Interview mit Niilo Sevänen von INSOMNIUM

 

 

sounds2move: Zwei Jahre sind vergangen seit der Veröffentlichung eures zweiten Albums „Since the day it all came it down“. Habt in diesen zwei Jahren konstant an neuen Songs gearbeitet oder wann habt ihr damit angefangen, Stücke für „Above the weeping Word“ zu kreieren?

 

Niilo: Wir haben durchgehend an den neuen Songs gearbeitet. Der erste Song, den wir für das Album fertig gestellt haben, war „Mortal Share“ und der ist ca. schon 2 Jahre alt. Auch gewisse Teile von „At the gates of sleep“ sind schon älteren Datums, da wir diesen Song schon einmal in einer anderen Version für unser zweites Album aufgenommen hatten. Jedoch haben wir uns damals dafür entschieden, ihn nicht zu verwenden, weil er uns nicht gut genug erschien und das Album dadurch zu lang geworden wäre. Doch nun klingt der Song endlich so, wie er es soll!

 

Ich persönlich finde, dass „Above the weeping Word“ euer bisher bestes Album darstellt. Das gesamte Album wirkt ausgereifter und hat mehr atmosphärische und emotionale Momente als die beiden starken Vorgänger.

 

Ich stimme dir da vollkommen zu. Viele Leute haben zu uns gesagt, dass die beiden ersten Alben zwar gut sind, aber den vergleich mit dem Neuesten nicht standhalten. Ich bin der Meinung, dass alle unsere neuen Songs besser sind als die besten Songs auf unseren vergangenen Alben *lacht*. Sie sind einfach kompakter, aggressiver, besser arrangiert und sie klingen auch insgesamt viel besser…

 

Die neuen Songs fallen außerdem viel härter und heavier aus. Handelt es sich dabei um eine bewusste Weiterentwicklung, die ihr gezielt angesteuert habt oder hat sich dieser Zusatz an Härte einfach so ergeben?

 

Wir haben realisiert, dass wir auf unserem zweiten Album zu viele akustische Passagen hatten. Darum wollten wir diesmal sozusagen ein kompakteres und härteres Paket schnüren. Ich selber mag zwar akustische Passagen sehr gerne, aber man sollte nicht in jeden Song eine einbauen. Auf dem neuen Album ist es uns nun aber gelungen, die richtige Balance zwischen Härte und Melodie zu finden. Zusätzlich klingt auch der Sound viel heavier, was der Musik außerdem die nötigen Kanten verleiht.

 

 

Trotz dieses Zugewinns an Härte sind eure Songstrukturen immer noch sehr variabel. Viele Songs zeigen offenbar eine Vorliebe für progressive Musik ganz in der Tradition von Bands wie z.B. Opeth.

Würdest du sagen, dass ihr eine Vorliebe für solche Musik habt?

 

Oh ja, das haben wir. Opeth ist mit Sicherheit eine der Bands, die wir favorisieren. Jedoch reichen unsere progressiven Wurzeln eher zu den alten Amorphis and Metallica zurück, wie auch zu einigen anderen Bands, die wir als Teenager gehört haben. All diese epischen Metallica Songs wie „Master of Puppets“, „Call of Ktulu“ und „Orion“ haben mich schwer beeindruckt. Das ist auch der Grund, wieso wir nicht gerade leichte Songs erschaffen. Wieso wir Songs spielen, bei denen du nach dem zehnten Hördurchgang noch was Neues entdecken kannst. Musik hören soll unserer Meinung nach auch ein wenig eine Herausforderung sein.

 

Ich mag vor allem die Gitarrenarbeit auf eurem neuen Album, da man darin so viele Details und großartige Riffs entdecken kann. Steht in eurem kreativen Arbeitsprozess das Gitarrenriff oder etwas anderes an erster Stelle?

 

Die Gitarrenriffs und die Melodien kommen immer zuerst, da sie die Essenz unserer Musik bilden. Danach kommt das Schlagzeug und der Bass. Und erst wenn der Song fast oder komplett fertig ist, fügen wir den Gesang und die Lyrik hinzu.

 

Ein paar eurer Gitarrenriffs erinnern mich durchaus ein wenig an die alten In Flames. Haben die schwedischen Death Metal Götter euch in irgendeiner Weise beeinflusst oder ist diese durchschimmernde Ähnlichkeit purer Zufall?

 

Wir alle mögen In Flames sehr, das ist sicher. Aber diese Ähnlichkeit bei den Gitarrenriffs ist reiner Zufall, da wir nicht wie In Flames sondern wie Insomnium klingen möchten. Sicherlich gibt es in unserer Musik so einiges, was einen an andere Musiker erinnert. Aber das ist gewöhnlich bei allen Bands so, außer sie spielt avantgardistischen Fusion Jazz *lacht*. Wir respektieren unsere musikalischen Einflüsse aber wir wollen niemanden nachahmen.

 

Wenn ihr an einem Song arbeitet: Wie wisst ihr für persönlich, dass der Song komplett ist, dass er genau so fertig ist wie er gerade ist?

