Interview mit Sabine Weniger von DEADLOCK

 

 

Sabine, im Vergleich zum Vorgänger habt ihr auf „Wolves“ die elektronischen Elemente und deinen weiblichen Gesang noch weiter ausgebaut. Kann man diesen Weg so interpretieren, dass ihr mit „Wolves“ euer musikalisches Profil geschärft habt, also eure Stärken generell weiter herausgearbeitet habt?

 

Sabine: Genau das war das Ziel - die Stärken der letzten Alben noch weiter auszubauen.

Vor allem Tobi und Sebastian haben hier im Songwriting wirklich gute Arbeit geleistet.

Ich sehe mich eher als letztes Glied im DL-Kettensystem, das dem Ganzen eine weitere Nuance verleiht. Der, meiner Meinung nach, sehr originelle Mix aus Elektronik, male/female vocals und der nötigen Härte verleiht uns einen gewissen eigenen Stil, wie ich finde. An diesem galt und gilt es nach wie vor, zu feilen und zu intensivieren.

 

 

Für eine Band, die noch nicht übermäßig viele Veröffentlichungen zu verbuchen hat, könnt ihr bereits mit einer enormen Eigenständigkeit und einem Sound aufwarten, den Fans und Kritiker unter Umständen auch in ein paar Jahren noch als „typisch Deadlock“ erkennen werden. Für wie wichtig empfindest du es persönlich, sich als junge Band bereits von seinen Idolen und anderen Bands abzunabeln?

 

Für uns ist es von hoher Bedeutung, uns von der Masse abzuheben – sofern das überhaupt noch möglich ist. Ich finde es aber fantastisch, die Chance für dieses Abenteuer zu haben und ich weiß, dass wir als Band auch weiterhin versuchen werden unseren DL-Sound weiter zu entwickeln.  Natürlich hat man Vorbilder oder favorisierte Bands/Musiker, die dann sicherlich, wenn auch unbewusst, Einfluss während des Songwritings haben.  Aber unser Ziel ist es, uns stets selbst zu verwirklichen. Wenn Kritiker und Fans unseren Sound als „typisch Deadlock“ bezeichnen, ist das eine große Ehre und zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

 

 

Neben aggressiven, druckvollen Stücken wie „We shall all bleed“ und „Crown of Creation“ finden sich auch ein Clubmix von „Code of Honor“ und die Pianoballade „To where the Skies are Blue“ auf „Wolves“. Würdest du euch grundsätzlich als Band bezeichnen, die sich nicht davor scheut zu experimentieren oder besser gesagt als eine Formation, die sich nicht ausschließlich auf eine Richtung festlegen lässt und die gern auch mal mit unerwarteten Kompositionen aufwartet?

 

Natürlich. Wir sehen unsere Musik eher mit einem künstlerischen Auge, durchdacht und mit Konzept, aber auch Mut zu Experimenten. Auch wenn unsere Songs oftmals für Außenstehende anfangs nicht nachvollziehbar scheinen, sind diese doch wohl überlegt. Wir sind absolut überzeugt von dem, was wir produzieren. Ohne Experimente würde die Kunst aussterben oder sich ständig wiederholen, was eine fatale Stagnation zur Folge hätte. Ich finde es fürchterlich, immer die gleichen die Songs bzw. Alben zu schreiben. Wäre doch absolut langweilig, oder nicht?  

 

Vor „Wolves“ bist du von der Gastmusikerin zur festen weiblichen Stimme „aufgestiegen“. Wie groß war dein Einfluss auf das Album in musikalischer Hinsicht? Konntest du dich bezüglich deiner Gesanglinien, Piano-Parts und der Orchesterelemente unabhängig entfalten?

 

Bei den Aufnahmen hatte ich weitest möglich freie Hand und konnte meine Ideen so einbringen, wie ich mir das vorgestellt hatte. Sebastian, der das Album auch produziert hat, gab natürlich stets seinen Senf dazu ab, ob die Parts/Ideen dienlich für den Song sind etc. Das ist dann auch eher Teamarbeit, die mich nicht in meiner Kreativität hindert. Die Piano- und Orchesterelemente sind natürlich in der Grundstruktur vorgegeben, da Sebastian diese bereits vorab im Songwriting zumeist vollständig komponiert hat. Trotzdem kann ich mich auch hier voll und ganz meinen Visionen hingeben und wir arbeiten gemeinsam daran.

