Interview mit Paulina Maslanka von DELIGHT

 

 

Auf dem Wave Gotik Treffen 2005 habt ihr den Wettbewerb “Best Unsigned Wave Gothic Act International” gewonnen. Meiner Meinung nach hat euer neues Album nicht mehr viel mit Wave oder Gothic zu tun. Wie würdest du eure Musik beschreiben? Welches sind die Gründe für die musikalische Weiterentwicklung?

 

Paula: Die Band gibt es seit etwa zehn Jahren. In der Anfangszeit haben wir Gothic Metal mit Heavy und Power Metal Einflüssen gespielt. Nach zehn Jahren wurde es Zeit für einige Veränderungen. Die Musik von Delight hat sich auch weiterentwickelt, weil wir uns als Personen verändert haben. Außerdem gab es über die Jahre einige Veränderungen im Line-up. Die neuen Mitglieder haben der Musik neuen Spirit eingehaucht. Heute versuchen wir, Rock und Metal Einflüsse mit elektronischer Musik zu mischen. Unsere Wurzeln liegen im Gothic, aber unsere heutige Musik kann man als melodischen Heavy Rock beschreiben. Über die musikalische Entwicklung von Delight habe ich meine eigene Theorie: Als wir die Band gegründet haben, waren wir Teenager. In dieser Phase unseres Lebens erschien uns die Welt düster und kalt, die Musik nutzten wir als Traumwelt. Ein Platz, an dem wir uns vor der Wirklichkeit verstecken konnten. Heute erscheint uns die Welt nicht mehr so düster. Daher ist auch die Musik nicht mehr so dunkel und melancholisch. Die nächste Entwicklung ist mit dem nächsten Album zu erwarten. Vielleicht kehren wir zu den düsteren Klängen zurück. Alles ist möglich.

 

Das neue Album heißt “Breaking Ground”. Steckt hinter dem Namen eine tiefere Bedeutung?

 

Paula: “Breaking Ground” aufzunehmen war für uns, als wäre ein Traum Wirklichkeit geworden. Es ist die reifste Leistung, die wir je abgeliefert haben. Bei Roadrunner zu unterzeichnen, mit Rhys Fulber zusammen zu arbeiten – das alles war für uns schon so wie ein kleines Erdbeben. Es hat unser Leben verändert. Vielleicht lässt die Musik selbst nicht gerade die Erde erschüttern. Natürlich ist uns bewusst, dass es nur Melodien und Gitarren sind, aber für uns als Band ist es ein komplett neuer Qualitätsstandard.

 

 

Die Texte scheinen hauptsächlich von zwischenmenschlichen Beziehungen zu handeln. Wie persönlich sind sie? Würdest du die Bedeutung von ein oder zwei Songs erklären, die dir am wichtigsten sind?

 

Paula: Ja, die Texte handeln von Beziehungen und sind sehr persönlich. „In too Deep“ handelt zum Beispiel von den Kommunikationsproblemen zwischen Jaro, mit dem ich nun seit fast zehn Jahren bei Delight zusammenarbeite, und mir. Wir kennen uns seit der Grundschule, aber wir sind so verschieden, dass wir ständig Kommunikationsprobleme haben. Was die Sache noch schlimmer macht, ist dass wir uns über all die Jahre verändert haben. Manchmal ist es sehr schwer, einen Menschen zu verstehen, obwohl man denkt, dass man ihn gut kennt. Man verlässt sich zu sehr auf seinen ersten Eindruck. Aber aus dem Jungen ist ein Mann geworden und das Mädchen ist nun eine Frau. Daher müssen beide noch einmal ganz von vorne anfangen.

 

Auf “Breaking Ground” habt ihr einige Songs wiederverwendet, die schon auf eurem letzten Album “Anew” zu hören waren. Was waren die Gründe hierfür?

 

Paula: Das war ein Vorschlag der Plattenfirma. Ursprünglich wollten wir „Anew“ komplett neu einspielen. Doch die Vorbereitungen dafür haben so lange gedauert, dass wir inzwischen ein paar neue Songs komponiert hatten. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, diese zusammen mit einigen alten Songs auf das Album zu packen.

Ihr musstet die geplante Tour mit Exilia absagen, obwohl einige von euch – wie ich gehört habe - sogar ihre Jobs dafür aufgegeben haben. Warum konntet ihr für die Tour keinen Ersatzgitarristen anheuern? Ich denke, ihr habt eine große Chance vertan...

