Interview mit ROBERT WESTERHOLT und JEROEN VAN VEEN von WITHIN TEMPTATION
Ihr
hab das Releasedatum eures neuen Albums von März auf September verschoben. Wie
kam es dazu?
Robert:
Also wir versuchen auf jeden Fall das Album so schnell wie möglich zu veröffentlichen.
Aber wir waren einfach noch nicht so weit, die Songs wurden nicht rechtzeitig
fertig und somit dauert es noch ein wenig.
Es soll
ja eine richtig große Produktion werden. Ich hab gelesen dass ihr u.a. ein großes
Orchester bei den Aufnahmen dabei hattet.
Robert:
Ja, das stimmt. Wir arbeiteten mit einem 75 Mann starken russischen Orchester.
Außerdem ist ein sechzigköpfiger Chor dabei und dann eben noch wir mit unseren
Instrumenten.
(schmunzelnd) Ihr habt das aber nicht alles zur gleichen Zeit zusammen eingespielt oder?
Robert: Selbstverständlich! Wir haben das alles live aufgenommen, nur ein Take! (lacht). Nein, natürlich haben alle nacheinander aufgenommen.
Ihr habt ja zuletzt „Running up that Hill“ von Kate Bush gecovert. Wir dieser Song auch auf dem neuen Album enthalten sein oder werden andere Coversongs auf der CD zu finden sein?
Robert:
Auf dem neuen Album wird überhaupt kein Coversong enthalten sein. „Running
up that Hill“ war nur ein Experiment. Vielleicht
werden wir zu einem späteren Zeitpunkt noch mal ein Cover einspielen, aber die
neue Platte wird definitiv ohne jeden Coversong sein und wir haben auch in
dieser Hinsicht noch keinerlei Pläne.
Ihr habt ja zur „Mother Earth Tour“ eine DVD veröffentlicht. In den Niederlanden umfasst diese Box 2 DVDs und 1 CD. In Deutschland wurde allerdings auf die Live-CD verzichtet. Wie kam es dazu?
Robert: Naja, die Musik ist schließlich auch auf der DVD so haben wir die Live-CD weg gelassen.
Die deutsche Gothic-Metal Band „Xandria“, vielleicht kennt ihr sie ja, hat ihr aktuelles Album „Ravenheart“ als normale CD und in einem 5.1. Mix veröffentlich. Habt ihr Pläne euer Album ebenfalls als 5.1. Mix anzubieten?
Robert:
Von dieser Band habe ich leider noch nie gehört, sorry. In der Vergangenheit
haben wir schon einige Songs in 5.1. aufgenommen. Und ich denke auch dass das
neue Material in 5.1. erscheinen wird. Vielleicht nicht als 5.1. Album, aber
eventuell im Rahmen der nächsten DVD. Es
wird auf jeden Fall etwas in dieser Hinsicht geben.
Auf der
„Mother Earth EP“ hattet ihr den Song „Jane Doe“. Wird dieser Track auch
auf dem neuen Album zu finden sein?
Robert: Nein, auf dem Album wird es nur neue Tracks geben.
Werdet
ihr einige der neuen Stücke heute abend spielen?
Robert: Ja, wir werden 3 neue Stücke spielen
Und
verrätst du uns die Namen?
Robert: Bisher gibt es nur Arbeitstitel für die Songs. Aber einer der Songs wird wohl „Stand my Ground“ heißen.
Habt
ihr vor wieder männlichen Gesang oder Growls in die Songs einzubauen? Wie zu
Zeiten von „The Dance“ wo relativ viele Growls verwendet wurden?
Robert: Nein. Ich halt diesmal meinen Mund und überlasse das Singen talentierten Leuten (Gelächter). Bei Jane Doe war es etwas anderes, denn dieser Song benötige männliche Parts.
Schon allein wegen der Atmospäre.
Robert: Genau! Und es war ja auch eigentlich kein Gesang sondern eher nur das sprechen eines Textes. Das war nett und hatte diesen „Psychoeffekt“. Aber auf dem neuen Album sind keine Songs, die eine männliche Stimme gebraucht hätten. Da sind nur Sharon und der Chor zu hören. Hey, dann sind eigentlich doch männliche Vocals auf dem Album und zwar ein Haufen russischer Männer. (Gelächter)
Wisst
ihr schon wie das neue Album heißen wird?
