Interview mit MORTEN und HENRIETTE von SIRENIA

 

Markus: Warum hast du dich nach „At Sixes and Sevens“ für Henriette als feste weibliche Gesangpartnerin entschieden? Es gab sicher eine Menge Bewerberinnen, die in Frage gekommen wären. Was waren für die die Hauptaspekte gerade Henriette auszuwälen?

Morten: Sie passt einfach perfekt zu uns und hat genau die Stimme, die ich für Sirenia gewollt habe. Ich wollte nicht diese klassische Opern-Stimme, sondern weibliche Vocals, die direkt zur Sache gehen. Außerdem war da ja auch noch ein sozialer Aspekt. Sie hat die gleichen Ansichten im Bezug auf unsere Musik wie ich und sie passt auch menschlich gut zu uns. Sie war die perfekte Wahl.

Markus: Also wolltest du keine typische Opera-Metal-Stimme wie beispielsweise Tarja von Nightwish oder After Forevers Floor Jansen?

Morten: Nun, ich finde diese Stimmen wirklich großartig. Aber das ist nicht die Art von Stimme, die ich für meine Band haben möchte. Ich habe mit solchen Stimmen in der Vergangenheit gearbeitet aber ich habe mich dazu entschlossen mit Sirenia in eine etwas andere Richtung zu gehen und etwas zu machen, dass einfach etwa anders ist.

Markus: Und aus deiner Sicht Henriette? Was unterscheidet dich von den anderen Bewerberinnen? Warum warst du die beste Option für Sirenia?

Henriette: Na weil ich rocke! (lacht) Nein, es war einfach so, dass auf dem ersten Album eine Französin die weiblichen Gesangspassagen eingesungen hat, Morten aber eine feste Sängerin für die weiteren Alben gesucht hatte. Es gab ein paar Vorgaben, die ich alle erfüllt habe. Darum bin ich heute hier.

Markus: Morten, du hast ja mittlerweile dein eigenes kleines Studio, was auch mit nicht unerheblichen Kosten und einem gewissen Aufwand verbunden ist. Was war für dich der ausschlaggebende Punkt diesen Schritt zu tun?

Morten: Ja, ich habe ein kleines Home-Studio in dem ich die Pre-Productions des Sirenia-Materials mache. Dort verbringe ich viel Zeit um verschiedene Sachen auszuprobieren, verschieden Arrangements auszuprobieren und mit den Aufnahmen zu experiemtieren. Das ist eine gute Hilfe für mich, denn so kann ich die Songs nahezu perfektionieren bevor wir ins Studio gehen und die finalen Aufnahmen machen.

Markus: Das ist natürlich sehr komfortabel für dich, hat aber wie erwähnt sicherlich einiges an finanziellen Mitteln verschlungen. Dafür hast du jetzt natürlich die Freiheit an deinen Songs und Ideen zu arbeiten wann immer du willst.

Morten: Exakt. Das hat mich viel Geld gekostet, aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt. Ich habe jetzt von zu Hause aus die Chance alle Ideen auszuprobieren, zu experimentieren, mit meiner Gitarre zu arbeiten und alle Details auszuarbeiten. Wenn wir dann ins Studio gehen ist eigentlich alles an seinem Platz. Wir machen vielleicht noch ein paar kleine Änderungen hier und da, aber im Großen und Ganzen sind die Stücke fertig.

Markus: Ihr werdet ja in Kürze mit „Sirenian Shores“ eine neue Mini-CD veröffentlichen. In welche Richtung werdet ihr gehen?

Morten: Ich denke es ist eine konstante Weiterentwicklung. Nimm „At Sixes and Sevens“, danach gab es einen gewissen Entwicklungsprozess bis „An Elixir for Existance“ entstand. Und so geht es jetzt weiter. Wir haben einen kleinen Schritt vorwärts getan und ein paar neue Sachen ausprobiert. Die Mini-CD umfasst 5 Songs, darunter auch ein paar sehr spezielle Stücke. Es gibt typische Sirenia-Songs, aber auch die eine oder andere kleine Überraschung für unsere Fans.

