Interview mit CHRISTOPHER und OLIVER SCHMID von LACRIMAS PROFUNDERE

CS: Die Presse bezeichnet euch gern als Trauerrocker, Goth-Rock-Melancholiker, ihr selbst definiert euren Stil als "Rock’n’Sad" – ist dieser gewählt, um eine bewusste Abgrenzung zum finnischen Gothic-Rock à la The 69 Eyes oder Him zu erreichen?

Oliver: Ja - definitiv. Jeder Redakteur benötigt immer eine Stilbeschreibung. Als wir die Aufnahmen zum Vorgängeralbum „fall, I will follow“ begannen, kam Christopher mit dem Begriff an und wir alle waren der Meinung: dies trifft unseren Sound perfekt und es wäre an der Zeit einen eigenen Begriff für unsere Musik festzulegen, da wir mit den anderen Begriffen oder Umschreibungen unserer Musik doch oft sehr unzufrieden waren.

CS: Inwieweit sind solche Kategorien für euch eigentlich wichtig, lasst ihr euch davon leiten, auch was die eigene Musikauswahl angeht?

Oliver: Nein, gar nicht, hier ist es wie bei Star Wars: „Luke, lass dich von deinen Gefühlen leiten!“ So ist´s auch bei uns. Musik ist Bauchsache nicht Kopfsache. Sobald man darüber nachdenkt was man da gerade macht geht das Gefühl des ganzen verloren. Außerdem stecken wir uns ja nicht selbst in die Schubladen sondern versuchen eben gerade daraus auszubrechen. Der Begriff soll nur eine Hilfestellung für die Redakteure sein – nicht eine Umschreibung dessen was unser Ziel oder Plan ist!

CS: Thematisch drehen sich bei euch auf der neuen CD viele Texte um Beziehungen, gescheiterte Beziehungen. Beruhen die Texte auf persönlichen Erfahrungen?

Christopher: Es geht in dem Album um ein Konzept. Alle Texte drehen sich um „das Ende“ an sich. Daher auch der Albumtitel „ave end“. Es sind fiktive Geschichten, die aber jeder wohl so schon mal erlebt oder zumindest gut nachvollziehen kann. Es ist aber nicht so, dass wir bislang von allen Frauen vor die Tür gesetzt wurden oder so hahaha.

CS: Gab es für "Ave End" ein Konzept oder folgt ihr bei euren Kompositionen generell einem Konzept? Wodurch hast du dich für die Texte zu „Ave End“ inspirieren lassen?

Christopher: Wir folgen immer einem Schema. Zuerst wird die Musik komponiert, danach kommen die Texte auf die Musik. In erster Linie entstehen die Songgerüste bei Oliver zu Hause. Er komponiert die Riffs und Melodien und alle arbeiten dann am Arrangement des jeweiligen Songs. Danach schreibe ich die Texte auf die Musik, das was mich dabei berührt oder mir spontan dazu einfällt. Natürlich müssen die Texte auch die Art von Musik wiederspiegeln. Geschichten über Drachen und Schwerter würden auf den Sound wohl nicht sehr gut passen.

MR: Könntest du dir vorstellen mal ein komplettes Album auf deutsch einzusingen?

Christpher:  Nein- auf keinen Fall!

MR: Bist du manchmal davon genervt immer mit irgendwelchen anderen Sängern verglichen zu werden? Oder siehst du solche Vergleiche eher als Kompliment?

Christopher:  Eher genervt. Es gibt eben wenige Sänger die mich jetzt direkt beeinflusst haben. Es gibt sehr viele sehr gute Sänger, jedoch hat mich da keiner so direkt beeinflusst. Einer meiner Vorbilder ist und bleibt Jim Morrison – das wars. Vergleiche mit anderen nerven eigentlich immer. Keiner wird gerne verglichen-man ist eben lieber das original und keiner ist gerne die Kopie von irgendetwas oder irgend jemandem.

MR: Was war der aburdeste Vergleich, nicht nur im Bezug auf deine Stimme, sondern auch im Bezug auf den Lacrimas-Sound, den ihr euch gefallen lassen musstest?

Christopher:  Keine Ahnung-den ganzen Mist den wir schon über uns gelesen haben verdrängt man im allgemeinen sehr schnell.

CS: Auf Fotos seht ihr immer sehr gut gestylt aus. Lasst ihr euch speziell für eure Fototermin „aufmotzen“ oder legt ihr prinzipiell viel Wert auf euer Erscheinungsbild?

Oliver:  Ja - man bekommt größere Interviews mit guten Bildern, die Bilder sprechen die Leute an die uns noch nicht kennen, wenn sie gut gemacht sind und außerdem ist es schon unser Ziel „Gentleman Gothic“ zu spielen. Das Erscheinungsbild und auch das wir alle ähnlich gekleidet sind ist uns mittlerweile sehr sehr wichtig geworden und gehört zur Musik wie das Cover etc.

MR: Mittlerweile läuft euer Videoclip zu „Ave End“ im Fernsehen bei Viva und Onyx. Zudem habt ihr auch schon das nächste Eisen im Feuer. Das Video zu „Amber Girl“ ist seit einigen Tagen fertig und wird sicherlich schon bald die Nachfolge von „Ave End“ antreten. Vielleicht kannst du kurz erläutern worum es im neuen Clip geht und in wie fern sich eure Herangehen an die Sache im Vergleich zum „Ave End“-Clip geändert hat.

