Interview mit Maria Brink von IN THIS MOMENT

 

 

Ihr habt „A Star crossed Wasteland“ wie schon euer letztes Album in Las Vegas, also mitten in der Wüste von Nevada aufgenommen. Hat sich diese Ödland-Umgebung in irgendeiner Form auf das Album niedergeschlagen? Bei Songtiteln wie „The Last Cowboy“ und „The Gunshow“ könnte man zumindest auf die Idee kommen, dass die Wüste dabei eine Rolle gespielt hat, auch wegen dem „Wasteland“ im Albumtitel.

 

Das ganze Album wird von einer Art Konzept über eine ausgebrannte, post-apokalyptische Welt durchzogen, in der fast alles Leben erloschen ist. Die wenigen Überlebenden suchen nach einem neuen Anfang und wollen in dieser trostlosen Umgebung ein neues Leben beginnen und einen neuen Sinn finden. Diesbezüglich ist es sicher sehr stimmig, dass wir mitten in der Wüste aufgenommen haben und es hat dem Ganzen in gewisser Weise zusätzliche Tiefe verliehen. Allerdings wusste ich vorher schon über was ich singe und die Texte waren auch schon komplett fertig. Der Vibe passte jedenfalls, auch wenn es textlich sehr autobiografisch zugeht, was ich allerdings hinter zahlreichen Metaphern verstecke.

 

Euer Schlagzeug hingegen habt ihr während den Aufnahmen ganz und gar nicht versteckt. Anstatt es wie viele Bands in einen schallisolierten High-End-Aufnahmeraum zu packen, habt ihr es einfach mitten im Wohnzimmer des Studios aufgebaut und dort auch aufgenommen.

 

Stimmt, denn der Produzent wollte einen weiten, offenen Sound für das Schlagzeug haben. Darum wurden die Aufnahmen in diesem weitläufigen Raum gemacht. Die Drumsounds wurden dabei von den Wänden zurück geworfen, was natürlich beabsichtigt war.

 

Das Grundgerüst eures Sounds ist weitestgehend das gleiche geblieben. Anstatt zu versuchen euren Sound zwanghaft zu revolutionieren, habt ihr euch vielmehr darauf konzentriert, selbigen zu verfeinern und mit neuen Elementen zu vertiefen, etwa durch die Hinzunahme von männlichen Vocals in einzelnen Songs. War es euch wichtig zu modifizieren anstatt krampfhaft nach rapider Veränderung zu trachten? Einen eigenen Sound habt ihr schließlich mit den beiden ersten Alben bereits gefunden.

 

Ja, und genau den wollten wir mit diesem Album auch festigen. Prinzipiell sehe ich uns als eine experimentierfreudige Band, das waren wir schon immer. Manche Leute hassen uns dafür, andere lieben es; bei uns geht das eigentlich fast immer ziemlich ins Extreme mit den Meinungen, hehe. Wir haben aber auch mit den Jahren viel gelernt und es mit diesem Album geschafft, wirklich nur nach uns selbst zu klingen. Wir haben sozusagen unsere persönliche Formel gefunden, auf natürliche Art und Weise das Harte mit dem Melodischen und den verschiedenen Gesangsstielen zu verbinden, ohne dass irgendetwas fehl am Platze klingt.

 

Würde man nur den ersten Song „The Gunshow“ und den letzten „World in Flames“ nehmen, würde es unter Umständen seltsam klingen, aber in den Songs dazwischen passiert eigentlich alles, um diesen Kontrast absolut nachvollziehbar zu machen.

Ein bisschen verrückt sind wir schon, aber auf eine nette Art, haha. Das Coole ist, dass wenn du das Album am Stück hörst und du diese komplette Reise bestreitest mit all ihren Facetten, dann bist du am Ende nicht mehr überrascht, sondern erkennst, dass alles logisch verbunden ist.

 

Bei „The Promise“ singst du ein Duett mit Adrian Patrick von Otherwise. Das witzige daran ist, dass dessen Band gegenwärtig nicht einmal einen Plattenvertrag hat. Wie seid ihr an ihn geraten?

 

Ich wollte eigentlich einen Song mit Ivan Moody von Five Finger Death Punsh singen, der ein guter Freund von mir ist. Die Idee etwas zusammen zu machen hatten wir schon lange und als wir dann unser neues Album schrieben, hielten wir es für eine gute Gelegenheit dieses Unterfangen in die Tat umzusetzen. Also schrieb ich einen Song für uns beide, aber daraus wurde letztlich nichts, weil es gewisse Schwierigkeiten auf geschäftlicher Ebene gab, sprich bei den Labels. Wir waren wirklich unmittelbar vor den Aufnahmen mit Ivan, als der Anruf kam, dass wir es nicht machen dürfen. Five Finger Death Punsh sollten selbst eine Single raus bringen zu der Zeit und das Label war dagegen, dass es mit unserer dann effektiv zwei parallel gewesen wären und hat sich quer gestellt. Dadurch kam Adrian ins Spiel, blöd gesagt nur als Ersatzmann für Ivan. Er stellte sich aber als Glücksfall heraus, denn er hat eine fantastische Stimme und ich liebe seinen vollen Klang. Wir waren uns nicht ganz sicher wie es werden würde, aber letztlich war es die richtige Entscheidung. Und Adrian hat jetzt seinerseits den Vorteil, dass die Leute herausfinden können wer er ist und damit stoßen sie auch auf seine Band. Passenderweise wird „The Promise“ nämlich die erste Radiosingle, wir machen ein gemeinsames Video und im Sommer wird er uns außerdem auf Tour begleiten. Für ihn ist diese Sache zu einem absoluten Glücksfall und zu einer großen Chance geworden.

