Interview mit Helen Vogt von FLOWING TEARS

 

 

Zuerst mal muss ich dir ein Kompliment aussprechen, weil du dich bei unserem letzten Interview zu eurem semi-akustischen Album sehr tapfer geschlagen hast, nachdem meine ersten Fragen unbeabsichtigt etwas forsch und direkt waren, hehe. Scheint so als hättest du im Laufe deiner bisherigen Jahre mit Flowing Tears schon ein dickes Fell bekommen, kann das sein?

 

H: Ich denke Schlagfertigkeit hat nicht unbedingt was mit einem „dicken Fell“ zu tun. Wenn du gemeint hast, dass ich in den letzten Jahren gelernt habe auch mit Kritik gut umzugehen, dann hast du wohl recht, haha!

 

 

Das Artwork von „Thy Kingdom Gone“ greift stilistisch das Cover von „Invanity“ auf. Ihr scheint Gefallen an diesem Stil gefunden zu haben. Warum passen diese Bilder perfekt zu euch als Band und eurer Musik?

 

H: Das Artwork zu „Thy kingdom gone“ ist sehr düster, fragil und symbolisiert Vergänglichkeit, was eben sehr gut zu unserer Musik und gerade auch zu unserem neuen Album passt, in dem diese allgegenwärtige Vergänglichkeit sowohl textlich, als auch musikalisch eine große Rolle spielt.

 

Woher stammen die Samples, die ihr in „Pain has taken over“ und „Colossal Shaped Despair“ verwendet habt?

 

H: Von einem amerikanischen Prediger.

 

Handelt es sich folglich um ein Album, das sich textlich einem Konzept verschrieben hat? Zumindest könnte man auf diesen Gedanken kommen, wenn man den Albumtitel hört, der mit „Thy Kingdom Come“ kokettiert, also „Dein Reich komme“ aus dem Vater Unser. Zudem klingen auch die eben erwähnten Samples deutlich nach organisierter Religion. Haben die Flowing Tears sich diesmal an der Glaubensfrage versucht? Und falls ja: Zu welcher Antwort seid ihr gekommen?

 

H: Nein, es geht nicht um eine Glaubensfrage, es gibt doch wohl schon genug Leute, die sich darüber den Kopf zerbrechen, hehe. Das Album handelt vielmehr von einem persönlichen Zusammenbruch; von Zeiten im Leben, in denen alles, was vorher wichtig war auseinander fällt, von den Abgründen der menschlichen Seele und der Wiederauferstehung zu einem völlig neuen, und vielleicht sogar besseren Leben, nachdem man dieses Tal durchschritten hat.

 

Zwischenfrage: Gehe ich recht in der Annahme, dass die Grunts auf „For my Enemies“ von dir stammen?

 

H: Ja, das bin ich!

 

Mit welchen Erwartungen seid ihr an die Arbeiten an „Thy Kingdom gone“ gegangen? Nach eurem Vertragsende mit Century Media müsst ihr ja bereits seit „Invanity“ in Sachen Budget mutmaßlich erst einmal kleinere Brötchen backen.

 

H: Die Brötchen sind vielleicht kleiner geworden, aber dafür schmecken sie besser, haha.

Aber Spaß beiseite, ein größeres Budget macht nicht automatisch ein besseres Album, und obwohl unser neues Label Ascendance noch recht klein ist, konnten wir in einem sehr angenehmen Rahmen arbeiten, und mussten keinerlei Kompromisse bei der Produktion eingehen. Im Gegenteil: Zum ersten Mal seit vielen Jahren konnten wir alles selbst wählen, vom Studio über den Coverkünstler. Das ist eine sehr angenehme und kreative Situation.

 

Auf dem Titelstück der neuen Platte ist Vorph von Samael zu hören, der bereits bei euren Genre-Kollegen Tristania auf deren letztem Album seine Spuren hinterlassen hat. Hat euch besagte Kooperation dazu ermutigt es auch mal mit ihm zu versuchen oder war das mehr so eine „einen alten Freund mit auf die Platte holen“-Kisten?

 

H: Oh, das war mir neu, dass Vorph auch auf der Tristania-Platte gesungen hat, dann muss ich mir das doch mal anhören… Das Lied ist einfach wie gemacht für Vorphs Stimme, deshalb haben wir ihn gefragt und glücklicherweise hat er direkt zugestimmt. Wir sind seit wir vor ein paar Jahren zusammen getourt sind immer in Kontakt geblieben, und als die Idee aufkam, beim Titelsong eine düstere männliche Stimme einzusetzen, dachten wir sofort an Vorph…

 

 

Ein weiterer Gast ist Sascha Blach von Transit Poetry. Stand es für euch eigentlich auch zur Debatte, dass einer von euren eigenen Jungs die einen oder anderen Vocals übernimmt? Spätestens bei einer eventuellen Live-Umsetzung werden sie dies dann nämlich wohl sowieso tun müssen, hehe.

 

H: Eigentlich eine gute Idee, hehe… Nein, ich glaube kaum dass einer von den Jungs live singen wird. Ich weiß von Ben und David (auch wenn sie mich jetzt dafür köpfen werden, haha), dass beide sogar ziemlich gut singen können, aber bisher haben sie das noch nie getan, wenn jemand zuhört, hehe. Ich denke „Souls of the neon reign“ braucht live nicht unbedingt zwei Stimmen, aber wie wir es mit „Thy kingdom gone“ machen, ist noch nicht ganz klar.

 

Ihr habt euch live zuletzt sehr rar gemacht. Welche Pläne gibt es derzeit für eine Rückkehr auf die Bühnen? Und in welcher Konstellation, also als Headliner oder eher als Support?

 

H: Konkrete Pläne für eine Tour gibt es momentan noch nicht… wir hoffen aber nächstes Jahr möglichst viele Festivals spielen zu können.

 

Wikipedia verrät, dass ihr mit David Vogt seit diesem Jahr einen neuen Basser an Bord habt. Gehe ich recht in der Annahme, dass es sich dabei um deinen Gatten handelt? Nur um ein eventuelles Verwandtschaftsverhältnis ein für alle mal geklärt zu haben, haha!

 

H: Ja, da hast du recht, David ist seit Dezember 2007 mein Mann. So neu ist er aber bei Flowing Tears nicht, da er schon seit 2004 für diverse Konzerte und Touren eingesprungen ist, wenn Frederic beruflich verhindert war. Aber er ist sicherlich das allerbeste, was ich der ganzen Sache mit Flowing Tears zu verdanken habe, hehe.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.flowingtears.de