 

Paula: Wenn der Gitarrist der Bandleader ist, ist die Sache nicht so einfach. Wir sind nicht diese Art von Bands, die aus einem Mädchen und ein paar beliebigen Typen besteht. Es war wirklich eine sehr schwere Zeit für uns, das kann ich dir sagen. Mir fällt es sogar schwer, darüber zu reden... Es war weder für die Band gut noch für unsere Lebensplanungen. Wir haben alle gerade erst die Universität abgeschlossen und hätten im Ausland arbeiten und unsere Karrieren vorantreiben können. Doch wir haben uns dazu entschlossen, in einer Band zu spielen. Das ist immer ein Risiko und vielleicht ist es das nicht wert. Aber wenn du deine Musik liebst, hast du eigentlich keine Wahl. Vielleicht müssen wir noch härter arbeiten und das nächste Album wird besser. Oder wir werden gezwungen sein, aufzugeben. Aber in einem bin ich mir sicher: Egal was passiert, die Musik wird überleben!

 

Gibt es Pläne für eine neue Tour? Mit welchen Bands würdet ihr gerne spielen?

 

Paula: Es gibt noch keine Pläne für eine neue Tour. Das Management arbeitet noch daran.

 

Sind in eurer aktuellen Playlist nur neue Songs, oder spielt Ihr auch einige im alten Stil?

 

Paula: Wir versuchen, einige Songs umzuarrangieren, damit sie zu unserem neuen Material passen. Es gibt aber einige alte Songs, die wir nicht mehr spielen werden. Da wir uns persönlich verändert haben, können wir uns nicht mehr so in diese Stücke hineinfühlen.

 

Ihr habt ein schönes Video für “Divided” aufgenommen. Leider ist die Chance, es im deutschen Fernsehen zu sehen, nicht sehr groß, da es kaum Formate gibt, die Metal oder Alternative spielen. Wie sieht es hiermit in Polen aus?

 

Paula: Genauso. Die einzige Hoffnung ist das Internet!

 

Gibt es Pläne für ein weiteres Video?

 

Paula: Es gab Pläne, ein Video zu “Sleep With The Light On” zu drehen. Ob diese verwirklicht werden, steht noch nicht fest. Das hängt vom Geld ab, und wenn es ums Geld geht, ist man als Künstler machtlos.

 

Polen hat einige gute Gothic Metal Bands wie Sirrah, Aion, Undish, Cemetery of Scream, Artrosis, Sacriversum oder Darzamat hervor gebracht. Auch wenn ihr euren Stil verändert habt – identifiziert ihr euch mit der polnischen Gothic Metal Szene? Gibt es so eine Szene überhaupt? Steht ihr mit anderen Bands in persönlichem Kontakt?

 

Paula: Bei dieser Frage kann ich nicht objektiv sein. Diese Bands sind unsere Freunde, mit denen wir schon viele gemeinsame Konzerte gespielt haben. Wenn es überhaupt so etwas wie eine polnische Szene gibt, würde ich sie mehr als eine Art Familie beschreiben. Diese Bands sind sehr verschieden. Nicht nur ihre Musik selbst, sondern vor allem, wie sie über ihre Musik denken. Eine Sache haben aber viele gemeinsam: Ihr Sound basiert auf dem Gothic Metal Boom in den Neunzigern. Wir haben versucht, uns weiter zu entwickeln und rechtzeitig zu verändern. Es würde mir schwer fallen, heute ein Album dieser Bands anzuhören, aber ich respektiere sie sehr. Viele von ihnen haben uns in unserer Anfangszeit sehr beeinflusst.

 

Was denkst du, warum Polen vor allem für extreme, düstere und depressive Metal Bands bekannt ist?

 

Paula: Die Polen sind ein sehr melancholisches Volk. Man kann sagen, klagen sei unser Volkssport. Das drückt sich auch in unserer Musik aus. Eine zweite Sache ist die, dass man mit einer sehr speziellen Art von Musik in der Welt eher Aufmerksamkeit findet als mit wirklich kommerzieller Pop Musik. Wir hatten noch nie einen weltweiten Popstar und daran wird sich wohl sobald auch nichts ändern. Wir können nicht mit den USA oder Großbritannien mithalten. Unser Show-Business ist erst 20 Jahre alt und wir haben auch nicht genug Geld, um Erfahrungen zu sammeln.

 

Interessierst du dich eigentlich für Politik? Was denkst du über die Konflikte, die sich zwischen unseren Regierungen aufgetan haben?

 

Paula: Die Politik meiner Regierung unterstütze ich nicht. Jeden Tag schäme ich mich aufs Neue für das, was ich da in den Nachrichten höre. Die Leute in der polnischen Regierung setzen sich aus der seltsamsten Parteien-Mischung zusammen, die Polen je hatte. Diese Politiker wühlen immer noch in der Vergangenheit und vergessen dabei die Zukunft. Sie wollen nicht begreifen, dass Polen in der EU ist und dass wir mit dem Westen und dem Osten gleichermaßen zusammen arbeiten müssen. Ich denke, der Besuch von Angela Merkel war sehr wichtig. Letztendlich wird Polen die Kooperation suchen. Ich denke, der gemeinsame Dialog wird mit Gesprächen über ein gemeinsames Raketenabwehrsystem und die neue europäische Verfassung beginnen.

Alexander Dontscheff - www.sounds2move.de

Link: www.delight.art.pl