Interview mit Eugenio und Hennes von EXCRUCIATION

 

 

„(t)horns“ erhält momentan allerorts gleichgute oder sogar bessere Kritiken als euer letztes Album „Angels to Some, Demons to Others". Habt ihr mit so einer positiven Reaktion gerechnet, wart ihr euch von Anfang an sicher, dass ihr mit „(t)horns“ mühelos an „Angels to Some, Demons to Others" anknüpfen werdet?

 

Eugenio: Mit den Reviews sind wir bisher wirklich sehr zufrieden. Ich selber spürte auch nie den Druck, irgendwas besser machen zu müssen. Wichtig ist, dass es für uns stimmt und ich denke, dass wir geschlossener hinter „[t]horns“ stehen können als bei „Angels...“.

 

Nennt doch bitte die drei markantesten Punkte, die aus „(t)horns“ ein besseres Album als „Angels to Some, Demons to Others" machen.

 

Hannes: 1. Hannes 2. Hannes 3. Während den Aufnahmen wurde (leider) massiv weniger gefeiert als in Modena. Im Ernst: Ich finde nicht, dass das Album besser ist, es ist einfach anders. Es lotet die Grenzen stärker aus: Wenn ein Part hart ist, dann ist er knüppelhart, so wie bei „Faith of the Discarded“ zum Beispiel. Wenn es ruhig und atmosphärisch zugeht, dann flirren die Melodien nur so. "Angels" hatte einen prägnanteren roten Faden, die Songs waren kompakter und gerader. (T)Horns ist ausufernder und weitläufiger. Dazu finde ich, dass die Gitarren individueller agieren und sich mehr austoben.

 

Eugenio: Okay, einmal Hannes ist genug. Er hat auch sicher das eine oder andere eingebracht.

 

In meiner Review habe ich ja darüber spekuliert, wieso das Cover von „(t)horns“ in weiß gehalten ist. An dieser Stelle kann dies nun von euch erklärt werden: Warum habt ihr euch für ein weißes Cover entschieden bzw. wusste einer von euch, dass weiß in Asien die Farbe der Trauer ist?

 

Hannes: Der Druck ist viel billiger.

 

Eugenio: Schön wär’s. Die ersten Entwürfe für’s Cover waren sehr düster gehalten und je mehr ich daran arbeitete, desto weniger war ich davon überzeugt. Es war halt etwas, was zu erwarten gewesen wäre und dementsprechend auch nicht wirklich auffallen würde.  Dann habe ich nebenbei noch schnell das „weiße“ Konzept den anderen gezeigt und es waren alle davon begeistert. Dass weiß in gewissen Ländern als Trauerfarbe gilt, war mir schon bewusst, spielte aber in dem Bezug keine Rolle, da wir nicht aus dieser Kultur kommen.

 

Wann genau habt ihr eigentlich mit dem Songwriting für „(t)horns“ begonnen, welcher Song war als erster fertig und habt ihr noch während der Studioaufnahmen an den Songs herumgebastelt?

 

Eugenio: Irgendwann so gegen Ende 2007. Der erste Song, der auch auf dem Album ist, ist „A dying Sun“ gefolgt von „Dignitas“. Wobei ein Teil von „Faith of the Discarded“ sogar schon vor der letzten CD entstanden ist. Wir sind dann auch mit fertigen Songs ins Studio, man kann es sich leider nicht mehr leisten, viel Zeit im Studio mit Songwriting zu verbringen.

 

Im Vergleich zu „Angels to Some, Demons to Others" ist „(t)horns“ um einiges melodieverliebter. War das von Anfang an euer Plan, mehr Melodien in die Songs einzubringen, oder hat sich das eher von sich selbst so ergeben?

 

Hannes: Eigentlich planten wir eher das Gegenteil: Die Platte sollte härter und roher werden. Dass es nun doch anders kam, hat wohl mit der Vorliebe von mir und Jose für klassischen Heavy Metal zu tun: Wir lieben Hooklines und zweistimmige Leads. Eugenio muss uns immer bremsen, damit es nicht zu einem Heavy-Metal-Singalong-Exzess kommt. Er sagt dann immer: "Nein Jungs: wir sind nicht Iron Maiden!"

