Interview mit Lazaro „Laz“ Pina von ILL NINO

 

 

Erst mal vorab ein großes Kompliment für eure neue Scheibe, das ist mal ein beachtlicher Hit-Brocken geworden! Angesichts der sehr düsteren Themen in den Texten und des Albumtitels ist es schon ein bisschen überraschend, wie eingängig und schmissig „Dead New World“ ausgefallen ist. Es hätte genauso gut ein ultra-aggressives, depressives Biest werden können…

 

Danke für das Kompliment, wir machen einfach weiter unser Ding und die Platte ist genau das große „Fuck You“ geworden, das zu schreiben wir uns vor einigen Monaten entschieden haben. Es ist schon ein bisschen old-schoolig finde ich, aber es hat auch einen modernen, zeitgemäßen Twist. Denn jeder weiß, dass das Hier und Jetzt zählt. Die einzelnen Aspekte des Albums sollten einfach passen, von der Musik bis zu Artwork. Dabei spielt auch eine gewisse Melancholie eine Rolle, wenngleich man die zugegebenermaßen bei den vielen eingängigen Stücken weniger wahrnimmt.

 

Vor diesem Album habt ihr zum zweiten Mal hintereinander die Plattenfirma gewechselt, sodass die letzten drei Alben nun jeweils auf einem anderen Label erschienen sind. Von Roadrunner ging es zu Cement Shoes und jetzt seid ihr bei Victory Records gelandet. Wie viele Alben plant ihr bei ihnen zu veröffentlichen und was machen sie anders oder besser als euer vorheriges Label?

 

Wir haben ihnen unsere Seelen für einen Geldbetrag in geheimer Höhe verkauft, haha. Ok, mal ernsthaft: Wir haben erst einmal für zwei Scheiben unterschrieben. Es fühlte sich für uns richtig an mit ihnen zu arbeiten, denn bei Victory arbeiten echte Musikliebhaber und sie stecken viel Zeit und Arbeit in ihre Bands, damit diese Gehör finden. Wenn man sich die Liste der Bands ansieht, die derzeit bei ihnen unter Vertrag sind, dann muss es ja eigentlich eine coole Firma sein.

 

Einige Leute werden überrascht sein, dass ihr mit „Bullet with Butterfly Wings“ einen Song der Smashing Pumpkins für „Dead New World“ gecovert habt. Prinzip „erwarte das Unerwartete“?

 

Wir graben gern irgendwelche Bands aus und covern deren Songs, das macht und einen Riesenspaß. Wir haben mal eine EP mit Namen „Undercover Sessions“ gemacht (lag der limitierten Edition des Vorgängeralbums „Enigma“ bei – MR), die ebenfalls diesen Ansatz verfolgt. Wann immer wir der Meinung sind eine stimmige Interpretation auf ein Album mogeln zu können, tun wir es. Die Idee zu den Pumpkins hatte unser Percussionist Danny, denn es ist seine Lieblingsband. Text und Aussage passen einfach perfekt auf ein Album wie „Dead New World“.

 

Bei diesem Album habt ihr erstmals auch die Produktion selbst in die Hand genommen. Der nächste logische Schritt zur Unabhängigkeit? Eine gewisse zusätzliche Verantwortung lässt sich dabei natürlich auch nicht von der Hand weisen.

 

Die Zeit war einfach reif, uns war schon länger klar, dass der Tag kommen würde, an dem wir unsere Alben selbst produzieren werden. Schon allein weil die meisten von uns bereits andere Bands produziert haben. Eines Tages musst du einfach den nächsten Schritt machen und weitere Verantwortung übernehmen und dann alles zusammenfügen, was du in den Jahren zuvor gelernt hast. Sicher war es nicht immer einfach diesen Prozess zu stemmen, aber am Ende weiß man, dass es das wert war.

 

Kurz vor dem Abschluss der Arbeiten musste sich euer Sänger Cristian mit einigen gesundheitlichen Problemen auseinandersetzen, die sogar zur Absage der ersten Termine eurer Europatour führten. Hat sich dieser Zwischenfall auch auf die endgültige Fertigstellung von „Dead New World“ ausgewirkt oder war die Scheibe zu dem Zeitpunkt bereits komplett im Kasten?

 

Nein, wir wurden dadurch wirklich um ein paar Wochen nach hinten geworfen. Diese Zeit mussten wir nach besagter Europatour wieder wettmachen. Letztlich haben wir Victory das fertige Album an genau dem Tag übergeben, als es auch ins Presswerk ging.

 

Die gesundheitlichen Probleme eures Frontmannes sind sicher ein Schock gewesen, ganz abgesehen davon, dass ihr dafür bekannt seid, nur sehr selten eine Show tatsächlich abzusagen. Ihr seid sozusagen die „Anti-Guns-N-Roses“ wenn man so will, hehe.

 

Es gibt für uns nicht schlimmeres als einen Auftritt absagen zu müssen. Denn normalerweise ist das - egal unter welchen Umständen - keine Option für uns, doch hin und wieder hat man einfach keine Wahl. Die Situation war allerdings ernst, denn anfangs wusste keiner von uns was mit Cris überhaupt los war. Mann, ich sage dir das war ganz schön heftig, denn er hatte solche Schmerzen, dass nicht mal Morphium ihn richtig ruhig stellen konnte. Er war nicht mal dazu in der Lage sich einfach flach auf den Rücken zu legen, also mussten die Ärzte ihn festhalten, um überhaupt eine Kernspintomographie durchführen zu können. Wie sich herausstellte, hatte er einen multiplen Bandscheibenvorfall, eine unglaubliche Qual muss das gewesen sein.

 

Um ein Vielfaches harmloser, aber dennoch nicht sonderlich angenehm: Ihr habt kürzlich ein Video zu „Against the Wall“ gedreht. Für diesen Shoot habt ihr einen Tag lang in einem sumpfigen Wald verbracht, im Matsch und Wasser gestanden und musstet dazu noch eine gute Figur an euren Instrumenten machen. Da kann man sich doch sicherlich einen schöneren Zeitvertreib vorstellen, oder?
 

Wir sind alle eher Stadtburschen, Sumpflandschaft ist folglich in der Tat eher weniger unser Ding. Für den Dreh trugen wir alle diese großen Gummistiefel, damit wir keine nassen Füße bekommen. Unser armer Gitarrist Ahrue hatte leider ziemliches Pech, denn seine Beine begannen langsam aber sicher immer tiefer im Schlamm zu versinken bis sie fast komplett im Wasser verschwunden waren. Damit hatten sich die trockenen Füße für ihn natürlich erledigt, aber er ist ein harter Kerl und hat die Sache trotzdem ohne zu klagen durchgezogen. In den USA wird man als lateinamerikanischer Einwanderer schon mal als „Wetback“ diskriminiert, das lehnt sich wohl daran an, dass Flüchtlinge häufig auf dem Seeweg, zum Beispiel in kleinen Booten über die Grenze kommen und dann entsprechend nass hier ankommen. An diesem Tag hätten wir uns gegen derartige Beschimpfungen nicht mal wehren können, haha.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

 

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