Interview mit Sad Sir und Kirk Kerker von END OF GREEN

 

 

Zuerst einmal Glückwunsch zu 15 Jahren End of Green. Wie fällt eure Zwischenbilanz aus?

 

Kerker: Wir arbeiten mit tollen Menschen zusammen, wir sind am Leben und Lusiffer hat die hohe Kunst des Bierzapfens für sich entdeckt.

 

Sad Sir: Die Augenringe nehmen auch ungeahnte Ausmaße an. Das Wichtigste bleibt aber, dass wir nach all den Jahren beruhigt in den Spiegel sehen können. Kein Bullshit, kein Verbiegen. So wie bei Sinatra oder Sid Vicious: We did it our way – nur ohne Mafia und Frauentöten.

 

In Deutschland läuft es spätestens seit „Dead End Dreaming“ ziemlich gut für euch. Nur im Ausland seid ihr bisher quasi gar nicht in Erscheinung getreten. Konzentriert ihr euch bewusst nur auf den deutschen Markt oder hat es mit Sprüngen ins restliche Europa bisher einfach noch nicht gepasst?

 

Sad Sir: Wir waren in Tschechien, der Schweiz, Österreich, Belgien, Ungarn, Frankreich … Das wiederum zugegebenermaßen recht selten. Es ist oftmals eine Frage der Logistik und eine Sache des auch Eingeladen-zu-werdens.

 

Kerker: Das ist eine rein finanzielle Sache. Sobald wir flüssig sind, werden wir in See stechen. Wir haben schließlich auch Fans im Ausland.

 

„The Sick’s Sense“ ist auf Anhieb hoch in die deutschen Charts eingestiegen. Was bedeutet euch diese Tatsache und wie habt ihr die Nachricht in der Band aufgenommen?

 

Kerker: Platz 21… Zuerst hatte die Platzierung etwas Unwirkliches. Aber als wir daraufhin die Reaktionen von außen gesehen haben, war das für uns etwas sehr Besonderes. Wir haben es als deutsche Rockband schon verhältnismäßig weit gebracht ... ohne Verbiegen.

 

Sad Sir: Our Way, schon wieder. (lacht). Nein, es ist schön und wir sind auch stolz. Unwirklich ist es trotzdem. Da wir uns nach wie vor nicht in der Tradition solcher Bands sehen, die sich dort in den Charts tummeln.

 

Von außen kann man sicher viel über die Änderungen oder über die Einflüsse von „The Sick’s Sense“ spekulieren. Worin liegen für dich persönlich die Unterschiede zum Vorgänger?

 

Kerker: Wir haben höhere Höhen und tiefere Tiefen. Dazu schreit dir Michelle seine Texte

direkter denn je ins Gesicht. Die ganze Sache ist grundehrlich und lebendig. Die Vorgänger-Alben waren der Weg dorthin.

 

Sad Sir: Alles andere wäre auch schlimm. Unsere Musik lebt seit jeher von unserer Stimmung, spiegelt uns wider zu dem Zeitpunkt als die Lieder geschrieben wurden. Für mich fühlt sich The Sick’S Sense sehr stark an. Wir beschäftigen uns weniger mit dem, was unsere Dämonen anrichten, sondern sagen eher “Fick Dich, Dämon”.

 

Die limitierte Edition eures neuen Albums beinhaltet zusätzlich eine rein akustische EP. Kam es für euch nicht in Fragen evtl. auch einen solchen Song auf das reguläre Album zu nehmen? Etwa im Falle von „Demons“ und „Melanchoholic“ ist die Sache klar, da beides ältere Songs sind, die bereits – wenn auch nicht akustisch - auf einem eurer vorherigen Alben erschienen sind. Hingegen hätte man sich bei „Hurter“ auch für die akustische Version entscheiden können.

 

Kerker: Wir haben mit den Akustik-Songs für uns einen ganz besonderen Moment aufgenommen. Da wäre es unpassend, die zerbrechlichen Arrangements mitten ins

Sick’s-Sense-Gewitter zu stellen. Jetzt ist es eine eigene kleine Geschichte, die man durchaus auch mit ins Bettchen nehmen kann.

 

Sad Sir: Zudem sehe ich die Sickoustic EP durchaus als reguläre Platte an.

 

Wie kamt ihr überhaupt auf die Idee rein akustische Songs als Bonus anzubieten? Spielt dabei auch Rainiers Vorliebe für derartige Songs ein Rolle, die er für gewöhnlich mit seiner Zweitband Dyin’ Julia auslebt?

 

Kerker: Das war schon länger im Gespräch, hatten aber nie die Gelegenheit, die Laune und solch eine gute Aufnahmemöglichkeit wie bei Corni und Hans.

 

Sad Sir: Wir machen das oft im Proberaum, wenn uns die Lautstärke auf die Nerven geht. Dann gibt’s die Lieder für uns ohne Verzerrung. Es war an der Zeit, auch mal

andere Leute daran Teil haben zu lassen.

 

Ihr habt euch relativ lang im von euch gebuchten Münchener Studio verschanzt, um an der neuen Scheibe zu tüfteln. Kann man über einen längeren Zeitraum mit allen auf engem Raum überhaupt vernünftig und ergebnisorientiert arbeiten oder droht da mitunter schon mal schnell ein Lagerkoller?

 

Kerker: Gerade deswegen lief es so gut. Man könnte behaupten, je länger wir eng zusammen  arbeiten, desto besser verstehen wir uns, desto produktiver sind wir. Die Aufnahmen mit Corni waren ein ununterbrochener Fluss. So soll es auch sein. Natürlich gibt es eine Schmerzgrenze, aber die liegt bei uns ganz schön weit weg. Wir akzeptieren dabei allerlei Gerüche und Geschmäcker...

 

Sad Sir: Ich finde, dass ich sehr gut rieche (lacht). Nein, ich kann mir nicht vorstellen, eine cleane Platte aufzunehmen. Ohne den Wahnsinn, die Emotionen, das Gemeinschaftsgefühl.

 

Welchen Stellenwert haben eure Doom-Wurzeln heutzutage noch für euch?

 

Kerker: Der ist bei allen etwas verschieden. Ich würde sagen: Lusiffer 8, Michelle 6, SadSir 5, Kerker 5, Hampez 4 von 10 Punkten.

 

Sad Sir: Wir wurden von der Doom-Szene-Polizei höchstpersönlich entdoomt. Tempolimit überschritten oder so was.

 

Ihr habt euch vor den Aufnahmen zu „The Sick’s Sense“ von eurer Promoterin getrennt und seid sogar damit an die Öffentlichkeit gegangen, dass ab sofort jemand anderes für die Belange von End of Green und euer Streetteam zuständig ist. Wie kam es zu dieser Trennung im bösen?

 

Kerker: Wir wollten mit end of green weitermachen. Alles andere wäre entweder ekelhaft oder unwichtig.

 

Sad Sir: Mehr sage ich auch nicht. Es gibt nicht so viele Worte und Buchstaben, als dass wir allzu viele zu diesem Thema verschwenden sollten.

 

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.endofgreen.de