Markus: Hast du bei den Aufnahmen auch die weiblichen Gesangsparts weiter ausgebaut?

Morten: Naja, vielleicht ein bisschen mehr als auf dem „Elixir“-Album, aber nicht sehr viel. Ich denke in Zukunft wird Henriette ein wenig mehr Platz bekommen um sich zu entfalten. Aber dafür ist es noch etwas zu früh. Ich habe bereits damit begonnen neue Songs zu schreiben, aber es ist noch etwas zu früh im Entwicklungsstadium um genaueres sagen zu können.

Markus: Henriette, kannst du was über deinen Part auf „Sirenian Shores“ sagen?

Henriette: Auf „Sirenian Shores“ wird es unter anderem einen Remix geben. Ich singe wie zuvor meine Passagen ein, aber es wurde auch ein Coverversion aufgenommen bei der erneut eine französische Sängerin den Gesang übernimmt. Aber ich komme natürlich auch zum Zug.

Markus: Warum habt ihr euch dazu entschlossen eine Mini-CD zu veröffentlichen anstatt euch etwas mehr Zeit zu nehmen, vielleicht ein Jahr weiter an neuem Material zu arbeiten um dann einen neue Longplayer auf den Markt zu bringen?

Morten: Nun, ich wollte einfach mal etwas anderes machen. Ich habe jetzt zwei Full-Lenght-Alben gemacht, da war es Zeit für etwas neues. Ein kleineres Werk mit speziellen Stücken, auch um den Fans mal etwas anderes bieten zu können. Es wird nach „Sirenian Shores“ definitiv einen neuen Longplayer geben und ich werde versuchen das für mich perfekte Album zu kreiren.

Markus: Was glaubst du wie lange es dauern wird bis du deine Ideen ausgearbeitet hast und alle Elemente zusammen hast, die dann ein Teil der neuen Stücke werden. Kannst du abschätzen wie lang es in etwa dauert bis ihr wieder ins Studio geht?

Morten: Für mich ist es wichtig, dass ich mir die Zeit nehmen kann, die ich brauche. Ich arbeite immer auch die Details genau aus und ich will alles an seinem Platz wissen bevor ich ins Studio gehe. Es soll dann keine bösen Überraschugen geben.

Markus: Kann man „Sirenian Shores“ als eine Art Brücke zwischen ‚An Elixir for Existance’ und dem kommenden Longplayer bezeichnen?

Morten: Ja, ich denke das könnte man so sagen.

Markus: In wiefern hat sich deine Arbeit an einem Album im Vergleich zu deinen vorherigen Bands wie Tristania verändert? Gehst du jetzt anders an die Sache heran, da du nahezu alle Fäden in der Hand hast?

Morten: Für mich ist es am wichtigsten, dass ich genau die Musik machen kann, die ich möchte und die mir auch etwas zurück gibt. Ich habe schon vor 10 Jahren Songs geschrieben und damals waren es sicher die besten Songs, die ich zu diesem Zeitpunkt schreiben konnten. Aber die Zeiten ändern sich. Du änderst dich, dein Musikgeschmack ändert sich. Du bekommst andere Inspirationen und du lernst natürlich immer auch etwas dazu wenn du mit Musik zu tun hast. Ich möchte mich immer ein wenig verändern, aber auch nicht zu stark. Ich will nie meine Wurzeln verleugnen oder etwas in der Art. Aber man probiert natürlich das eine oder andere aus.

Markus: Bevorzugst du es ein Album nahezu komplett in den eigenen Händen zu haben oder könntest du dir auch vorstellen beispielsweise nur die Texte zu schreiben oder dich nur mit den Arrangements zu befassen?

