Interview mit Marta Jandova von DIE HAPPY

 

 

Die Aufnahmen zu eurem letzten Album waren schon sehr spontan, man könnte fast von geregeltem Chaos sprechen, hehe. Immerhin habt ihr quasi das komplette Material spontan in die Tonne geworfen und noch einmal bei fast Null begonnen. Da ging es für „VI“ schon traditioneller und geregelter zu, oder?

 

Das stimmt. Wir haben uns diesmal sehr viel Zeit gelassen und es hat so auch Spaß gemacht. Wir fingen schon zwischen den ganzen Festivals im letzten Jahr mit dem Schreiben an. Immer ein paar Tage in Berlin oder in Hamburg, unsere Ideen ausgetauscht, daran gearbeitet, es demo-mäßig aufgenommen um es bei den nächsten Proben anzuhören. So ist das Album langsam entstanden.

 

Wie gut oder schlecht war besagte Spontaneität rückblickend für die Songs auf „No Guts no Glory“? Kannst du aus heutiger Sicht jemandem böse sein, der vielleicht kritisierte, dass die Songs für ihn teilweise irgendwie unfertig klingen?

 

Ach böse kann man sowieso niemandem sein. Jeder hat eine andere Meinung, seinen eigenen Kopf. Ich mag „No Nuts No Glory“ sehr, obwohl ich natürlich befangen bin, da es unser Album ist. Ich verbinde damit auch die schöne Zeit, die wir hatten, als wir es geschrieben haben. Wir haben uns als Band wiedergefunden, nach den ganzen Umzügen und unendlich vielen Konzerten. Das war wohl das wichtigste daran.

 

Euer neues Album präsentiert Die Happy abermals vielseitig und setzt sich aus direkten Rockern, Balladen fürs Herz und verträumten Stücken zusammen. Glaubst du dass „VI“ die perfekte Mischung aus dem darstellt, als das sich Die Happy über die letzten 5 Alben präsentiert haben? Und glaubst du, dass ihr im aktuellen Fall die perfekte Mischung zwischen hart und zart gefunden habt?

 

Auf jeden Fall. Wir glauben auf diesem Album genau das geschafft zu haben, was wir uns vorgenommen haben - das zu machen, was wir am besten können und was uns am besten steht.

 

Wo siehst du euer neues Album im Gesamtkontext eurer Discographie? Natürlich tendieren die meisten Musikerinnen und Musiker dazu ihr aktuelles Album immer als das beste ihrer Karriere zu bezeichnen, auch wenn sie das zumeist mit der folgenden Scheibe wieder anders sehen, haha . Ist „VI“ für dich eure neue Vorzeigeplatte oder würdest du vielleicht so weit gehen etwa „Weight“ noch ein Stück weiter oben einzuordnen?

 

Aaaaah, schwierig. Ich glaube mein Lieblingsalbum wäre das Best Of, dass wir noch nicht gemacht haben. Und dann das Best of B-Sides. Habe sie mir alle vor kurzem angehört und fand sie großartig - also die B-Seiten.

 

Für „VI“ habt ihr euch abermals für Udo Rinklin und sein Prager Studio entschieden. Was genau macht die Chemie zwischen ihm und euch aus, sodass es euch wieder zu ihm gezogen hat?

 

Es ist wohl der einzige, der unsere Streitköpfe wieder beruhigen kann. Wir sind wirklich sehr gute Freunde (als Band), aber wenn wir schreiben, können wir alle zu Furien werden, da jeder sein "Herz" durchsetzen möchte. Udo kommt dann, hört sich die Lieder und die jeweiligen Streitpunkte dazu an und sagt, was ihm am besten gefällt. Wir probieren alles noch mal und "wenn sie noch nicht gestorben sind, leben sie glücklich weiter....." Udo ist nicht nur Produzent, er ist unser Therapeut! Haha!

 

Aus meiner Sicht ist „VI“ ein Album, welches sich hervorragend zum Autofahren eignet, weil es einfach die passende unbeschwerte und unverkrampfte Stimmung hat, um entspannt ans Ziel zu kommen. Würdest du diese Einschätzung teilen? 

 

Da bin absolut dabei - ich fahre sehr gerne mit diesem Album. So ne Art Soundtrack zu der Landschaft, an der man vorbei fährt.

 

Als erste Single habt ihr euch für „Peaches“ entschieden, wobei der Titel des Stücks ziemlich außergewöhnlich und alles andere als alltäglich ist. Wie kam es dazu, dass du gerade den Pfirsich als Platzhalter ins Zentrum dieses selbstbewussten Textes gestellt hast?