 

Normalerweise wissen wir das dann, wenn keiner von uns mehr was am Song auszusetzen hat *lacht*. An jedem Song arbeiten wir sehr lange in unserem Bandraum, wobei jeder seine Meinung einbringen kann. Gibt es nur eine mittelmäßige Passage oder einen mittelmäßigen Riff, dann wird das umgehend aus dem Song entfernt. Dieser Arbeitsprozess dauert somit meist auch Monate. Aber im Endeffekt sind wir fünf Typen, die finden, dass der Song großartig ist und somit besteht eine gute Chance, dass auch der Rest der Menschheit ihn gut finden wird. Trotzdem fügen wir im Studio selbst immer wieder eine zusätzliche Harmonie oder etwas in dieser Richtung hinzu. Somit ist ein Song im Grunde erst fix und fertig, wenn der Mix und das Mastering abgeschlossen sind.

 

Für die Aufnahmen des Albums habt ihr euch das Fantom Studio ausgesucht. Wieso habt ihr euch gerade für dieses Studio entschieden und nicht für das populärere Finnvox Studio?

 

Das Fantom Studio ist ein großartiges Studio und es war für uns auch nicht allzu teuer. Finnvox ist sicherlich ein legendäres Studio, wir haben dort auch das Mastering machen lassen. Aber nur große Bands wie HIM können es sich leisten dort ein ganzes Album aufzunehmen. Samu Oittinen vom Fantom Studio hat für uns solch einen großartigen Job gemacht, als ob wir 1 Million als Budget zu Verfügung gehabt hätten *lacht*. Darum werden wir auch unser nächstes Album wieder dort aufnehmen.

 

Für das Album habt ihr euch von Schriftstellern wie E.A. Poe, Hölderlin, Bourdillon und Eino Leino beeinflussen lassen. Wie seid ihr auf die Idee gekommen, euch an die Werke dieser Schriftsteller anzulehnen bzw. welche ihrer Geschichten waren es, die euch konkret beeinflusst haben?

 

Bei jedem Song haben wir versucht, auch in lyrischer Hinsicht der Stimmung und der Atmosphäre des Songs gerecht zu werden. Von Anfang unseres musikalischen Schaffens an wurden wir von der Poesie und der Literatur beeinflusst. Auf unserem ersten Album war es Medeia, basierend auf einer alten griechischen Tragödie, während „In the Halls of Awaiting“ von Tolkien’s Silmarillion beeinflusst war. Aufgrund der Tatsache, dass wir unsere Texte in Englisch schreiben, was ja nicht unsere Muttersprache ist, sind wir dazu angehalten viele englische Texte und Poesie zu lesen, um auch somit wirklich überzeugende Songtexte zu verfassen. Auf diesem Weg finden wir auch immer wieder interessante Geschichten und Gedichte. Hölderlin’s Gedicht „Hyperions Schicksalslied“, das ich in Deutsch, Englisch und Finnisch gelesen habe, dient als Vorlage für den Songtext in „Mortal Share“. Aus Bourdillon’s „Die Nacht hat tausend Augen“, haben wir den Chorus für „Drawn to Black“ geformt. Dieser Song ist aber auch von E.A. Poe`s Kurzgeschichte „Silence – a fable“ beeinflusst. Eino Leino, ein großartiger finnischer Poet, lieferte uns mit seinem Gedicht „Der Dunkle Eine“ die Basis für den Song „In the Groves of Death.”

 

Aufgrund dieser literarischen Beeinflussung könnte man davon ausgehen, dass es sich bei eurem neuen Album um ein Konzeptwerk handelt. Ist dem so?

 

Nein, es ist kein Konzeptalbum. Der Vorgänger war eines aber das Neue ist keins, auch wenn man leicht darauf schließen könnte.

 

Anders als die meisten Melodic Death Metal Bands arbeitet ihr nur selten mit Keyboardlinien. Mögt ihr keine Keyboardmelodien oder wieso habt ihr keinen permanenten Keyboarder in euren Reihen?

 

Wir bevorzugen es, wenn unsere Musik auf Gitarren basiert. Wir haben aber ein paar ganz exzellente Keyboardarrangements auf unserem neuen Album und der Mann, der sich dafür verantwortlich zeichnet, ist Aleksi Munter von Swallow the Sun. Er hat fantastische Arbeit abgeliefert und wir werden bei ein paar Liveauftritten auch auf seine Dienste zurückgreifen. Aber normalerweise kommen wir ganz gut ohne Keyboard zu Recht. Die meisten unserer Songs haben keine Keyboardpassagen, somit würde sich ein Keyboarder auf der Bühne nur langweilen *lacht*.  Aber wer weiß schon, was die Zukunft bringt...

 

Die finnische Metalszene beheimatet bekanntermaßen einige großartige Melodic Death Metal Bands wie z.B. Children of Bodom, Eternal Tears of Sorrow, Kalmah oder auch Catamenia. Besteht aus deiner Sicht ein starkes Konkurrenzdenken zwischen den Bands oder ist es mehr eine Art von Respekt für das musikalische Schaffen der anderen?

 

Ich denke die meisten Bands sind wie Freunde zueinander und sie respektieren sich gegenseitig. Wir selbst sind sehr gut mit den Bands Noumena, Enter My Silence und Swallow the Sun befreundet und es herrscht zwischen uns kein Konkurrenzdenken, zumindest nicht im negativen Sinn. Wir veranstalten aber ab und zu einen Trinkwettbewerb oder machen Armdrücken. Altti von Eternal Tears of Sorrow hat uns z.B. auch bei der Unterzeichnung unseres ersten Vertrages geholfen. Somit kann man sagen, dass die meisten Bands sich gegenseitig unterstützen wollen. Und so soll es ja auch sein!

 

 Interview: Nando Rohner - www.sounds2move.de

 

Homepage: www.insomnium.net