Morten: Naja, mit meinem Heimstudio habe ich mir die Chance eröffnet das meiste selbstständig auszuarbeiten und nicht unvorbereiten ein Studio zu betreten und dort dann mit div. Problemen zu kämpfen. Ich kann die komplette Pre-Production machen und wenn ich alles an seinem Platz weiß kann ich damit beginnen herauszufinden was man noch tun kann, damit das ganze noch besser klingt. Es ist mir wichtig, dass alles ausgearbeitet ist wenn ich ins Studio gehen. Das ist mir am wichtigsten. Ich meine andere Bands schreibe ihr Stücke in einem Raum, wo die komplette Band zusammen sitzt und jeder seinen kleinen Teil für sich macht und am Ende die Stücke zusammengefügt werden. Aber ich konnte so nie arbeiten. Das war einfach nicht mein Ding. So kann ich einfach nichts kreiren was ich als „wirklich gute Musik“ bezeichnen würde. Ich muss in einer bestimmten Stimmung sein um erfolgreich Musik zu schreiben. Ich kann dabei auch keine Leute um mich herum haben und muss total entspannt sein um ungezwungen arbeiten zu können. Dann kann ich auch in frieden mit all meinen Ideen hantieren.

Markus: Gehst du beispielsweise raus in die Natur wie Tuomas von Nightwish, der sich vollkommen allein ins Hinterland zurückzieht um mit sich selbst allein zu sein oder brauchst du dein Studio um dich herum um sofort loslegen zu können wenn du einen Gedankengang umsetzen willst?

Morten: Also ich muss einfach nur friedlich in meinem Studio sitzen und in aller Ruhe mit ein paar Sachen experimentieren können. Auf diese Art bekomme ich die besten Resultate. Es hat auch schon auf andere Weise funktioniert, aber das Ergebnis hat mich nie zu 100% zufrieden gestellt. Daher bin ich zu dem Entschluss gekommen dass es besser ist für mich, wenn ich wie gesagt allein in meinem Studio arbeiten kann.

Markus: Achtest du beim Songwriting auch gleich darauf ob ein Song auch live funktioniert oder würdest du eher sagen dass die Songs in erster Linie auf einem Album funktionieren muss?

Morten: Nun, in erster Linie will ich dass ein Song zu 100% auf einem Album funktioniert. Das Album muss einfach perfekt sein. Und der nächste Schritt ist es dann den Song ggf. ein wenig abzuändern damit er auch live möglichst gut funktioniert.

Markus: Du hast ja in der Vergangenheit auch als Solokünstlerin gearbeitet Henriette. Würdest du manchmal gern wieder für dich allein arbeiten? Bei Sirenia schreibt Morten ja fast alle Songs und Texte im Alleingang.

Henriette: Ich bin mir sicher, dass ich es jederzeit könnte, wenn ich es wollte. Aber ich hab bisher keine Zeit gehabt darüber nachzudenken. Ich habe so viel mit Sirenia zu tun im Moment, aber es ist schön diese Option zu haben.

Markus: Würdest du deine Texte nicht lieber allein schreiben oder zumindest mehr in die Entstehung der Texte einbezogen werden?

Henriette: So wie es jetzt ist funktioniert es wirklich gut. Morten ist ein großartiger Musiker. Aber ich kann jeder Zeit meine Meinung äußern wenn mir etwas nicht gefällt. Die Kommunikation muss bei der Entstehung einfach klappen. Wir treffen unsere Entscheidungen immer bevor wir einen Song aufnehmen. Morten ist ein toller, lyrischer Texter und ich glaube auch dass er das noch etwas besser kann als ich. (lacht)

Markus: Also willst du die Texte vorerst weiterhin von Morten verfassen lassen?

Henriette: Naja, ich habe darüber bisher nicht nachgedacht. Es könnte sein dass ich sie eines Tages einmal selbst schreibe. Aber momentan steht das nicht zur Debatte.

Markus: Welche Künstler haben dich beeinflusst diese Art der Musik zu machen? Gibt es da bestimmte Bands oder Stilistiken für dich?

Henriette: Da gibt es einige Einflüsse. Ich hörte früher viele der älteren Sachen wie Metallica oder Iron Maiden. Du musst wissen dass ich einen älteren Bruder habe und so kam ich schon mit dieser Musik in Kontakt als ich noch sehr jung war. Ich höre aber natürlich auch neuere Sachen wie Anathema, Tiamat oder Guns n’ Roses. Es gibt einfach sehr viele Einflüsse bei mir, die mich zu dem gemacht haben was ich heute bin.

