Interview mit Mille Petrozza von KREATOR

 

 

Mille, wo liegt für dich der größte Unterschied zwischen eurem neuen Album „Hordes of Chaos“ und dem Vorgänger „Enemy of God“?

 

Der größte Unterschied ist wohl definitiv die Produktion, die im Vergleich zu „Enemy of God“ einiges roher und brutaler, also nicht ganz so perfekt wie die von „Enemy of God“ klingt. Auch haben wir „Hordes of Chaos“ so geschrieben, dass die Songs problemlos auch in der Live-Situation funktionieren. Die neuen Stücke sind teilweise auch ein wenig anders als die auf „Enemy of God“, obwohl der Style natürlich der gleiche ist.

 

Wenn ihr nun ein Album wie „Hordes of Chaos“ fertig gestellt habt, seid ihr euch dann 100% sicher, dass das Album den Fans auch gefallen wird, oder gibt es nach all den Jahren doch noch Selbstzweifel?

 

Selbstzweifel haben wir keine mehr. Ich denke, wir haben mittlerweile so einen guten Draht zu unseren Fans, dass wir in etwa abschätzen können, dass wenn wir das Album mögen, es wohl auch den Fans gefallen wird. Außerdem ist „Hordes of Chaos“ vom musikalischen her eine Art von Tribut an unsere Fans. Aus diesem Grund ist „Hordes of Chaos“ auch so gemacht, dass wir mit unseren Fans zusammen in der Live-Situation richtig Spaß haben können. Und das werden unsere Fans wohl auch merken.

 

Von wo hast du dir die Inspiration für die neuen Songs hergeholt?

 

Aus verschiedenen Quellen. Es gab natürlich wieder viele Themen, die mich ein wenig genervt haben, sowohl in der Politik als auch der Weltgeschichte. Auf der anderen Seite gibt es auf dem Album aber auch eindeutige Geschichten, die ich erzählen möchte. Der Song „Warcurse“ zum Beispiel beruht auf dem Buch „Die Bücherdiebin“ des australischen Autors Markus Zusak, das ich gelesen habe. Die erzählte Geschichte ist aus der Sicht des Todes geschrieben und bekleidet ein kleines Mädchen, das im zweiten Weltkrieg den Leuten in den Luftschutzbunkern Geschichten vorliest, so dass die Leute nicht soviel Angst haben. Es ist eine wirklich gute Geschichte und ich möchte mit dem Song ausdrücken, dass im Krieg ausnahmslos alle Menschen leiden.

 

Könntest du dir auch vorstellen, dass dich z.B. der Terror-Anschlag in Bombay zu einem Song für das nächste Album inspirieren könnte?

 

Könnte sein. Ich versuche die Songs immer Allgemein zu schreiben. Beim Song „Enemy of God“ ging es ja damals um den 11. September, und auf dem neuen Album haben wir einen Song namens „Amok Run“, der den Amoklauf eines Typen in den USA behandelt. Ich versuche in den Songs jedoch nie zu explizit zu werden, sondern eher eine allgemeine Sichtweise beizubehalten. So ist z.B. „Amok Run“ zwar eindeutig von diesem Amoklauf in den USA beeinflusst, aber der Text könnte auch auf jeden anderen Amoklauf passen. Was aber den amerikanischen Amoklauf so besonders macht ist, dass der Amokläufer diesen über YouTube angekündigt hat und dort quasi eine Art von Abschiedsrede gehalten hat. Diese Abschiedsrede habe ich teilweise im Song zitiert. Doch um auf deine Bombay-Frage zurückzukommen, das finde ich noch eine gute Idee. Ich werde mir das merken, haha.

 

Hast du keine Angst davor, dass du Probleme mit der Zensur bekommen könntest, wenn du in einem Song wie „Amok Run“ einen Amokläufer zitierst?

 

Ich glaube nicht. Also ich hoffe, dass es nicht der Fall sein wird. Weißt du, ich bin der Meinung, dass irgendwie schon noch eine künstlerische Freiheit herrschen sollte. Sicher kann es passieren, dass sich gewisse Leute darüber aufregen und uns vielleicht sogar zu zensieren versuchen. Aber so was ist in meinen Augen einfach nur blöde. Ob man Probleme mit der Zensur bekommt oder nicht, kann man so oder so nicht beeinflussen. Mir erscheint es völlig willkürlich, ob die Zensur nun auf eine Band wie Kreator aufmerksam wird, oder eben nicht. Darum können wir bei solchen Songs auch nicht auf die Zensur Rücksicht nehmen.

 

Zuletzt hattet ihr ja wegen „Live Kreation“ mit der Zensur Probleme, richtig?

 

Genau, ihnen passte das Cover nicht. Eine total lächerliche und vor allem auch peinliche Sache. Vor allem gibt es da draußen so viele andere Bands, die schlimmer sind als wir. Die haben sich damals mit Kreator meiner Meinung nach die vollkommen falsche Band ausgesucht.

Der letzte Song auf dem Album hört auf den Namen „Demon Prince“. Kannst du bitte kurz erklären, um was es in diesem Song geht?