 

Oder einfach einmal weitergedacht: Käme es für dich in Frage eines Tages ein Soloalbum zu veröffentlichen, etwa wenn du merkst, dass du bei Deadlock nicht mehr all deine Ideen umsetzen kannst?

 

Daran hab ich noch gar nicht gedacht. Meine Gesangslinien und Ideen kommen eigentlich erst, wenn ich die fertige Musik höre und das Mikro vor mir steht. Ich denke nicht, dass ich meine Ideen in naher Zukunft bei DL nicht mehr umsetzen kann. Ich bzw. wir haben noch viel vor und schon wieder einiges im Kopf, das ich auch definitiv für Deadlock einsetzen werde. Somit wird das mit dem Soloalbum wohl erst mal eher nichts, hehe.

 

Wenn ich richtig informiert bin, dann hast du eine ausgebildete Gesangsstimme. Wurdest du schon einmal – zum Beispiel von deiner Familie – gefragt, warum du ausgerechnet in einer Melodic Death Band singst und nicht stattdessen deine Stimme im Bereich Pop einsetzt?

 

Ich finde meine Gesanslinien durchaus sehr poppig – dass der Rest der Band so wilden Mist loslässt, dafür kann ich nichts, haha. Nein, im Ernst – ich habe durchaus Erfahrungen im Pop/Rock-Bereich und war vor meinem Einstieg bei Deadlock in mehreren Projekten dieser Art tätig. Deadlock ist aber bei weitem cooler und macht auch total Spaß. Die Atmosphäre einer Metal-Live-Show ist absolut mitreißend und begeistert mich immer wieder. Meine Familie findet diese Art von Musik inzwischen auch ganz cool und mein Sohn steht total auf Double-Bass Attacken, hehe. Da kann also gar nichts mehr schief gehen.

 

Bislang habt ihr für euer neues Album viel Aufmerksamkeit erhalten und auch an der Livefront einige gute Angebote erhalten, die ihr nach euren Möglichkeiten natürlich wahrgenommen habt. Dieser Erfolg ruft natürlich immer auch die großen Labels auf den Plan, die gern die Fühler nach aufstrebenden Bands ausstrecken. Haben die A&Rs der großen Metal-Labels bereits bei euch angeklopft? Oder seid ihr eher eine Band, die auf lange Sicht mit ihrem Label (in eurem Fall Lifeforce) plant?

 

Soweit ich weiß, gibt es durchaus einige Interessenbekundungen und Angebote von diversen Labels. Näheres kann ich dazu aber nicht sagen, da ich mit dem Management der Band wenig zu tun habe. Das ist eher Tobis Revier. Im Moment haben wir einen Deal mit Lifeforce und sind auch sehr zufrieden mit der Arbeit der Jungs und Mädels. Wir werden auf jeden Fall den Vertrag erfüllen und dann weiter sehen, was die Zukunft bringt.

 

Hinzu kommt, dass ihr meines Wissens nach alle beruflich oder privat auch ohne Band bereits sehr gut ausgelastet seid. Glaubst du, dass es für euch Sinn machen würde zu einem großen Konzern zu gehen? Schließlich würde das neben neuen Möglichkeiten auch zusätzliche Verpflichtungen mit sich bringen.

 

Ja, das ist die große Frage. Ich für meinen Teil würde mit mehr Verpflichtungen auch sehr gut zu recht kommen. Andere in der Band hätten es da sicherlich nicht so leicht.

Solche Entwicklungen kommen aber nicht aus heiterem Himmel und dessen Auswirkungen auf unser Leben sind deshalb auch gut vorhersehbar. Wenn es denn mal soweit kommen sollte, werden wir uns die nötigen Gedanken darüber machen und die richtigen Entscheidungen für uns alle treffen.

