Interview mit Randy Blyche von LAMB OF GOD

 

 

Guten, Tag, hier spricht David Hasselhoff

 

Guten Tag, Randy, Ich habe schon gehört, dass du gerne über David Hasselhoff sprechen würdest.

 

Natürlich!

 

Warum? Was ist denn so besonders an ihm?

 

In Deutschland ist er ja angeblich der größte Star.

 

Nun, er ist zumindest recht bekannt und populär, ja.

 

Warum?? Bei uns in den Staaten versteht man das nicht.

 

Ich weiß auch nicht so recht. Aber er hat zur Zeit des Mauerfalls und der Wiedervereinigung „Looking For Freedom“ am Brandenburger Tour gesungen und viele verbinden ihn jetzt mit Deutschen Wiedervereinigung. Eher scherzhaft natürlich.

 

Ah, genau, und er hatte doch diese komische Jacke an mit den Leuchtkugeln drauf.

 

Richtig.

 

Wow!

 

Dann sprechen wir mal über eure neue Scheibe. Mir fällt immer wieder auf in der letzten Zeit, dass viele Bands versuchen, immer verrückter zu klingen, technischer, und das dabei manchmal einfach die Songs an sich auf der Strecke bleiben. Lamb Of God gehen nun scheinbar etwas den gegenteiligen Weg. Immer noch natürlich auf hohem technischen Niveau, mit den Thrash-Metal-Riffs und diesen Dingen, aber sehr direkt, sehr aggressiv, und letztlich mit Songs, die man auch als solche bezeichnen kann. Ihr stellt diese wieder in den Vordergrund. Würdest du diesem Eindruck zustimmen?

 

Absolut! Ich glaube, die Leute erwarteten von uns vielleicht, dass wir nach „Sacrament“ ein bisschen, naja, „produzierter“ klingen würden. Dass wir genau auf dieser Schiene weitermachen würden, noch sauberer klingen, jetzt wo wir allmählich größer werden. Wir wollten einfach nur eine direktere Metal-Scheibe produzieren, mehr wie eine Band klingen, die live spielt. Und ja, ich finde es cool, dass du sagt, wir stellen die Songs an die erste Stelle. Ich glaube viele, auch großartige Musiker, verlieren manchmal den Blick dafür dass sie in erster Linie einen Song spielen. Und sie sagen dann: „Hey, schau mal, wie schnell ich spielen kann.“ Und dann geht’s Düdeldidüdeldiedumdidum. Das ist für einen Gitarristen beeindruckend, aber der Musik kommt es nicht unbedingt so sehr zu Gute.

 

Eine Sache, die mich bei „Wrath“ sehr beeindruckt hat: Der Sound. Ich muss sagen, für mich persönlich hat die Scheibe einen der besten Sounds für diese Art Musik, den ich seit Jahren gehört habe.

 

Dankeschön.

 

Mich interessiert, wie ihr diesen Sound hinbekommen habt. Wer war der Produzent und wie habt ihr euch dazu entschieden, dass die Scheibe genau so klingen muss? Ich denke jedes Mal von der ersten Sekunde an nur „Wow, was für ein Sound“. So ein Gefühl hatte ich schon lange nicht mehr.

 

Danke. Also die letzten beiden Alben haben wir mit dem Produzenten Namens Machine aufgenommen. Und von ihm haben wir viel über den Aufnahmeprozess gelernt, wie wir ein Studio zu unserem Vorteil nutzen können. Für die neue Scheibe allerdings, mit der wir ja, wie ich vorhin schon sagte wieder mehr wie eine straighte, aggressive Metal-Band klingen wollten, haben wir aber mit einem Mann Namens Josh Wilbur zusammengearbeitet. Bei „Sacrament“ war er schon teilweise für das Engineering zuständig. Während des Songwriting-Prozesses zu „Wrath“ kam er zu uns und sagte, er würde gerne mal für eine Woche bei uns vorbeischauen, kostenlos, zwecks Pre-Production und uns zeigen, was er so tun kann und was wir davon halten würden. Das tat er. Er kam zu besagter Pre-Production und kurz gesagt: Uns gefiel was wir hörten. Er ist kein wirklicher Metal-Produzent. Er hat mit einigen wirklich berühmten Leuten gearbeitet und weiß viel über die Theorie der Studioarbeit, aber er ist kein Metal-Produzent. Wenn man mit Metal-Produzenten arbeitet, bekommt man heute oft einen sehr standardisierten Sound. Den typischen Sound dieses Produzenten. Und wir wollten eben einen typischen Lamb Of God-Sound. Und der Sound kam sozusagen dadurch zustande, dass wir jemanden mit frischen Ohren wie Josh am Start hatten und das haben wir mit dem kombiniert, was wir bei unserem letzten Produzenten gelernt haben.

