Interview mit Bassist Teemu Tuominen von KIUAS

sounds2move: Mit „Reformation“ habt ihr euer zweites Album veröffentlicht. Wo liegen aus deiner Sicht die Unterschiede zwischen eurem ersten Album „Spirit of Ukko“ und „Reformation“?

Teemu: Unser zweites Album ist ein wenig komplexer als der Vorgänger, wobei sich dies vor allem bei den letzten paar Songs bemerkbar macht. Zusätzlich finde ich, dass „Reformation“ durchdachter und überlegter wirkt als „Spirit of Ukko“. Die Songs haben mehr einen Zusammenhang, wobei einige Leute sogar meinen, dass ein paar unserer Songs auf „Reformation“ sogar ein Hitpotenzial aufweisen.

Bist du rückblickend noch zu 100% zufrieden mit „Spirit of Ukko“?

Die Produktion von „Spirit of Ukko“ ist ein bisschen schwachbrüstig und verschwommen im Vergleich mit der Produktion, die wir heute haben. Aber man muss auch bedenken, dass Sonic Pump das erste professionelle Studio war, in dem wir aufnehmen konnten. Die Songs selber sind aber immer noch gut, da kann ich nichts kritisieren. Auch wenn ich denke, dass wir einiges anders machen würden, wenn wir die Songs heute nochmals aufnehmen müssten.

Nach der Veröffentlichung von „Spirit of Ukko“ habt ihre einen Gig in Japan gespielt. Wie kamt ihr zu dieser Chance?

Der Auftritt in Japan war für uns was ganz besonderes, da es ein Showcase Gig für die finnische Musikindustrie war. Und da wir noch nie außerhalb von Finnland gespielt haben, mussten wir einfach diese Chance wahrnehmen, um in Japan einzufallen *lacht* .

 

Und was war es für ein Erlebnis, ein Konzert in Japan zu spielen?

Es war unglaublich! Wie gesagt, wir hatten damals noch nie außerhalb unseres geliebten, aber auch kleinen Heimatlandes gespielt. Und darum wurden wir von der enormen Größe von Tokio auch förmlich erschlagen. Der Gig selber war ganz ok, wobei er aufgrund unserer Nervosität sicherlich nicht unser Bester war. Aber es war immerhin auch keine totale Katastrophe.

Wieso habt ihr eigentlich noch nie einen Auftritt oder eine Tour in Europa absolviert?

Wir hatten bisher einfach nie die Chance dazu, um nach Europa zu kommen. Wir suchen immer noch einem größeren Headliner, für den wir als Vorgruppe das Publikum heiß machen können. Aber man weiß ja nie, was noch passieren wird. Darum halten wir immer noch die Finger gekreuzt und hoffen, dass wir unsere Botschaft auch bald in Europa verbreiten können.

 

Sprechen wir nun über das Instrumental „Child of Cimmeria“. Dieses Stück ist wohl eine Art Hommage an die Roman-, Film-. Comicsfigur Conan der Barbar?

Richtig, das ist es. Jedes Bandmitglied mag Conan sehr und der Film „Conan der Barbar“ ist für uns fast schon heilig, was auch auf die Bücher und Comics zutrifft. Aber wir nehmen das Ganze natürlich nicht zu ernst.

Dann kann man also davon ausgehen, dass euch Filme durchaus als Inspirationsquelle dienen?

Eigentlich nicht wirklich. Sicherlich wird man von einem Film und einer guten Story auf eine gewisse Weise beeinflusst. Jedoch dient uns das tägliche Leben mehr als Inspirationsquelle als irgendwelche Filme. Viele unserer Songs wie „Warrior Soul“ können im metaphorischen Sinn auf das alltägliche Leben uminterpretiert werden und erzählen im Grunde eine Story aus dem ganz normalen Leben.

Nach „Child of Cimmeria“ folgt der Track “Black Winged Goddess”. Dieser Songs ist ohne Zweifel der Härteste auf dem Album, bei dem sogar Death Metal Gesang zum Einsatz kommt. Ich habe mich gefragt, ob dieser harsche Gesang von eurem Sänger Iija Jaikanen oder einem Gastsänger stammt?

Viele sind der Meinung, dass dieser Song einer unserer Besten auf dem neuen Album ist und er auch mit am einfachsten zu verstehen ist. Für den Death Metal Gesang haben wir mit Niko Kalliojärvi, normalerweise bei unseren Freunden von Amoral hinterm Mikro steht, zusammengearbeitet.

Für mich persönlich ist der Titeltrack der beste Song auf dem Album. Vor allem wegen seiner epischen Atmosphäre und dem Einsatz verschiedener musikalischer Elemente.  Ist dieser Song auch euer Favorit oder wieso habt ihr gerade ihn zum Titelstück erkoren?