Robert: Nein. Wir sind mit den Lyriks noch nicht ganz fertig und vorher entscheiden wir uns nicht für einen Titel.
Wird der Titel ein Teil der Lyriks sein oder wollt ihr etwas komplett anderes verwenden?
Robert: Es könnte auch eine Textzeile sein, aber eigentlich sollte es mehr mit dem Feeling des Albums, mit dem eigentlichen Thema der CD zu tun haben.
Ihr seid ja auch letztes Jahr bei „The Dome“ aufgetreten.
Robert:
Ja. Mit Kylie Minogue!
Jeroen: (erwacht) Oh, ja richtig! Das haben wir getan.
Robert: Hey, jetzt erinnert er sich daran (lacht)
Also auf den ersten Blick ist das eine Kinder-Pop-Show.
Robert: Nicht nur auf den ersten Blick – es ist eine Popshow! (lacht)
Ihr habt dort vor dieser Masse von kreischenden Kiddies gespielt, die heulend nach Boygroups gerufen haben und mit Teddybären geworfen haben. Wie fühlt ihr euch wenn ihr vor einem solchen Publikum spielt? Fühlt ihr euch dort nicht fehl am Platz?
Robert: Nun, in einer gewissen Weise tun wir das schon. Aber andererseits möchtest du als Musiker auftreten und den Leuten deine Musik zeigen. Wenn du z.B. an Metallica denkst, die haben so vielen Leuten die Augen für harte Musik geöffnet. Es ist auch schön wenn du neue Leute mit deiner Musik konfrontieren kannst.
Also siehst du darin auch eine Chance den Pop-Kids handgemachte Musik näher zu bringen.
Robert:
Es ist auch cool bei solchen Veranstaltungen anders zu sein als der Rest der Künstler.
Jeroen:
Du bist einfach etwas sehr spezielles bei solchen Veranstaltungen.
Robert:
Auf einem Gothic- oder Metalfestival bist einfach nichts besonderes, du hebst
dich nicht aus der Masse hervor.
Ja, bei solchen Festivals wissen die Leute was sie erwartet. Sie kennen den Sound und die Art der Musik. Bei Popshow fällst du einfach aus dem Rahmen und manch einer denkt sich „hey was ist das“.
Robert: Genau. Beides macht Spaß, aber es ist einfach sehr unterschiedlich.
Glaubst
du es gibt einen großen Unterscheid zwischen den deutschen, den holländischen
oder den Fans aus anderen Ländern?
Jeroen: Ich glaube zwischen Deutschen und Holländern ist der Unterschied nicht sehr groß. Aber wenn du weiter nach Süden kommst werden die Leute einfach anders. Sie sind enthusiastischer und gehen mehr aus sich heraus.
Besonders in Südamerika. Da spielen Bands auf Festivals vor 150.000 Leuten, die total verrückt spielen und im positiven Sinne außer Kontrolle geraten.
Jeroen: Genau. Die Niederländer und Deutschen sind da eher reserviert.
Sie
stehen meist nur rum und sehen sich die Show an. Deshalb wollen auch so viele Künstler
in Südamerika spielen.
Jeroen: So ist es. Und uns geht es ganz genauso.
Wie fühlt
es sich eigentlich für euch an wenn ihr eure eigenen Videos im Fernsehen seht?
Robert: (wie aus der Pistole geschossen) Man, seh ich gut aus! Großartig! (Gelächter)
Schaut
ihr euch eure Videos an oder schaltet ihr schnell um?
Jeroen: Also unsere Platten höre ich mir nicht an. Wir haben die Songs so oft gespielt und dann muss ich sie nicht noch in meiner Freizeit hören. Aber die Videos schaue ich mir an. Dann denke ich „das war dort“ oder „da haben wir das so gemacht“, ich schaue mir z.B. die Schnitte und die Effekte an. Ein Video ist meist ein schöne Sache und ich sehe sie mir gern an.