 

Den Drum-Sound finde ich ganz besonders gelungen.

 

Die Drums haben wir in einem sehr guten Raum aufgenommen. Im Electric Ladyland in New York City, das ist ein Studio, das Jimi Hendrix erbaut hat. Und wenn Jimi Hendrix ein Studio erbaut, dann hofft man, dass es gut ist. Haha.

 

Dann deine Stimme. Du hattest schon immer ein sehr breites Volumen, einen komplexen Gesangsstil für die Art Musik. Diesmal wirkt es aber so, als hättest du deine Stimme in manchen Songs als den zentralen Punkt platzieren können. Dass du einfach so gebrüllt, geschrieen und gegrowlt hast, wie es dir persönlich lag. Das was raus musste, hast du rausgelassen. Ist „Wrath“ vielleicht so etwas wie dein persönliches Statement?

 

Ja, auch daran hat Machine wieder einen großen Anteil. Durch ihn habe ich gelernt, wie ich meine Stimme im Studio bestmöglichst einsetzen kann. Ich ziehe normalerweise Live-Shows vor. Ich bin nicht so der Studio-Typ. Unser Schlagzeuger und unser Gitarrist Mark lieben das Studio, ich hasse es. Ich bin lieber auf der Bühne. Einfach weil die Energie anders ist. Aber durch Machine habe ich viel gelernt, und was man auf dieser Scheibe von mir hört, ist weitaus natürlicher als alles andere vorher. Bei „Sacrament“ war es so, dass ich mir nach den Aufnahmen ein paar Live-Tapes angehört habe, und festgestellt habe, dass ich live besser klinge als auf dem Album. Diesmal wollte ich auf der Scheibe genauso klingen wie auf der Bühne. Wenn man in einer Band spielt, dann lernt man eigentlich ständig dazu. Ich habe nie eine Musikschule oder so etwas besucht. So gesehen ist jeder Aufnahmeprozess auch ein Lernprozess für mich. Und ja, diesmal konnte ich alles so umsetzen, wie es mir vorschwebte.

 

Du sagtest, ihr wolltet wieder mehr wie eine gradlinige Metal-Band klingen. Zu der Zeit als „Ashes Of The Wake“ veröffentlicht wurde, wollten euch viele in die Metalcore-Schublade stecken. Einfach, weil das zu der Zeit angesagt war. Gab es einen Punkt in eurer Karriere, wo ihr von diesen Kategorisierungen die Nase voll hattet? Wo würdet ihr euch selbst sehen? Gibt es eine Verbindung zwischen Lamb of God und der Hardcore-Szene?

 

Ja, es gibt eine Verbindung zwischen Lamb Of God und der Hardcore-Szene. Es gibt auch eine Verbindung zwischen Lamb Of God und der Punk-Szene, zwischen Lamb of God und der Thrash-Metal-Szene, zwischen Lamb Of God und der Speed-Metal-Szene, der Black Metal-Szene, wie auch immer man es nennen will. Haha. Wenn uns die Leute fragen, wo wir uns persönlich sehen, dann sage ich immer: „Wir sind eine Heavy Metal-Band.“ Was Metalcore angeht: Ich denke, wir waren schon lange vorher da. Und als wir erfolgreich wurden sagte jeder sofort „Aha, eine Metalcore-Band.“ Zu „Burn The Priest“-Zeiten (Anm. d. Verf: Burn The Priest war die Vorgängerband von Lamb Of God) sagten einige: „Aha, eine Grindcore-Band“. Das sind alles nur Wörter. Es gibt so viele Sub-Genres im Metal, weil jeder etwas in eine Schublade stecken will. Und ich bleibe dann meist bei „Heavy Metal-Band.“

Aber ja, es gibt bei uns Verbindungen zur Hardcore-Szene. Ich bin mehr so ein Punk-Kid, ich dachte anfangs nicht daran, in einer Metal-Band zu spielen. Wir haben zu Beginn unserer Karriere mit vielen Hardcore-Bands gespielt und sind mit vielen befreundet. Von Old-School-Hardcore-Bands wie Cro-Mags zu den neueren wie Hatebreed. Aber, wir sind einfach eine Metal-Band und wir spielen mit jedem, bei dem es passt. Der Stil interessiert uns dabei weniger.

 

In Deutschland herrscht ja bei einigen immer noch dieses Konkurrenzdenken. Da gibt es die Hardcore-Fans auf der einen Seite und die Metal-Fans auf der anderen, und jeder will dann eine bestimmte Band als „seine“ betrachten. Viele sagen auch, dass beide Sachen nicht so unbedingt zusammenpassen würden, was ich aber eigentlich anders sehe.

