verkörpert genau das, was wir uns gewünscht haben, schlüpft perfekt in die Rolle. Der Song hat dadurch noch einmal deutlich an Emotionalität gewonnen, und wir haben seit der Veröffentlichung sehr viele positive Zuschriften gerade zu diesem Song bekommen. Wir werden „Blind“ auf der kommenden Tour zum Abschluss in Berlin auch live mit Ria spielen und freuen uns da schon sehr drauf.
 

Welche Rolle spielen eigentlich die Bonustracks der letzten Alben im Bezug auf das Gesamtbild? Und nach welchen Gesichtspunkten habt ihr diese von der regulären Tracklist gestrichen?

 

Also, wenn ich dir die Frage ehrlich beantworte, bekomme ich Ärger, mach ich also nicht. Ich kann es aber umschreiben. Wir hatten für „Ewig“ am Ende weit über 30 Songs fertig. Aufgenommen haben wir knapp 20, eine Auswahl, bei der so manche Träne floss, denn in jedem Song steckt Herzblut. Die Bonus-Tracks sind Songs, die zwar mit aufgenommen wurden, die wir und unsere Plattenfirma dann aber doch für möglicherweise verzichtbar für das Konzept gehalten haben. Als Mehrwert für langjährige Fans sind sie aber durchaus geeignet, und deshalb gibt es limitierte Editionen mit diesen Songs. Es gibt auch noch Stücke, die wir aufgenommen, aber bislang zurück gehalten haben. Mal sehen, was daraus wird.
 

Nachdem ihr euch jetzt mehrere Jahre mehr oder weniger dem Konzept der Alben „Schuldig“, „Heilig“ und „Ewig“ untergeordnet habt: In welche Richtung wird sich die Letzte Instanz wohl als nächstes bewegen? Ich könnte mir gut vorstellen, dass ihr tierisch Bock darauf habt mal wieder ohne konzeptionellen Rahmen einfach drauf los zu rocken.

 

Erst mal wird einfach gespielt, das ist doch, was eine Band am liebsten tut! Wir werden uns jetzt live richtig austoben, und dann schauen wir mal, was wir aus all dem gelernt haben. Man darf auch nicht vergessen, dass wir alle keine 18 mehr sind. Die meisten haben Familie, andere Interessen, andere interessante Jobs. Wo das Schiff Letzte Instanz also hinsegelt ist wie immer offen.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.letzte-instanz.de