Interview mit Randy Blythe von LAMB OF GOD

 

 

Ich möchte natürlich ein wenig auf die DVD eingehen, die vor ein paar Tagen erschienen ist. Zuerst mal sei erwähnt, dass ich sie sehr gelungen finde, besonders weil ihr es geschafft habt, die verschiedenen Kulturen einzufangen, zu zeigen, wie sich die einzelnen Stationen voneinander unterscheiden. War das einer eure Absichten, als ihr die DVD produziert habt?

 

Nun, die Sache mit unseren DVDs und so ist immer, dass es eigentlich vorher nie einen Masterplan gibt, von nichts, was darauf zu finden ist. Wir haben einfach einen Typen in unserem Umfeld, der mit uns überall hinreist und alles filmt. Und am Ende ist es seine Aufgabe, die vielen Stunden von Material auszuwerten.

 

Also gab es keine Planungen vor der Produktion, bei dem ihr festgelegt habt, was ihr den Leuten zeigen wollt?

 

Nein. Der einzige Plan, den wir wirklich hatten war, dass wir zeigen wollten, wie wir leben. Das ist aber auch kein wirklicher Plan, sondern einfach das was passiert, verstehst du?

 

Klar. Dennoch: Ich habe das Gefühl, dass unabhängig davon, wie groß die Unterschiede sind zwischen Japan, Europa und den USA, das alles scheint vergessen sobald die Band auf die Bühne geht und die Show beginnt. Liege ich richtig oder gibt es auch Unterschiede in der Art, wie die Menschen der unterschiedlichen Nationen die Musik aufnehmen, oder wie die Band ihnen die Musik präsentiert?

 

Nicht wirklich. Musik ist eine universelle Sprache. Sie kann alle Grenzen überwinden. Und wir waren in der glücklichen Lage, diese Sprache überall sprechen zu können, wo wir waren und positive Reaktionen zu bekommen.

 

Ein Satz aus der Doku, den ich besonders in Erinnerung behalten habe, war als, ich glaube es war Mark, gesagt hat: "Es schwebt ständig eine dunkle Wolke über Lamb of God, es geht so viel schief." Haben Dinge wie der gecancelte Flug nach Japan oder die Stromausfälle auf der Bühne dazu geführt, dass ihr irgendwann mal gesagt habt: "Warum machen wir das überhaupt?"

 

Man sagt sich immer mal wieder: "Warum tun wir das?" "Warum läuft alles schief?" Wir scheinen uns alles auf die harte Tour erarbeiten zu müssen, so ein wirkliches Gefühl der Sicherheit gibt es bei uns nie. Am Ende sitzt man dann da und sagt: "Scheiße, das ist zu viel, ich will nach Hause, ich halt's nicht mehr aus". Aber ich denke wir sind letztlich doch recht hart im Nehmen.

 

Weil wir grade vom Heimgehen sprechen: Ich fand es interessant, als ihr hier nach Deutschland kamt und die US Air Base besucht habt. Und wie wichtig das für euch schien, mit Amerikanern sprechen zu können. War das etwas, was euch das Gefühl gab zu Hause zu sein, obwohl ihr euch mitten in Europa befandet? Was euch geholfen hat, Heimweh zu überwinden?

 

 Ja, genau so war es. Das war wirklich einzigartig. Wir waren so lange von zu Hause weg, und obwohl wir Spaß daran hatten, die verschiedenen Kulturen kennen zu lernen, sehnten wir uns natürlich irgendwann nach zu Hause. Und an dem Tag war es wirklich so, als wären wir zu Hause in Amerika gewesen. Ich konnte nicht glauben, wie echt das war. Man bezahlt mit US Dollars, man spricht die englische Sprache… wenn ich das in Deutschland  nicht gesehen hätte, ich hätte es nicht geglaubt, wenn es mir einer erzählt hätte. Das war einfach ein netter kleiner Zwischenstopp. Weißt du, du verbringst die ganze Zeit nur mit reisen, bist irgendwo in Afrika… und dann ist da plötzlich so ein vergleichsweise kleines Land wie Deutschland und dann erlebst du so was. Großartig.

 

Ich bin auch in einer Region groß geworden, in der es ganz selbstverständlich war, direkt neben Amerikanern zu wohnen.

 

(freut sich) Ah ja, ich verstehe. Super.

 

Ihr sagt manchmal, dass es für euch schwierig war, sich an Verhaltenseisen anderer Kulturen zu gewöhnen. Was war eigentlich die schwerste Erfahrung bezüglich der Tatsache, so lange von zu Hause weg zu sein.

 

Nun… jeder von uns ist verheiratet. Wir vermissen unsere Frauen. Das ist das Schwerste daran. Das eigene Bett, das eigene Scheißhaus, verstehst du, haha. Seine vertraute Umgebung.

 

Also die üblichen Dinge, die mit Heimweh zu tun haben.

 

Ja, exakt das ist es. Chris und John sind kürzlich Väter geworden, also wird das für sie noch schwerer sein, wenn sie ihre Kinder vermissen.

 

In Finnland habt ihr gesagt, dass die Show endlich gut war. Und ihr habt dieses eine Wort betont. Endlich. Hat das damit zu tun, dass ihr immer die bestmöglichste Leistung abrufen wollt und dass die Umstände das nicht zugelassen haben?

