Interview mit Eugen Balanskat von DIE SKEPTIKER

 

 

Was hat euch damals bewogen, eine Punkband zu gründen?

 

Wir hatten uns damals das Ziel gesetzt, Musik zu spielen, die wir selber gerne im Rundfunk des Ostens gehört hätten. Des Weiteren suchten wir ein Ventil für unsere Wut und musikalische Kreativität. Auch war es so, dass die Kulturangebote im ehemaligen Osten so rar und infolge dessen überlaufen waren, dass es mehr Freude bereitete, selber aktiv zu werden, als nur in Schlangen anzustehen und oftmals doch nicht in die Klubs zu kommen. Wer in der ehemaligen DDR nicht selber etwas auf die Beine stellte, drohte in Langeweile einzugehen.

 

Von eurem 1. Demotape in Eigenproduktion 1988 bis heute hat sich vieles in der Punkszene verändert. Fühlt ihr euch dieser noch zugehörig? Bzw. habt ihr euch jemals zur „Szene“ gerechnet. Ihr wart durch die Unterstützung der FDJ, später unter anderem durch einen Videoclip für MTV oder auch die Zusammenarbeit mit Rough Trade in eben dieser nicht unumstritten...

 

Ich denke diese Problematik ist eine von Puristen aufgeworfene, die sich mit einigem Abstand auch anders bewerten lässt. Im Gegensatz zur großenteils stasiunterwanderten Independent - Szene des ehemaligen Ostens, haben wir unsere Fehler öffentlich und für jeden nachvollziehbar gemacht, ohne das damit gesagt sein soll, das diese Fehler für jeden tolerabel waren. Immerhin jedoch haben wir nicht heimlich mit irgendwem gemauschelt, wie die Vertreter diverser Independent Gruppen, von denen sich nach der Wende herausstellte, dass sie statt Untergrundhelden, nach eigenem Bekenntnis, Stasikollaborateure waren.

 

Zu der Zusammenarbeit mit MTV oder Rough Trade bleibt festzustellen, das es nie unser Ziel war, Musik nur für den Probenraum zu kreieren, sondern diese natürlich möglichst weite Verbreitung erreichen sollte. Zu diesem Zwecke sucht man sich geeignete Partner und anno 1991 schien Rough Trade ein solcher zu sein. Nicht zuletzt auch wegen der bei Ihnen vertretenen Künstler wie beispielsweise Die Einstürzenden Neubauten, Frank Black, die Pixies, die Krupps um nur einige zu nennen. Ich konnte im übrigen die Einstellung einiger Musikliebhaber noch nie teilen, die meinen, ein "Künstler" wäre für sie nur so lange interessant, wie er noch nicht von einer größeren Liebhaberzahl entdeckt wurde. Die Grundeinstellung des Punk, sich nicht abschrecken zu lassen von Hürden jedweder Art, sondern die Dinge einfach und spielerisch zu versuchen, ist mir nach wie vor sehr sympathisch.      

 

Mit eurer Musik und vor allem euren systemkritischen Texten wart ihr der ehemaligen DDR-Führung ein Dorn im Auge. Gab es Zeiten, in denen die Existenz der Skeptiker ernsthaft durch die Partei gefährdet war? Beispielsweise durch Auftrittsverbote?

 

Das kann ich natürlich nicht 100% beantworten, die Realität war aber so, dass wir alle möglichen Klippen, glücklich umschifft haben. Bei unserer 1. Einstufung (man musste sich in der DDR um öffentlich auftreten zu dürfen eine staatliche "Spielgenehmigung" erteilen lassen, bei der öffentlich vorzuspielen war, mit anschließender Bewertung durch ein Gremium.) war es so, dass die Bewertungskommission sich aus zwei selber aktiven Musikern und zwei Kulturfunktionären zusammensetzte. Im Nachhinein erzählten uns die Zwei Musiker, dass die Funktionäre ein sofortiges Verbot bzw. Nichterteilung der Spielerlaubnis gefordert hatten. Glücklicherweise setzten sich aber die zwei Musiker durch und wir konnten fortan legal auftreten. In diesem Stile sind uns diverse Dinge passiert, bei denen wir aber immer ohne Zugeständnisse unsererseits zu 100% unser Ding machen konnten.

 

Die Skeptiker waren eine der erfolgreichsten und vor allem eine der konstant veröffentlichten Bands aus dem DDR-Untergrund, was man von der Bandbesetzung nicht sagen kann. Von der Ur-Band ist nur noch Eugen übrig geblieben. Woran liegt dieser personelle Verschleiß?

