Interview mit Mia Coldheart von CRUCIFIED BARBARA
 


Sängerin Mia Coldheart (2.v.r.)

 

Als ich erstmalig den Titel eures Albums gehört habe, musste ich sofort an Wednesday 13 denken, der 2006 einen Song auf seinem damaligen Album hatte, der ebenfalls “Til Death do us Party” hieß. Kennst du die Nummer und besteht irgendeine Verbindung zu dem Stück? Oder habt ihr euch nur zufällig für das gleiche Wortspiel entschieden?

 

Die Band kennen wir nur vom Namen her und haben noch nie bewusst einen Song von ihr gehört. Der Einfall zu diesem Titel kam uns im Studio und wir fanden, dass er witzig ist und gut zu uns passt. Immerhin kann man unser Zusammensein fast mit einer Art Ehe vergleichen, die aus vier Frauen besteht, die eben auch gerne mal einen drauf machen. Schade, dass niemand von uns auf die Idee kam zu recherchieren, ob es diesen Titel schon gibt, denn in dem Fall hätten wir sicher einen anderen Namen für unser Album gewählt. Hoffentlich sind wir ihnen damit nicht auf den Schlips getreten und sie meinen, dass wir ihre Idee geklaut haben. Wir haben das Rad nämlich quasi nur noch ein zweites Mal selbst erfunden, haha.

 

Und was waren mögliche Alternativ-Titel?

 

Das ist bei uns so eine Sache. Da wir derzeit nicht zu der Sorte Frau gehören, die Kinder bekommen und eine Familie gründen möchten, sind unsere Alben so etwas wie unsere kostbaren kleinen, etwas freakigen Ersatzkinder, haha. Wir wollten auf jeden Fall einen Titel, der im Kopf bleibt und der zugleich auch eine Bedeutung hat. Beim Brainstorming sind uns viele verschiedene Ideen gekommen, aber hauptsächlich wenig ernst gemeinter, wenn nicht sogar dämlicher Mist. Das ging dann zum einen Ohr rein und zum anderen wieder heraus und dazwischen haben wir uns nur kurz schlapp gelacht. Einen Songtitel vom Album wollten wir aber auch nicht nehmen, weil wir den Liedern ihr eigenes Leben und ihre eigene Existenz lassen wollten. Der Name des Albums sollte in wenigen Worten einfach ein stimmiges Bild vermitteln. Ein wirklich ernst gemeinter anderer Vorschlag als „Til Death do us Party“ fällt mir allerdings nicht mehr ein.

 

Euer Produzent Mats Leven ist als Musiker vor allem für seine Arbeiten mit Bands wie Therion bekannt. Warum war er eurer Meinung nach die richtige Wahl für eine Rock N Roll Band wie Crucified Barbara?

 

Ich glaube der Unterschied zwischen Therion und den anderen Heavy Metal- und Rockbands in denen er singt bzw. gesungen hat – etwa Yngwie Malmseen, Krux, Swedish Erotica und Southpaw -, ist nicht wirklich so groß. Für das was er erreicht hat und seine Fähigkeiten als Musiker empfinde ich tiefsten Respekt. Nach dem ersten Treffen mit ihm waren wir uns jedenfalls sofort sicher, dass er genau der richtige für uns ist. Wir haben mehrere Produzenten und Studios ausprobiert, aber es war uns wichtig, dass alles zu 110% stimmt und Mats’ Einstellung und Ideen bezüglich unserer Songs waren genau das, was wir gebraucht haben. Mit diesem guten Grundgefühl waren wir richtig aufgeregt, endlich mit ihm loslegen zu können. Außerdem fanden wir es spannend jemanden zu präsentieren, den niemand auf dem Zettel hatte. Es wäre spitze, wenn wir irgendwann noch einmal mit ihm arbeiten könnten, denn ich habe noch nie einen Sänger gehört, der so dazu in der Lage ist jeden beliebigen Song zu bereichern und zu veredeln.

 

Glaubst du, dass Mats auch auf eurem Album zu hören wäre, wenn er nicht auch euer Produzent gewesen wäre? Hättet ihr ihn generell als möglichen Gast auf dem Zettel?

 

Grundsätzlich wollten wir auf jeden Fall Guest-Vocals auf dem Album haben und es existierten auch ein paar Ideen. Ich persönlich hatte mir Mats für eines unserer Alben schon gewünscht, lange bevor wir wussten, dass er unser Produzent sein würde. Da er einer meiner absoluten Lieblingssänger ist, war ich natürlich total heiß auf ein Duett mit ihm. Es macht mich sehr glücklich, dass es jetzt auch noch so schnell geklappt hat.

 

Gab es im Nachhinein irgendwelche Fehler, die ihr vielleicht auf eurem Debüt „In Distortion we trust“ gemacht habt und die es für euer zweites Album zu vermeiden galt?

