Interview mit Mike Schleibaum von DARKEST HOUR

 

 

Als ihr euch 1995 im Zeichen des Hardcore als Band zusammengetan habt, konnte sicherlich keiner auch nur ansatzweise erahnen, welche fast schon radikalen Umbrüche das noch so junge Kind mit dem Namen Darkest Hour in der Zukunft erwarten wird und zu überwinden hat. Zwischenzeitlich konnte man euch dem Metalcore zuordnen und heutzutage ist fast schon bedenkenlos die Schublade „Melodic Death Metal“ zu öffnen. Und auch Bandtechnisch musste so einiges an Problematik beiseite geschafft und gelöst werden. Wir reden hier nicht von kleinen Veränderungen, denn seit den Anfängen ist so ziemlich jeder Platz in der Band mindestens einmal neu besetzt worden. Als problematische, beinahe schon traumatische Kindheit würden Experten in psychologischen Kreisen das Ganze wohl zu beschreiben versuchen. Aber nichtsdestotrotz habt ihr das Kind geschaukelt und seid immer wieder aufgestanden. Wo andere auf der Ferse kehrt machen und aufgeben, habt ihr neu Anlauf genommen und euch nicht aus dem Konzept bringen lassen. Was ist euer Anreiz genau so zu handeln? Was spornt euch an?

 

Das worauf es denke ich am Meisten ankommt – die Musik. Wir alle haben eine intensive musikalische Leidenschaft und bringen dem jeweils anderen unsere Bewunderung entgegen, während wir schreiben, aufnehmen und qualitativ hochwertigen, melodischen Metal produzieren, welchen wir alle lieben und schätzen. Das ist schlichtweg die einzige Inspiration, die wir benötigen, um voran zu kommen. Unsere Musik war bislang immer die treibende Kraft hinter allem, was wir vollbracht und verwirklicht haben.

 

Weiterentwickeln ist absolut nichts Negatives, ganz im Gegenteil. Im Falle von Darkest Hour – das muss an dieser Stelle einfach gesagt werden – kann sich die „pubertäre“ Entwicklung wirklich sehen lassen , um mal bei den einfachen Vergleichen eines heranwachsenden Kindes zu bleiben. Viele – gerade die alten Fans der ersten Stunde – waren mit der Entwicklung unzufrieden und übten scharfe Kritik wie beispielsweise „Darkest Hour sind auch nicht mehr die, die sie einst waren“. Was genau ist euer Geheimrezept, um mit solch harter Kritik umzugehen und eben nicht das Ziel aus den Augen zu verlieren? Vertraut ihr da auf eure bereits gemachte Erfahrung, immerhin musstet ihr euch schon von Anfang an mit Kritikern auseinandersetzen? Oder zieht euch so etwas trotzdem runter?

 

Kritik an dem was wir getan haben oder was wir gerade tun, sind für uns schlicht Meinungen, die die Menschen eben haben. Wir schätzen und respektieren jedermanns Ansichten, unabhängig davon ob sie von positiver oder negativer Natur sind. Wir bewundern die Gefühle der Fans, selbstverständlich. Davon aber mal ganz abgesehen, werden wir aber immer unser möglichstes tun, um die Band ebenfalls ein Stückchen nach vorne zu bringen. So nehmen wir jede Hürde, die sich uns auf den vielen verschiedenen Ebenen des Lebens in den Weg stellen – musikalisch, emotional und auch kreativ. Wir werden uns gewiss nicht in irgendeine Richtung drängen lassen, noch haben wir in irgendeiner Weise die Absicht Musik zu produzieren, die wir selbst nicht für unser eigenes Werk halten und somit nicht als das erreichte Ziel ansehen. Die Menschen haben ihr gutes Recht, sich ihre eigene Meinung über uns zu bilden. Wir würden nie behaupten, dass sie mit ihrer Sichtweise Recht oder Unrecht haben. Das liegt nicht in unserer Macht und steht uns nicht zu.  Unseren Fans haben wir das Versprechen gegeben, dass eben alles, was wir als Band auf die Beine stellen, genau das ist, was wir zu 100% fühlen. Und genau dieses Versprechen halten wir konstant ein. Das ist das was Darkest Hour ausmacht. Unsere Fans verdienen genau diesen Respekt. Wir sind es ihnen sozusagen schuldig unser Möglichstes zu tun, unabhängig davon, ob sie damit einverstanden sind wie es am Ende klingt oder eben nicht. Mit “The Human Romance” versprechen wir ihnen die höchst mögliche Qualität und den besten Sound abzuliefern.

 

“The Human Romance”, das klingt nicht nur vom Titel erwachsener. Das „Baby“ Darkest Hour scheint flügge geworden zu sein und endlich seinen Weg gefunden zu haben. Kann man das so sagen? Ist der auf dem neuen Album eingeschlagene Stil genau das, auf was sich Darkest Hour-Fans der ersten Stunde in Zukunft gefasst machen müssen oder wird es eine prä-pubertäre Trotzphase geben und das Experimentieren mit verschiedenen Stilen wird fortgeführt? Wie kam es überhaupt zum Übergang zum Melodic Death Metal?