 

Ich selber habe Wechsel in der Besetzung immer am meisten bedauert, aber es bleibt festzuhalten, dass ALLE , die jemals bei den Skeptikern gespielt haben immer über mehrere Jahre mit dabei waren. Es ist wie in jeder anderen Langzeitgemeinschaft auch: Manchmal entwickeln sich die Meinungen oder Interessen auseinander und dann ist eine Trennung sinnvoller, als das Festhalten wollen.

 

 

Ihr werdet von vielen Leuten immer noch auf alte Parolen-Songs wie "Straßenkampf" reduziert. Fühlt ihr euch missverstanden, wenn die so genannten Fans nur die alten Parolen hören wollen? Textlich habt ihr ja nicht nur einen rein-politischen Anspruch.

 

 

 

Das ist zum Teil ein Phänomen mit dem man leben muss. Von textlicher Seite her versuche ich schon vielfältiger zu sein, indem das thematische Spektrum von künstlerischen Themen bis zu Politkrachern reicht. Aber  das ein Titel wie "DaDa in Berlin" zum Skeptiker-Klassiker geworden ist,freut uns natürlich auch sehr, oder aber das Stück "Ein Lied geht um die Welt", von dem legendären, jüdischen Tenor der Zwanziger und dreißiger Jahre - Joseph Schmidt - der durch das unsägliche Nazireich zu Tode kam.  

 

Nach eurem Split 2000 und dem bis dahin letzten Album "Wehr Dich!" von 1998, das viele für euer bestes halten, gingt ihr im Herbst 2006 auf Reunion-Tour. Woher die Entscheidung es nach so langer Zeit nochmals zu versuchen?

 

Es gab die Idee ein zwanzigjähriges Jubiläum zu feiern, trotz der sechs Jahre zurückliegenden Trennung. Das fand ich ehrlich gesagt so reizvoll, dass ich nachdem Rudi (Gitarrist der Band - Red.) schon alle Anderen gefragt hatte, nur noch als Letzter ja zu sagen brauchte. Ich war zwar in Sorge, dass eine Politpunkband nach so langer Auszeit keinen mehr interessieren würde, aber die Tour 2006 hat diesbezügliche Befürchtungen absolut widerlegt. Die Fans baten uns wirklich jeden Abend nach den Konzerten wieder neue Tonträger zu veröffentlichen.

 

Wie kamt ihr auf die Idee eure alten Songs erneut aufzunehmen anstatt die Alben einfach neu aufzulegen?

 

Die alten Scheiben sind mittlerweile allesamt  nicht mehr in den Läden und es gibt noch einige rechtliche Dinge zu klären, so dass es uns ratsam erschien eine Neueinspielung anzugehen. Des weiteren wollten wir den alten Titeln neuen Glanz verschaffen, indem wir versuchten mehr Druck in die Produktion zu bringen, was uns denke ich gelungen ist.

 

Nach welchen Kriterien habt ihr euch gerade für diese 15 Tracks entschieden?

 

Eigentlich waren es 22 Titel, von jedem Longplayer  einige, die uns als die Besten erschienen. Im Laufe der Produktion merkten wir aber, das diese Fülle in dem avisierten Produktionszeitraum nicht zu bewältigen war und schon gar nicht für eine einzige CD/LP. So wählten wir davon dann die Titel aus, von denen wir denken, dass es die größten Hits der Skeptiker sind, inklusive zweier neuer Stücke. 

 

Wurde an den Songstrukturen etwas verändert? Außer einem klareren Soundbild ist mir beim Hören erst einmal nichts derartiges aufgefallen.

 

Nein, an den Songs wurde nichts verändert, was auch unser Ziel war.

 

Welche Gefühle hattet ihr beim Überarbeiten der frühen Werke der Skeptiker?

 

Es freut mich persönlich sehr, dass auch die ersten Titel der Skeptiker nach wie vor nichts von ihrer Aussagekraft verloren haben und gepaart mit dem größeren Druck der Neueinspielungen noch mehr Wucht besitzen.  

 

Was ist in Zukunft von den Skeptikern zu erwarten? Vielleicht ein ‘ganz neues‘ Album nach der Tour?

 

Genau das, wir arbeiten daran, zusätzlich noch an einer voll gepackten Live-DVD die sowohl die Historie der Skeptiker abdecken soll, als auch die Konzerte der 2006er Tour. Was davon als Erstes fertig gestellt wird ist aber noch offen. Besucht einfach unsere Homepage - wir halten Euch auf dem Laufenden.

 

Katrin Reichwein - www.sounds2move.de

 

Link: www.dieskeptiker.com