 

Eugenio: Sind ab und zu wie kleine Kinder....

„(t)horns“ ist das erste Album mit eurem neuen Gitarristen Hannes, der den Posten von George Hauser übernommen hat. Doch wie seid ihr eigentlich auf Hannes gekommen?

 

Hannes: Ich war der letzte in der Bar und hab sie unzählige Male auf Knien angefleht, mich mitspielen zu lassen. Als ich Ihnen eine hohe Kaution auf den Tisch legte, die ich durch den Verkauf einer Niere finanzierte, willigten sie schließlich ein.

 

Eugenio: Was sich wirklich in etwa so abspielte. Wir kannten uns natürlich schon länger und da es mit George musikalisch nicht mehr so lief wie es sollte und wir wussten, dass Hannes auf unseren Sound steht, lag es auf der Hand sich mal mit ihm bei einem Bierchen zu unterhalten.

 

Eugenio, würdest du sagen, dass er in gewisser Weise frischen Wind in die Band gebracht hat, die Band sozusagen ein wenig verjüngt hat?

 

Eugenio: Definitiv, wobei er nicht unbedingt frischen Wind reingebracht hat, er ist ja old-schooliger als wir alle zusammen, und dadurch uns auch wieder die gute alte Zeit wieder näher gebracht hat.

 

Hannes, wie war es, mit den anderen Jungs an den „(t)horns“-Songs zu arbeiten? Konntest du selbst irgendwelche Ideen einbringen bzw. gibt es vielleicht sogar einen Song, den du an dieser Stelle als markantes Beispiel dafür nennen möchtest?

 

Hannes: Ich wurde ganz herzlich und traditionell aufgenommen: Mit einem Schlag zwischen die Ohren und dem Befehl, spätestens bis zum nächsten Probetermin sämtliche "Angels"-Songs einzustudieren - und zwar lupenrein (lacht). Tatsächlich durfte ich von Anfang an Ideen einbringen. Leider bin ich nicht gerade der Kreativste und recht vergesslich... Wie man in den Songcredits sieht, habe ich bei drei Songs merkbar Ideen beigesteuert, nämlich "Raptus", "I hail you" und "And the dead".  Etwas ganz Neues ist meiner Meinung nach mein Black Metal-Geschredder im Schlussteil von "And the dead". Das gab's vorher auf keiner Excruciaton-Platte. Komischerweise höre ich abgesehen von Craft, Immortal und der "De Mysteriis..." von Mayhem in letzter Zeit sehr wenig BM. Aber es kam einfach über mich. Ansonsten haben meine eigenen Ideen erstaunlich gut mit dem übrigen Material harmoniert. Jose und ich sind ein gutes Trio. Ich meine natürlich Quartett.

 

Du warst ja zuvor Mitglied der unterdessen aufgelösten Black Metal Band Forgotten Chaos. Hast du eigentlich nebenher noch eine weitere Band am laufen oder gehört deine ganze Aufmerksamkeit Excruciation?

 

Hannes: Dank einem brutal umgesetzten Knebelvertrag und andauernden Gewaltandrohungen engagiere ich mich natürlich nur für Excruciation und kann bei dieser Band trotzdem meine ganze Bandbreite an Ideen und musikalischen Vorlieben ausleben, haha. Für manche Ideen ernte ich zwar nur schallendes Gelächter und leere Bierflaschen, aber ich darf sie immerhin vorspielen. Gerne würde ich etwas im Stil der Cirith Ungol-Rohversionen, die man auf der Servants of Chaos-Compilation hören kann, auf die Beine stellen, mit einem ganzen Lastwagen voll wabernden Synthies. Leider fehlen mir dazu sowohl Equipment, die nötigen Mitmusiker und auch Ideen. Ein kurzes Gastspiel bei Tribes Of Cain, mit denen ich gut befreundet bin, war eine interessante Abwechslung. Aber ich will mich in Zukunft immer voll auf Excruciation konzentrieren. 