 

Die Pfirsiche bedeuten für mich etwas saftiges, begehrendes, lebendiges, was alle haben wollen, aber nicht alle bekommen. Ich verschenke meine Pfirsiche nicht mehr so gerne und so schnell.

 

Wobei die „Peaches“ nicht die einzige Leckerei sind, die sich auf „VI“ verstecken. Mir sind spontan auch noch Milch, Honig und Schokoladenkuchen in deinen Texten aufgefallen, haha. Kamen die Ideen für deine Texte diesmal vermehrt beim Essen? Bekanntlich seid ihr auch große Fans von Knödeln... Um zwischendurch mal eine total beknackte Frage zu stellen.

 

Hihihi. Ich esse tatsächlich sehr sehr gerne, Texte schreibe ich aber nie beim Essen. Dazu brauche ich irgendeine Art Ruhe. Es können tausende Menschen um mich herum sein, aber ich schotte mich dann irgendwie ab. Ich glaube das ist der einzige Moment, in dem ich mich 100% konzentrieren kann. Und ich liebe es, wenn es fließt, hasse es, wenn es stockt. Dann höre ich einfach auf und bin kurz wie ein Kind, der nicht das bekommt, was es will. Wenn die Idee aber wieder kommt, ist es unglaublich befriedigend. Der Text von „Around The World“ ist genau über dieses Thema - über die Ideen.

 

Mittlerweile bist du ein alter Hase in Sachen Live-Shows und hast schon hunderte Male deine Frau gestanden und dabei so manch kritisches Publikum früher oder später um den Finger gewickelt. Würdest du sagen, dass du dich als Sängerin bzw. Bühnencharakter über die Jahre sehr stark verändert hast? Bist du dir vielleicht deiner Vorbildrolle bewusster als noch vor ein paar Jahren?

 

Also verändert habe ich mich nicht sehr, ich bin nur etwas selbstbewusster geworden. Klar kenne ich meine Stärken und Schwächen, manchmal bin ich besser, manchmal finde ich mich nicht so gut - als Entertainer. Als Sängerin kann ich ja nicht viel falsch machen. Das drum herum ist das Interessante. Wie man mit dem Publikum umgeht, was man sagt etc. Das macht für mich ein Konzert aus.

 

Du hast bereits mit mehreren deutschsprachigen Bands zusammen gearbeitet, nämlich der Letzten Instanz, In Extremo und zuletzt Oomph!. Was genau hat dich an diesen Kooperationen gereizt? Sicher war die Tatsache, dass diese Bands sich musikalisch bisweilen stark von deiner eigenen Band unterscheiden nicht ganz unwichtig, oder?

 

Das stimmt. Erstmal aber fand ich immer das Deutsch interessant. Die Happy wird ja für immer und ewig hauptsächlich englische Texte haben, deswegen mag ich manchmal solch einen Ausflug ins Deutsche. Und eine Zusammenarbeit mit anderen Künstlern gibt einem sehr viel. Jeder macht und fühlt es anders und ich bin dann auch ein bisschen stolz, dass sie mit mir arbeiten wollen. Als Wolfgang Niedecken von BAP angerufen hat, war ich schon sehr nervös und glücklich. Jetzt warte ich nur noch auf Incubus und Steven Tyler, haha.

 

 

 

Hättest du erwartet, dass du mit Dero, Flux, Crap und dem Stück „Träumst du“ eine solche Welle schlagen kannst? Immerhin habt ihr es unter anderem vermehrt ins Musikfernesehen geschafft und bei Stefan Raab habt ihr ebenfalls abgeräumt.

 

Man wünscht sich das immer und es kommt oft anders. Ich finde das Lied wirklich stark, was leider nicht mein Verdienst ist, denn ich habs ja nur gesungen. Beim TV Total Bundesvision Song Contest zu gewinnen hätte ich mir aber nicht träumen lassen. Das war schon unglaublich.

 

Auffällig ist auch, dass du dir – mit Ausnahme von Apocalyptica – immer Bands mit deutschen Texten ausgesucht hast. Zufall oder Absicht? Und: Würde es dich nicht auch einmal reizen mit Die Happy einen deutschsprachigen Song oder gar ein komplettes Album zu machen?

 

Den Apocalyptica-Song gab es ja in beiden Versionen - Deutsch und Englisch. Ist mehr Zufall, obwohl, wie ich schon gesagt hab, es mich immer reizt auf Deutsch zu singen - als Gast. Bei Die Happy stelle ich mir höchstens mal nur ein Lied auf Deutsch vor, aber ein ganzes Album wäre irgendwie komisch. Wir sind einfach eine englisch singende Band und so ist es auch gut.

 

Markus Rutten - www.sounds2move.de

 

 

Link: www.diehappy.de