Interview mit Petri Lindroos von ENSIFERUM

 

 

Ihren zehnten Bandgeburtstag haben die Finnen ENSIFERUM zum Anlass genommen, um ihre erste DVD „10th Anniversary Live“ an den Start zu bringen. Ausgewählt hat das Quintett dafür den Silvesterabend 2005 / 2006, einen Termin, den auch ihre Landsleute Him regelmäßig für Neujahrskonzerte nutzen. Seit kurzem ist das audiovisuelle Werk jetzt im Fachhandel erhältlich und konnte sogar in der ersten Woche umgehend die finnischen Musik-DVD-Charts knacken und auf Platz #2 einsteigen, worüber sich Sänger und Gitarrist Petri Lindroos freut: „Wir haben natürlich gehofft, dass die DVD den Leuten gefällt. Aber als wir erfuhren, dass sie gleich in der ersten Woche derartig hoch eingestiegen ist, waren wir natürlich ziemlich überrascht. Aber selbstverständlich haben wir uns darüber auch gefreut. Bleibt zu hoffen, dass unsere DVD sich noch eine Weile hält“. Um ihren Geburtstagsauftritt in einem würdigen Rahmen abhalten zu können, muss man natürlich auch Gäste willkommen heißen. Im Falle von ENSIFERUM bestand die Festgesellschaft nicht nur aus den Besuchern des natürlich restlos ausverkauften Club Nosturi in Helsiki, sondern auch aus Sängerin Kaisa Saari, die schon auf der letzten EP „Dragonheads“ zu hören waren. Die Rolle des Ehrengastes wurde allerdings Ville Tuomi zu Teil, dessen Gesang schon auf dem Amorphis-Referenzwerk „Tales from the thousand lakes“ zu hören war. Als das Gespräch auf den Gastauftritt des besagten Mannes zu sprechen kommt, gerät sogar der von Natur aus wortkarge Petri Lindroos ins Schwärmen: „Yeah! Amorphis waren vor vielen Jahren der ausschlaggebende Punkt dafür, dass ENSIFERUM aus der Taufe gehoben wurde. Und plötzlich erklärt Ville sich dazu bereit mit uns einen Song zu singen, Wahnsinn! Er ist eine echte Legende unter den Sängern in Finnland und es war eine unglaubliche Ehre für uns, dass wir ihn bei uns auf der Bühne begrüßen durften“, kommt das Kind im drahtigen Manne zum Vorschein. Neben der 100-minütigen, authentisch eingefangenen Show sieht es allerdings recht mager auf „10th Anniversary Live“ aus. Genau genommen keine wirklich große Überraschung, denn aus dem Privatleben der Musiker gibt es nur spärliche Informationen. Nicht mal auf der offiziellen Bandhomepage ist viel mehr über die einzelnen Mitglieder zu finden, als deren Name, Instrument und eventuelle Nebentätigkeiten. Ausladende Behind-the-Scence Dokumentationen fallen somit der allgemeinen Bedecktheit zum Opfer, oder? „Da hast du schon nicht ganz Unrecht. Wir geben normalerweise nicht viel von uns selbst Preis. Es wurde zwar darüber nachgedacht mehr Material auf die DVD zu packen, aber letztlich entschlossen wir uns all das Material von Festivals, Tourneen und aus dem Backstagebereich erst einmal zurückzuhalten und für eine große, umfangreiche DVD aufzusparen, die eines Tages erscheinen wird. Ihr müsst nur Geduld haben“, klärt Lindroos auf.

