Interview mit HORGH von HYPOCRISY / 09.2005

Markus: Auf dem neuen Album habt ihr eine Vielzahl an Thrash- und Black Metal Elementen eingebaut, deutlich mehr als zum Beispiel auf „The Arrival“. Wie kam diese Zielrichtung zu Stande? Eine Schlagzeug-Maschine wie du kann an einer solchen Entwicklung sicher nicht unschuldig sein… *grinst*

Horgh: *lacht* Na ja, ich tue mein Bestes. Wir alle wollten dieses Mal ein Album, das schneller und heavyer ist. „Warpath“ war der erste fertige Song und er hat in gewisser Weise die Richtung angegeben, in die das restliche Material gehen sollte.

MR: Ihr konntet Gary Holt für das Stück „Scrutinized“ als Gastmusiker gewinnen. Wie kam es dazu? Steckt einer längere Freundschaft hinter dieser Kooperation?

H: Ja, er ist ein Freund von uns. Wir haben ihn schon des Öfteren auf Festivals getroffen oder im Rahmen unserer Touraktivitäten. Er ist eigentlich immer dabei, wenn wir in San Francisco spielen, so auch diesen April als wir im „Pound Club“ gespielt haben. Er kam nach der Show in unseren Bus und wir haben die Gelegenheit genutzt um ihn zu fragen ob er nicht ein Solo für „Scrutinized“ einspielen wolle. Er hat spontan zugesagt und ich denke, er hat einen großartigen Job gemacht.

MR: Bei „Incised Before I’ve Ceased” hat Peter (Tägtgren, Sänger und Mastermind von Hypocrisy – Anm. d. Aut.) euch vollkommen freie Hand beim Songwriting gelassen. War es dir, Mikael und Andreas wichtig auch einmal vollkommen unabhängig arbeiten zu können? Würdest du sagen, dass durch diese Arbeitsweise etwas frischer Wind in den Hypocrisy-Sound gekommen ist?

H: Es ist für uns schön und auch wichtig, ein Teil des Songwritings zu sein. Wenn alle Bandmitglieder Raum haben um mit ihren Ideen und Gedanken zu hantieren, dann ist das natürlich auch gut für den Teamgeist. Ich bin der Meinung, dass es vorteilhaft und erfrischend für jede Band ist, wenn man als Team zusammenarbeitet und sich voneinander inspirieren lässt. Das ist der Weg, den meiner Meinung nach jede Band gehen sollte.

MR: Auf „Virus“ sind die Keyboards wieder mehr in den Hintergrund getreten. Sollte das neue Material wieder mehr „auf die Fresse“ gehen?

H: Da hast du verdammt recht. „Craving for another Killing“ ist da ein repräsentatives Beispiel für den Weg, den wir dieses Mal eingeschlagen haben. Ich mag die Art wie die Keyboards auf „Virus“ eingesetzt werden. Peter hat wirklich eine guten Job gemacht als er dieses Monster gemischt hat.

MR: Dennoch war auch wieder Raum für langsame Stücke. Hättet ihr euch eigentlich einmal erträumen lassen, dass die Balladen so ein bekanntes Markenzeichen für Hypocrisy werden würden? Ich meine „A Thousand Lies“ reiht sich nahtlos in eine lange Liste anderer großartiger Hypocrisy-Balladen ein.

H: Nun, so was ist kein schlechtes Markenzeichen, oder? Bevor wir angefangen haben am neuen Album zu arbeiten, habe ich gehofft, dass wir einen Song wie „Final Chapter“ machen würden. Ich mag diese düsteren, langsamen und schweren Hypocrisy-Stücke. Die Tatsache, dass wir gleich zwei solcher Titel auf dem neuen Album haben ist wunderbar. Ich bin stolz an der Entstehung dieser Songs beteiligt gewesen zu sein.

MR: Lass uns kurz über die Texte sprechen. In der Vergangenheit habt ihr nie die Texte zu euren Songs im Booklet abgeduckt. Mit „Virus“ hat sich das nun geändert. Woher kommt der Sinneswandel nach all den Jahren?

H: Ich denke mal, dass Peter auf „Virus“ um einiges zufriedener mit den Texten ist als er es in der Vergangenheit war. Vielleicht liege ich da aber auch falsch.

