Interview mit V Santura von DARK FORTRESS

 

 

 „Eidolon“ ist nun veröffentlicht. Was haltet ihr von diesem neuen Werk mit etwas Abstand betrachtet?

 

Ich bin absolut zufrieden und ich denke, dass wir mit Eidolon für uns selbst einen neuen Maßstab gesetzt haben.

 

Wie gestaltete sich der Songwriting-Prozess zum neuen Album?

 

Es gab zunächst schon ganz zu Anfang recht konkrete Ideen zu einem Textkonzept von Seiten von Azathoth. Es war generell ein Wunsch von uns, auch auf Grund der textlichen Ideen, ein eher aggressives und direktes Album zu schreiben. Die meisten Songs stammen von mir, wobei auch Asvargr wieder einige überragende Riffs und Ideen beigesteuert hat. Ich bevorzuge es meine Ideen in aller Ruhe und Abgeschiedenheit auszuarbeiten. Ich habe für mich persönlich herausgefunden, dass die besten Songs entstehen, wenn man wirklich in sich gehen kann. Auch haben Seraph und ich mit Antiversum einen Song zusammen geschrieben. Ich wollte ihn schon länger mal dazu bringen, Riffs zu schreiben und bei Antiversum hat das hervorragend geklappt. Mit dem Ausstieg von Azathoth war allerdings auch das ursprüngliche Textkonzept hinfällig, jedoch hat es Morean geschafft, auf die bereits fertige Musik neue Texte sozusagen maßgeschneidert zu schreiben.

 

Mit Morean habt ihr einen neuen Sänger an Bord. Wie verlief die erste Zusammenarbeit und worin lagen bzw. liegen die Unterschiede zu seinem Vorgänger?

 

Die Zusammenarbeit mit Morean läuft bisher hervorragend. Azathoth war ein sehr guter Sänger und Textschreiber, aber auf persönlicher Ebene war die Zusammenarbeit zwischen ihm und mir immer schwierig. Morean und ich kommen einfach besser miteinander aus, was vieles einfach leichter macht. Es ist für mich sehr angenehm mit ihm an Gesangslinien zu arbeiten. Bei der Erstellung der Texte hatte er eigentlich freie Hand, aber ich weiß, dass wir ihm vertrauen können, und mich haben die Texte zu Eidolon voll überzeugt, da sie auf anspruchsvolle Weise die in der Musik vermittelten Emotionen und Stimmungen wiederspiegeln. Stimmlich klingt Morean wohl etwas dunkler und mystischer, nicht zuletzt da er Untertongesang beherrscht. Wobei ich denke, dass sein „normaler“ Black Metal Gesang vom Sound nicht so verschieden von Azathoth ist. Die Band hat auf alle Fälle nicht ihre Identität verloren.

 

 

„Eidolon“ ist ein Konzeptalbum. Um was für ein Konzept handelt es sich?

 

Das Wort „Eidolon“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie Spiegel, man kann jedoch auch von einem astralen Zwilling einer Person sprechen. Das textliche Konzept des Albums handelt folglich von einer Person, welche mittels Spiegelmagie und astraler Projektion in eine Welt "hinter" dem Spiegel übertritt um den Beschränkungen um Grenzen der menschlichen Existenz zu entsteigen. Da diese Welt jedoch für den kümmerlichen Geist des Menschen nicht erfassbar ist, irrt diese Seele entmenschlicht und allen Sinnen beraubt in der Dunkelheit dieses Kosmos umher, bis sie in ein neues Wesen transformiert und zurückkehrt in die Illusion gewordene, ursprüngliche Wirklichkeit und diese zermalmt im Licht einer neuen, dem Irdischen enthobenen Welt.

 

Wie lange habt ihr insgesamt an „Eidolon“ gearbeitet?

 

Die ersten Songideen entstanden wohl ca. März/ April 2006, die ersten beiden fertigen Songs waren Edge of Night und No longer Human. Die Musik war dann Januar 2007 fertig auskomponiert. Die Aufnahmen haben sich über einen sehr langen Zeitraum hingezogen, da wir die Produktion immer wieder unterbrechen mussten. Somit haben wir bereits im Februar letzten Jahres die Drums aufgenommen, die Vocal-Recordings fanden aber dann erst im September statt und das finale Master war Ende Oktober fertig.

 

 

Inwieweit und inwiefern gehen die Lyrics Hand in Hand mit der Musik? Welchen Einfluss haben die Texte auf die Musik?

 

Uns ist es immer wichtig, dass ein Album ein Gesamtkunstwerk, bestehend aus Musik, Texten und Artwork, ist. Da dieses Mal zuerst die Musik fertig war, hat die Musik die Texte beeinflusst: Trotz aller Aggression und Härte ist die Musik sehr düster und mystisch. Genau dies spiegeln die Texte wieder.

 

Es scheinen 2 verschiedene „Arten“ von Liedern auf „Eidolon“ vorhanden zu sein: Einmal eher rockigere Untertöne wie in „Baphomet“ oder „Edge Of Night“ und einmal eher symphonische Lieder wie „No Longer Human“ und „The Silver Gate“: Geschah diese Differenzierung bewusst oder ist es eine zufälliger Effekt?