 

 

Unabhängig von „10th Anniversary Live“ haben ENSIFERUM bereits im Frühjahr die EP „Dragonheads“ an den Start gebracht. Viel neues offerierte diese allerdings nicht. Hauptsächlich Coverversionen und neu eingespielte Demos fanden sich auf der silbernen Zwischenmahlzeit. Aus bandinterner Sicht liegt da die Vermutung nah, dass man die EP genutzt hat, um Erfahrungen bei den Aufnahmen in der jetzigen Bandkonstellation zu sammeln. Schließlich habe die Finnen in der aktuellen Zusammensetzung zuvor noch keine Zeit im Studio verbracht. Auch hier stimmt der Gitarrist zu: „Wir haben mit dem jetzigen Line-Up noch nicht im Studio gearbeitet und wir wollten einfach sehen, wie die Sache läuft und uns nicht blindlings in ein komplettes Album stürzen. Alles lief wunderbar und es gab keinerlei Probleme. Das ist ein gutes Zeichen für die Zukunft“. Von einem halbgaren Experiment oder gar einer eher sinnlosen Veröffentlichung distanziert sich der Frontmann jedoch entschieden. „Wir sind gerade dabei, neue Songs zu schreiben und werden noch dieses Jahr ins Studio gehen um das 3. ENSIFERUM Album einzuspielen. Gegen Februar 2007 soll es dann erscheinen. Im letzten Jahr hatten wir unheimlich viel zu tun und waren häufig auf Tour, wodurch unsere Zeit natürlich knapp bemessen war. Deshalb kam vorerst nur eine Maxi-CD bei den Arbeiten heraus, auf der nur ein neuer Song zu finden war. Dafür haben wir aber auch ein paar Neuaufnahmen alter Stücke und Coverversionen dazu gepackt“, verteidigt der Blondschopf das Vorgehen seiner Band. Coverversionen, gutes Stichwort. Die haben bei ENSIFERUM nämlich fast schon Tradition. Neben „Into Hiding“ von besagter EP hat das Quintett aus dem Seenland sowohl auf ihren Alben als auch live schon einige zum besten gegeben. Eine Tradition, mit der laut Herrn Lindroos auch auf dem nächsten Langspieler nicht gebrochen wird: „Ja, auf dem Album wird es wieder eine oder zwei Coverversionen geben. Welche Stücke das genau sein werden, haben wir allerdings noch nicht entschieden. Lasst euch einfach überraschen“, werden harte Fakten noch ein wenig hinter dem Berg gehalten. Ähnlich verhält es sich mit möglichen Gastspielen, auch wenn man sich – wie könnte es anders sein – auch hier gerne bedeckt hält: „Wir werden uns für das neue Album ein bisschen Unterstützung von außen holen. Ich bin mir sicher, dass wir ein paar sehr coole Leute und Musiker für uns gewinnen können. Wer genau das sein wird, steht aber noch nicht fest“. Bleibt also abzuwarten wen sich ENSIFERUM letztlich aus dem Hut zaubern werden. Aber da war doch noch was? Ach ja, der Hut. Für seinen eigenwilligen Kuhfleckencowboyhut ist der Sänger mittlerweile berühmt wie berüchtigt. Die einen sprechen im Zusammenhang mit der Kopfbedeckung von Kult, andere von einem modischen Fehlgriff (und das in einer Szene, in der ausgewaschene, wild mit Aufnähern übersäte Jeansjacken das Non-Plus-Ultra sein sollen – Ironie, anyone?). Umso überraschender, dass ihn sein Träger am Abend der DVD-Aufzeichnung lieber im Schrank gelassen hat. Versuchte da etwa jemand einen halbwegs seriösen Eindruck zu hinterlassen? „Ich habe noch nie versucht, seriös auszusehen und werde es auch in Zukunft nicht tun“, lacht der Mann, der auch bei den Melodic Deathern Norther aktiv ist. „Es tut mir leid, dass ich ihn gerade an dem Abend vergessen habe, Ich verspreche das es nie wieder vorkommt. Ihr werdet das Ding also, ob ihr wollt oder nicht, in Zukunft wieder auf der Bühne sehen“. Genau wie ENSIFERUM. Spätestens wenn das neue Album im Kasten ist und einmal mehr die Straßen Europas rufen.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

Link: www.ensiferum.com