 

Weißt du, wenn immer wieder irgendetwas schief läuft mit dem Equipment und dem ganzen Zeugs, dann bist du irgendwann an der Grenze. Wenn man jede verdammte Nacht alles versucht und wieder irgendetwas nicht klappt. Die Leute bezahlen Geld, um uns zu sehen. Und egal, wo wir sind, wir wollen immer die beste Show auf die Beine stellen, zu der wir im Stande sind. Und als wir in Finnland waren hat aus irgendeinem Grund alles funktioniert, was natürlich eine große Erleichterung war. Wir waren zum ersten Mal in Japan und in Australien, und bei jeder Show war irgendetwas scheiße. Du denkst nur "Oh mein Gott". Und in Europa für eine Weile das Gleiche: Nichts geht so, wie es soll. Und wir reisen von Land zu Land und stellen fest, dass das nicht das ist, warum wir hier sind. Wir sind hier, um den Leuten einen Gegenwert zu geben zu ihrem Geld, und wenn man die Dinge nicht mehr unter Kontrolle hat, dann ist das sehr frustrierend. Und es ist befreiend, wenn die Teile endlich zusammenpassen und man alles so machen kann, wie man es sich vorgestellt hat.

 

Ich bin mir aber sicher, dass die Fans davon nicht viel mitbekommen haben. Ich habe euch in Düsseldorf bei der Unholy Alliance gesehen und es machte nicht den Anschein, als hätten Lamb of God einen schlechten Tag gehabt. Wann seid ihr denn wirklich zufrieden mit eurer Show, welche Kriterien müssen erfüllt sein?

 

Natürlich ist es immer gut, wenn das Publikum zufrieden ist. Für uns ist es aber wichtig, dass alles gut läuft, dass die Songs korrekt gespielt sind, dass nichts in die Luft geht. Bei unserem Equipment geht ständig irgendetwas kaputt, und das ist nervenaufreibend. Das ist das Wichtigste. Dass niemandem irgendein Missgeschick in dieser Hinsicht passiert. Wenn wir das Gefühl haben, dass wir die Songs so gut gespielt haben, wie es geht, das ist für mich der Indikator einer guten Show. Und wenn das passiert, ist auch das Publikum begeistert. Die Leute meinen vielleicht, dass alles ok ist, aber wenn ich auf der Bühne stehe, dann läuft die Zeit für mich viel langsamer. Auch wenn das Konzert erst zwei Minuten andauert, für mich fühlt es sich an wie zwei Stunden. Und wir sind sehr selbstkritisch. Wenn wir wissen, dass etwas nicht stimmt, auch wenn das vielleicht etwas ist, was man von außen gar nicht merkt, uns belastet es dennoch. Und das macht es so schwierig.

 

Von den europäischen Festivals schient ihr sehr beeindruckt zu sein. Gibt es so etwas in den Vereinigten Staaten gar nicht?

 

Ja, ja, genau so ist es. Bei uns geht es jetzt langsam los. Es gibt ein Festival Namens Banaroo, da spielten kürzlich Disturbed, Metallica und Mastodon. Vorher waren da nur so hippe Bands am Start. Aber bei uns gibt es nicht wirklich so riesige Festivals wie bei euch. Das ist verrückt. Es gibt das Ozzfest, das auch in der Weltgeschichte umherreist, aber selbst da gibt es vielleicht pro Tag zehn bis zwanzig tausend Zuschauer, aber nicht dieses wochenlange Ereignis mit 80.000 Zuschauern. Das war eine tolle Erfahrung für uns. Und auch, dass man zu diesen Festivals geht und da sind Leute aus der ganzen Welt. Wenn man in Schweden ein Festival besucht, dann treiben sich da nicht nur Schweden rum, sondern Leute von überall. Und dann die Musikvielfalt. Ich glaube, sowas brauchen wir hier in Amerika noch. In den 60ern da gab es halt Woodstock. Das hat sich dann nach Europa verzogen und da ist es geblieben, und das ganze Konzept gleich mit. Und es kam nicht zurück. Aber wir brauchen sowas, denn Amerika ist riesig, Mann. Hier könnte man den ganzen Sommer über das Land verteilt ein einziges riesiges Festival veranstalten, haha. Das hat uns in Europa Spaß gemacht, die deutschen Festivals, Schweden, Finnland, das war einfach gigantisch, so viele Leute, die eine Riesen Party feiern.

 

Und die für ein paar Tage einfach ein anderes Leben leben.

 

Genau. Das ist doch voll cool, Mann.

 

Ich hab im Internet gelesen, dass du in einen Horrorfilm mitspielst. Kannst du mir dazu Genaueres sagen? Wie kam es dazu? Was war deine Rolle? 

 

Der Film heißt "The Grave" und Director ist Brian Pulido. Er wird jetzt gerade geschnitten und ich glaube im Oktober beginnt der Vertrieb. Wir haben in Arizona gedreht und ich spiele einen Typen, der eine Art rechte Hand für den Leiter einer Stadt ist, in der ein paar furchtbare Dinge passieren. Der Film ist ziemlich blutig. Es hat sehr viel Spaß gemacht, ich musste einen kleinen Mord begehen, haha. Will aber jetzt nicht zu viel verraten. Es war interessant, ich hatte keine Ahnung, wie viele Stunden man braucht, um diese 20 Sekunden abzudrehen. Das dauert ewig, bis alles perfekt ist. Es wurde aus ungefähr 18 verschiedenen Kameraeinstellungen gefilmt. Ich hoffe, dass der Film irgendwann Anfang nächsten Jahres in die Kinos kommt.

 

Ich freu mich schon drauf. Ich hoffe, den gibt’s auch in Deutschland zu sehen?

 

Ich hoffe doch. Soweit ich weiß sind einige namhafte Vertriebe im Gespräch. 

 

Gibt es schon Pläne für neue Veröffentlichungen bei Lamb of God?

 

Wir gehen am 2. September ins Studio, um eine neue Scheibe aufzunehmen. Das wird ein paar Monate dauern, sodass die Platte im Februar rauskommt und wir im März touren werden.

 

Heiko Eschenbach - www.sounds2move.de

 

 

Link: www.lamb-of-god.com