 

Das sehe ich auch so. Aber ich kann gar nicht sagen, ob dies bewusst so geschehen ist. Wir hatten auch schon auf den vergangenen Alben mit Songs wie „Self Mutilation“ oder „To Harvest the Artefacts of Mockery“ oder „Poltergeist“ diese dreckigen, „rockigen“ Riffs. Ich finde es wichtig, dass jeder Song eine eigene Identität besitzt und nicht gegen einen anderen austauschbar ist. Die Songs sind in der Tat recht unterschiedlich, passen im Albumkontext aber hervorragend zusammen.

 

„Eidolon“ vereint für mich die Stärken von „Seance“ und „Stab Wounds“ und wirkt dabei wie die ausgereifte, perfektionierte Variante beider Vorgängeralben.  Würdest du mir diesbezüglich zustimmen oder ist „Eidolon“  - auch vor dem Hintergrund des Line Up Wechsels – eher ein neuer Anfang für euch?

 

Ich stimme dir voll zu. Musikalisch vereint „Eidolon“ seine Vorgängeralben, ohne dass wir uns wiederholen. Und ich denke auch, dass wir uns mit „Eidolon“ nochmals weiter steigern konnten. Wenn man sich die Bandsituation ansieht ist „Eidolon“ aber auch so etwas wie ein Neuanfang oder eine zweite Chance für uns: Mit dem neuen Line-Up sind wir auch in der Lage viel mehr live zu spielen und somit diese Band stärker voran zu bringen.

 

Inwieweit ergänzt das Artwork das Konzept / die Musik?

 

Das Artwork lässt Freiraum für Interpretationen, aber meine Interpretation ist die, dass das Cover die leblose menschliche Hülle des Protagonisten auf dieser Seite des Spiegels darstellt, während sein Geist sich auf der anderen Seite des Spiegels in etwas, was längst nicht mehr von dieser Welt ist, transformiert hat.

 


 

Wie schätzt ihr vom jetzigen Standpunkt aus die Vorgängerwerke von „Eidolon“ ein?

 

Ich beschränke mich auf unsere beiden vorherigen Werke „Stab Wounds“ und „Séance“, da diese beiden Alben nach wie vor repräsentativ für die „heutigen“ Dark Fortress sind. Ich bin immer noch verdammt stolz darauf, was wir mit den Vorgängeralben erschaffen haben. Bei „Stab Wounds“ war ich von Anfang an nie wirklich mit dem Sound zufrieden, da mir die Gitarren einfach zu dünn sind, aber die Songs und die Atmosphäre stimmen. Ich möchte an den Songs an sich eigentlich gar nichts ändern, auch wenn wir heute einige Songs nicht mehr so schreiben würden. Dennoch kann ich mir „Stab Wounds“ noch mit Genuss anhören und für einige Leute ist „Stab Wounds“ ihr Lieblingsalbum von Dark Fortress. Bei „Séance“ habe ich das Gefühl, dass die Scheibe teilweise sogar etwas verkannt wird. Es ist natürlich großartig, dass wir mit Eidolon so hervorragende Reaktionen einfahren, teilweise wird aber im gleichen Atemzug „Séance“ schlecht geredet, was mich stört. „Séance“ ist sicherlich sperrig und abgefahren, aber genau das finde ich so geil daran und vor allem in Punkto Atmosphäre finde ich das Album einfach nach wie vor fast unübertroffen.

 

Wie wichtig ist euch die Produktion? Ich frage deshalb, weil „Eidolon“ im direkten Vergleich zu „Seance“ um einiges mächtiger und voluminöser produziert ist. Außerdem gibt es viele Düsterkapellen, die ganz bewusst keine „fette“ Produktion fahren und eher auf ein – überspitzt ausgedrückt – undergroundiges Rumpeln setzen.

 

Auch das möchte ich richtig stellen: „Séance“ ging damals als komplett ungemasterte Version an die Presse raus, was auch, aber leider nur sehr klein, auf dem Promo vermerkt ist. Und natürlich hat eine ungemasterte Version gegen ein komplett fertig gemastertes Produkt ganz schön verloren. „Séance“ ist eine der besten Produktionen, die ich je hinbekommen habe und ich musste beim finalen Mix und Mastering von Eidolon ganz schön kämpfen um die Soundqualität von „Séance“ überhaupt zu erreichen. Leider sind von „Séance“ sehr viele unfertige Versionen im Umlauf. Shit happens. Die Produktion ist uns verdammt wichtig, eine schlechte Produktion kann das ganze Bild zerstören, vor allem dann, wenn die Atmosphäre der Musik falsch umgesetzt wird. Ich bin professioneller Tontechniker und wir haben daher das Glück und den Luxus, dass wir unsere Alben komplett selbstständig produzieren können.

 

Könnt ihr euch vorstellen weitere Konzeptalben zu schreiben? Falls ja: Welcher thematische Rahmen könnte hierfür in Frage kommen?

 

Das würde ich zumindest nicht ausschließen. Aber eventuelle zukünftige Ideen möchte ich noch nicht vorweg nehmen!

 

Christian Stiewe – www.sounds2move.de

 

Link: www.thetruedarkfortress.com