 

Ich eben auch. In den Staaten war es auch lange so, es wird aber besser. Es wächst alles zu einer großen Musik-Szene heran. Ich finde das cool so.

 

In den Staaten ist es wohl auch viel einfacher eine Band zu finden, mit der man spielen kann. In Deutschland muss man immer erst schauen „passt es zusammen“ oder ähnliches. In den USA kann jeder mit jedem touren, so lange er irgendwie Metal oder Rockmusik spielt.

 

Sehr richtig. Ich finde es besser, wenn es da Vielfalt gibt. Ich möchte nicht irgendwo hingehen, zu einem Konzert und dergleichen, und den ganzen Tag nur das gleiche sehen. Ich mag es bunter, denn ich liebe jede Art von Musik.

 

Ich hab gehört, ihr hättet ein Tourangebot von Metallica ausgeschlagen, um das Album fertig zu stellen. Stimmt das?

 

Ja, das stimmt. Sie haben uns die Tour angeboten und wir haben gesagt „nein, geht nicht, wir müssen das Album fertig stellen.“ Das ist natürlich verrückt im ersten Moment. Eine Tour mit Metallica ausschlagen, wer macht das schon? Kirk kam dann zu uns und sagte: „Ok, ab wann könntet ihr denn?“. Und wir haben gesagt: „An dem und dem Tag wird die Scheibe fertig, am Tag danach sind wir dabei“. Im Sommer werden wir mit ihnen nach Europa kommen. So weit ich weiß, werden wir auf Festivals spielen. In Irland, Schottland und England spielen wir mit Dimmu Borgir und Unearth. Vorher, bis zum 6. Februar sind wir noch in Finnland. Dann Australien, dann Japan mit In Flames und dann geht's nach Indonesien. Im April dann eine Headliner-Tour durch die Staaten und im Juni ungefähr sind wir in Europa. 

 

Werfen wir mal einen Blick auf die Musikszene insgesamt. Rock und Metal scheint wieder stärker zu werden, wenn ich mir anschaue, wie viele junge Menschen die harten Sounds zu mögen scheinen. Irgendwie hab ich das Gefühl, dass die Krise im Musik-Business positive Auswirkungen auf Rock und Metal hat.

 

Ja, ich denke Rock und Metal nährt sich häufig aus Krisen. Ob das jetzt im Musik-Business ist oder in einer politischen Situation, in der Weltpolitik. Dieses Zeug ist gut für Metal, haha. Wenn jeder glücklich wäre würden nicht so viele Metal hören. Ich glaube aber auch, dass Hardrock und Metal in den letzten Jahren stärker geworden sind.

 

Du sagst, Metal ist immer eine Reflektion der politischen Gegebenheiten. Darf ich dir eine politische Frage stellen?

 

Klar, nur zu!

 

Euer neuer Präsident Barack Obama wird morgen sein Amt antreten.

 

Oh ja, das wird er. Gott sei Dank!

 

Erwartest du drastische Veränderungen in der politischen Landschaft? Dass sich der Tonfall etwas ändert, dass man Konflikten vorbeugen und sie beenden kann?

 

Ja, Erwartungen habe ich durchaus. Ich denke, es wäre vermessen zu glauben, dass sich alles über Nacht ändern wird. Aber wenn wir ihm ein paar Jahre geben, wird sich hoffentlich die Wirtschaft stabilisieren und unsere internationalen Beziehungen werden besser. Möglicherweise werden unsere Soldaten aus dem Nahen Osten abgezogen. Die letzten acht Jahre waren furchtbar für uns in Amerika. Und das hat natürlich Auswirkungen auf die ganze Welt. Unsere internationalen Beziehungen wurden aufs Äußerste beschädigt. Unser Ruf ist dahin, und dieser Idiot George Bush ist an vielem Schuld. Ich hoffe, auch wenn es sich nicht über Nacht ändert, dass unsere wirtschaftliche Situation besser wird. Viele Amerikaner sind zurzeit im Arsch, haben keinerlei Geld mehr. Und ich hoffe auf unsere Beziehungen, wie ich schon sagte. Bush hat alles auf die Art des Cowboys gemacht, und das funktioniert einfach nicht in der Welt.

Also, gib uns ein bisschen Zeit, wir arbeiten dran.

Zum ersten Mal seit langer Zeit hab ich Hoffnung.

 

Er hat ein bisschen was von einem Popstar. Fast wie David Hasselhoff.

 

Haha, genau. Und ich hoffe er wird uns die Freiheit bringen, so wie es David getan hat.

 

Ein schönes Schlusswort.

 

Heiko Eschenbach – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.lamb-of-god.com