Interview mit Oliver Nikolas Schmid von LACRIMAS PROFUNDERE

 

Oli, einmal mehr habt ihr euch mit John Fryer zusammen getan, der jetzt bereits zum zweiten Mal für die klanglichen Akzente auf einem eurer Alben gesorgt hat. Never change a winning team?

Ja, warum den Motor eines gut laufenden Wagens austauschen? Er macht immer pünktlich den Ölwechsel und packt die Winterreifen drauf und hält unseren Chevy auf der Überholspur! Lass es mich so beschreiben: Wir besorgen das Auto und suchen die Farbe aus und er die Reifen, er leert den Aschenbecher und beseitigt die Rostflecken und saugt raus. Never change a good KfZ-Mechaniker, würd ich da sagen!

Darf man davon ausgehen, dass John – sofern es terminlich passt – auch das irgendwann folgende nächste Album in die Hände gelegt bekommt? Gibt es diesbezüglich bereits Wünsche oder Tendenzen eurerseits?

Nein, da machen wir uns jetzt noch keine Gedanken! Jetzt gilt es erstmal unseren ersten Filmauftritt bei Bam Margera, der bald in Italien gedreht wird, hin zulegen! Aber John ist mittlerweile ein sehr guter Freund der Band geworden, somit bin ich mir sicher, wenn wir die Planungen für das nächste Album anstellen und ihn auf unserer Liste haben, dass, auch wenn er keine Zeit haben sollte, er es sich dann eben passend macht. Außerdem weiß ich wo er wohnt!

Falls es nicht John werden sollte: Welche persönlichen Wunschkandidaten gibt es für dich noch für eine zukünftige Lacrimas-Scheibe? Vielleicht wäre Hiili Hiilesmaa keine schlechte Adresse für euch.

Ja, sicherlich, aber der macht für meinen Geschmack schon fast wieder zu viel in dieser Richtung. Wir wollen ja eben weg von dem typischen „das machen die - das machen wir auch - Gothicsound“ mit Mastern in Finnland und Keyboards über den Gitarren und Weichspüler in der Waschmaschine! Wir hängen da lieber die Lederjacke über den Sattel der Harley und scheißen auf feuchte Höschen von 14 jährigen! Daher haben wir ja auch Masterdisk in New York für das Mastering ausgewählt, eben weil die noch nie eine Gothicband gemacht haben sondern eher härteren Stuff wie Pantera oder Disturbed oder aber auch Aerosmith oder Creed. Aber, wie gesagt, ich mach mir da jetzt noch keine großen Gedanken, aber John Grandpa Fryer hat die Nase schon sehr weit vorne da wir uns einfach gut ergänzen und er mittlerweile weiß, wie wir ticken und das erleichtert die Arbeit ungemein als wenn man sich wieder auf einen neuen Produzenten und seine Arbeitsweise einstellen müsste.

 

Der Aufhänger für „Songs for the last View“ ist bisher das Stück „A Pearl“, das ihr als Video ausgekoppelt und auf mySpace als ersten Vorgeschmack präsentiert habt – und das natürlich auch bei unserer Jubiläumsparty vorab bereits im April vorstellt wurde. Ist der Song mit seiner Direktheit und seiner griffigen Struktur der prädestinierte Vorgeschmack für eure Fans?

„A Pearl“ war für mich im Studio ganz klar die erste Single da es eben ein typischer Lacrimas Rocker mit ner Mörder Hook ist! Der Song, oder auch „We shouldn´t be here“ oder „Suicide Sun“ ist es, was ich meine wenn ich sage wir wollen klingen wie der Whiskey in der Kindercola von HIM und der Gin im Tonic Water der 69 Eyes. Eben diesen Zacken härter, rotziger und Gaspedal auf Anschlag. James Dean Metal halt!

Wie sehr habt ihr bei der Auswahl des Stückes darauf geachtet einen Song zu wählen, der eurem typischen Sound entspricht? Schließlich hätte man auch „Dear Amy“ herauspicken können, das ebenfalls schnell ins Ohr geht, aber vor allem gesanglich anders klingt als alles was ihr auf euren bisherigen Alben gemacht habt.