 

Anderes Thema: Zu „Code of Honor“, dem eingängigsten Stück auf eurem Album, habt ihr ein Video gedreht. In selbigem bist schwerpunktmäßig du und euer Sänger Johannes zu sehen, während der Rest der Band mehr oder minder eine Nebenrolle spielt und nur vereinzelt zu sehen ist. Liegt das am Konzept des Clips, wollten die anderen Jungs möglichst wenig vor der Kamera stehen oder glaubst du es liegt einfach daran, dass Sängerinnen und Sänger grundsätzlich verstärkt im Fokus der Aufmerksamkeit stehen?

 

Die Planung lag hier vollständig in der Hand des Produzenten des Clips. Dass nur Joe und ich so oft gezeigt wurden, lag zum einen an dem Konzept des Videos, zum anderen aber auch daran, dass viele Aufnahmen der restlichen Jungs leider nicht zu verwenden waren. Oftmals war die Qualität im Nachhinein und auch die Zeit beim Dreh leider nicht ausreichend. Es gibt da schon einiges, das wir gerne noch verbessert bzw. anders gemacht hätten, aber im Großen und Ganzen sind wir sehr zufrieden mit dem Video.

Für den nächsten Clip haben wir uns einiges vorgenommen und wollen neben einer coolen Story auch die Instrumentalisten künstlerisch in Szene setzten. Mal sehen, ob sich das alles so realisieren lässt. Watch out!

 

Etwas befremdlich an dem Clip finde ich es zu sehen, wie Johannes die Straßen entlang läuft und dabei mit sehr dezenter Mimik seine deftigen Grunts synchronisieren muss. Wer euch schon einmal live gesehen hat, der wird wissen, dass es dabei eigentlich mit einem leichten Tralala nicht getan ist, haha. War das nicht eine seltsame Erfahrung für ihn? Im Gegensatz dazu konntest du dich noch recht natürlich gebären.

 

Es waren auch für Joe die ersten Erfahrungen vor einer Kamera mitten in einem Industriegebiet, bei klirrender Kälte zu performen. Aber ganz ehrlich: Er hat jede einzelne Zeile wirklich nicht synchronisiert, sondern auch richtig gebrüllt. Nur sein Gesicht und die Mimik sollte dabei ernst bleiben. Wir haben aber beide Fehler gemacht und daraus gelernt. Beim nächsten Video wird das dann schon besser, denke ich.

 

Ihr habt kürzlich gemeinsam mit der Tierschutzorganisation Peta einen Wettbewerb ins Leben gerufen und fordert darin eure Fans auf für euch ein T-Shirt zu gestalten, dass ihr dann in den offiziellen Merch-Kalalog der Band aufnehmen werdet und das zugleich ein Statement in Sachen Tierrechte ausdrücken soll. Glaubst du es ist wichtig die Gunst der Stunde zu nutzen, um nicht nur die eigene Karriere voran zu bringen, sondern auch für die Gute Sache zu arbeiten?

 

Die Aktion mit Peta war ein voller Erfolg und wir waren sehr erstaunt, wie viele Leute da auch wirklich teilgenommen haben. Natürlich ist das für uns eine sehr gute Promo und wir erreichen durch die Zusammenarbeit mit der Organisation viele neue potenzielle Hörer. Vorrangig haben wir aber hier nicht an unseren Nutzen gedacht, sondern sehen darin vielmehr auch die Möglichkeit, unseren Fans und Hörern das Thema Vegetarismus / Veganismus / Tierrechte näher zu bringen und auf PETA aufmerksam zu machen, die in diesen Themengebieten, die uns auch so wichtig sind, wirklich großartige Arbeit leisten.

 

Bekanntlich seid ihr alle Veganer und Straight-Edge. Generell ist dieser Lebensstil in der Hard- und Metalcore Szene sehr stark vertreten. Man könnte sogar sagen, dass – wenn Musiker als Straight Edge bzw. vegan bekannt sind – diese zu 99% deftige Sounds produzieren, so wie etwa Heaven Shall Burn, Bleeding Through oder Maroon. Siehst du einen generellen Zusammenhang zwischen diesen beiden Lebensstilen auf der einen, und der Musik, die man mit ihnen verbindet auf der anderen Seite?