 

Natürlich sind wir herangewachsen und musikalisch gereift, dennoch sehe ich keinerlei Anzeichen dafür, dass wir genau dieses Heranwachsen in irgendeiner Weise aufhalten sollten. Wir verkörpern die Veränderungen ohne dabei die eigene Identität zu verlieren. Ich bin mir sicher, dass auf den noch zu erwartenden Alben definitiv mit weiteren Entwicklungen und Veränderungen gerechnet werden muss. Letztendlich kommt man, egal wie man es dreht und wendet, zu einem Entschluss: Es läuft alles auf die klassischen Darkest Hour hinaus, die man einst lieben gelernt hat.

 

Bei der “Trash and Burn“ Tour 2009 hattet ihr zusammen mit Bleeding Through die ehrenvolle Aufgabe des Headliners und selbst beim Ozzfest konnte man euch schon bewundern. Bei solchen Zusammenkünften ist das Publikum meist bunt durchgemischt. Wie war eure Erfahrung da bezüglich der Akzeptanz von Seiten der Anhänger von anderen Bands? Könnt ihr euch vorstellen weiterhin bei solchen musikalisch bunten Events teilzunehmen? Seht ihr darin etwas Besonderes oder ist es „lediglich eine weitere Show“?

 

Natürlich ist es schön vor den unterschiedlichsten Publikumsmassen zu spielen und das zu zeigen, was wir zu bieten haben. Es ist für uns definitiv eine Gelegenheit, um denjenigen, die bisher noch nichts von uns und unserem Stil gehört haben, die Chance zu geben, das Ganze in einer bombastischen Live-Atmosphäre zu erleben. Wer weiß, vielleicht tummeln sich ein paar zukünftige Fans unter den Zuschauern, die durch solche Veranstaltungen Gefallen an unserer Musik finden. Und das ist auch schon der Punkt, nicht wahr? Die Musik jedem auf diesem Planeten zugänglich zu machen.

 

Nach bisher 7 veröffentlichten Alben und verschiedenen absolvierten Touren sowohl als Headliner als auch als Support, kann man euch fast schon als alte Hasen im Geschäft bezeichnen. Gerade kürzlich habt ihr die Tour mit Veil Of Maya und den Kollegen von Periphery hinter euch gebracht. Ich denke spätestens da habt ihr die Möglichkeit gehabt, zumindest einen kleinen Vorgeschmack auf das kommende Album zu geben.

 

Um ehrlich zu sein, wir haben bisher noch keinen einzigen der neuen Songs live gespielt. Wir werden das auch erst während der Tour durch Europa Anfang 2011 machen. Und, so habe ich es zumindest im Gefühl, die Menschen warten förmlich darauf und wollen wissen was auf der neuen Platte zusammengeschustert wurde. Zur vergangenen Tour kann ich nur sagen, dass es einfach unglaublich viel Spaß gemacht hat diese Shows zu spielen. Ein unbeschreibliches Gefühl!

 

Bei so vielen Höhen und Tiefen kann man nur hoffen, dass das Kind keine “Midlife Crisis” in seinem späteren Leben erleiden wird. Ist man – Bandgeschichte und Erfahrung hin oder her – auch nach so vielen Jahren vor der Veröffentlichung immer noch aufgeregt und hofft den großen Coup landen zu können?

 

Für uns ist es nicht wichtig, dass unsere Message verstanden oder gemocht wird. Wir können guten Gewissens sagen, dass wir unser Bestes gegeben haben, um dieses Album herauszubringen. Wir sind stolz auf unseren kleinen Silberling, egal ob wir nun damit in der Presse sind oder nicht und wie das neue Album von der Öffentlichkeit angenommen wird. Nachdem man so lange auf Tour war, so viele Konzerte gespielt hat und so viele Platten veröffentlicht hat, ist es einfach ein wahnsinnig gutes Gefühl zu wissen, dass die Leute wirkliches Interesse an dem neuen Album zu hegen scheinen.

 

Zum Abschluss noch ein paar Worte zu “The Human Romance”. Erstens: Ein wirklich sagenhaftes Artwork, das ihr da auf’s Parkett legt. Gibt es dazu vielleicht mehr zu erzählen? Zweitens: Wie würdet ihr den neuen Silberling in 5 einfachen Worten beschreiben, was macht das neue Album zu etwas Besonderem?

 

Das Artwork resümiert das gesamte Thema des Albums ziemlich genau und auf den Punkt gebracht. Im Grunde genommen handelt es von einem tiefen Einblick in die Materie des Menschen und dessen Verhalten. Warum tun wir eben genau das, was wir tun? Das sind die Themen, die wir zu verarbeiten versuchen.

 

Fünf einfache Worte? melodisch, kreativ, klassisch, thrashig und episch. Das Album ist etwas Besonderes, weil es eben ein ganz neues Kapitel in der Karriere von Darkest Hour aufschlägt. Vom Gesamteindruck gesehen, ist es unser komplettestes, geschlossenstes Werk. Gleichzeitig ist es aber auch unser persönlicher Standpunkt, den wir vertreten und an alle da draußen richten, unabhängig davon ob sie „The Human Romance“ lieben oder hassen werden: Wir werden immer unseren eigenen Entwurf von melodischem Death Metal haben – auch in den kommenden Jahre.

 

Vanessa Vogl – www.sounds2move.de

 

 

Link: http://darkesthour.info/