Natürlich finde ich auch, dass „Reformation“ ein großartiger Song ist. Jedoch haben wir ihn nicht deshalb zum Titeltrack gemacht, sondern weil der Titel viel zusammenfasst, was mit der Band selber geschehen ist. Denn wir haben uns in den letzten paar Jahren als Band sehr verbessert („Reformation“ bedeutet auf Deutsch übersetzt unter anderem auch „Verbesserung“; Anm. d. Autors) und auch weiterentwickelt. War „Spirit of Ukko“ noch eher ein Konzeptalbum bzw. ein Album mit einem zentralen Thema, so besitzt „Reformation“ eine viel größere Bandbreite.

Ihr habt dem Song noch den Zusatztitel „Wrath of the Old Gods“ („Zorn der alten Götter“) verpasst. Welche Götter meint ihr damit?

Alle, die dir so in den Sinn kommen. Die ägyptischen, die skandinavischen, die germanischen, die heidnischen Götter im Allgemeinen. „Reformation“ bezieht sich auf die moderne Religion und den Niedergang der alten Religionen, für die sich immer mehr Leute interessieren. Und wieso tun sie das? Weil das Christentum zu träge, zu unverständlich geworden ist und somit den Leuten auch nichts mehr bedeutet. Die meisten folgen den christlichen Traditionen doch nur, weil sie damit aufgewachsen sind und nicht weil sie sich dafür entschieden haben.

 

Dann glaubst du also an die alte mystische Kultur deines Landes?

„Glauben“, das ist so ein großes und bedeutungsvolles Wort und in diesem Sinne: „Nein tu ich nicht“. Aber ich finde die Traditionen sehr interessant und sie sprechen mich mehr an, als die vorher erwähnte „große“ Religion. Meiner Meinung nach berichten die ursprünglichen Religionen und heidnischen Traditionen mehr von der Menschlichkeit und der menschlichen Natur, als es der christliche Glaube je tun könnte.

In diesem Zusammenhang kommt mir die „Kalevala“ (finnisches Nationalepos Anm. d. Autors) in den Sinn. Ist dieses Buch für euch eigentlich eine Inspiration?

Natürlich ist die „Kalevala“ für uns und für mich persönlich eine große Inspiration. Nur wollen wir uns in kreativer Hinsicht nicht binden. Es ist zwar ein großartiges und episches Buch und wir werden in Zukunft vielleicht mehr Songs dazu machen, aber vielleicht auch nicht. Wie schon gesagt, man weiß nie was die Zukunft einem bringt.

 

Die finnische Metalszene ist ja enorm erfolgreich und „Metal Made in Finnland“ ist in vielen Fällen eine Art Qualitätsmerkmal. Bist du stolz auf die finnische Metalszene?

Es macht mich bzw. uns sehr stolz, dass so viel gute Musik aus Finnland kommt. Jedoch ist gute Musik auch einfach nur gute Musik, egal woher sie kommt.

Was meinst du, wieso ist Heavy Metal aus Finnland so angesagt?

Wenn irgendwas Interessantes von irgendwoher kommt, dann lenkt das natürlich mehr Aufmerksamkeit auf den Ursprungsort. Wenn also nun z.B. eine Band aus Schweden erfolgreich wird, dann profitieren auch die anderen Bands von einem erhöhten Interesse. Und wir in Finnland haben zurzeit wirklich viele erfolgreiche Bands wie HIM, Children of Bodom, Nightwish oder auch Apocalyptica.

Für einen Außenstehenden erscheint die finnische Metalszene wie eine große Familie. Alle Bands scheinen sich untereinander zu kennen, haben Verbindungen zueinander oder arbeiten zusammen in Nebenprojekten. Von daher nun meine Frage: Welche anderen Bands würdest du aus der Sicht von Kiuas-Musiker als Freunde bezeichnen?

Wir haben viele Freunde, die in anderen Bands spielen, wobei es auch Bands gibt mit denen wir gerne zusammen auftreten oder einfach in Bars herumhängen. Viele Bands unseres ersten Labels „Rage of Achilles“, das nun aber tot und begraben ist, wurden gute Freunde von uns. Wie z.B. Elenium, Amoral, Omnium Gatherum oder auch Manitou, die wir alle sehr mögen und die sozusagen unsere „Brüder“ sind.

Apropos Nebenprojekte. Ist irgendein Mitglied von euch in solch einem involviert?

Ilja, unser Sänger, hat wohl das „seriöseste“ Nebenprojekt am laufen. Er spielt, singt, komponiert und schreibt in einem Blues-Trio. Wir verbieten es niemandem sich nebenher musikalisch zu betätigen und wenn wir alle mehr Zeit hätten, dann würden wir wohl alle ein Nebenprojekt am Start haben.

Musik mit einer epischen Atmosphäre, Songs über vergangene Zeiten, das alles ist im Moment schwer angesagt. Was meinst du, wieso ist das so?

Keine Ahnung. Aber ich könnte mir denken, dass es mit der hektischen, leeren und materiellen Realität zusammenhängt. Immer mehr Leute sind ausgebrannt und haben Stress-Symptome und sie brauchen einfach was, um das auszugleichen. Ob das nun aber ein vorbeiziehender Trend ist oder der Anfang von was neuem, das kann ich nicht genau sagen.

Interview: Nando Rohner - www.sounds2move.de , Fotos: Toni Härkönen

Link: www.kiuas.net