 

Veganismus und Straight Edge sind für mich differenziert zu betrachten. Letzteres ist ein rein persönliches Ding, das jeder von uns auf seine eigene Art und Weise durchzieht. Da gibt es durchaus unterschiedliche Meinungen in der Band, was die Beweggründe und Priorität dieses Lebensstils betrifft. Veganismus allerdings beschränkt sich nicht auf die Lebensweise jedes Einzelnen, sondern zieht weit reichende Konsequenzen nach sich, für die wir auch tagtäglich einstehen und kämpfen. Jeder zwar auch wieder auf seine eigene Art und Intensität, aber im Grunde sehen wir hier eindeutig eine Art - wenn ich es so nennen darf - „Bildungsauftrag“. Natürlich ist die Kombination aus beiden das Optimum, ist klar... hehe. Einen generellen Zusammenhang der beiden Lebensstile zu harter Musik  sehe ich allerdings nicht. Klar entsprang SXE dem Punk/HC und ist deshalb auch heute hier noch auffällig häufig verbreitet. Die Metal-/Hardcore-/Punk-Subkulturen bergen ja auch einiges an politischem Potenzial, was wiederum auch eine Erklärung für diese These wäre.

 

 

Nun sind Deadlock eine vegane Straight-Edge Band und du bist gleichzeitig auch noch Mutter. Sorgt das nicht in gewisser Weise für einen Gewissenskonflikt? Ich kann mir vorstellen, dass es sich gerade bei kleinen Kindern als schwierig erweist bei der Ernährung ausschließlich auf vegane Produkte zurückzugreifen. In meinen Augen kommt die Frage auf, ob es überhaupt vegane und gleichzeitig kleinkindgerechte Nahrung zu kaufen gibt bzw. ob solche Artikel generell in größerem Umfang angeboten werden. Und macht das mit Sicht auf eine ausgewogene, wachstumsfördernde Ernährung generell Sinn seine eigenen Gewohnheiten auf den Nachwuchs zu übertragen? Vielleicht kannst du Menschen wie mich, die nicht wirklich tief in der Materie stecken kurz über die Möglichkeiten und Aspekte diesbezüglich aufklären ;-)

 

Vorne weg will ich sagen, dass ich mich sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt habe und mit ruhigem und überzeugtem Gewissen sagen kann, dass die vegane Ernährung für Kinder absolut ungefährlich ist. Als Elternteil ernähre ich mein Kind so wie mein Lebenspartner und ich es abstimmen und für richtig halten. Natürlich haben wir den Grossteil mit kompetenten Ärzten und Fachleuten abgesprochen und verwenden auch hier und da angereicherte Lebensmittel. Unser Sohn entwickelt sich aber prächtig und ist auch absolut in allen Normbereichen, körperlich wie auch bei allen Blutwerten. Wir sind da sehr gewissenhaft und lieben unser Kind. Und sei dir sicher: wir würden es nie einer Gefahr aussetzen! Im Endeffekt übertrage ich meinem Kind die Gewohnheiten, die ich für richtig halte, so wie es meine und auch deine Eltern bei uns getan haben. Nur mit dem Unterschied, dass ich meinem Kind kein Lebewesen bzw. ein Stück Aas auf den Teller setze. Wir wurden mit Mischkost erzogen und „gefüttert“ und dank der Lobbyisten und selbsternannten, super-studierten „Ernährungsfachleuten“ ist dies im Moment noch immer der „richtige“ Weg. Alternative Ernährungsformen, sind sie auch noch so gesund, werden verteufelt und von Ärzten, Medien und Industrie als gefährlich eingestuft. Leider immer noch mit großem Erfolg, sodass man vielen Vorurteilen ausgesetzt ist, gegen die man sich wehren muss. Die Versorgung an sich sowie das Angebot an veganen Lebensmitteln, Säuglingsnahrung, Babykost usw. wächst ständig und bedeutet keinerlei Verzicht.

 

Interview: Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

Link: www.xdeadlockx.com