 

Ja, der Song ist ja unser Experiment auf der Platte und es macht schon Sinn als erste Single einen Song zu nehmen, der eben die Band und deren letzten Platten reflektiert. Derzeit sind wir an den Planungen zu einem 2. Videoclip und arbeiten das Konzept zu einem der ruhigeren Nummern aus. Auch wenn „Dear Amy“ ein Hammer Song geworden ist, wird’s der wohl nicht werden, da muss ich dich leider enttäuschen!

„A Pearl“ gibt es auch bereits als Download-Single zu kaufen. Ein solches Format hat natürlich den Vorteil, dass man von Labelseite kein großes finanzielles Risiko eingeht. Eine wirkliche Relevanz in Sachen Gewinn hat ein Download für eine Band wie euch aber eher nicht, oder?

Keine Ahnung. Muss ich den schwarzen Lamborghini nun wieder abbestellen oder was? Nee, ich warte erst mal die Abrechnung des Labels ab. „A Pearl“ ist ja unsere erste Downloadsingle daher haben war da überhaupt keine Erfahrung drin. Aber da wir auch noch den Song, der aus den Recordings zum Album übrig blieb – „The love that doesn´t care“, als B-Seite draufgepackt haben find ich die Single sehr geil und mehr als kaufenswert! Was aber jetzt wirklich dabei rum kommt, kann ich jetzt noch nicht sagen. Wenn wir uns das nächste mal sehen und ich ausnahmsweise mal nicht aus einem schäbigen VW Bus aussteige, mein Bühnenoutfit nicht in der Alditüte sondern im neuen Samsonite im Backstagebereich rum liegt und unserer eigener Koch fieberhaft nach Kaviar sucht, weißt du was Sache ist - ok? Aber du kennst mich ja nun schon eine Zeit lang und weißt ich brauch das alles nicht! Den Chartentry von „Songs for the last view“ letzte Woche hab ich auch gemütlich bei mir zu Hause im Garten mit einer Flasche Bier gefeiert und das war’s.

Noch bevor ihr mit den Aufnahmen zu „Songs for the last View“ begonnen habt, gab es von euch zu hören, dass ihr euren Vertrag mit Napalm Records vorzeitig verlängert habt. Um noch einmal die erste Frage zu zitieren: Never change a winning Team?

Nein, die haben uns einfach erpresst! Hahaha! Nein Spaß beiseite. Wir sind bis auf Summoning wohl eine der dienstältesten Bands auf Napalm Records. Ich kenne Max, den Boss schon sehr lange und wir arbeiten seit mehr als 10 Jahren gut zusammen. Ich kann ihm alles sagen, meine Ideen und Vorschläge einbringen und er ist für mich immer erreichbar und er verspricht auch nicht 1000 Dinge, die dann eh nicht gehalten werden. Wir haben alle Freiheiten, von der Covergestaltung über das Songwriting und das sind die Dinge, die ich an dem Label und unserer Zusammenarbeit in den letzten 12 Jahren sehr zu schätzen gelernt habe. Außerdem darf ich an den Wochenenden immer mit auf den Golfplatz und seinen Ferrari fahren! Hehehe!

Bei unserem Listening im vergangenen Herbst hattest du gesagt, dass – wenn es nach dir geht – die Gitarren möglichst weit nach vorn gemischt werden und das Keyboard etwas zurück genommen werden. Wer hat sich am Ende aus deiner Sicht durchgesetzt? John oder du? Hehe...

Hahaha, hört selbst! Es war ein harter Kampf aber es muss so in der 6. Runde gewesen sein, wo er doch noch KO gegangen ist! Also Gitarren vorne, Sonnenbrille auf der Nase und Lederjacke auf den Schultern!

 

Auf „The Shadow I once kissed“ taucht nicht zum ersten Mal eine weibliche Background-Stimme in einem eurer Songs auf. Handelt es sich dabei um dieselbe Dame, die auch schon auf „Filthy Notes for frozen Hearts“ zu hören war? Und um wen handelt es sich?

Nein das ist nicht dieselbe. Es ist Dani, eine Freundin unseres Drummers! Dieser Song verlangte einfach nach einer weiblichen Stimme und ist sozusagen unsere Hommage an die guten alten Sisters. Wer „More“ verbunden mit einem Gitarrensolo von Slash cool findet, sollte hier zuschlagen. Sie hat das sehr gut gemacht!

