Interview mit Eviga von DORNENREICH

 

 

 

Eure DVD „Nachtreisen“ hat sich mehrfach verschoben und ist nun etwa 2 Jahre nach dem Konzert beim Summer Breeze endlich erschienen. Warum hat es so lange gedauert, bis das Material am Start war?

 

Von unserer Seite her war bereits im Herbst 2008 alles fertig, doch es kam dann seitens der mit Schnitt und Erstellung der DVD beauftragten Firma zu massiven Verzögerungen, weswegen die tatsächliche Veröffentlichung schlussendlich nicht eher als im September 2009 möglich war.

 

Nach einigen Jahren, in denen du ausschließlich auf Akustiktour warst, seid ihr inzwischen hauptsächlich im Metal-Lineup unterwegs, was viele Fans natürlich begrüßen. Würdest du sagen, dass du die Konzerte in der Dreierbesetzung während der Zeit der akustischen Konzerte vermisst hast?

 

Da zur Zeit unserer vielen Akustikkonzerte die letzten Metal-Shows schon viele Jahre zurücklagen, vermisste ich diese Seite auch nicht wirklich. Erst nach unserem Auftritt beim Summer Breeze 2007 schlug diese Seite Dornenreichs neue Flammen in mir.

Im Moment möchte ich keine der beiden Seiten missen. Daher ist auch in unserem aktuellen Metal-Programm ein reines Akustikstück enthalten. Zudem möchten wir in den kommenden Jahren Metal- und Akustik-Sets an einem Abend spielen, um beiden Seiten besser gerecht werden zu können.

 

Auch die „Nachtreisen“ DVD bietet eine Metal- und eine Akustikshow. Welches Showformat gibt dir persönlich mehr und in welcher Konstellation können Dornenreich ihre Stärken am besten ausspielen?

 

Beides wartet mit speziellen Reizen auf und meinem persönlichen Empfinden nach sind wir in der Lage, die Stärken beider Instrumentierungsweisen zu beschwören. Es ist fantastisch, vermögen akustischer Instrumente eine besonders eindringliche, intime Atmosphäre Raum greifen zu lassen und es ist großartig, sich der dramatischen Ekstase eines Metal-Konzerts hinzugeben.

 

Die Summer Breeze Show habt ihr im erweiterten Line-Up mit insgesamt 5 Musikern über die Bühne gebracht, was sich natürlich auch im sehr vollen Sound äußert. Wäre es für dich eine Option, das Dornenreich Line-Up auch darüber hinaus grundsätzlich auszuweiten, zumindest für die Konzerte, oder hältst du den Kreis lieber bewusst klein? Mehr Musiker würden natürlich auch den logistischen und finanziellen Aufwand erhöhen.

 

Dies ist eine ganz bewusste Entscheidung, genau. In der momentanen Besetzung zu dritt fühlen wir uns sehr wohl. Die Aufgaben innerhalb der Band sind sehr gut verteilt und die Integration einer weiteren Person bzw. mehrerer weiterer Personen würde uns zum jetzigen Zeitpunkt eher schwächen als stärken, da viele Bandabläufe sich dadurch komplizierter gestalten würden.
 

Das Stück „Trauerbrandung“ kam bei der Metal-Show, die für „Nachtreisen“ mitgefilmt wurde, gleich doppelt zum Einsatz, nämlich als Opener und noch einmal als Zugabe. Was war der Grundgedanke hinter dieser Vorgehensweise? Mit euren verschiedenen Alben in der Hinterhand hätte es ja durchaus noch andere Songs gegeben, die man ins Set hätte aufnehmen können, um eine Dublette zu vermeiden.

 

Schon bei vielen unserer Konzerte aus früheren Jahren bildete "Trauerbrandung" sowohl den Beginn als auch den Schluss eines Auftritts. Das war durchaus eine rituelle Geschichte. Zudem wollten wir uns im Rahmen des Summer Breeze-Auftrittes ganz auf Stücke von "Her von welken Nächten" konzentrieren, auch wenn das bedeutete, ein Stück zu wiederholen.

 

Auffällig ist, dass ihr zwar einiges an Archivmaterial in Ausschnitten mit auf die DVD gepackt habt (Tour- und Studioimpressionen), aber ein richtiges Interview oder sonstige direkte Konfrontation mit den Musikern bleibt aus. Warum habt ihr euch gegen ein solches Zusatz-Feature entschieden? Ich finde, dass gerade bei einer lyrischen und avantgardistischen Band wie Dornenreich etwas derartiges durchaus interessant gewesen wäre.

 

Wir haben uns nach langen Erwägungen dazu entschlossen, unseren künstlerischen Ausdruck für sich stehen zu lassen, da das der Seele und dem Geheimnis Dornenreichs zuträglich ist. Möglicherweise werden wir aber auf einer kommenden DVD Interview-Sequenzen dabei haben. Das möchten wir allerdings von langer Hand planen und umfangreich sowie sehr stimmig umsetzen – beispielsweise im Sinne einer ausführlichen Banddokumentation, was im Zuge unserer ersten DVD jeden zeitlichen und finanziellen Rahmen gesprengt hätte.

 

Bei der Sichtung eures Archivmaterials seid ihr sicherlich auch über die eine oder andere Skurrilität gestolpert, die es allerdings nicht auf „Nachtreisen“ geschafft hat. Welche audio-visuellen Sonderbarkeiten habt ihr lieber für euch behalten?

 

Eine sehr idyllische Aufnahme zeigt die ganze Band am Strand von Barcelona während unserer Europatour mit Marduk im Jahr 2001. Tatsächlich war das für mich das erste Mal, dass ich das Meer sah und man sieht mir Übermut und Freude durchaus an … wie – sagen wir - speziell die unzähligen "Waldaufnahmen mit Corpsepaint" unserer Anfangstage wirken, wenn man sie nach mehr als zehn Jahren wieder sieht, kann sich jeder Leser gewiss lebhaft vorstellen …

 

Bemerkenswert ist außerdem, dass eure Akustikkonzerte schon gut besucht waren und dass es jetzt zur „Nachtreisen“ Tour sogar noch besser für euch lief, immerhin waren einige Konzerte ausverkauft. Ist es nicht beachtlich, dass Dornenreich – die eigentlich eine klare Nischenband sind – inzwischen ein kleiner Publikumsmagnet geworden sind und dass ihr sogar durchaus noch Luft nach oben habt und nach wie vor neue Fans gewinnt?

 

Dornenreich steht für ursprüngliche menschliche Gefühle und Gedanken und ich denke, dass wir immer wieder besondere Wege finden, diesen Gefühlen und Gedanken auf eindringliche Weise Ausdruck zu verleihen. Dornenreich ist authentisch. Wir werfen dafür unser ganzes Menschsein in die Waagschale – und Menschen, die unseren Ausdruck kennen lernen, fühlen das, meine ich. Solche Authentizität, Aufrichtigkeit und Hingabe ist ein hohes Gut und ist meines Erachtens ein wichtiger Grund dafür, dass wir so viel Zuspruch erfahren.

 

Stichwort Fans: Würdest du meiner Einschätzung zustimmen, dass ihr in gewisser Weise ein Crossover-Act seid, was eure Anhänger betrifft? Bei euren Konzerten trifft man nämlich sowohl Kutte tragende Headbanger, als auch Gothic-Mädels im Samtkleid an.

 

Dornenreich ist intensiv, mystisch und zeitlos - und solche Eigenschaften vermögen wache Individuen jedes Genres anzusprechen.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

Link: www.dornenreich.com