 

Wir haben glaube ich keine wirklichen Fehler gemacht, denn es ist immerhin ein Debütalbum – und zwar eines auf das wir stolz sind. Doch natürlich sind wir jetzt erfahrener als Songwriter und Musiker, wodurch wir natürlich auch ein noch entsprechend besseres Album machen wollten. Uns war vor allem wichtig, dieses Mal ein sehr dynamisches Album abzuliefern, das heavy und cool ist und das sich mehr auf das Schreiben griffiger Melodien konzentriert. Ich denke diese Ziele haben wir alle erreicht und damit können wir auf das zweite Album sogar noch ein wenig stolzer sein, als wir es ohnehin schon auf das erste sind.

 

Wie autobiografisch ist der Text zu „Can’t handle love“? Beschreibst du damit, dass es für dich bzw. euch hart ist eine wirkliche Beziehung zu führen, wenn man ständig mit der Band unterwegs ist, oder spielt ihr in diesem Fall einfach mit Klischees und imaginären Themen?

 

Jeder unserer Texte ist das Resultat harter Arbeit und wir sind keine Band, die vorsätzlich mit Klischees spielt oder diese in ihre Texte einfließen lässt. Wenn bei uns etwas vielleicht simpel klingt, dass haben wir uns damit trotzdem immer etwas tiefgründigeres gedacht, da bei unseren Texten alles seine gewisse Bedeutung hat. Wir würden sicher nicht „Ich liebe Rock N Roll, Tattoos, Bier und Männer“ in einen unserer Songs packen, nur weil  es vielleicht cool klingen könnte. Bei unserem letzten Album war ein wenig mehr Augenzwinkern dabei und vielleicht waren wir damals noch etwas furchtloser und haben nicht allem immer eine wirkliche Bedeutung zu Teil werden lassen. Ich singe aber jede Textzeile aus tiefstem Herzen und wenn dabei jemand der Meinung ist, dass es bei uns um Klischees gehen würde, dann hat dieser Zuhörer wohlmöglich nicht all zu viel für unsere Musik übrig oder er versteht uns als Band einfach nicht. Der Großteil des von dir erwähnten Textes stammt von Klara (Force, Gitarristin – MR), somit kann ich dir hierzu keine detaillierte Antwort über den Hintergrund geben. Aber ich denke, dass dieser Song gut für sich selbst sprechen kann.

 

Das Thema des besagten Songs erinnert zumindest mich persönlich, übrigens genau wie die erste Single „Sex Action“, ein wenig an die großen Mötley Crüe. Sind diese Songs auch als eine Art Tribut an diese oder ähnliche Bands zu verstehen, nur eben aus weiblicher Sicht?

 

Diese Songs sind definitiv kein Tribute an irgendwen. „Sex Action“ ist einfach ein Party-Song und wenn überhaupt, dann ein Tribute an die ganzen Rock-Clubs da draußen. Den Text darf man ruhig wörtlich nehmen, denn es geht darum abends mit Freunden raus zu gehen, zu feiern und mit etwas Glück später vielleicht auch Liebe zu machen, haha. Ich finde es ehrlich gesagt sehr gewöhnlich über solche Themen zu singen, es ist schließlich kein Mötley Crüe vorbehaltenes Recht über Sex zu schreiben. Mach nur mal den Fernseher an und schau ein paar Minuten MTV, haha. Dass wir das Ganze aus Sicht einer Frau schreiben liegt natürlich auf der Hand, wir sind ja auch welche. Im dazugehörigen Video ist jedoch ein Kerl die Hauptfigur, womit deutlich wird, dass der Song geschlechtsunabhängig funktioniert. „Can’t handle love“ ist hingegen rein musikalisch zwar sehr griffig und eingängig, lyrisch betrachtet aber alles andere als ein Partysong. Dafür ist das Thema auch einfach zu ernst. Wir schreiben unsere Songs und Texte genau so, wie sie aus uns heraus brechen und versuchen nie wie jemand anderes zu klingen oder eine andere Band zu kopieren.

 

Völlig anderes Thema: Was treibt ihr eigentlich neben Crucified Barbara? Geht ihr noch regulären Jobs nach, sitzt ihr tagsüber in irgendeinem Büro, studiert ihr oder verkauft Pizza?

 

Dadurch dass wir zuletzt kaum live gespielt haben und auch keine Veröffentlichung hatten, können wir zurzeit natürlich nicht von der Musik leben. Und einen richtigen Job am laufen zu halten ist ebenfalls unmöglich, denn jede von uns ist bereit sofort alles stehen und liegen zu lassen, wenn wir ein Angebot bekommen live spielen zu können. Dadurch wirst du nicht gerade zum begehrtesten Angestellten, haha. Also schlagen wir uns mit Aushilfsjobs und solchen Dingen durch, wenn wir nicht auf Tour sind.

 

Dann zurück zur Musik. Steht der Song „Jennyfer“ eigentlich in Verbindung mit der Rock-Sängerin Jennyfer Star aus Stockholm? Auf deren erstem Album hast du immerhin die Backing Vocals übernommen.

