Interview mit Johan Ericson von DRACONIAN

 

 

Euer neues Album „Turning Season Within“ klingt härter aber gleichzeitig auch eingängiger als das letzte. Würdest du mir da zustimmen? Wie würdest du die musikalische Entwicklung von Draconian und die des neuen Albums beschreiben?

 

Ich wollte einige Up-Tempo-Songs schreiben, die auf mehr rhythmusorientierten Riffs basieren. Als wir die ersten Songs fertig hatten, stand für uns fest, dass wir diesen Weg weiter gehen wollen und das Album so massiv wie möglich gestalten. Ich denke, das eingängige Element kommt vor allem durch die zumeist von Lisa gesungenen Refrains. Die Stellen, die sie singt, sind die einzige Gelegenheit für mich, harmonische Gesangslinien zu schreiben. Daher lebe ich mich da voll aus. Alles in allem denke ich, dass der Stil auf dem neuen Album ein großer Entwicklungsschritt für uns in die richtige Richtung war. Das heißt aber nicht, dass das nächste Album noch eingängiger wird. Vielleicht wird sogar das Gegenteil eintreten. Wir werden sehen.

 

Welches waren die Haupteinflüsse für die Musik von Draconian – in den Anfängen und heute?

 

Draconian waren zu Beginn eine komplett andere Band, die auch deutlich andere Musik gespielt hat. Am Anfang wurden wir durch Bands wie Moonspell, alte Katatonia und einige melodische Death-Metal-Bands beeinflusst. Heute sind es eher My Dying Bride, neue Katatonia, Anathema, Novembers Doom, etc.

 

Bis auf den Bassisten und zweiten Gitarristen habt ihr eigentlich ein relativ konstantes Line-Up. Hängt ihr auch privat zusammen rum oder trefft ihr euch nur zum Musik machen?

 

Wir gehen auch häufiger mal zusammen einen trinken, wenn wir nicht spielen. Wir sind auch außerhalb der Band gute Freunde.

 

Hatte die Konstanz innerhalb der Band irgendwelche Einflüsse für die Arbeit am neuen Album?

 

Nicht wirklich. Das Schwierigste ist eigentlich, auch live ein gutes Line-Up zusammen zu bekommen, wenn mal wieder jemand in der letzten Minute abgesprungen ist. Inzwischen haben wir ein gutes Line-Up zusammen und einige Sessionmitglieder, die notfalls einspringen.

 

Weniger konstant wart ihr in der Vergangenheit bei der Wahl des Produzenten und des Studios. Wart ihr unzufrieden mit den vorherigen Ergebnissen?

 

Lass es mich so ausdrücken: Dies ist das erste Mal, dass ich mit dem Ergebnis komplett zufrieden bin.

 

Wie war denn die Zusammenarbeit mit Jens Bogren?

 

Was soll ich sagen? Jens ist einer der besten! Er ist wirklich ein großartiger Typ und die Kooperation mit ihm lief reibungslos. Wir haben auch viel mit David Castillo (Katatonia) zusammen gearbeitet, der ebenfalls Hervorragendes geleistet hat.

 

 

Mein Eindruck ist, dass Lisas Stimme auf dem neuen Album eine größere Rolle eingenommen hat als früher. Nicht nur was die Quantität angeht, sondern auch die Qualität.

 

Ja, wir haben einige Passagen geschrieben, die textlich nicht zu Anders gepasst haben, so dass Lisa sie gesungen hat. Es war also nicht von Anfang so geplant, sondern hat sich während der Arbeit ergeben. Und ihr Gesang ist wirklich noch besser geworden.

 

Die Texte auf den letzten Alben waren sehr düster und depressiv. Wie sieht es auf „Turning Season Within“ aus?

 

Oh, ich denke genauso. Der einzige Unterschied ist, dass Anders ein etwas moderneres Vokabular benutzt. So werden die Texte noch persönlicher und berühren eher die gewöhnlichen Lebenssituationen des Hörers.

 

Ihr habt mit Paul Kuhr, dem Sänger von Novembers Doom, zusammen gearbeitet. Wie kam dies zustande und welche Erfahrungen habt ihr gemacht?

 

Ich hab ihm einfach während wir unsere Gesangsspuren aufgenommen haben eine E-Mail geschickt und gefragt. Dann hab ich ihm ein paar Dateien gesendet, zu denen er dann seinen Text gesprochen hat. Ich wusste, dass es großartig wird. Er ist ein hervorragender Sänger und hat für diese Art von Musik genau das richtige Feeling.

 

Gibt es Pläne, für einen der neuen Songs einen Videoclip zu drehen? Einige haben ja durchaus Hit-Potenzial. Und Napalm Records haben sich in der Vergangenheit nicht gerade abgeneigt gegenüber Videoclips gezeigt.

 

Wir hatten darüber gesprochen und auch bereits ein Budget aufgestellt. Es ist aber so, dass wir ein richtig gutes Video mit einer tollen Geschichte machen wollen. Und diesen Teil haben wir bislang noch nicht ausgearbeitet. Daher ist es ungewiss, ob es noch ein Video geben wird oder nicht.

 

Letztes Jahr auf dem Metal Female Voices Festival hatte ich den Eindruck, dass ihr sichtlich Spaß hattet, zu spielen. Warum macht ihr euch live so rar?

 

Wie bereits gesagt, hatten wir in der Vergangenheit in dieser Hinsicht personelle Probleme. Außerdem ist es ziemlich teuer, auf Tour zu gehen. Doch in Zukunft könnte die Sache besser aussehen, denn wir haben einen Vertrag mit einer Booking-Agentur unterschrieben.

 

Gibt es Pläne für eine Tour in diesem Jahr? Mit welchen Bands würdet ihr gerne spielen?

 

Wir werden im Juli einige Shows in Belgien und Holland mit Novembers Doom und Thurizas spielen und vielleicht ein paar Festivals. Eine längere Tour ist nicht geplant.

 

 

Im letzten Jahr seid ihr auch in Israel aufgetreten. Was habt ihr dort für Erfahrungen gemacht?

 

Das war wirklich großartig. Tolle Fans und tolle Menschen. Die Resonanz war hervorragend. Ich hoffe, eines Tages noch mal dort spielen zu können. Ich denke, jeder in der Band hat die Reise wirklich genossen.

 

Es wurde angekündigt, dass Lisa auf dem neuen Distorted Album zu hören ist. Was können wir davon erwarten?

 

Es ist ein Song, an dem mehrere Gastsänger beteiligt sind, unter anderem auch Thomas Vikström von Therion. Es wird eine Mid-Tempo-Halbballade sein.

 

Es gibt immer noch einige alte Demosongs von euch, die nicht wiederverwertet wurden. Wird es noch weitere Re-Releases oder Re-Recordings geben, oder war der Mittelteil von “The Burning Halo” das letzte Wort zu diesem Thema?

 

Wenn wir noch einmal etwas in dieser Richtung machen sollten, wird es nur auf unserer Webseite veröffentlicht, damit sich die Fans es gratis downloaden können. Zurzeit haben wir aber zu viel zu tun. Ich denke, es ist besser, sich auf neues Material zu konzentrieren.

 

Alexander Dontscheff – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.draconian.se