Zwischen dem aktuellen Album und dem Vorgänger kam es mal wieder zu Wechseln in eurer Besetzung. Wie kommt es, dass sich das Bandkarussell bei euch regelmäßig dreht? Du wirst wohl kaum der Hollywood-reife, machtgierige Herrscher sein, der seine Gefährten schikaniert ;-). Also woran liegt’s? Hat der eine oder andere vielleicht einfach zu schnell die Nase vom Rock N Roll Leben voll? Immerhin geht ihr „nebenbei“ noch regulär arbeiten.

Viele Leute denken eben eine Tour wäre den ganzen Tag Party, Bier und Hochprozentiges im Überfluss und geile Konzerte. OK, so ist es ja auch hahaha! ... Aber es kommt noch das Leben aus dem Koffer hinzu, das Duschen in Dreckslöchern und dass eigentlich der komplette Jahresurlaub für die Band draufgeht. Wenn einer sagt er möchte lieber Ballermann, gemütliche Wochenenden mit Grillparties und nicht mehr als 4 Gigs im Jahr, ist er bei uns verkehrt! Als Nikki Sixx oder James Hetfield wirst du nicht geboren, sondern du musst erst mal Dreck fressen. Nur so hast du deinen Enkeln auch später etwas zu erzählen. Das Leben in einer Band ist zu kurz um von Langweilern, Weichern oder möchtegern Rockstars gebremst zu werden das ist alles! Also bei uns gibt’s keinen Imperator aber Darth Vader kommt manchmal vorbei und sieht nach dem rechten.

 

Seit Jahren plant ihr immer mal wieder eine eigene Headlinertour, doch am Ende findet sich immer ein lukrativer Support-Slot, der euch dazwischen kommt. Wäre die Zeit nicht langsam aber sicher reif für eine eigene Tour? Oder zieht ihr es vor zwar kürzer zu spielen, dafür aber in größeren Hallen und vor mehr Publikum auf die Bühne zu gehen?

Doch schon, aber wir ziehen zweiteres vor, auch wenn wir da natürlich vieeel weniger Kohle verdienen. Aber es gefällt uns eben sehr, bereits um 22.00 Uhr die Bretter für den Headliner freizugeben und uns am Merchstand oder Backstage zu tummeln, begleitet von guter Musik und Headliner wie Apocalyptica oder Lacuna Coil sorgen halt, wie du schon richtig bemerkt hast, für größere Hallen. Aber 2008 gibt’s von uns ja noch so einige Headlinergigs im November zu bestaunen!

Im Gegensatz zu vielen anderen Bands legt ihr die Karten offen auf den Tisch was eure Songs und Einflüsse angeht. Viele Bands sind um keine Ausrede verlegen, anstatt einfach zu sagen dass Song XY nach dieser oder jener Band klingt. Seid ihr ein ungewöhnlich ehrlicher Haufen oder fürchten die meisten anderen Genrebands einfach ihre eigene Courage?

Ach, das Rad wird von keiner Band mehr neu erfunden! Wir versuchen einfach durch verschiedene Einflüsse unser eigenes Süppchen aufzukochen und eben den zacken härter und rotziger zu sein als die Genrekonkurrenz. Für uns zählt nicht neu oder alt oder schwarz oder weiß, für uns zählt nur gut oder scheiße! Zu unserem Bankett gibts dann diese alte Flasche Wein mit Sisters of Mercy-Etikett und wenn alles glatt geht, sitzt die Tussi des letzten 69 Eyes covers am Tisch gegenüber und Ville von Poisonblack schneidet den Schweinsbraten auf! Es gibt Kartoffelsalat den die Mami von Ville Valo zubereitet hat und das Zimteis im Marzipanmantel von Billy Duffy, während Slash bereits den 9. Whiskey bestellt und Nikki Sixx an der Bar auf Tommy Lee einredet doch auch mal zu so einem geilen Bankett zu laden. So, jetzt muss ich aber zurück an meinen Tisch, Christina Scabbia wartet schon, wir sehn uns bald! Und, ach ja: kauft "Songs for the last view", auf dass für uns solche Parties nie zu Ende gehen! Prost!

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

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