 

Den Text zu diesem Song habe ich gemeinsam mit Klara geschrieben. Die Idee dazu kam von ihr, das war noch bevor wir Jennyfer Star überhaupt kannten. Jetzt wo der Song allerdings fertig ist und wir Jennyfer kennen, sehen wir ihn als kleine Widmung an sie, selbst wenn das ursprünglich überhaupt nicht unsere Absicht war. Seit ihrem Ausstieg bei Scarlet Suicide hat sich Jennyfer stark weiterentwickelt, zudem ist sie seit jeher eine sehr begabte Musikerin und auch eine gute Freundin von uns geworden. Ich finde sie hat eine wirklich gute Stimme und ihre Songs sind auch sehr cool, daher hat es viel Spaß gemacht mit ihr im Studio an dem Album zu arbeiten. Hoffentlich wird sie mit der Scheibe die verdienten Erfolge einfahren können.

 

Viele junge Bands neigen dazu nach der Veröffentlichung ihres Debüts das Tempo anzuziehen und schnellstmöglich ein weiteres Album abzuliefern. Ihr hingegen habt euch vier Jahre für „Til Death do us Party“ Zeit gelassen, was ziemlich ungewöhnlich ist.

 

Natürlich war es eigentlich auch unsere Absicht das zweite Album schneller fertig zu stellen. Aber wir haben auch nicht erwartet derart positive Reaktionen auf unser Debüt zu bekommen, das Feedback war in seiner Masse und fast überwiegend positiven Art regelrecht überwältigend. Wir hatten spekuliert vielleicht die Möglichkeit zu bekommen, mal außerhalb von Skandinavien touren zu können und wie aus dem Nichts bekamen wir auf einmal persönliche Einladungen von In Flames, Sepultura und Motorhead, sie zu supporten. Plötzlich tourten wir in Europa, Russland und Australien und spielten einige großartige Festivals wie das Sweden Rock, Gods of Metal, Masters of Rock und das Rock Hard Festival. Wir haben aus „In Distortion we trust“ wirklich alles herausgeholt was auch nur irgendwie zu holen war. Zwischen den Erfolgen unseres Albums, den Partys und den Shows mussten wir natürlich auch immer wieder nach Hause um regulär zu arbeiten. Anschließend ging es wieder auf Tour und so weiter. Das hat uns mental schon sehr ausgelaugt und mitgenommen. Nachdem wir im November 2006 mit Motorhead unterwegs gewesen waren sollten wir eigentlich schon wieder ein fertiges Album geschrieben haben, in Wirklichkeit hatten wir aber gerade erst mit dem Sammeln einzelner Ideen begonnen. Als mir dann einfach keine neuen Songideen kommen wollten und meine Inspiration wie vom Erdboden verschluckt war, bekam ich regelrechte Angstzustände und wollte mich am liebsten für ein viertel Jahr unter meinem Kissen verkriechen und bloß nie wieder eine Gitarre sehen müssen. Wirklich angefangen haben wir mit dem neuen Album dann 2007, wobei es noch einmal Wochen und Monate gekostet hat herauszufinden welcher Produzent und welches Studio für uns die richtige Wahl sind. Irgendwann haben wir aufgehört auf diejenigen zu hören, die uns versprachen „Magie“ aus unserer Musik zu machen. Wir waren uns absolut sicher, dass wir auch allein großartige Songs schreiben können, wenn man uns nur die nötige Zeit dazu lässt. Also haben wir uns selbst unter Arrest gestellt und während 2007 nach und nach das gesamte Album geschrieben. Letzten Februar haben wir mit Jocke Skog von Clawfinger und seinen Fear and Loathing Studios dann den richtigen Engineer gefunden und ein paar Wochen vor den Aufnahmen mit Mats Leven noch den passenden Produzenten, um ein tolles Team zu komplettieren.

 

Zu diesem Team kann man auch Phil Campbell von Motorhead zählen, der auf „Dark Side“ zu hören ist. Als bekennende Fans seiner Hauptband, deren Song „Killed by Death“ ihr bereits live gespielt und als Coverversion auf die zweite Auflage eures Debüts gepackt habt, dürfte das wohlmöglich eines der Hightlights eurer bisherigen Karriere sein, oder?

 

Natürlich ist es eine Ehre, Phil Campbell auf einem unserer Songs zu haben! Wir sind sehr dankbar dafür, dass er ein Teil unserer Platte werden wollte. Genauso unglaublich, wenn nicht gar noch unglaublicher war es, als Motorhead uns baten bei der letzten Show unserer gemeinsamen Tour unsere Coverversion zu spielen. Also haben wir „Killed by Death“ in London gespielt, als letzten Song. Und da kam Phil doch tatsächlich zu uns auf die Bühne und hat den gesamten Song gemeinsam mit uns gespielt! Es war toll seine Gitarre über die Monitore dröhnen zu hören und ihn bei uns auf der Bühne beim rocken zu sehen. Er selbst war es sogar, der uns fragte, ob wir ihn nicht auf unserem nächsten Album als Gast haben wollen. Er ist einfach ein total netter Typ, genau wie der Rest von Motorhead.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.crucifiedbarbara.com