Robert: (plappert halblaut vor sich hin) Es ist auch toll „Chicks“ im Video zu haben...
(verwundert) Wie meinen?
Robert: Oh, nichts. Gar nichts. Das war wohl eine andere Band glaube ich (lacht)
Jeroen: Das kommt noch (lacht)
Ihr habt ja in der Vergangenheit gesagt, ihr könntet nie eine Platte wie „Mother Earth“ zweimal machen.
Jeroen: Bands wie Status Quo oder AC/DC können so etwas vielleicht machen, aber wir wollen es auch einfach nicht. Es langweilt einen irgendwann immer das gleiche zu spielen.
Robert:
Du veränderst dich ja auch. Du sagst nicht „jetzt will ich dies tun oder das
tun“, dir ist einfach danach eine gewisse Sache zu tun und für uns wäre es
einfach unnatürlich zweimal das gleiche Album zu machen. Es geht nicht darum
ob es gut oder schlecht ist, so kommt es einfach so aus uns heraus und so machen
wir es dann.
Könnt
ihr schon etwas über den Sound des neuen Albums sagen? Spielt das Orchester
eine große Rolle oder ist es eher im Hintergrund gehalten?
Robert:
Das Orchester ist sehr wichtig, denn es erzeugt diese gewisse Atmosphäre. Es
gehört einfach zur Musik aber nicht wie ein Gimmick, sondern als fester
Bestandteil der Songs.
Für
einen einzigen Werbespot zum neuen Nightwish-Album wurden angeblich über 1,5
Mio. Euro ausgegeben. Was hältst du von Promotion dieser Art?
Robert:
Ich glaube es nicht. Ich glaube nicht, dass die Plattenfirma soviel Geld hat. Man
hört immer Geschichten darüber wie viel hier und dort investiert wurde, aber
so etwas ich doch nicht wichtig. Auch wenn du es von einem Promoter oder so hörst:
Der kann einem viel erzählen. Diese Leute sollen mir mal die Rechnungen zeigen,
dann glaube ich es auch. Man hört immer „die und die haben 50.000.000 Platten
verkauft...“ – bei uns trifft das zu, aber... (lacht laut). Ich denke für
eine Band ist es immer großartig wenn die Plattenfirma gute Promotion macht,
denn du hast schließlich so hart an einem Album gearbeitet und es ist nicht schön
wenn die Leute dem keinen Respekt entgegen bringen. Als Künstler möchtest du möglichst
vielen Leuten deine Musik zeigen.
Tuomas
von Nightwish sagte vor kurzem in einem Interview mit uns, dass der Erfolg von
Bands wie Evanescence, Within Temptation oder auch Nightwish ein Resultat der
Treue der Metalfans ist. Seiner Meinung nach bekommt diese Art der Musik in
erster Linie durch die Loyalität ihrer Fans diese hohen Chartpositionen und die
damit verbundene Heavy Rotation etc.
Robert:
Ich glaube auch absolut, dass „Nicht-Pop-Fans“... bzw. was ist schon
„Popmusik“? Wir und Nightwish sind ja auch „Popmusik“, denn viele Leute mögen
unsere Musik. Vielleicht sagen wir lieber „Alternative-Music“. Diese Leute
sind einfach stärker mit der Musik verbunden und interessieren sich mehr dafür,
anstatt eine Band nach einem Monat einfach fallen zu lassen.
Tuomas
sagte außerdem, dass die Metalfans eher in die Läden gehen um sich Platten zu
kaufen anstelle sich die Songs herunterzuladen.
Robert:
Das ist gut möglich. Sicher machen das nicht alle aber wie gesagt, die Musik
bedeutet ihnen mehr und sie fühlen sich mit ihrer Band mehr verbunden und das ist
das wichtigste.
Jeroen:
Ich lade mir viel Musik runter. Aber wenn sie mir gefällt, dann kaufe ich mir
die CD oder bestelle sie irgendwo, denn ich möchte das Cover, die Disc usw. Ich
lege Wert auf die Qualität.
Robert:
Weißt du was das für ein Gefühl ist? Also wenn ich eine CD kaufe dann habe
ich das Gefühl auch einen kleinen Teil des Künstlers zu kaufen.