Markus: Hey, wenn du Guns n’ Roses magst, dann hoffst du sicher auch auf eine Reunion, genau wie ich. Ein neues Album muss her, dringend. (grinst)

~ Es folgen ein paar Minuten Fachsimpelei über Guns n’ Roses ~

Markus: Morten, hast du eigentlich auch einen Einfluss auf die Bühnenshows – Pyro, Licht etc.? Gehst du z.B. die Lichtshow mit dem Techniker durch bevor ihr auf Tour geht oder überlässt du diese Aufgaben den Technikern?

Morten: In erster Linie kümmere ich mich um die Musik und um meine eigene Performence. Die anderen aus der Band kümmern sich ebenfalls in erster Linie um ihren eigenen Auftritt. Wir haben einen Lichttechniker und eine Tontechniker, die ihre Sache sehr gut machen. Das ist alles Aufgabe des Lichttechnikers. Er weiß genau was die Band will und in welchem Licht er uns darstellen muss. Es ist nicht meine Berufung mich ums Licht zu kümmern, das is sein Job und er macht das sehr gut. Wir haben jetzt zum ersten mal einen festen Techniker fürs Licht und einen für den Ton. Sie sind leben wie wir in Norwegen und sind gute Freunde der Band, somit wissen sie genau was wir wollen.  Ich denke das ist sehr wichtig und es ist wirklich schade, dass wir es in der Vergangenheit nicht schon immer so gemacht haben. Schließlich kommen die Fans zu unseren Konzerten und wenn sie die Stücke von den Alben kennen, dann wollen sie eine Lichtshow, die zu den Songs passt. Und der Sound muss auch stimmen.

Markus: Henriette arbeitet ja als Grafikdesignerin. Bist du dadurch auch in die Arbeiten am Merchandise involviert? Bringst du dich ab und an auch in die Motivauswahl eurer Promo-Fotos ein? Du hast ja sicher ein Auge dafür was gut aussieht oder was einen guten Effekt erzeugt.

Henriette: Ja, ein bisschen. Außerdem mache ich auch kleiner Sachen für unsere Homepage. In Sachen Beleuchtung der Fotomotive kann ich mich zum Beispiel auch einbringen. Aber ich hab nicht genug Zeit um dem ausgiebig nachzugehen.

Markus: Was hast du für ein Gefühl wenn du an den Auftritt heute Abend denkst (Der Auftritt beim Summer Breeze Open Air. Anm. d. A.) ? Was erwartest du? Glaubst du dass die Leute euch gut annehmen werden?

Henriette: Ich denke es ist toll Festivals zu spielen. Dort kannst du ganz neue Leute für deine Musik begeistern. Wenn du eine Headliner-Show spielst dann kennen die Leute deine Musik, schließlich würden sie sonst nicht kommen. Aber bei Festivals kannst du auch einmal Leute erreichen, die dich vielleicht noch nicht kennen. Außerdem sind bei Festivals meist mehr Fans vor der Bühne als bei normalen Konzerten. Es ist dann immer interessant zu sehen wie die Leute auf dich und deine Band reagieren.

Markus: Würdest du prinzipiell sagen, dass du Festivalauftritt den Hallenkonzerten vorziehst?

Henriette: Nun, beides hat seinen Reiz. Festivals sind eine schöne Abwechslung. Aber ich mag die Hallen-Gigs etwas mehr. Die Mixtur macht es.

Markus: Werdet ihr im Herbt oder Winter nochmal durch Europa touren?

Morten: Ja, wir wollen auf jeden Fall nochmal quer durch Europa fahren. Das ist zumindest der Plan. Es gibt hier und da auch schon ein paar Planungen, aber es steht noch nichts fest. Wir wollen aber auf jeden Fall raus und den Fans unsere Musik präsentieren.

Interview: Markus Rutten .   Ausarbeitung und Übersetzung: Markus Rutten