 

Eugenio, der Song „Dignitas“ wird von dir, Eugenio, als indirekte Fortsetzung des Songs „Arise“ vom letzten Album bezeichnet. Kannst du das bitte erläutern, in wie fern ist der Song eine Fortsetzung?

 

Eugenio: „Arise“ habe ich am ersten Todestag von meinem Vater geschrieben und da war auch noch ziemlich viel Trauer mit im Spiel. „Dignitas“ beschreibt mehr die Umstände, mein Vater lag im Koma und schon nach dem ersten Tag kam ein Arzt auf mich zu und sagte mir, dass falls mein Vater nicht innerhalb einer Woche aufwachen würde, ich mir darüber Gedanken machen soll, ob und wann wir den Stecker ziehen. Eine solche Entscheidung zu treffen fällt wohl niemandem leicht.

 

Würdest du sagen, dass dir solche Songs wie z.B. „Dignitas“ und „Arise“ dabei helfen, einschneidende Erlebnisse in deinem Leben besser zu verarbeiten?

 

Eugenio: Mache ich jetzt nicht bewusst, aber ist sicher ein Ventil. Leider leben wir in einer Zeit, in der vor allem „negative“ Gefühle nicht gerne gesehen werden. Zeit zum Trauern kriegen wir in den wenigsten Fällen. Ist halt in der Wirtschaft nicht vorgesehen. Dabei hilft dann natürlich die Musik. Was aber nicht heißen soll, dass wir schlechtgelaunte, griesgrämige Zeitgenossen sind weil wir Doom spielen, sondern eher das Gegenteil ist der Fall.

 

 „And the Dead start to breathe again”, der letzte Song auf dem Album, ist ja sozusagen euer Fan-Song, bei dem ihr euren persönlichen musikalischen Helden Tribut zollt. Wie ist die Idee für diesen Song entstanden?

 

Eugenio: Man muss sich nur die Anfang-Riffs anhören und da war mir klar, wohin die Reise geht. Als dann noch José irgendwas beim Spielen herumschrie und ich fälschlicherweise Heavy Metal Punk verstand, stand der Text dazu schon fast.

 

War von Anfang an die ganze Band von der Idee hinter „And the Dead start to breathe again” begeistert oder musste vielleicht bei dem einen oder anderen zuerst auch Überzeugungsarbeit geleistet werden?

 

Hannes: Da waren alle voll dabei! Ist ja auch ein toller Song (lacht)

 

Bleiben wir noch kurz beim Thema musikalische Helden: Mit wem würdet ihr eigentlich mal, oder vielleicht auch nochmals, die Bühne teilen?

 

Hannes: Manilla Road! Mit denen würde ich am liebsten eine WG gründen. Ein gemeinsames Konzert mit Bolt Thrower wäre ein Traum!

 

Eugenio: Ich würde gerne mit Portishead zusammen live unsere Songs performen. Natürlich an einem Festival mit Neurosis, Amebix, Saint Vitus, Venom etc..

 

Ihr seid ja die dienstälteste Doom / Death Metal Band der Schweiz. Könnt ihr euch eigentlich vorstellen, dass ihr mit eurer Musik vielleicht auch die eine oder andere Band beeinflusst habt?

 

Hannes: Diese frechen Celtic Frost haben doch früher immer von Excruciation geklaut, oder?

 

Eugenio:  Es gab schon die eine oder andere Band, die wir damals inspirierten. Die meisten davon sind heute einiges bekannter als wir. Wir hätten vielleicht doch nicht 15 Jahre Pause machen sollen.

 

Was kann man von euch als nächstes erwarten? Habt ihr schon Pläne für das nächste Album?

 

Eugenio: Ideen sind da, aber was wie wann umsetzbar sein wird, steht in den Sternen.

Wir werden jedenfalls im Januar 2010 mit dem Songwriting anfangen und hoffentlich vor der Pensionierung fertig sein.

 

Ein paar letzte Worte?

 

Hannes: Weniger arbeiten und mehr verdienen!

 

Eugenio: Genau! Und dank dir Nando für das nette Gespräch!

Wünsche dir und dem sounds2move-Team alles Gute für 2010!

Keep the [t]horns up!

 

Nando Rohner – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.excruciation.net