Man
fühlt sich als Teil der Musik.
Robert:
Ja, und wenn ich etwas herunterlade, dann fehlt mir dieses Gefühl einfach. Es
ist als ob man Teil der Geschichte wäre wenn man ein Album kauft. Ich weiß
nicht was es ist, aber es fühlt sich so an. So ist das in unserer Szene.
Auf
der „Mother Earth Tour“ DVD hab ich gesehen, dass ihr in Holland 2 oder 3
Shows an einem Tag gespielt habt. Ihr seid mit einem Helikopter von Auftritt zu
Auftritt geflogen. War das nicht ein riesen Stress?
Robert:
Das ist Stress der Spaß macht!
Jeroen:
Der ganze Tag hat riesig Spaß gemacht. Es war ein Abenteuer. Es ging in erster
Linie nicht um die Auftritte sondern um das Drumherum. Das fliegen im Helikopter
und diese Sachen. Wir sind in gerade mal einer Stunde von der Mitte Hollands in
den tiefsten Süden unseres Landes geflogen. Es war toll Holland aus dieser
ungewöhnlichen Perspektive zu sehen. Du
landest, steigst aus dem Helikopter aus, dann geht’s mit Polizeieskorte bis an
die Bühne, du spielst deine Show und sofort geht’s zurück zum Helikopter.
Wie gesagt: Der ganze Tag war ein großes Abenteuer für uns.
Werdet
ihr die Bühnendekoration zur neuen Platte komplett umgestalten?
Robert:
Ja, wir sind bereits dabei, aber es befindet sich noch in der Entwicklungsphase.
Das Bühnenbild ändert sich ständig.
Als
ihr Ende letzten Jahres in Oberhausen auf dem Sonic Seducer Festival gespielt
habt, gab es dort eine Autogrammstunde, bei der es recht wild zuging. Es wurden
keine Metallgitter aufgestellt und so war nur dieser Holztisch zwischen euch
und der drückenden Massen. Habt ihr in solchen Situationen eher Angst um eure
Haut oder freut ihr euch über diesen direkten Kontakt zu euren Fans?
Robert:
Nein, wir haben keine Angst vor unseren Fans. Nie. Aber manchmal musst du Angst
um deine Fans haben und du hoffst, dass ihnen in solchem Gedränge nichts
passiert, denn in diesem Gedrücke kann leicht etwas passieren. Gerade
wenn es eng zugeht oder du wenig Zeit hast, ist es schwierig alle zufrieden zu
stellen.
Jeroen:
Und manchmal verstehen dich die Leute nicht, wenn du aufhörst. Das ist die
negative Seite dieser Geschichte.
Es
ist schade, dass einige Fans nicht verstehen, dass es nicht der Fehler der Musiker
an sich ist, wenn halt die Hälfte leer ausgeht.
Robert:
Richtig, denn irgendwann musst du aufhören. Wir müssen auch duschen oder uns
umziehen.
Oder
einen Helikopter (Gelächter)
Werdet
ihr in Zukunft weiterhin so eine starke Livepräsenz haben, wie in den letzten
beiden Jahren oder wollt ihr erst einmal einen Gang zurück schalten?
Robert:
So lang die Leute uns wollen, werden wir spielen, denn wir lieben es aufzutreten.
Gibt
es da nicht Leute in eurer Familie, die sagen „Warum bist du so selten zu Hause“ oder „bleib doch mal länger hier“? Oder sagen eure Verwandten
eher „Tu was dir Spaß macht und folge deiner Bestimmung“?
Robert:
(ruft) Geh weg! Länger, und komm ja nicht zurück! (Gelächter) Nein, also bei mir
ist das kein Problem. Bei Jeroen ist das schon anders, er sucht nämlich gerade
eine Frau! (lacht)
Jeroen:
Oh mein Gott (lacht)
Robert:
Aber für Marko, unseren Keyboarder, ist es weniger angenehm, denn er ist
dadurch von seiner Freundin getrennt. Ich denke, er leidet am meisten.
Interview: Markus Rutten & Simone Steinbüchel. Übersetzung und Ausarbeitung: Markus Rutten