MR: Im Allgemeinen sind die Texte und auch die Musik wieder aggressiver und brutaler geworden. „Let the Knife do the Talking“ sei da als Beispiel aufgeführt. Ist das eure Art Mörder und psychisch gestörte Menschen zu thematisieren?

H: Es würde mich nicht wundern wenn dies so wäre. Aber Peter ist der Mann hinter den Texten. Ich kann da nur Thesen und Theorien aufstellen.

MR: Vor allem Peter ist das ganze Jahr über sehr beschäftigt. Wie findet ihr dennoch immer die Zeit neue Songs für Hypocrisy zu schreiben ohne dass die Qualität darunter leidet? Würdest du sagen, dass ein gewisser Stress-Pegel da sein muss um optimal arbeiten zu können?

H: Er muss genauso irgendwie die Zeit aufbringen wie wir anderen es tun müssen. Er ist ein talentierter Kerl und die Band bildet ein gutes Team. Ich weiß, dass wir auch unter Stress gute Arbeit abliefern können, aber ich würde nicht sagen, dass dies bei uns eine Grundvoraussetzung für positive Ergebnisse ist. Auf den letzten Metern verdammt gestresst zu sein ist nichts Besonderes für uns und wir haben da auch sehr viel Erfahrung. Für gewöhnlich kriegen wir es aber immer hin unseren Mist rechtzeitig fertig zu stellen.

MR: Das neue Pain Album war sehr erfolgreich und hat viel positives Feedback bekommen, sowohl von Seiten der Presse als auch von den Fans. Peter wird sicher versuchen das Eisen zu schmieden solang es heiß ist. Glaubst du, dass Hypocrisy dadurch ins Hintertreffen geraten könnte? Oder glaubst du er wird weiterhin beide Bands gleichermaßen bedienen können?

H: Also aus meiner Sicht versucht Peter immer Zeit für beide Projekte zu finden. Bisher hat er das immer geschafft. Wir werden sehen was passiert.

MR: Während des Earthshaker Fest in Geiselwind hattest du kürzlich einen kleinen Zwischenfall als ihr mit den Jungs von Finntroll gefeiert habt. Später wurde dann gesagt, dass du beinahe eure Show absagen musstest. Ist an dieser Sache etwas dran? 

H: Nein. Es stand nie zur Debatte unseren Auftritt absagen zu müssen. Diese Sache war letztlich gar nicht so dramatisch wie es von einigen Seiten ausgelegt wurde. Das wurde wirklich ziemlich übertrieben dargestellt. In Wirklichkeit hatte ich eine Stressreaktion – kombiniert mit zu viel Alkohol. Es ist aber nichts Wahres dran, dass wir fast unseren Auftritt hätten absagen müssen. Das war Übertreibung.

MR: Wo wir gerade bei Auftritten sind – Stichwort: Tour. Wie sehen eure Reisepläne für die Herbst-/ Wintersaison aus?

H: Also am 01.10. werden wir in Olso, Norwegen spielen und am 05.11. auf dem Aalborg Metal Festival in Dänemark. Außerdem werden wir die „X-Mas Festivals Europe“ im Dezember headlinen. Dort werden übrigens auch Exodus, Wintersun, Naglfar und Primordial dabei sein. Das ist der aktuelle Stand der Dinge.

MR: Abschließend noch eine Frage zu deiner ehemaligen Band Immortal: Die Gerüchte über eine Reunion bzw. Reunionshows halten sich weiterhin hartnäckig. Manche angeblichen Insider sprechen gar von einer Show beim Wacken Open Air 2006. Wie viel Wahrheitsgehalt haben diese Behauptungen? Ist überhaupt ein wahres Wort an diesen Thesen?

H: Schon seit längerem gibt es so viele Gerüchte und Mutmaßungen über Immortal, das ist total verrückt. Es freut mich von ganzem Herzen, dass die Leute Immortal nicht vergessen haben und wir ihnen immer noch so viel bedeuten. Trotzdem muss ich die Leute da enttäuschen. An diesen Gerüchten ist nichts Wahres dran.

Interview & Ausarbeitung: Markus Rutten - www.sounds2move.de

Homepage: www.hypocrisy.tv