 

Und er kann so einfach den ganzen Sommer frei nehmen und mit euch die „Mayhem“-Tour bestreiten? Hat er denn keine anderweitigen Verpflichtungen? Immerhin singt er jeden Tag nur einen einzigen Song mit euch und seine eigene Band tritt nicht mal auf. Für ihn wird die Tour damit zu einer Art Promo-Reise.

 

Na klar ist es das. So lange er jeden Tag mit uns auf der Bühne steht, wollen die Leute natürlich wissen wer er ist und in welcher Band er spielt. Er bekommt tagtäglich also eine super Publicity für sich und für Otherwise. Glaub mir, zu der Zeit als wir noch ohne Plattenvertrag in einem heruntergekommenen Van durch die Lande getingelt sind, hätte ich alles für eine solche Chance getan! Es ist clever von ihm, dass er diese Gelegenheit beim Schopf packt.

 

Hat er auch die Backings für „The Road“ eingesungen, das ebenfalls männlichen Gesang in petto hat?

 

Nein, alles andere hat unser Gitarrist Chris (Howorth – MR) gesungen und es war eine Premiere für ihn. Live haben wir die Sache noch nicht ausprobiert, wir wissen also noch nicht genau in wie fern das auch auf der Bühne funktioniert. Ich wusste, dass er eine gute Stimme hat, daher habe ich auch nicht locker gelassen bis er diesmal endlich auch auf dem Album gesungen hat. Das gibt dem Ganzen auch eine etwas maskulinere Note, es macht die Scheibe männlicher und damit vielleicht auch interessanter für manche männlichen Hörer.

 

Mit dem Gesang habt ihr generell etwas mehr experimentiert, „The Last Cowboy“ zum Beispiel wird zu großen Teilen von dir als Geschichte erzählt und nicht im eigentlichen Sinne gesungen.

 

Das stimmt und liegt daran, dass wir einfach ein paar neue Sachen ausprobieren wollten, schließlich sollte das Album etwas Besonderes werden und natürlich auch unser Bestes. Zwischendurch kommen von mir auch mal diese Art Aufschreie, bei denen ich weder singe noch richtig brülle, also irgendwo dazwischen liege. Bei „Just Drive“ und „Blazin“ hört man das recht gut und obwohl ich das vorher noch nie gemacht habe, gefällt es mir. Wir haben uns dann jedenfalls überlegt, diese gesprochenen Passagen zu probieren, wenn ich die Geschichte von diesem einsamen, aber rastlosen Cowboy erzähle. Anfangs haben wir uns noch kaputtgelacht als wir die ersten Versuche machten, weil wir uns noch nicht sicher waren, ob das jetzt vollkommen dämlich oder doch eher brillant ist, haha. Ich musste mir dann ein paar Drinks genehmigen, um in die richtige Stimmung zu kommen und es wirklich ernsthaft durchzuziehen. Als das klappte, fanden wir es großartig und es war sofort klar, dass wir das so auf dem Album haben wollen. Letztlich ist auf diesem Weg einer meiner Lieblingssongs auf der neuen Scheibe entstanden.

 

 

Was ich sehr gelungen finde, ist der Spagat zwischen dem doch recht düsteren textlichen Konzept und der Musik, die nie wirklich Trübsal bläst, sondern ordentlich Power und Drive hat und zugleich eingängig ausfällt. Kompliment dafür!

 

Vielen Dank, aber du hast recht, denn es geht wirklich ziemlich düster zu in den Lyrics. Trotzdem gibt es auch immer wieder Licht und Hoffnung, nicht nur musikalisch, sondern auch innerhalb der Geschichte. Was ich diesmal thematisiere, ist ein greifbares Thema, das jeder aus dem realen Leben kennt. Hin und wieder müssen wir alle raus in die Einsamkeit und uns mit Sorgen und Ängsten auseinandersetzen, mit einem gebrochenen Herzen oder dem Tod. Aber dieser innere Krieg hilft uns auch dabei herauszufinden, wer wir sind, was uns ausmacht und was für Menschen wir sind. Dabei lernen wir außerdem neu anzufangen, die Ärmel hoch zu krempeln und aus dem „Wasteland“ zurück zu kehren.

 

Abschließend noch ein völlig anderes Thema: Kürzlich hast du eines deiner typischen Kleider - da es im Video zu „Forever“ zu sehen war sogar ein ziemlich prominentes Teil - auf eBay versteigert. Wie kamst du auf diese Idee, brauchtest du Platz im Schrank für neue Bühnenoutfits?

 

Das auch, aber ich bekomme vor allem ununterbrochen E-Mails von Mädels, die mich nach meinen Kleidern fragen und sie kaufen wollen oder wissen woher ich sie habe. Hin und wieder habe ich schon welche verschenkt oder verlost. Mir ist unerklärlich warum jemand diese Dinger unbedingt haben will, nach hundertfachem Tragen und von der Tourbelastung sind sie doch total dreckig und auch sonst nicht mehr all zu ansehnlich, haha. Eine komplett neue Garderobe habe ich mir zu diesem Album allerdings auch zugelegt, die Kleider sehen ungefähr wie eine Mischung aus Babydoll und Körperpanzer aus, mit Schulterpolstern, Ketten und solchen Sachen. Es gibt also ab sofort einen stärkeren, martialischeren Look und nichts mehr so Blumiges, Mädchenhaftes wie zuvor. Ich kann mir aber auch noch einen Cowboyhut und zwei Revolver zulegen, wenn es sein muss, zum Albumkonzept würde es ja passen, haha.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.myspace.com/inthismoment