Interview mit Chris Howorth von IN THIS MOMENT

 
Im s2m-Interview zu "Blood": Chris Howorth (2.v.l.)

 

Chris, für mich ist “Blood” ein gutes Beispiel für das geworden, was Künstler gerne ein Album nennen, das die Grenzen ausloten und neue Territorien erkunden soll. Würdest du dieser Einschätzung zustimmen? Ihr probiert diesmal einiges aus und kommt mit unerwarteten Kniffen um die Ecke, zum Beispiel den Rap-ähnlichen Vocals bei „Whore“.

 

Da muss ich dir auf jeden Fall Recht geben. Einen konkreten Plan gab es aber nicht, wir wollten einfach nur möglichst gute Songs schreiben, wobei das Wort „dunkler“ oft gefallen ist, wenn es darum ging, die grundsätzliche Tendenz des Materials zu beschreiben. Genauso gestaltete sich die Sache beim Gesang, auch hier war das Konzept, dass wir keines haben. Maria war dem gegenüber total aufgeschlossen und hatte auch große Lust darauf, mit ihrer Stimme zu experimentieren und zu erkunden, zu was sie im Stande ist. Wir haben in den meisten Fällen dann einfach ein paar unterschiedliche Takes gemacht und uns dann unseren Favoriten ausgesucht. Exakt so ist auch „Whore“ entstanden, und überhaupt hat sie insgesamt eine Wahnsinnsvorstellung abgeliefert, fast jedes Stück kommt mit einer Idee oder Nuance daher, die man so noch nicht von ihr gehört hat.

 

 

Im Bezug auf diese neuen Ideen und Einflüsse: Glaubst du, dass ein Album wie „Blood“ auch mit eurem alten Line-Up möglich gewesen wäre (seit 2010 wurden abgesehen von Chris und Sängerin Maria Brink alle drei übrigen Bandmitglieder ausgetauscht - MR)? Ich meine so gesehen ist der kreative Kern mit dir und Maria ja erhalten geblieben, aber dennoch ist es nicht immer einfach alle seine Visionen und Ansätze zu vermitteln und den Rest der Band davon auch restlos zu überzeugen. Wenn nicht jeder zu 100 Prozent hinter dem Songmaterial steht, führt das eigentlich immer zu Problemen und Spannungen.

 

Auch hier liegst du goldrichtig. In der vorherigen Konstellation hätten wir diese Platte so definitiv nicht abgeliefert. Ich liebe die anderen Jungs nach wie vor wie Brüder und bin verdammt stolz auf das, was wir zusammen erreicht haben und auf die großartigen Songs, die wir gemeinsam geschrieben haben. Aber die Veränderungen und die Besinnung auf unsere Kernkompetenzen hat uns einerseits ein paar Ecken und Kanten verschafft, uns andererseits aber auch viele neue Möglichkeiten eröffnet.

 

Experimente sind ja immer schön und gut, mit derlei Ambitionen kann man es aber auch schnell mal übertreiben. Wie viele Experimente und neu gewonnenen Einflüsse kann man in ein neues Album stecken – in eurem Falle in „Blood“ -, ohne damit zu weit zu gehen und die Fans vor den Kopf zu stoßen oder ihnen zu viel abzuverlangen?

Ich glaube, der harte Kern unserer Fans erwartet von uns, dass wir mit jedem Album wachsen und uns auch immer ein bisschen verändern. Diese Leute bleiben uns dann auch treu, egal was wir versuchen. Selbstverständlich gibt es auch bei uns Leute, die nur bestimmte Songs oder Alben mögen, damit müssen wir dann eben leben. Es ist das alte Lied: Jedem kann man es eh nicht recht machen, und wenn man es doch versucht, belügt man sich nur selbst. Wir sind eine Band, die kreativ sein will und keine hirnlose Maschine, die einfach funktioniert und Tag ein Tag aus den gleichen Müll produziert. Es ist ein totales Klischee, aber jedes unserer Stücke kommt von Herzen, und Maria steckt ebenfalls immer Herzblut, Schweiß und Tränen in ihre Texte. Was In This Moment machen ist echt und authentisch, und das muss es auch sein – unsere Fans sehen das garantiert genauso.

 

Wir müssen uns auch über eure neuen Promofotos unterhalten. Ehrlich gesagt war ich ziemlich überrascht, vielleicht sogar ein bisschen geschockt als ich diese zum ersten mal gesehen haben, hehe. Ich nenne es jetzt einfach mal den „Untote-Soldaten-aus-dem-Moor-Look“. Bestimmt habt ihr euch bei dieser Außendarstellung irgendetwas gedacht, bloß komme ich nicht so recht dahinter was es ist, haha. Wolltet ihr wie bei der Musik einfach mal Neuland betreten oder gibt es sogar einen konkreten Bezug zu „Blood“?

 

Untote Soldaten? Haha! Der ist gut, das gefällt mir! Da wir einige gravierende Änderungen in unserer Besetzung hinter uns gebracht haben und außerdem auch noch ein sehr düsteres neues Album in der Hinterhand hatten, haben wir uns gedacht, wir sollten auch unsere Show und unser Image auf die nächst höhere Stufe heben. Wir wollten etwas machen, um die Zuschauer auch neben der Musik zu unterhalten. Ich meine, alle von uns sind mit Bands wie Kiss, Alice Cooper, Ozzy, aber auch Marilyn Manson und Rob Zombie aufgewachsen, alles Charaktere und Künstler, die mehr sind, als nur Musik. Das Gesamtkunstwerk geht über das rein musikalische hinaus, und so etwas würden wir am liebsten auch für In This Moment erschaffen.

 

Noch schöner wäre es, wenn ihr – egal ob als Zivilpersonen oder als Moorkrieger – endlich mal wieder in Europa vorbeischauen würdet. Zum letzten mal wart ihr 2009 hier, damals zusammen mit Papa Roach auf einer ausgedehnten Tournee. Seitdem hat man euch leider nicht mehr zu Gesicht bekommen. Wenn ich mich nicht irre wart ihr mit „A Star-crossed Wasteland“ (dem letzten Album, erschienen 2010 – MR) überhaupt nicht in Übersee zu sehen. Was hat euch abgehalten, und werden wir in absehbarer Zeit mal wieder In This Moment in unseren Breitengraden auf einem Konzertplakat lesen können?

 

Unglücklicherweise hast du recht. Wir waren schon sehr lange nicht mehr bei euch. Aber ich kann dir verraten, dass wir gerade Pläne machen, 2013 endlich wieder nach Europa und Großbritannien zu kommen. Ich glaube, wir waren bisher wohl einfach zu schlecht vernetzt bei euch, es gab da immer mal wieder Schwierigkeiten, richtig in Tritt zu kommen. Mit dem letzten Album und dem anschließenden Tourzyklus wollten wir uns deshalb vor allem auf die USA konzentrieren – aber keine Angst: Wir kommen wieder!

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.inthismomentofficial.com