Oliver:  Es hat sich sehr viel geändert. Wir drehen mit einem anderen Team. Der Song wurde von uns, dem Label, den Fans durch ein Voting auf unserer Webseite www.lacrimas.com und unserem Publisher Brainstorm ausgewählt. Danach trafen wir uns mit der Filmcrew die echte Vollprofis sind und die erläuterten uns ihre Sichtweise und die Ideen, das Konzept zu dem Video. Wir waren sofort begeistert. Es ist alles in rot gehalten. Wir sind mit unseren Anzügen und den Gitarren in schwarz. Es stehen überall Teile von Schaufensterpuppen rum und es wurde auf 8mm Film gedreht um dem ganzen den gewissen dreckigen Touch zu verleihen. Die Screenshots die wir bislang gesehen haben sehen super aus!

MR: Ihr werdet Ende des Jahres mit Subway to Sally durch Deutschland touren. Wird es zusätzlich noch eine eigene Headliner Tour geben? Und wie sieht es mit euren Erwartungen aus, jetzt wo ihr in der Vergangenheit in Mexico so verwöhnt wurdet? Ist man vielleicht sogar ein bisschen enttäuscht, wenn man nach solchen Auftritten wieder in Deutschland spielt und dann Menschen vor der Bühne sieht, die bei weitem nicht mit so viel Feuereifer bei der Sache sind?

Oliver:  Nein - gar nicht. In letzter Zeit läuft es für uns in Deutschland auch super. Wir konnten uns bei keinem unserer letzten Auftritte wegen den Reaktionen der Leute beschweren und hoffen auch bald hier in Deutschland einen ähnlichen Status wie in Mexiko oder der Türkei genießen zu können. Headlinertour ist erst Anfang nächsten Jahres geplant. Derzeit sind wir mit etlichen Festivalauftritten u. a. beim Celtic Rock indoor mit Oomph! Und dem Zoofest in der Türkei, Gigs in Belgien und Österreich neben der anstehenden Deutschlandtour mit Subway to Sally, auch sehr gut ausgelastet.

MR: Ihr hatte u.a. schon die Ehre mit Helden wie Paradise Lost touren zu dürfen, wovon viele andere Bands nur träumen. Was hat man nach einem solchen „Ritterschlag“ noch für Träume? Was willst du mit LP in Zukunft noch erreichen?

Oliver:  Wir sehen das nicht so sehr auf bestimmte Bands begrenzt - jeder stöpselt seine Gitarre gleich an und dreht den Verstärker auf. Wir alles sind Musiker, von daher gehen wir nicht so an die Sache ran und verehren andere Bands oder so ähnlich. Natürlich war es eine Ehre mit Paradise Lost und all den anderen zu spielen, jedoch versuchen wir schon uns noch weiter zu entwickeln und gehen immer eine Stufe höher bis uns mal Paradise Lost supporten und nicht umgekehrt hahaha!

MR: Ihr habt ja mit „Sarah Lou“ einen Songs zur „All Freaks“ Samplerreihe beigetragen. Gefiel euch der Gedanke hinter diesem Projekt, den Untergrund zu unterstützen oder seht ihr darin eher eine Chance neue Hörer für euch zu gewinnen? Ihr habt ja wie schon erwähnt einiges auf der Haben-Seite zu verbuchen, da könnte man meinen eine Band wie ihr muss sich nicht mehr „auf Underground Samplern rumtreiben“ ;o)

Oliver:  Das ist ein Sampler der von unserem Puplisher Brainstorm angekurbelt wurde und wir finden das Konzept sehr gut und stehen auch voll und ganz dahinter. Somit war es für uns von vorn herein klar, dass wir da drauf wollen. Es war uns eine Ehre darauf vertreten zu sein und natürlich gewinnt man durch einen Samplerbeitrag immer neue Leute hinzu, zumal, soweit ich weiß große Teile des Samplers bei Rock im Park und Rock am Ring sogar für umsonst verteilt wurden. Brainstorm ist eben eine super große Agentur, die, wenn sie etwas machen, gleich richtig machen oder eben gleich gar nicht und das gefällt uns.

CS: Was hältst du von der aktuellen Diskussion um eine deutsche Quote im Radio? Glaubst du dass davon evtl. auch die Rock / Gothic-Ecke profitieren würde? Oder glaubst du allgemein dass Musik aus Deutschland qualitativ hochwertig genug ist um beispielsweise 40% des gesamten Programms zu füllen?

Oliver:  Diese Diskussion finde ich super. Hätte schon viel eher was in dieser Richtung kommen müssen. Ich finde nur nach wie vor die Reaktionen der Radiosender unverständlich. Es gibt in Deutschland sehr sehr gute Musik. Es sind auch genügend deutsche Interpreten in den Charts vertreten. Also, wo ist das Problem? Leider habe ich erst vor kurzem einen Beitrag gesehen in dem ein Radiosender interviewt wurde und es ist kaum zu glauben, aber die würden dann echt auf alte Sachen und Hits aus Deutschland zurückgreifen, nur um die Klauseln zu erfüllen. Das bringt dann leider rein gar nichts und hilft keinen einzigen Nachwuchs auf die Beine. Es ist schon traurig genug dass man die Sender „zwingen“ muss Musik aus Deutschland aufzulegen - da fehlen mir echt die Worte und auch dass es die Sender immer noch schaffen sich gegen den Rock und Metal ganz allgemein zu stellen und kein Format für diese Art von Musik anbieten, obwohl sich etliche Bands in den Charts tummeln! Aber noch kurz zu dem anderen Punkt - ich denke leider nicht, dass auch die Rock/Gothic Ecke profitieren würde – bin aber trotzdem für diese Regelung!

MR: Was fällt dir spontan zu „Paris“ in Verbindung mit „FKK“ ein? Du weißt worauf ich hinaus will... :-)

Christopher:  Hahaha-tja das spricht sich wohl schnell rum oder? Wie sagen sonst immer alle wenn’s peinlich wird? Kein Kommentar!

Interview: Markus Rutten & Christine Schams, Ausarbeitung: Markus Rutten