 

Der Song ist die Weiterführung des Songs „To the Afterborn“. Die beiden Songs gehören zusammen. „To the Afterborn“ ist aus der Perspektive einer Person geschrieben, die in 70 Jahren, wenn wir schon alle tot sind, unsere Musik hört und somit Einblick in unsere Zeit erhält. Und „Demon Prince“ ist eigentlich an die jüngere Generation gerichtet, die nun mit unserer Musik aufwächst. Wir, die wir nun alle älter sind, haben die Verantwortung, dass die Szene weitergeführt wird. Wir geben an die jüngere Generation weiter, für was wir gekämpft haben und hoffen natürlich, dass sie dasselbe dann auch tun werden.

 

Ist es Zufall oder Absicht, dass „Demon Prince“ als letzter Song auf dem Album auch gleichzeitig der melodiöseste Song des Album ist?

 

Das hat sich so ergeben, da der Song solch ein bombastisches Finale hat. Das Album ist insgesamt sehr rund. Wir wollten von Anfang an nicht mehr als zehn Songs auf dem Album haben, dafür aber nur die besten zehn auswählen. Und „Demon Prince“ passte einfach perfekt ans Ende, da er so unglaublich Pathosreich ist, haha. Ein Album darf nicht mit einem schwachen Song enden, ansonsten hat man keine Lust das Album noch mal zu hören. Wenn jedoch ein Album mit einem sehr starken Song endet, dann wird man es gleich noch mal von vorne hören wollen. Und genau dies wollen wir mit „Demon Prince“ erreichen.

 

Du hast vorhin gerade die jüngere Generation erwähnt. In diesem Zusammenhang würde ich gerne von dir wissen, woran liegt es aus deiner Sicht, dass sich so viele junge Bands aktuell wieder auf Old School Thrash besinnen?

 

Ich denke einfach, dass sie jenen Sound, den sie für sich entdeckt haben, in ihrer Musik einfach neu interpretieren. Ich finde das übrigens super genial. Viele der jungen Bands klingen ja sogar wie Tribut-Bands, wie z.B. Warbringer die 1 zu 1 wie Exodus klingen. Bei solchen Bands weiß man sofort von wem sie beeinflusst wurden. Aber ich find das geil. Genau solche Bands führen das weiter, geben den Geist an die nächste Generation weiter, den wir ihnen vermacht haben. So muss es sein. Absolut grandios.

 

Du nimmt dir also durchaus die Zeit und beobachtest das aktuelle Geschehen in der Thrash Metal Szene?

 

Absolut. Ich bin ja auch ein Thrash Metal Fan wie alle anderen und interessiere mich auch dafür, was so in der Szene abgeht.

 

Welches Thrash Metal Album hat dich zuletzt wirklich beeindruckt?

 

Ich mochte das letzte Testament Album sehr gerne. Da waren mindestens fünf gute Lieder drauf. Ein gutes Album, wie ich finde.

 

Ihr werdet nächstes Jahr auf Tour gehen, um euer neues Album auch live on Stage präsentieren zu können. Das Tour Line-Up erstaunt jedoch ein wenig, da als Vorgruppen unter anderem die Metalcore-Band Caliban und die Pagan-Metaller von Eluveitie verpflichtet worden sind. Braucht es solch ein gemischtes Line-Up, um die Hallen heutzutage noch vollzukriegen?

 

Nein, das glaube ich nicht. Wir haben uns einfach mal den Luxus erlaubt Bands auszusuchen, die nicht genau wie Kreator klingen. Sicher hätten wir auch ein Thrash Metal Line-Up zusammenstellen können, aber bei der letzten Tour hat es auch funktioniert. Ich meine Celtic Frost haben auch kein Thrash gespielt. Und darum haben wir uns für Eluveitie, die ich persönlich übrigens großartig finde, und Caliban entschieden. Beide Bands gehören in ihrem Genre zu den Besten. Bei diesem Line-Up ist einfach für jeden was dabei, auch wenn sich gewisse Thrash-Fans vielleicht beschweren werden. Aber man soll nicht negativ denken. Vielleicht entdecken einige Kreator Fans ja Eluveitie für sich, und gewisse Eluveitie Fans Kreator, das wäre doch super. Auf alle Fälle wird es eine gute Tour werden, dessen bin ich mir sicher.

 

Ihr habt euch also selbst für diese Bands entschieden und nicht irgendein Tour-Booker?

 

Genau. Weißt du, sicher würden viele lieber ein pures Thrash Line-Up sehen, aber hey, wir von Kreator werden eine 1 ½ Stunden Show spielen, danach werden keine Fragen mehr offen bleiben, haha. Jeder Kreator Fan wird auf seine Kosten kommen, das verspreche ich.

 

Werfen wir zum Schluss noch einen Blick in die Zukunft: Was kann man als nächstes von Kreator erwarten?

 

Wir haben noch keine konkreten Pläne. Jetzt kommt zuerst mal die Tour, und dann sehen wir weiter. Aber es wäre wohl wieder mal an der Zeit für ein Live-Album, unser letztes ist ja auch schon 2 Jahre alt.

 

Nando Rohner – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.kreator-terrorzone.de